Mithraismus als Vorlage des Christentums?

beorna schrieb:
JEs finden sich mehrere Bezeichnungen für Gott in der Bibel, so daß es Vermutungen gibt, daß es eine Mehrzahl "jüdischer" Götter gab, die sich erst spät zu dem einen entwickelt habe. Jahwe selbst soll einst Sturm- und Wettergott gewesen sein. Ich erinnere mich leider nur schwach an einen Spiegel-Bericht.
Na ja - der Spiegel, die gehobene Bildzeitung. :p

Aber es ist richtig. Am Anfang der jüdischen Religion standen mehrere Götter, darunter El. Auch der "Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs" weist auf drei Stammesgottheiten hin, die bei der Verschmelzung erst in ein genealogisches Verhältnis gebracht und dann zusammengelegt wurden. Dann gab es den "Gott der Heerscharen", ein Kriegsgott. Es gab auch Baumgottheiten (z.B. offenbar in Mamre) und Götter, die auf Kulthöhen (Bet-El) angebetet wurden. Als nächster Schritt folgt dann die Monolatrie z.B. bei Elia. Er war offenbar der Meinung, dass es mehrere Götter tatsächlich gebe, aber die Israeliten ausschließlich JHW anbeten dürften. Danach folgte der echte Monotheismus, indem die späteren Propheten sagten, dass die Statuen aus Stein und Holz eben nichts als Stein und Holz seien. Eindruchsvoll wird diese Phase in 1 Kön. 24 dargestellt, wo Elija einen Wettstreit zwischen sich und den Baals-Anhängern inszeniert, den Wettkampf gewinnt und alle Baalspriester erschlagen lässt.
Aber der Monotheismus ist in Israel immer eine Intellektuellen-Religion geblieben. Nur diese haben ihre Visionen verschriftlicht. Deshalb entsteht der falsche Eindruck, Israel habe dem Monotheismus angehangen. Das Gegenteil ergibt sich aus den Königslisten, in denen stereotyp berichtet wird "Der König tat, was Gott missfiel und betete andere Götter an". In der einfachen Bevölkerung war es nicht anders. Die Cheruben im Tempel am Altar JHW's stammen aus Ägypten. Dort hießen die gleichen Figuren "Spinx".
Ergreifend ist die verzweifelte Klage Ezechiels zu diesem Thema, ein Spitzenerzeugnis altisraelitischer Dichtkunst, das vor einem Vergleich des Verhältnisses JHW's mit Israel mit einer echten Hochzeit einschließlich der Entjungferung nicht zurückschreckt. (JHW spricht über Israel: "... Deine Brüste wurden fest, dein Haar wurde dicht. Doch Du warst nackt und bloß. Da kam ich an dir vorüber und sah dich. Und siehe, deine Zeit war gekommen, die Zeit der Liebe. Ich breitete meinen Mantel über dich und bedeckte deine Nacktheit. Ich leistete dir den Eid und ging mit dir einen Bund ein - Spruch des Herrn -, und du wurdest mein. Dann habe ich dich gebadet, dein Blut von dir abgewaschen und dich mit Öl gesalbt. ..."). Dann wird die Braut zur Hure, die sich jedem hingibt, der ihr über den Weg läuft.
Archäologisch lässt sich zeigen, dass bis zur Zeit Jesu in Israel andere Götter verehrt wurden. Aus der Zeit Jesu wurde sogar ein ägyptischer Tempel in Jerusalem festgestellt.

Der uns heute geläufige jüdische Monotheismus dürfte ein Erzeugnis der intellektuellen Propheten in der Zeit des Exils sein.

Fingalo
 
Der uns heute geläufige jüdische Monotheismus dürfte ein Erzeugnis der intellektuellen Propheten in der Zeit des Exils sein.


Wo sie unter den Einfluss des Iran gerieten! Womit wir wieder im Dunstkreis des Mithras sind.
 
askan schrieb:
Der uns heute geläufige jüdische Monotheismus dürfte ein Erzeugnis der intellektuellen Propheten in der Zeit des Exils sein.


Wo sie unter den Einfluss des Iran gerieten! Womit wir wieder im Dunstkreis des Mithras sind.

Nö, das glaube ich nun nicht. Der Iran kannte damals wohl keinen Monotheismus.

