Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"

Dass die Alemannen also die römischen Kastelle und ihre Siedlungen "mieden wie der Teufel das Weihwasser" ist geradezu ein Indiz für die weiter bestehende römische Oberherrschaft und die dadurch bedingte Unantastbarkeit dieser Staatslatifundien.

Ich habe bei mir hier direkt um die Ecke ein schönes Beispiel, wo eine Villa Rustica offensichtlich aufgegeben wurde, auf dem Geländer dieser Villa innerhalb der Ummauerung aber ein frühmittelalterliches Dorf entstand.
Das spricht nicht für Unantastbarkeit.
 
Du meinst diese Grafik:

Genau!

Hier stellt Grünewald, a.a.O., die Bestattungen südlich der oberen Donau (oberhalb der Iller) vor
Grünewald schreibt nichts von "oberhalb der Iller". Diese Formulierung stammt von Dir, und ich hatte Dich gefragt, welches Gebiet Du mit der Formulierung "oberhalb der Iller" verstehst.

Südlich der Donau umfasst auch das Gebiet oberhalb der Iller-Mündung.

Also oberhalb der Iller-Mündung. Dann hatte ich Dich richtig verstanden.

Beim besten Willen: wie kommst Du daraus auf die Idee, Grünefeld hätte sich auf das Gebiet unterhalb der späteren Iller-Grenzlinie beschränkt?

Das hatte ich doch erläutert:
Wir sprechen von den Bestattungen der Zeit 254/275 bis Mitte des 5. Jahrhunderts, Gruppe südwestlich Rhein und Donau (rot markiert).

Die Bestattungen südlich der Donau gehören alle zu "Teilgruppe II südwestlich Rhein und Donau" (grün markiert; die Trennlinie ist durch Stettfeld definiert, siehe Seite 177).

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Das sind genau 171 Bestattungen.

Diese Bestattungen sind im Anhang im Einzelnen nachgewiesen, und zwar 38 Bestattungen in Kempten (siehe Seite 198) und 133 Bestattungen in Neuburg/Donau (siehe Seite 199).

Macht also genau 171 Bestattungen östlich der Iller und 0 Bestattungen westlich der Iller.


In diesem Zusammenhang dürften noch folgende Hinweise zur Münzverteilung für die fragliche Zeit interessant sein:

"Während vom Raetischen Limes und vom westlichen Raetien jenseits der Iller bis in die östlichsten obergermanischen Bereiche hinein praktisch keine Münzfunde aus dem Zeitraum 259/60–268 n. Chr. vorliegen, sind diese aus dem mittleren Raetien östlich der Iller bis zur Linie der Via Claudia und im Regensburger Raum sehr zahlreich.

...

Auch für den Zeitraum 270–275 n. Chr. liegen für Raetien vom Raum westlich der Iller praktisch keine Münzen vor (Abb. 7). Dagegen finden sich nun einige wenige Münzen am östlichen Limes bzw. dahinter."

„… a barbaris occupatae …“ – Bezahlte Freunde? Zur Rolle der Germanen in den Auseinandersetzungen zwischen Gallischem Sonderreich und Rom in Süddeutschland. Beiträge zum Welterbe Limes 8, 2014, 35-54
 
Und durch welche Befunde soll bitte die "nahtlose" Ablösung dokumentiert sein?

(mein Quellenzitat: etwa 300 - 600 Annahme einer Alemannischen Besiedlung
Also dokumentiert ist nichts, wir haben eine Website ohne wissenschaftlichen Anspruch, auf der eine Annahme geäußert wird. (Dass die Ablösung "nahtlos" gewesen sei, wird aber eigentlich noch nicht einmal dort behauptet.)

