Wie man inzwischen gemerkt haben dürfte, mag ich Geschichte!
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Da ich coronabedingt sehr viel Zeit habe, ist mir ein Thema eingefallen bzw. wieder eingefallen, dass mich sehr interessiert.
Ich denke, es dürfte ja bekannt sein, dass seit Karl dem Großen, die Kirche oder besser gesagt die Päpste, auch im Heiligen Römischen Reich, ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hatten.
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Was die Sache nicht einfacher gemacht hat. Ich nenne hier mal die Stichworte, Kurfürsten und Kaiserkrönung.
Als ich so darüber nachdachte, fiel mir Folgendes auf! Wenn, man es genau betrachtet, hatte man im HRR eine Zeitspanne von über 100 Jahren, in denen man es hätte zuwege bringen können, den schädlichen Einfluss des römischen Klerus gänzlich zu verbannen! Einfach in dem man die Wahl des Königs und Kaisers auf die Kurfürsten beschränkt. Und somit eine Art von deutscher Reichskirche gründet.
3 der 7 Kurfürsten, waren ja deutsche Bischöfe. Damit war ja auch der Klerus vertreten. Und wenn, es ums Geld ging, hörte die Freundschaft auf! Somit hatten auch die Fürstbischöfe von Köln, Mainz und Trier ein starkes Eigeninteresse, dass sich niemand von außerhalb in ihrer Angelegenheiten einmischt.
Sollte der "schädliche Einfluss des römischen Klerus" hier auf den Investiturstreit gemünzt sein, wäre dem entgegen zu halten, dass es damals das Kurfürstenkolegium in seiner späteren Form überhaupt noch nicht gab, dass schleift sich in dieser Form erst mit Karl IV. v. Luxemburg im 14. Jahrhundert ein.
Selbstverständlich, hätte dies eine Gegenreaktion vonseiten der Kirche nach sich gezogen. Jedoch:
Wer hätte, bei dem damaligen Zustand der Kirche, die Autorität gehabt, sich dagegen auszusprechen. Bei 2 oder gar 3 Päpsten gleichzeitig, konnte von Ordnung wohl nicht mehr die Rede sein.
Das wäre doch ein gutes Argument gewesen, auf die Mitwirkung des Heiligen Stuhles bei künftigen Kaiserwahlen zu verzichten, warum, also hat man diese einmalige Gelegenheit, nicht genutzt. Die anderen Könige Europas, waren ja zu dieser Zeit, alle mit sich bzw. ihren Ländern beschäftigt. England und Frankreich haben ihren 100-jährigen Krieg ausgetragen. Also, hatte man von dieser Seite, keinen Ärger zu erwarten.
Spanien als solches gab es noch nicht. Die waren noch mitten in ihrer Rückeroberung. Portugal war für Europa oder besser Mitteleuropa nahezu bedeutungslos. Somit hätten die Päpste keine Möglichkeit gehabt, einzugreifen.
Freue mich auf eure Anregungen und Meinungen.
Also zunächst wäre wichtig zu wissen, von welchem Zeitabschnitt wir überhaupt reden.
Zum Zweiten, du redest hier von monolithischen, organisierten Staatsgebilden, die es in dieser Form nicht gab.
Zunächst einmal gab es eine Überlappung zwischen weltlichen und geistlichen Funktionen. Schau dir im Hinblick auf das Reich die Rheinlande, Westfalen und Franken an und wie große Ballungen an geistlichem Besitz es da gab. In diesen Gebieten waren die geistlichen Fürsten, ob nun selbst mir Kurwürde versehen oder nicht de facto. die weit mächtigsten Territorialherren.
Die bekam man nicht mal eben aus der Gleichung heraus.
Dann hatten die weltlichen Fürsten ihrerseits wiederrum auch mitunter gar kein Interesse daran den römischen Einfluss zurück zu drängen, denn wem nutzte es wohl vorwiegend, wenn sich Kaiser und Papst aneinander abarbeiteten?
Letztendlich erstmal den Herzögen und Reichsgrafen, die dann ihre Loyalität meistbietend verkaufen konnten.
Das sich die englische und die französische Krone aneinander abarbeiteten konnte dem jeweiligen Kaiser und auch den an der Peripherie beheimateten Fürsten alles andere als egal sein, denn was wäre z.B. (die Könige von England und Frankreich beanspruchten ja mindestens episodenweise den Thron des jeweils Anderen) gewesen, wenn die Auseinandersetzungen zwischen der englischen und der französischen Krone am Ende in einer Personalunion beider Reiche geendet wäre, weil eine Seite sich durchgesetzt hätte oder man Frieden auf Basis der Schließung neuerlicher Verwandtschaft geschlossen hätte, der auf dem Weg des Erbgangs eine solche Union hätte ermöglichen können?
