Naziwissenschaftler und ihr Erbe heute

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Eigentlich hat mich @Repo mit diesem Beitrag darauf gebracht. Ich eröffne den Thread hier, weil ich erweiterte Schreibrechte für Beiträge für sinnvoll halte.

http://www.geschichtsforum.de/f32/w...-kultur-en-unter-22460/index3.html#post345048

@Repo: Die Schließung einer katholischen Schule in Rostock war für ihn ausreichend Grund und Anlass "Streit" mit dem Gauleiter zu haben...

Der wars: Friedrich Hildebrandt ? Wikipedia
Hildebrandt galt in Mecklenburg eigentlich als "moderat". Verurteilt wurde er, weil in seinem Gau alliierte Flieger gelyncht wurden.

Mal abgesehen von Weisgerber; ist ein Geschichts- oder gar Naturwissenschaftler automatisch unglaubwürdig und zu ignorieren, weil er Nazi war? Mit der Einstellung wären die Amis nie zum Mond gekommen.

Wie denkt ihr darüber?

Vor allem die Vorgeschichtsforschung hat ja einige Blut- & Bodenspezialisten aufzuweisen, die größtenteils nach dem Krieg munter weitermachten.
 
; ist ein Geschichts- oder gar Naturwissenschaftler automatisch unglaubwürdig und zu ignorieren, weil er Nazi war? Mit der Einstellung wären die Amis nie zum Mond gekommen.

Wie denkt ihr darüber?

Quatsch.
Was kann ein Genie dafür, in welcher Zeit er lebt?
Die mussten sich eben anpassen, um unbeirrt weitermachen zu können.
Ein Regime kann keine Gedanken steuern, nur versuchen, sie auf ihre Seite zu lenken.
 
Ich weiß nicht, ob anpassen und weitermachen, womöglich unter der Schirmherrschaft und zum Nutzen des Regimes, wertneutral gesehen werden kann.:confused: Auch ein paar ausgebuddelte Urnen wurden für die germanische Rassenideologie missbraucht.

Da werden kontroverse Meinungen auflaufen. So ähnlich hatten wir es schon im Riefenstahl-Thread.
 
Die Hirnforschung in Deutschland profitierte jedenfalls noch Jahrzehnte von den menschlichen Versuchen, die die Nazis mit ihren Opfern machten... und andere medizinische und biologische Disziplinen auch, denn solcherlei Menschenversuche sind ja vorher und nachher nicht mehr gemacht worden.
Spätere Versuche am menschlichen Hirn mussten "warten", bis z.B. ein Motorradunfall zufällig diese Schädigung am Hirn brachte, um etwas experimentell feststellen zu können.
 
Mal abgesehen von Weisgerber; ist ein Geschichts- oder gar Naturwissenschaftler automatisch unglaubwürdig und zu ignorieren, weil er Nazi war? Mit der Einstellung wären die Amis nie zum Mond gekommen.

Wie denkt ihr darüber?

Vor allem die Vorgeschichtsforschung hat ja einige Blut- & Bodenspezialisten aufzuweisen, die größtenteils nach dem Krieg munter weitermachten.

Kommt doch auf die Thesen und die Schriften an, die ein solcher Geschichts- und/oder Naturwissenschaftler aufgestellt/geschrieben hat.

Einer der die Rassenideologie der Nazis wissenschaftlich untermauerte, dem seine Schriften sollte man mit Vorsicht geniesen.


Tekker sagt es ja schon, es kommt auf die Fakten an. Das muss man von Fall zu Fall anschauen.
 
Der wars: Friedrich Hildebrandt ? Wikipedia
Hildebrandt galt in Mecklenburg eigentlich als "moderat". Verurteilt wurde er, weil in seinem Gau alliierte Flieger gelyncht wurden.

Ich kenn jetzt den Fall nicht, muss da zuerst googeln, aber in Wiki steht, dass er verurteilt wurde weil er daran beteiligt war und nicht weil es in seinem Gau geschehen ist. Finde ich noch ein grosser Unterschied, zumal Hildebrandt hingerichtet wurde.
 
Was ist ein Naziwissenschaftler?

Bitte um eine kurze Definition.
 
... ist ein Geschichts- oder gar Naturwissenschaftler automatisch unglaubwürdig und zu ignorieren, weil er Nazi war?

Ich möchte die Aussagen von Ursi und Tekker dahingehend noch ein wenig verschärfen, daß wir dabei auch bzgl. des Fachgebietes Wissenschaftler und Wissenschaftler keinesfalls einfach gleichsetzen können.