Ich denke, wir sind uns einig, dass das Dekumatenland auch nach dem Abzug der römischen Grenzwachen weiterhin zumindest nominell unter römischer Oberherrschaft blieb

Die Betonung liegt auf "nominell". Bei den "Oberherren" ging es ja drunter und drüber. 260 geriet Kaiser Valerian in persische Gefangenschaft, und mit ihm Truppen aus Raetien und Noricum, die man von der Donaugrenze abgezogen hatten. Raetien wurde zum Zankapfel zwischen Valerians Sohn Gallienus und dem Herrscher des Gallischen Sonderreichs Postumus, der wahrscheinlich germanische Heerhaufen anheuerte, die die freundliche Einladung alsbald nutzten, um plündernd bis Norditalien vorzustoßen!
Und diese Leute sollen Schiß davor gehabt haben, die Grundstücke verlassener Gutshöfe im Dekumatland zu betreten? Das glaubst Du doch selber nicht.
 
Das ist aber jetzt wieder deine Interpretation? Oder woher?
Eine Quelle für die sog. "Bauernkrieger" oder "Freizeitsöldner" kann ich immer noch nicht entdecken.
Dann drehen wir doch den Spiel um: nenne mir eine Militärsiedlung der Elbgermanen aus dem 3. Jahrhundert - sagen wir mal z.B. der Semnonen oder Juthungen vom Augsburger Siegesalter (260 n. Chr.).
Nachdem die mit "vielen tausenden gefangenen Bewohner Italiens" und anderer reicher Beute schon auf dem Rückweg nach Norden waren, müsste das eine relativ große Truppe gewesen sein, zu deren Bezwingung dann ja auch eine zweitägige Schlacht nötig war. Deren Militärlager irgendwo nördlich der Donau kann (oder können) nicht so klein gewesen sein.

Ich kann mich bis zu Deiner Belegführung der Beschreibung der Bagauden (manus agrestium ac latronum, quos Bagaudas incolae vocant / rusticani) anschließen, die wohl auch für die Räuberbanden aus dem germanischen Bereich zutreffen dürfte.

Raetien wurde zum Zankapfel zwischen Valerians Sohn Gallienus und dem Herrscher des Gallischen Sonderreichs Postumus, der wahrscheinlich germanische Heerhaufen anheuerte, die die freundliche Einladung alsbald nutzten, um plündernd bis Norditalien vorzustoßen!
Und diese Leute sollen Schiß davor gehabt haben, die Grundstücke verlassener Gutshöfe im Dekumatland zu betreten? Das glaubst Du doch selber nicht.
wenn es nicht als Frauenfeindlich verstanden werden könnte würde ich sagen: das war jetzt aber dämlich!

1.
Den Unterschied zwischen plündernden Heerhaufen wie den vorgenannten Juthungen und angesiedelten Foederaten solltest Du nicht erst aus meinem Posting #292 kennen.
  • Dass plündernde Räuberhaufen ab etwa dem 3. Jhdt. (z.B. 233 Plünderung des Kastelles mit der kleinen Zivilsiedlung von Nidderau (Wetterau) immer wieder über die Grenze vorgestoßen sind und "mitgenommen haben was ging" hat eine andere Qualität als bei den angesiedelten Foederaten.
  • Dass die angesiedelten Foederaten, die sich vertraglich zum Schutz des Reiches verpflichteten und nach Wikipedia im Augsburger Siegesaltar auch als Verbündete genannt werden ("In dieser Streitmacht, angeführt von Marcus Simplicinius Genialis, einem Offizier aus dem Ritterstand, wird keine reguläre Einheit der rätischen Provinzarmee wie z. B. die legio III Italica genannt, die seit ca. 170 in Regensburg (Castra Regina) stationiert war, sondern ein wohl in aller Eile versammeltes Aufgebot aus Germaniciani (Angehörige obergermanischer Einheiten), milites provinciae Raetiae (mutmaßlich Auxiliartruppen) und sogar populares, womit eigentlich nur bewaffnete Zivilisten (eventuell Veteranen) gemeint sein können. Vermutlich waren Letztere eine Art Bürgerwehr, die sich aus Bewohnern der Provinzhauptstadt und ihrer Umgebung zusammensetzte und dementsprechend hoch motiviert war, die plündernden Germanen zu verjagen."), gegenüber dem römischen Staatsgut eine andere Einstellung haben mussten als irgendwelche plündernde Räuberbanden, die sich nach dem Motte "hit and run" möglichst schnell wieder in die heimatlichen Regionen außerhalb des Imperiums zurückzogen, sollte nicht unbedingt ausdrücklich betont werden müssen.
  • Wenn wir von Alemannen sprechen, dann frühestens zur Zeit des Probus (gegen Proculus, den Sieger über Alamannos, qui tunc adhuc Germani dicebantur), der seit 279 den Titel "Germanicus Maximus" führt und durch Patrouillenboote die Flußgrenze sicherte sowie nach Überlieferungen nach 275/76 ein "Festungsbauprogramm" zur Verstärkung der grenznahen Militärstandorte startete - unter ihm oder Maximus (285 - 305) möglicherweise auch entlang der Oberen Donau,
  • wenn ich von alemannischen Foederaten spreche, dann eher unter Konstantin und den Tetrachen. Den hier schon einmal erwähnten "rex Vaodmar(ius)" gegenüber von Kaiseraugst und den mit diesem abgeschlossenen Bündnisvertrag von 354 zur Erinnerung .... (oder den Foederatenvertrag von 374 zwischen Valentinian und dem Alemannenführer Macrianus).

