Ja, er war Josephine hörig: Er hat z.B. ihr zuliebe die Sklaverei wieder zugelassen, weil sie glaubte, ihre Besitzungen auf Martinique würden sonst unrentabel. Und in diesem Film geht es vor allem um diese Beziehung Napoleons mit Josephine. Oder um Napoleon privat als Würstchen, der machte, was seine Frau oder seine Mutter wollten? Und vielleicht waren diese Kriege zum Teil auch Ersatzhandlungen, um sich zu beweisen, dass er doch ein Mann war?
Napoleon war empfänglich für die erotischen Reize der sechs Jahre älteren Josephine. Noch empfänglicher aber war er für das soziale Netzwerk, zu dem ihm Barras und Josephine Eintritt verschafften. Barras trat sogar Josephine an Napoleon ab und fungierte als Trauzeuge.
Er war wohl tatsächlich glühend in sie verliebt, während sie die Verbindung wohl eher als Versorgungsehe betrachtete und nicht auf Amouren verzichtete, vermutlich nicht einmal auf Barras.
Napoleon hat schon früh ein Informations-Netzwerk installiert, und auch er hatte zahlreiche Seitensprünge- mit und ohne Anlauf- Napoleon schreckte keineswegs davor zurück, selbst in Josephines Gegenwart mit seinen amourösen Abenteuern zu prahlen oder sie oder auch andere Damen zu kompromittieren.
Taktgefühl oder Höflichkeit kannte er nicht. Eine zeitgenössische Beobachterin berichtete, dass es ihm Vergnügen bereitete, andere bloßzustellen, und er nutzte ausgiebig die Spitzelberichte Fouchés um Frauen öffentlich über ihre Affären zu befragen.
Napoleon nutzte solche Informationen auch, um Frauen ins Bett zu bekommen oder Männer kaltzustellen. Napoleon sagte mal glücklich sei, wer sich in irgendeiner Provinz vor ihm verstecken kann.
Sein Außenminister Talleyrand sagte ihm einmal auf den Kopf zu:
"Sire, der gute Geschmack ist ihr persönlicher Feind. Könnten Sie sich seiner mit Kanonenschüssen entledigen, so wäre er längst beseitigt!"
Napoleon war sich sehr wohl bewusst, dass Josephine Affären hatte, er war mehrmals drauf und dran, sie in die Wüste zu schicken. Er hat selbst eine Vielzahl von Affären gehabt, und er gab sich nicht die geringste Mühe, das diskret zu tun- Im Gegenteil, er hat selbst in Josephines Gegenwart damit geprahlt, er hat Josephine und andere Frauen mit seinen Intimkenntnissen kompromittiert und gedemütigt.
Um eine Dynastie zu gründen, dazu war Josephine nicht geeignet, und er hat sie 1809 ziemlich lieblos gegen Marie Luise von Österreich ausgetauscht, weil sie keine Kinder mehr gebären konnte.
Josephine hat Napoleon ausgenutzt, er war der Mann, der ihr einen gewissen Lebensstandard garantierte. Aber auch Napoleon hat sich Josephine bedient. In der Zeit des Direktoriums war sie, war Barras ein wertvoller Türöffner, und Josephine war dank ihrer sozialen Kontakte ihm sehr nützlich.
Napoleon fehlte gesellschaftlicher Schliff, ihm fehlten völlig höfische Manieren und Taktgefühl, er war vielleicht im Umgang mit Frauen anfangs schüchtern und gehemmt, er hat aber durchaus nichts anbrennen lassen. Napoleon als einem hörigen Pantoffelhelden darzustellen, wird dem historischen Bonaparte nicht gerecht- der führte sich eher auf wie ein "Silberrücken", der auf eine ganze Kollektion williger Starlets zurückgreifen konnte und der nicht davor zurückschreckte, intime Kenntnisse auszuspielen und Frauen bloßzustellen.
1809 ersetzte er Josephine durch Marie Luise- Für eine Dynastie taugte Josephine nicht mehr so recht, auch wenn sie zu einer Stammmutter verschiedener Adelshäuser wurde.
Horst Möller, Fürstenstaat oder Bürgernation Deutschland 1763-1815 S. 562-566.