Dazu ein ganz einfaches Beispiel: ein Mathematiker ist bekanntlich auch ein Wissenschaftler, in dem Fall konkret ein Naturwissenschaftler. Als solcher mag er bspw. Mitglied der NSDAP gewesen und auch grundsätzlich mit der politischen Linie konform gewesen sein. Dennoch tut dies seinen wissenschaftlichen Arbeiten deswegen kaum Abbruch, weil Mathematik eben Mathematik ist und es nun einmal keine faschistische, sozialistische, bürgerlich-demokratische oder sonstwelche Mathematik gibt.
Oder kürzer und zum vereinfachten Verständnis: in der Monarchie, in der Republik, in der Diktatur und in der Demokratie ist 1+1 immer 2.

Es gibt Wissenschaften, bei denen durchaus zwischen ideologischer Vereinnahmung und politischer Einstellung einerseits sowie wissenschaftlicher Arbeit andererseits getrennt werden kann. Zugegebenermaßen trifft dies meist auf Naturwissenschaften eher zu als auf Geisteswissenschaften, da letztere immer auch in gewisser Weise Spiegel der jeweiligen Zeit und Gesellschaft sind.
 
Das ist ein Indiz wofür?

Das er für etwas verurteilt wurde, was er begannen hat. Und nicht was in seinem Gau geschehen ist. Wie gesagt ich kenn den Fall nicht, kenn auch die Akte und auch das Verfahren des Fliegerprozesses nicht. Hab das einfach mal so aus Wiki herausgelesen, es steht ja da:

Wegen der Beteiligung an der Tötung abgeschossener alliierter Flieger, einem Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung, wurde Hildebrandt im Februar 1947 von einem amerikanischen Militärgericht in Dachau zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung erfolgte im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg.

Vielleicht weisst du ja mehr als ich.
 
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Wir kommen hier in Grenzbereiche, auch Einstein war Naturwissenschaftler. Es gab auch eine so genannte "deutsche Physik". So pauschal würde ich timotheus Aussage nicht stehen lassen. Aber ein tolles Thema, das macht Freude.
 
Wir kommen hier in Grenzbereiche, auch Einstein war Naturwissenschaftler. Es gab auch eine so genannte "deutsche Physik". So pauschal würde ich timotheus Aussage nicht stehen lassen. Aber ein tolles Thema, das macht Freude.

Einstein war aber zur Zeit der sog. Machtergreifung nicht in Deutschland, sondern in Pasadena. Er legte sein Amt an der Preussischen Akademie der Wissenschaft sofort nieder, bevor in die Nazis ausschliessen konnten.

Du hast schon recht Angrivarier, wir müssten zuerst definieren was ein Naziwissenschaftler ist.
 
Ich möchte die Aussagen von Ursi und Tekker dahingehend noch ein wenig verschärfen, daß wir dabei auch bzgl. des Fachgebietes Wissenschaftler und Wissenschaftler keinesfalls einfach gleichsetzen können.

Dazu ein ganz einfaches Beispiel: ein Mathematiker ist bekanntlich auch ein Wissenschaftler, in dem Fall konkret ein Naturwissenschaftler. Als solcher mag er bspw. Mitglied der NSDAP gewesen und auch grundsätzlich mit der politischen Linie konform gewesen sein. Dennoch tut dies seinen wissenschaftlichen Arbeiten deswegen kaum Abbruch, weil Mathematik eben Mathematik ist und es nun einmal keine faschistische, sozialistische, bürgerlich-demokratische oder sonstwelche Mathematik gibt.
Oder kürzer und zum vereinfachten Verständnis: in der Monarchie, in der Republik, in der Diktatur und in der Demokratie ist 1+1 immer 2.

Es gibt Wissenschaften, bei denen durchaus zwischen ideologischer Vereinnahmung und politischer Einstellung einerseits sowie wissenschaftlicher Arbeit andererseits getrennt werden kann. Zugegebenermaßen trifft dies meist auf Naturwissenschaften eher zu als auf Geisteswissenschaften, da letztere immer auch in gewisser Weise Spiegel der jeweiligen Zeit und Gesellschaft sind.

Der Gedanke, zwischen "Geistes"- und "Natur"-wissenschaften zu unterscheiden ist zunächst bestechend. 1+1 ist immer 2, egal welcher Ideologie man anhängt.

Wenn man den Gedankengang jedoch etwas weiter spinnt muss sich die Frage stellen, inwiefern "Naturwissenschaften" zugleich im Dienste von Ideologien stehen können, als auch inwiefern sie selbst Ideologien beeinflussen können.