2.
Postumus hat wohl erst im Sommer 260 die Macht an sich gerissen. Und schon 262/3, spätestens aber ab 265, zählte Rätien wieder zum Machtbereich des Gallienus. Die auf dem Siegesalter genannte Schlacht fand aber wohl schon im Frühjahr (April) 260 statt - schwer vorstellbar, dass ein noch nicht an der Macht befindlicher Usurpator solche "Einladungen" ausspricht (und dann in seinem Machtbereich die "Eingeladenen" auch noch aufreibt und ihnen die Beute abnimmt).

3.
Anno 260 können wir noch kaum von "Alemannen" sprechen. Da hatten sich erst Einzelpersonen und Sippen aufgemacht, um die "entmilitarisierte" Grenze als Neusiedler im Dekumatenland zu queren.

Da ist Dir mal wieder der "gib-ihm-kontra-gaul" durchgegangen. Aber das kennen wir ja schon.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sprich, du hast dafür also keine Quelle. Danke, das war meine Frage gewesen.
was hältst Du von 'Mischa Meier, Geschichte der Völkerwanderung?
Auf S. 356 beschreibt er z.B., dass Valentinian und Gratian gemeinsam den Rhein überschritten, dort jedoch "unbefriedigend für die tatendurstigen Herrscher, lediglich die Ackerflächen der zurückweichenden Alemannen verheeren" konnten. Also doch Bauern ...

Jetzt bist Du mit dem Gegenbeweis am Zuge (schaffst Du aber nicht, wetten?)
 
Niemand bestreitet, dass es dort Ackerland gab.

Ich hatte nur eine Frage nach Quellen gestellt, erstaunlich dass dadurch für mich plötzlich Beweispflichten entstehen sollten.
 
Die Bestattungen südlich der Donau gehören alle zu "Teilgruppe II südwestlich Rhein und Donau" (grün markiert; die Trennlinie ist durch Stettfeld definiert, siehe Seite 177).
Stettfeld, mein Freund, ist mit seinem Römermuseum ein Ortsteil der Gemeinde Ubstadt-Weiher im Landkreis Karlsruhe in Baden-Württemberg, und zwar nördlich von Bruchsal, zwischen Karlsruhe und Heidelberg - und am Rhein und überhaupt nicht an der Donau gelegen.
Auch die Gemeinde Stettfeld im Landkreis Haßberge liegt nicht an der Donau sondern am Main.

Wieso soll eine solche Gemeinde eine Trennlinie an der Donau markieren????o_O

...
In diesem Zusammenhang dürften noch folgende Hinweise zur Münzverteilung für die fragliche Zeit interessant sein:

"Während vom Raetischen Limes und vom westlichen Raetien jenseits der Iller bis in die östlichsten obergermanischen Bereiche hinein praktisch keine Münzfunde aus dem Zeitraum 259/60–268 n. Chr. vorliegen, sind diese aus dem mittleren Raetien östlich der Iller bis zur Linie der Via Claudia und im Regensburger Raum sehr zahlreich.

...