Das hätte einen übermächtigen Machtblock in Westeuropa ergeben, insofern musste diese Problematik interessieren und zog mindestens episodisch verschiedene Reichsstände auch in den 100-jährigen Krieg mit hinein.
Im Osten ist das mehr oder minder die Zeit, in der sich unter den Jagiellonen-Herrschern ein gewaltiger Territorialverband herauszubilden beginnt, auch darauf musst man von Seiten der jeweiligen Könige/Kaiser im Reich achten und dann kommen die notorischen burgundischen und italienischen Angelegenheiten hinzu, die alle 10-20 Jahren neuerlichen Eingreifens und der Anwesenheit des Königs/Kaisers bedurften.
Wenn es eine Zeit gab, in der es wirklich möglich gewesen wäre, dass Heilige Römische Reich zu reformieren (was im Übrigen mindestens in Teilen auch gelang), war das zwischen der Herrschaft Karl V. und dem 30-Jährigen Krieg.
In der Zeit waren zum einen die Habsburger so stark, dass sie wirklich in der Lage waren einiges durczusetzen, während von Brandenburg-Preußen als Gegenmacht noch nichts zu spüren war, Frankreich hatten beide Habsburger Linien zu diesem Zeitpunkt noch im Griff und durch die Reformation waren Veränderungen der Reichsverfassung ohnehin notwendig und zum Teil auch im Interesse der jeweiligen Reichsstände.
Außerdem begünstigte zu diesem Zeitpunkt die Entwicklung der zunehmenden Säkularisation von Klöstern und Kirchengütern, auf Betreiben der Territorialherren, diese Entwicklung, weil dadurch die Reichsfürsten auch in ihrer Funktion als Oberhäupter der Reichskreise auch zunehmend effizient handlungsfähig wurden und sich die Zahl der zu berücksichtigenden Akteure verkleinerte.
Wenn es im Hinblick auf die Reformierbarkeit des Heiligen Römischen Reiches einen kardinalfehler gab, würde ich meinen, der liegt darin, die Calvinisten, Zwinglianer und was es an keineren Gruppierungen sonst noch gab, beim Augsburger Religionsfrieden 1555 außen vor zu lassen.
Hätte man an der Stelle anders gehandelt, wäre man möglicherweise in dieser Form nicht in einen 30-Jährigen Krieg geschlittert, aus dem das Reich dann ziemlich lädidert und als Gesamtkonstrukt degradiert hervorging.
Wenn man im Hinblick auf Reformierbarkeit den Römischen Einfluss hätte minimieren wollen, da wäre die auf die Reformation folgende Zeit die Gelegenheit gewesen, nicht irgendwas im 11.-14. Jahrhundert.
Und wie gesagt, würde ich meinen, das Reich war bis kurz vor dem 30-Jährigen Krieg reformierbar.
Danach ist es das endgültig nicht mehr, weil sich die Fronten innerhalb des Raums Verhärten, es danach nicht mehr gelingt Frankreich ohne weitere Probleme in Schach zu halten und weil einerseits Brandenburg-Preußen als Mittelmacht zu mächtig wird und beginnt einen Gegenpol zu bilden, während sich Braunschweig-Lüneburg, später Hannover und Sachsen durch die Personalunionen mit Großbritannien, respektive Polen-Litauen dem kaiserlichen Einfluss auch zunehmend entziehen und in die Lage kommen, einigermaßen eigenständig, auf die außerhalb des Reiches gelegenen Territorien gestützt, Politik machen zu können, die von der kaiserlich-habsburgischen Linie abwichen.
Darüber hinaus, musste die habsburgische Inkorporation Böhmens, gerade auch auf Bayern mittelfristig bedrohlich wirken, denn wenn man sich das zwischen Tirol, Vorderösterreich und Böhmen anschaut, Bayern das damit entstandene Territorium hervorragend ergänzt hätte.
Entsprechend musste sich darüber ein Gegensatz zwischen Habsburg und den Mittelstaaten innerhalb des Reiches ergben, der sich dann später sehr explosiv im österreichischen Erbfolgekrieg entläd.
Für wirklich nicht mehr reformierbar, oder kaum noch reformierbar, würde ich das Reich demnach erst mit dem beginnenden 18. Jahrhundert halten und auch vor dem Ergebnis des 30-jährigen Krieges.
Wenn es da einen entscheidenden Wendepunkt gab, an dem man es wirklich hätte reformieren können, würde ich den Zeitabschnitt wie gesagt, zwischen Karl V. und 1618 sehen und wenn ich da ein Schlüsselereigniss benennen sollte, warum das nicht funktionierte, dass ist der Ausschluss der nicht-lutherischen reformierten Konfessionen vom Religionsfrieden von Augsburg.