Als steile These hierzu: Ohne die naturwissenschaftlichen Leistungen eines Wernher von Braun hätte es vielleicht die nukleare Wettrüstung im Kalten Krieg nicht gegeben - damit wären wesentliche Elemente der diese Auseinandersetzung bestimmenden Ideologien nicht zum tragen gekommen.
 
Es gab auch eine so genannte "deutsche Physik".

Deren bedeutendste Vertreter waren bekanntlich Philipp Lenard und Johannes Stark; und deren Arbeiten, für welche beide jeweils den Nobelpreis erhielten, bleiben trotz ihres später verfochtenen Weltbildes unbestritten.
Anm.: Aufgrund ihrer geringen wissenschaftlichen Durchschlagskraft konnte sich die Deutsche Physik selbst in Deutschland nicht endgültig gegenüber der modernen Physik durchsetzen (die bspw. Grundlage für militärisch relevante Forschungsprojekte war). Spätestens ab dem Münchner Religionsgespräch von 1940 hatte die Deutsche Physik auch in Deutschland gegen die moderne Physik verloren...

Es gab übrigens auch eine so genannte Deutsche Mathematik: deren Hauptvertreter Ludwig Bieberbach löste bspw. das 18. der 23 mathematischen Probleme von David Hilbert, stellte die nach ihm benannte (in den 80ern bewiesene) Bieberbachsche Vermutung auf und machte sich auch mit anderen Arbeiten auf dem Gebiet der Funktionentheorie und der Analysis (zu Recht) einen Namen. An diesen wissenschaftlich seriösen Verdiensten ändert auch sein Engagement für die Deutsche Mathematik nichts...

So pauschal würde ich timotheus Aussage nicht stehen lassen.

Sie war keineswegs so pauschal gemeint, wie Du sie verstanden hast; deswegen verwendete ich auch Formulierungen wie "getrennt werden kann" und "trifft eher zu".

PS(EDIT) @Floxx78: Diese Anmerkungen meines Beitrages gehen auch in Deine Richtung... :fs:
 
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Ein mutiger Thread!
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Imho nein. Mir persönlich geht es stets um die Fakten, aber es scheint eben leichter, Thesen mit einem Hinweis auf die Geisteshaltung ihrer Vertreter vom Tisch zu wischen. Dann braucht man auch keine Fakten mehr zu liefern für eine etwaiige Gegenposition.


Eben, vereinfacht die Sache erheblich.

Ich habe es im anderen Thread schon geschrieben, durcheinandergebracht hat mich, dass Weisgerber in Metz einen geringeren Romanisierungsgrad als in Köln anhand seiner Namensmethode feststellt. Was mir nicht so richtig einleuchten will. (Die Eltern sind während der Suche nach Vornamen schwanger, und kommen auf die absonderlichsten Ideen, warum soll das im alten Rom anders gewesen sein als heute?)
Eine Deutung anhand des römischen Namensrechts lehnt er kategorisch ab, nun, ich bin Laie muss ich so hinnehmen, aber verstehn muss ich es ja nicht....

Jedenfalls gabe ich gegoogelt, Weisgerber ist gebürtig aus Metz, dieser Altdeutschen Stadt. Im übrigen war er natürlich ein "aufrechter Antinazi" schon in seiner Habilitationsschrift (war vor 33) usw. ..... und dann hat er noch einen Streit mit Hildebrandt....
Und dieses Strickmuster ist mir nun doch schon öfter untergekommen.
Habe ich weitergegoogelt
Langer Rede kurzer Sinn, Weisgerber war als SD-Mann in Frankreich, ich unterstelle mal, dass den Foren-Teilnehmer bekannt ist, was der SD war. Und wenn sich so einer als Widerstandskämpfer darstellt, zieht es mir die Schuhe aus.

Ich denke mal bei der Untersuchung nach römischem Namesnrecht war das altdeutsche Metz plötzlich romanischer als Köln, und das kann ja nicht sein, liefert also keine zuverlässigen Ergebnisse..........


OT: Wenn sich einer hingestellt hat, "Ja, ich habe mich einfangen lasse, ich habe mich getäuscht, ich war aus diesem oder jenem Grund überzeugt,... und es tut im leid."
Respekt, uund wenn es nach Jahrzehnten ist, siehe Grass.
Aber dann auch noch den Widerständler raushängen...........
Wenn so einer zu mir sagen würde, "die Sonne scheint" würde ich vorsichtshalber aus dem Fenster schauen, ob es auch stimmt.
 
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