Auch für den Zeitraum 270–275 n. Chr. liegen für Raetien vom Raum westlich der Iller praktisch keine Münzen vor (Abb. 7). Dagegen finden sich nun einige wenige Münzen am östlichen Limes bzw. dahinter."

„… a barbaris occupatae …“ – Bezahlte Freunde? Zur Rolle der Germanen in den Auseinandersetzungen zwischen Gallischem Sonderreich und Rom in Süddeutschland. Beiträge zum Welterbe Limes 8, 2014, 35-54
eine wichtige Quelle für den Zeitraum bis 275 mit dem gallischen Sonderreich, danke.
Bemerkenswert schon in diesem Zeitfenster:
...
Auf keinen Fall bestätigt sich damit für diese rechtsrheinischen Gebiete das frühere Bild einer nach 253/260 n. Chr. fast vollständig entvölkerten Landschaft. Der oben beschriebene archäologische Befund macht aber auch deutlich, dass es sich bei den die Münzen erhaltenden bzw. verlierenden Menschen bis vielleicht auf den Bereich im Vorfeld von Mainz nördlich des Mains im Wesentlichen nicht um „Römer“ gehandelt haben kann (anders, als ich es, wie angeführt, vor 25 Jahren selbst noch meinte), sondern um Germanen. Sie haben offensichtlich relativ gezielt verlassene römische Plätze aufgesucht, sich darin oder in der unmittelbaren Umgebung niedergelassen und vermutlich die noch teilweise erkennbare frühere Infrastruktur weiter genutzt. ...
(Zitat von S. 45, wobei mir nicht klar ist, wie man aus Münzfunden auf die ethnische Zugehörigkeit der Münzbesitzer schließen kann; ich habe immer wieder griechische Euro in meiner Börse, bin aber kein Grieche ...)

Ich lese deine Beiträge.
dann drücke ich mich entweder nicht klar genug aus, oder Du liest nicht sorgfältig genug, oder Du meinst, das Dekumatenland habe nur aus Rottweil bestanden?
Soweit ich Sepiola (auch hier #203) verstanden hatte, war nach seiner Ansicht allgemein (flächendeckend) und insbesondere auch Rottweil im Dekumatenland eine verlassene Ruinenansammlung an einem ehemals wichtigen Verkehrsknotenpunkt, öde, leer und verlassen.
und dass diese Auffassung von Sepiola nicht stimmt habe ich u.a. in #289 mit verschiedenen Quellenangaben belegt. Dass Dekumatenland ist zwischen dem Limesfall (260) und der neuen Grenzziehung an der Iller (370 - der Bau von burgi in Etzgen-Rote Waag und Koblenz-Kleiner Laufen ist für das Jahr 371 durch Inschriften nachgewiesen) nur sukzessive und langsam "germanisiert" worden, manche Orte früher, manche Orte später. Um 290 wurde noch versucht, durch die bereits genannten "Festungsbauten" den römischen Anspruch zu stabilisieren.
Noch mit einem Dekret von Valentinian vom Sommer 366 wurden die Provinzstatthalter angewiesen "flüchtige Kolonen, also schollengebundene Bauern, zurück auf ihre Güter zu führen" (Meier, Geschichte der Völkerwanderung, S. 356).
Die Ethnogenese der späteren Alemannen fand in diesem Dekumatenland unter Einbeziehung unterschiedlich stark verbliebener romanischer Restbevölkerung statt.
Noch das "gewaltige Heer, das Chnodomar und Serapio hinter sich versammelten, war mitnichten eine homogene Einheit, es war kein Stamm und schon gar kein Volksaufgebot, sondern stellte nicht mehr dar als eine situativ zusammengeführte Koalition, einzig zu dem Zweck, den an die Römer gerichteten Gebietsansprüchen den nötigen Nachdruck zu verleihen" (Meier, a.a.O. S. 350 zur Schlacht von Straßburg im Spätsommer 357).
 
Zuletzt bearbeitet:
Stettfeld, mein Freund, ist mit seinem Römermuseum ein Ortsteil der Gemeinde Ubstadt-Weiher im Landkreis Karlsruhe in Baden-Württemberg, und zwar nördlich von Bruchsal, zwischen Karlsruhe und Heidelberg - und am Rhein und überhaupt nicht an der Donau gelegen.
Auch die Gemeinde Stettfeld im Landkreis Haßberge liegt nicht an der Donau sondern am Main.