Fingalo
 
Sehr interessant

ich habe viel darüber gelesen, bzw. übersetzt.
So ist es. Das aktuelle "Christentum" hat damals viele Rituale von diesem Kult übernommen, und der Grund liegt auf der Hand. Als sich das Christentum auszubreiten begann, war der Mitrhaskult einer der einflussreichsten Mysterienkulte im römischen Reich. Es handelte sich um einen Geheimkult dessen Mysten zu strengem Stillschweigen verpflichtet waren. Zugelassen waren ausschließlich Männer.
Im Osten war die Kirche sehr stark, und Konstantin hat gesehen, "hier habe ich eine Organisation, die kann ich gebrauchen für meine Zwecke, die können für mich Propaganda machen und ich unterstütze sie mit Privilegien". Konstantin hat de facto die Kirche zu seiner Staatskirche gemacht. Die Kirche hat ihn dann gedient und legitimiert.
Im Rom der Antike bestanden etliche Mysterienkulte. Die alten Götter waren seit Jahrhunderten im Volksglauben verankert. Die Kirche hat dann die viele Rituale übernommen, weil viele Menschen wollten ihre Rituale in dieser Kirche wiederfinden. Man ist ihnen entgegengekommen, weil man wollte ja möglichst viele Gläubige aufhemen. Dass das mit Jesus von Nazareth nichts zu tun hatte, das war den damaligen Führern der Kirche schon egal. Sie hatten sich eh weit davon entfernt.
Der Mithraskult ist nur ein Beispiel von vielen für die Übernahme des Heidnischen in die Rituale und Denkgebäude der sich formierenden Amtskirche
 
unicornio schrieb:
Der Mithraskult ist nur ein Beispiel von vielen für die Übernahme des Heidnischen in die Rituale und Denkgebäude der sich formierenden Amtskirche

Du solltest dein Denkgebäude doch noch einmal prüfen. Die Amtskirche ist du zu dieser Zeit noch in meilenweiter Ferne.
 
unicornio schrieb:
Dass das mit Jesus von Nazareth nichts zu tun hatte, das war den damaligen Führern der Kirche schon egal. Sie hatten sich eh weit davon entfernt.
Na na. Da tut man den Leuten Unrecht. Die zu bewältigenden Probleme einer über die damalige Welt verstreuten "Massen"-Organisation (es waren schon recht viele) waren andere, als die, mit denen Jesus zu tun hatte. Also musste man neue Antworten finden. Jesus konnte man nicht mehr fragen. Das war ihnen gar nicht egal. Sie haben schwer um den rechten Weg in die Zukunft gerungen. Das zeigen die vielen Bischofskonferenzen der damaligen Zeit. Man musste nun eine Organisation schaffen, was bei 72 Jüngern oder etwas mehr noch nicht erforderlich war. Man musste - das war auch der Auftrag Jesu - die "falschen Propheten" identifizieren. Dass die Kirchenführung aus gewissenlosen Machern bestanden hätte, ist eine durch nichts zu belegende Behauptung.
Man entfernte sich von Jesus eben nur durch die erzwungene neue Problemstellung, also nur organisatorisch, und versuchte nach besten Kräften, in dieser historischen Situation seinem Auftrag gerecht zu werden und sich dadurch in der Substanz gerade nicht von ihm zu entfernen.
 
Zum Geburtstag von Mithras und Christus gibt es aus Syrien (6. Jh. n. Chr.) eine sehr interessante Quellenstelle, die besagt:
'Die Heiden pflegten nämlich am 25. Dezember das Fest des Geburtstages der Sonne zu feiern und zu Ehren des Tages Feuer anzuzünden. Zu diesen Riten luden sie sogar das Christenvolk ein. Da nun die Lehrer der Kirche wahrnahmen, dass sich auch Christen zur Teilnahme verleiten ließen, beschlossen sie, am selben Tag das Fest der wahren Geburt zu begehen'
 
Es gibt heute noch, bei einigen kurdischen Gruppen in Syrien, zum Frühjahranfang den Brauch, die Tür mit Kiefernzweigen zu schmücken und sich mit dem Gruß: "Der Sohn kehrt zurück" zu begrüssen.

Man könnt spekulieren, ob dieser Brauch auf christliche Wurzeln zurück geht oder noch weiter vom Adonis stammt.

Tja, Weihnacht mit Mithras und Ostern mit Adonay.
 
