Nicht umsonst, gibt es darüber viele Bücher. Es bleibt aber festzuhalten, dass ohne die starke Zersplitterung, viele Fortschritte schon wesentlich früher eingesetzt hätten. Was im Gegensatz zu anderen Staaten ein erheblicher Nachteil war!
Natürlich, kann man auch die Magna Charta, nicht als moderne Verfassung im heutigen Sinne bezeichnen. Sie machte es jedoch möglich, die Macht des Königs zu beschränken bzw. genauer zu definieren. Das dies keine Aufstände und Bürgerkriege verhindert hat. Ist klar.
Aber immerhin, bildete diese Magna Charta, eine der Grundfesten des britischen Staatsrechts. Auch ich weiß natürlich, dass die wirklich wichtigen Weichenstellungen, erst nach der Absetzung bzw. Verurteilung von Karl dem I. stattgefunden haben.
Aber das war immerhin um einiges besser, als das was es zum damaligen Zeitpunkt im HRR gab. Ich denke, eine der schwerwiegendsten Fehler war, dass das Recht der Ritter auf Fehde, nicht wirklich eingedämmt oder besser gleich ganz abgeschafft werden konnte. Dies geschah ja erst unter Maximilian von Habsburg. Aber bis zu diesem Zeitpunkt war es ein wirklicher Hemmschuh für die Entwicklung. Die Placker oder Raubritter, wie man sie im 19. Jhd. nannte, waren eine Plage und keine Stütze des Staates. Zwar hat die Kirche versucht, durch den Gottesfrieden, dem Ganzen Einhalt zu gebieten, doch wie so oft, haben die "Herren Ritter", sich herzlich wenig darum geschert.
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Die Fehde war im Mittelalter eine durchaus legale und legitime Rechts-Institution um zu seinem Recht oder auch vermeintlichem Recht zu kommen, um ein Recht durchzusetzen. Es ist immer wieder vom "Faust- und Fehderecht" die Rede, und Fehden haben einen schlechten Ruf.
Das Gewaltmonopol des Staates ist eine Vorstellung der Neuzeit, und es dauerte bis ins 17. 18. Jahrhundert, um dieses Gewaltmonopol des Staates herzustellen-oder auch nicht.
Im Mittelalter gab es aber das Gewaltmonopol des Staates noch nicht. Es gab auch gar nicht den Anspruch, und die Fehde war ein gültiges Rechtsinstitut. Dieses konnte man nicht so einfach abschaffen- abgesehen davon hätte die Abschaffung der Fehde und die Herstellung eines Gewaltmonopols der Krone ja auch ein viel stärkeres Kaisertum erfordert, und für so etwas wäre eine Magna Charta, die Rechte der Krone an die Reichsfürsten abtritt auch total kontraproduktiv gewesen.
Die Fehde war ein legales und legitimes Rechtsmittel im Mittelalter, und wo weit und breit noch keine Staatsmacht und kein Gewaltmonopol in Aussicht ist da hatte die Fehde durchaus ihre Berechtigung.
Die Fehde war nicht einfach so abzuschaffen, die Gottes- und Landfriedensbewegung des Mittelalters bemühte sich daher darum, Fehden stärker an Regeln zu binden.
Ich musste mal eine Urkunde Rudolf I. von Habsburg übersetzen.
In dem Landfriedensdekret war geregelt u. a. dass
1. Fehden müssen angesagt werden
2. Fehden dürfen von Montag bis Donnerstag geführt werden.
3. Für Fehden gilt selbstverständlich die Sonntagsruhe
4. Bestimmte Personengruppen dürfen nicht angetastet werden
5. Mühlen, Kirchen oder bestimmte Gebäude müssen verschont werden.
Solche und ähnliche Bestimmungen finden sich vielfach in Landfriedens-Dekreten. Die Problematik und das Eskalationspotenzial von Fehden wurde im Mittelalter durchaus erkannt, und in Landfriedens-Dekreten finden sich oft erstaunlich pragmatische und vernünftige Vorschläge, mit denen man versuchte, die Eskalation zu verhindern, indem Schutz- und Ruhezonen vereinbart wurden oder bestimmte Personengruppen, Frauen, Hörige, Schwangere, Reisende oder Kleriker zu schützen.
Die Fehde war ein legales Rechtsmittel im Mittelalter, und mit der Gottesfriedens und Landfriedensbewegung versuchten Fürsten und Kirchenfürsten die Eskalation von Fehden einzuschränken, Regeln durchzusetzen und Schutzzonen einzurichten. Das ist ihnen ein gutes Stück auch gelungen.
Die Fehde war auch keineswegs auf den Adel oder die Ritterschaft beschränkt. Grundsätzlich war eigentlich jeder Freie fehdeberechtigt. Auch Bischöfe, Äbte und Klöster führten Fehden ebenso Städte und Städtebünde.
In den ältesten Quellen im Hildebrandslied oder den Sagas spielt die Fehde oder Blutrache eine große Rolle, und die Protagonisten kämpfen bis zum letzten Mann der Gegenseite und schrecken nicht vor Frauen und Kindern zurück.
Nach altgermanischer Tradition konnte jeder Freie Fehde führen. Fehde musste angesagt werden, und in vielen Rechtsquellen fand sich recht bald eine Tendenz zu Wergeld und Entschädigungszahlungen.
Die Fehde wurde stärker formalisiert. Wer sich auf dem Weg, auf der Reise befand oder im Königsdienst stand, dem wurde freies Geleit gewährt.
Fehden waren anzusagen mit einem sogenannten Fehdebrief
Es gab bestimmte Wochentage, an denen die Fehde ruhte
-Reisende, Schwangere, Kleriker waren zu verschonen
- Mühlen, Kirchen, Ackergeräte waren zu verschonen
- An Feiertagen sollten Fehden ruhen.
Fehden waren im Mittelalter nicht anarchistische Privatstreitigkeiten sondern sie waren ein legales und legitimes Rechtsmittel im Mittelalter.
Die Problematik und das Eskalationspotenzial von Fehden war allgemein bekannt, und man hat im Mittelalter versucht, durch oft erstaunlich pragmatische Maßnahmen dem entgegenzusteuern. Dabei hat man durchaus auch Erfolge erzielen können.
Die Fehde großflächig mal eben per Dekret zu beseitigen, war im Mittelalter nicht möglich. Es fehlte das Gewaltmonopol des Staates und die Institutionen, um ein solches durchzusetzen.