Wieso soll eine solche Gemeinde eine Trennlinie an der Donau markieren????o_O

Lies doch einfach auf der angegebenen Seite nach. Vielleicht beginnst Du mit Seite 176 unten:

"Zur statistischen Überprüfung der Unterschiede ... werden die Gräber aus dem gesamten Untersuchungsgebiet in zwei etwa gleich große Teilmengen geteilt. ... Nördlich und inklusive Stettfelds gehören alle Bestattungsplätze zu Gruppe I, jene südlich davon zu Gruppe II. ... In der Betrachtung werden die nördliche und die südliche Gruppe ihrerseits geographisch durch Rhein und Donau geteilt, so dass insgesamt vier Teilmengen entstehen..."

Soll ich Dir noch eine Landkarte reinkopieren, damit Du Dir das Gemeinte vorstellen kannst?
 
Bitte sehr, das sind die vier Teilgruppen:

Teilgruppe I südwestlich Rhein und Donau
Teilgruppe I nordöstlich Rhein und Donau

Teilgruppe II südwestlich Rhein und Donau
Teilgruppe II nordöstlich Rhein und Donau

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Ist doch nicht so schwer zu verstehen?
 
Bitte sehr, das sind die vier Teilgruppen:

Teilgruppe I südwestlich Rhein und Donau
Teilgruppe I nordöstlich Rhein und Donau

Teilgruppe II südwestlich Rhein und Donau
Teilgruppe II nordöstlich Rhein und Donau

Anhang anzeigen 20040

Ist doch nicht so schwer zu verstehen?
verstehe ich tatsächlich nicht:
Die Gruppe I Südwest liegt danach geographisch im Nordwesten und hat mit der Donau nichts zu tun
Die Gruppe I Nordost stimmt
Die Gruppe II Nordost liegt danach geographisch im Südwesten und
Die Gruppe II Südwest liegt danach geographisch im Südosten und hat mit dem Rhein nichts zu tun ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass die angesiedelten Foederaten, die sich vertraglich zum Schutz des Reiches verpflichteten und nach Wikipedia im Augsburger Siegesaltar auch als Verbündete genannt werden
Auf dem Augsburger Siegesaltar werden keine Foederaten genannt, sondern:
1. reguläre römische Truppen aus Rätien und den beiden germanischen Provinzen
2. paramilitärische Truppen aus der lokalen Provinzbevölkerung (Wiki: "eine Art Bürgerwehr")

Die auf dem Siegesalter genannte Schlacht fand aber wohl schon im Frühjahr (April) 260 statt
... eine weitere Schlacht fand in Norditalien unweit des Gardasees statt, noch zu Lebzeiten des Postumus, kurz nach der Ermordung des Gallienus:
receptis legionibus adversum gentem Alamannorum haud procul a lacu Benaco dimicans tantam multitudinem fudit, ut aegre pars dimidia superfuerit.
Sextus Aurelius Victor: Epitome de Caesaribus, Cap.31-40
 
dann drücke ich mich entweder nicht klar genug aus, oder Du liest nicht sorgfältig genug, oder Du meinst, das Dekumatenland habe nur aus Rottweil bestanden?

Apropos "sorgfältig genug lesen", hier muss ich leider auch nochmal etwas klarstellen:

Soweit ich Sepiola (auch hier #203) verstanden hatte, war nach seiner Ansicht allgemein (flächendeckend) und insbesondere auch Rottweil im Dekumatenland eine verlassene Ruinenansammlung an einem ehemals wichtigen Verkehrsknotenpunkt, öde, leer und verlassen.
Ich habe Dich bereits einmal darauf hingewiesen, dass in diesem Beitrag von Dekumatland überhaupt nicht die Rede ist. Ob Du diesen Hinweis gelesen bzw. verstanden hast, weiß ich nicht.

Daher kopiere ich hier nochmal in voller Länge herein, was ich in besagtem Beitrag 203 geschrieben habe, diesmal mit den offensichtlich nötigen Lese- und Verständnishilfen.