Ist das Christentum eine Raubkopie des Mithra-Kultes?

Folgende Schlussfolgerungen ziehe ich aus der mir vorliegenden Faktenlage:

Der Mithra-Kult ist bis heute im Christentum gegenständlich geblieben, sei es in den Wesenssakramenten, dem Weihnachtsfest oder der Sonne, dem Licht überhaupt, ohne das wohl keine christliche Bilddarstellung auskommt. Und der dem Mithra-Kult zugrunde liegende ewige Kampf der Sonne gegen die Dämonen der Finsternis wurde auch zur tragenden Ideologie der christlichen Ritter des frühen bis späten Mittelalters. Und dass der Sonntag mit dem Christentum nur soviel zu tun hat, dass sie auch diesen heiligen Tag des Mithra-Kultes im Handstreich übernahmen, steht ebenfalls fest.


Ich würde gern andere Meinungen dazu hören.
(Wer die Überlegungen, die mich zu meiner Schlussfolgerung brachten, nachlesen will, sollte meine Homepage besuchen...)

Gruß an die geschichtsinteressierte Welt
derLiterat
 
derLiterat schrieb:
Folgende Schlussfolgerungen ziehe ich aus der mir vorliegenden Faktenlage:

Der Mithra-Kult ist bis heute im Christentum gegenständlich geblieben, sei es in den Wesenssakramenten, dem Weihnachtsfest oder der Sonne, dem Licht überhaupt, ohne das wohl keine christliche Bilddarstellung auskommt. Und der dem Mithra-Kult zugrunde liegende ewige Kampf der Sonne gegen die Dämonen der Finsternis wurde auch zur tragenden Ideologie der christlichen Ritter des frühen bis späten Mittelalters. Und dass der Sonntag mit dem Christentum nur soviel zu tun hat, dass sie auch diesen heiligen Tag des Mithra-Kultes im Handstreich übernahmen, steht ebenfalls fest.


Ich würde gern andere Meinungen dazu hören.
(Wer die Überlegungen, die mich zu meiner Schlussfolgerung brachten, nachlesen will, sollte meine Homepage besuchen...)

Gruß an die geschichtsinteressierte Welt
derLiterat

Es ist doch normal, dass sich gewisse "religiöse" Traditionen vermischen. Das Christentum entstand ja nicht aus dem nichts, sonder baute ebenfalls auf Traditionen auf. Es wurde weiterentwickelt und es wurden Riten übernommen sowie andere nicht übernommen wurden.

Von einer Raubkopie zu sprechen finde ich doch einwenig weitergeholt, eher man hat sich den in der damaligen Gesellschaft verbreiteten Traditionen bedient um was weiter zu entwickeln
 
ursi schrieb:
Es ist doch normal, dass sich gewisse "religiöse" Traditionen vermischen. Das Christentum entstand ja nicht aus dem nichts, sonder baute ebenfalls auf Traditionen auf. Es wurde weiterentwickelt und es wurden Riten übernommen sowie andere nicht übernommen wurden.

Von einer Raubkopie zu sprechen finde ich doch einwenig weitergeholt, eher man hat sich den in der damaligen Gesellschaft verbreiteten Traditionen bedient um was weiter zu entwickeln
Natürlich ist es normal, dass religiöse Tradditionen sich mischen, denn jede Religion basiert auf das geistige Fundament seiner Träger, der Menschen also, die in ihrer Erfahrung und in ihrem Empfinden in der jeweiligen gegenständlichen Welt verankert sind. Das subtile an den Sakramenten des Christentums sind nicht deren Kopien von Kulthandlungen anderer religiöser Lebensweisen, sondern deren Leugnung als vorchristliche Tradditionen!!!
 
derLiterat schrieb:
Natürlich ist es normal, dass religiöse Tradditionen sich mischen, denn jede Religion basiert auf das geistige Fundament seiner Träger, der Menschen also, die in ihrer Erfahrung und in ihrem Empfinden in der jeweiligen gegenständlichen Welt verankert sind. Das subtile an den Sakramenten des Christentums sind nicht deren Kopien von Kulthandlungen anderer religiöser Lebensweisen, sondern deren Leugnung als vorchristliche Tradditionen!!!
Ach Du liebe Zeit. Wie kommst Du denn darauf? Ein Beleg für die Leugnung wäre ja nicht schlecht.
Dass der Kniefall (Proskynesis) sowie die Kleidung der Priester am Altar vom persichen Kaiserhof afgeguckt worden ist, bestreitet niemand. Dass die Wassertaufe als Kulthandlung schon vorher da war, ist ebenfalls bekannt, ebenso das Kultmahl.