Sepiola: Das ist auch so ungefähr meine Meinung.

Was ist meine Meinung? Ich reagiere hier auf Deine Aussage: "Und auch die Aussage von Schöntag/Czezior (Varia Selecta - Ausgewählte Beiträge zur Sprach- und Literaturwissenschaft … S. 133) scheint mir schlüssig:"

Die Aussage von Schöntag lautet: Wie die neuere Forschung deutlich gemacht hat, ist aber nicht von einer mehr oder weniger kompletten Siedlungsleere des Voralpenraumes auszugehen, die Situation dieser Übergangszeit muß vielmehr differenzierter gesehen werden.

Also habe ich mich grundsätzlich der Meinung angeschlossen, dass nicht von einer mehr oder weniger kompletten Siedlungsleere des Voralpenraumes auszugehen ist.

Ist das soweit klar ausgedrückt und verständlich?

Bei Schöntag geht es übrigens um die "Besiedlungsgeschichte der Salzburgromania und im Limesvorland der Passauromania", im weiteren Sinne um die Provinzen Raetia und Noricum.

Weiter habe ich geschrieben:

Ich würde allerdings hinzufügen, dass dem archäologischen Befund zufolge die villae rusticae praktisch flächendeckend aufgegeben wurden, und zwar zum großen Teil schon im 3. Jahrhundert. Danach finden wir in einigen Gegenden noch "Streusiedlungen". Ich halte es für denkbar, dass deren Bevölkerung bereits germanischsprachig war, während sich die romanisch sprechende Bevölkerung weitestgehend in die ummauerten Orte zurückgezogen hatte (wo angesichts germanischer Söldner und Föderaten eine zweisprachige Bevölkerung anzunehmen ist). Mancherorts waren fruchtbare Landstriche tatsächlich verlassen (z. B. der Gäuboden), andernorts bestand eine stark reduzierte dünne Besiedlung ("Streusiedlungen") weiter.
Eine völlige Neuordnung des ländlichen Raums lässt sich dann im archäologischen Befund ab dem mittleren 6. Jahrhundert feststellen.


Die ummauerten Orte wären in diesem Zusammenhang Regensburg, Passau, Salzburg. Zum Gäuboden hatte ich noch ein Zitat hinzugefügt:

"Die Ereignisse um die Jahre 357/358 bedeuten faktisch das Ende der Besiedlung im offenen Gäuboden. [...] Im Gäuboden sind erste Siedlungen auf dem flachen Land wieder für die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts feststellbar." (Günther Moosbauer, Die ländliche Besiedlung im östlichen Raetien während der römischen Kaiserzeit, Espelkamp 1997)

Und zuletzt hatte ich noch einen ergänzenden Literaturhinweis gegeben:

Siehe auch: Jochen Haberstroh, Transformation oder Neuanfang? In: Gründerzeit, St. Ottilien 2019

Passau liegt in Niederbayern, der Gäuboden liegt in Niederbayern, Salzburg liegt in Österreich unweit der bayerischen Grenze.
Vom Dekumatland bzw. "insbesondere auch Rottweil" ist weder in meinem Beitrag noch in den zitierten Literaturstellen auch nur andeutungsweise die Rede.

@Stefan70 ist es offensichtlich aufgefallen, dass Du gegen Ansichten anrennst, die ich gar nicht vertreten habe.
 
Geht es eigentlich grundsätzlich noch um die Lokalisierung der Pontes Tesseninos?

Damit wir wieder zum Thema kommen:
ja ... leider mit einem sehr weiten Umweg

Mein Eindruck ist ja, dass die ganze Alamannen-Dekumatland-Diskussion nicht zielführend ist.
Ein Großteil der Energie geht mit irgendwelchen Hilfshypothesen drauf, die nur dazu dienen, die eigentliche Hypothese zu stützen. Aber eine Hypothese, die auch nur einer Hilfshypothese bedarf, trägt nicht. Sie ist unwissenschaftlich. Daher ist das Zeitverschwendung, so interessant z.B. Grünewald auch ist.
 
Regensburg, Passau, Salzburg
Salzburg ist zu streichen, war schon spät gestern...

Die auf dem Siegesalter genannte Schlacht fand aber wohl schon im Frühjahr (April) 260 statt
So ganz sicher ist das nicht. Hans Lieb, Postumo et Honoratiano consulibus = 260?, in: Niederbieber, Egon Schallmayer (Hrsg.), Postumus und der Limesfall, Bad Homburg v. d. H. 1996, plädiert für den 11. September 262 oder allenfalls 261. "Zwingend beweisen läßt es sich nicht, sowenig wie 260".
 
Mein Eindruck ist ja, dass die ganze Alamannen-Dekumatland-Diskussion nicht zielführend ist.
.... Daher ist das Zeitverschwendung, so interessant z.B. Grünewald auch ist.
dann werde ich auf die letzten Postings zum Alamannen-Dekumatenland nicht weiter eingehen.

Lediglich soweit sie unmittelbar auch das Voralpengebiet betreffen:

Ich würde allerdings hinzufügen, dass dem archäologischen Befund zufolge die villae rusticae praktisch flächendeckend aufgegeben wurden, und zwar zum großen Teil schon im 3. Jahrhundert. Danach finden wir in einigen Gegenden noch "Streusiedlungen". Ich halte es für denkbar, dass deren Bevölkerung bereits germanischsprachig war, während sich die romanisch sprechende Bevölkerung weitestgehend in die ummauerten Orte zurückgezogen hatte (wo angesichts germanischer Söldner und Föderaten eine zweisprachige Bevölkerung anzunehmen ist). Mancherorts waren fruchtbare Landstriche tatsächlich verlassen (z. B. der Gäuboden), andernorts bestand eine stark reduzierte dünne Besiedlung ("Streusiedlungen") weiter.
Eine völlige Neuordnung des ländlichen Raums lässt sich dann im archäologischen Befund ab dem mittleren 6. Jahrhundert feststellen.
Soweit ich Sebastian Sommer verstehe, intendiert er aus der Verbreitung der Villae rusticae und ähnlicher Siedlungen im transalpinen Raetien aus der Zielsetzung, die Soldaten möglichst aus dem Umfeld ihrer Standorte zu versorgen. Das ergäbe sich aus der Lage (Abb. 1 in Grenznähe bzw. - im römischen Hinterland - in der Nähe von größeren Truppenstandorten wie Augsburg und entlang der Fernstraßen - via publicae) und aus der Feststellung, dass die meisten der besser bekannten Anlagen etwa gleichzeitig mit der Besetzung des transdanubischen Raums im frühen 2. Jhd.n. Chr. beginnen. Damit ist auch begründbar, dass mit dem Abzug der Militärs aus den grenznahen Standorten auch die der Versorgung dienenden villae rusticae "praktisch flächendeckend aufgegeben" wurden. Denn mit dem Verlust der militärischen Absatzmärkte war nach wenigen Jahren auch die Grundlage für die Bewirtschaftung entfallen.
Futter für das Heer. Villae rusticae, ländliche Siedlungsstellen und die Versorgung der römischen Soldaten in Raetien. In: A. Zeeb-Lanz / R. Stupperich (Hrsg.), Palatinus Illustrandus. Festschrift für Helmut Bernhard zum 65. Geburtstag. Mentor 5, 2013, 134–144
 
Zuletzt bearbeitet:
Sommer beschreibt auf S. 135 auch eine "weitgehende Leere großer Bereiche südlich der Donau". Interessant an der Verbreitungskarte ist nun diese "Leere", so etwa, dass sich selbst um größere "reine Zivilsiedlungen" wie z.B. bei Kempten (S. 139 linke Spalta als "Oberschaben" genannt) kaum villa rusticae finden. Aber auch deren Bewohner mussten mit Lebensmitteln versorgt werden. Wir müssen also von einer landwirtschaftlichen Nutzung in der Umgebung dieser Orte ausgehen, die auf einer anderen Grundlage als der römischen Gutshofwirtschaft basiert. Und dementsprechend ist zusätzlich zu den militärisch orientierten Bevölkerungsteilen auch eine entsprechende Zivilbevölkerung zu erwarten.
 
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