Aber der Inhalt wurde verändert und nicht übernommen - und darauf kommt es schließlich an.
 
Und hast das Versprechen für ewiges Leben vergessen, das auch in vorchristlichen Glaubensvorstellungen enthalten war.
 
Und vergessen hatte ich auch noch, dass Wiederauferstehungsrituale schon bei den Sumerern, lange vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, an der Tagesordnung waren, jedenfalls einmal im Jahr.
(Das hat zwar nun auch nichts mit dem Mithra-Kult zu tun, belegt aber auch, dass die Mystiken des Christentums hauptsächlich aus dem Kopieren vorher gelebter Kulte entstanden sind!)
 
Ich hab mal gelesen, dass man selbst zwischen dem Christentum und dem Gilgamesch-Epos vielerlei Parallelen ziehen kann.
 
daimos schrieb:
* die beiden größten mithräischen Feste feierten die Geburt Mithras am 25. Dezember und den Tod und die Auferstehung Mithras zur Frühlings-Tagundnachtgleiche (vgl. Weihnachten, Ostern).
Hier musste ich gleich daran denken, dass das nicht unbedingt eine Parallele zum Christentum darstellt, da ja der 24. Dezember auch nicht sicher als Geburt Christi gelten soll, sondern festgelegt wurden soll. Ich glaube auch, dass es einen Jesus Christus (heißt nicht, dass ich christlich bin :grübel: ) gegeben hat, vll. auch einen Mithras - die aber nicht unbedingt die ein und dieselbe Person waren. Doch hat dann die Kirche ein ähnliches Datum des Mithras-Kultes genommen oder sich nicht daran orientiert?
Oder bin ich gar falsch informiert?

MfG
Tokugawa
 
Tokugawa schrieb:
Hier musste ich gleich daran denken, dass das nicht unbedingt eine Parallele zum Christentum darstellt, da ja der 24. Dezember auch nicht sicher als Geburt Christi gelten soll, sondern festgelegt wurden soll. Ich glaube auch, dass es einen Jesus Christus (heißt nicht, dass ich christlich bin :grübel: ) gegeben hat, vll. auch einen Mithras - die aber nicht unbedingt die ein und dieselbe Person waren. Doch hat dann die Kirche ein ähnliches Datum des Mithras-Kultes genommen oder sich nicht daran orientiert?
Oder bin ich gar falsch informiert?

MfG
Tokugawa
Huch, christlich zu sein ist ja auch was ganz schlimmes!:pfeif:

Aber guckst Du hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten#Geschichte
 
derLiterat schrieb:
Und vergessen hatte ich auch noch, dass Wiederauferstehungsrituale schon bei den Sumerern, lange vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, an der Tagesordnung waren, jedenfalls einmal im Jahr.
(Das hat zwar nun auch nichts mit dem Mithra-Kult zu tun, belegt aber auch, dass die Mystiken des Christentums hauptsächlich aus dem Kopieren vorher gelebter Kulte entstanden sind!)
Ja und? Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch. Das ist alles wohlbekannt, niemand bestreitet das. Und was ergibt sich daraus?
Das nächstliegende wurde ja noch gar nicht erwähnt: Die Sprache, in der die Bibel geschrieben wurde, war auch schon vorher da.
Sowat aber auch. Was ich damit sagen will?
Gestik, Kult und auch Botschaft sind Kommunikationsmittel neben der Sprache, setzen also Bekanntnheit voraus und dass sie eben wie Vokabeln verstanden werden. Völlig neue Erzählelemente, die niemand versteht, sind für eine Botschaft ungeeignet.
Die "Mystiken des Christentums" (Gemeint sind wohl die Mythen!) sind nicht aus dem Kopieren entstanden, sondern die Glaubensinhalte erforderten bestimmte Formen der Mitteilung, die für die Zeitgenossen verständlich waren. Und so bediente man sich bereits vorgefertigter Mythologeme, um bestimmte Inhalte zu verdeutlichen.
 
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