Warum das lange 19. und kurze 20. Jahrhundert?

noch mal die Anni ^^
so nun bin ich beim durch forsten meiner Geschichtssachen auf dir Frage gestoßen "Warum spricht man vom langen 19. und vom kurzen 20 Jahrhundert?" ich habe leider die Antwort dazu nich gefunden und wüsste es auch wenn ich so Nachdenke nicht wirklich :(
wäre echt klasse wenn ihr mir weiter helfen könntet!!
Um Deine Ausgangsfrage noch einmal aufzugreifen. Zum langen 19. Jahrhundert ist bei Reclam der Essay Das "lange" 19. Jahrhundert. Profil einer Epoche von Franz Bauer erschienen. Ist aber meiner Meinung nach keine ganz leichte Lektüre - mindestens Oberstufenkost mit vielen Verweisen auf bekannte Historiker und einigen Fachbegriffen.
 
Langes 19. und kurzes 20. Jahrhundert

Uns wurde in unserem Geschichtskurs die Frage gestellt wesshalb man vom langen 19Jh. und vom kurzen 20Jh. spricht...leider habe ich keine ahnung und auch keine Gedankenansätze wesshalb?!
Bitte helft mir..
mit freundlichen grüssen
carina
 
Solche Periodisierungen sind immer aus der einen oder anderen Perspektive angreifbar. Das gilt auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Territorien: In Nordamerika z. B. fängt das "lange 19. Jh." sicher schon 1776 an, nicht erst 1789, usw. Jedenfalls sind manche Lehrpläne im Fach "(politische) Geschichte" auf die neue Sprachregelung eingeschwenkt.

Früher hat man einen anderen Begriff häufiger verwendet: "das bürgerliche Zeitalter". Was damit gemeint ist/war, hat Jürgen Kocka Anfang des Jahres kurz zusammengefasst (Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 09 2008, 25.02.2008 - Thema: Bürger - Bürgertum - Bürgerlichkeit - Bürger und Bürgerlichkeit im Wandel).
 
Es ist immer sehr spannend zu sehen, WANN (und WARUM!) eine Generation eine "neue Zeit" heraufdämmern sieht, die sich von der "alten" grundsätzlich unterscheidet. Man muss sich also erst mal den Kriterienkatalog angucken, der hierfür zu Rate gezogen wird. Dann ist die Frage, ob man überhaupt für "andere Brüche" in der Vergangenheit interessiert? Ist dieser Kriterienkatalog eventuell auch dafür brauchbar? Ist er eventuell sogar "universell"?

Ganz klar sind politische Ereignisse lokal bedeutsam. Die Geschichte der Karibik, Mexikos oder Perus zeigt 1492, 1521 und 1532 einen signifikanten Einschnitt. Was wollen wir daraus machen machen? Für die Geschichte Amerikas? (Und was ist mit Nordamerika?) Für die "Weltgeschichte?

Ganz klar ist eine Aufteilung nach Jahrhundert höchst problematisch; da muss man sehr zahlengläubig sein, um so etwas INHALTLICH für sinnvoll zu halten. Lange Zeit haben Historiker das Jahr 1000 für den großen psychologischen Umbruch gehalten: Ein Weltuntergang, der gerade noch mal an uns vorbeiging? Vorher die große Depression, danach der dynamische Neuanfang! Dies hat sich inzwischen als überzogene Interpretation einiger weniger Quellen herausgestellt.

Universalgeschichtshistoriker legen "Jahrhundertgrenzen" gerne auf XX50 oder auf XX75, um sich nicht der Kritik der Zahlengläubigkeit auszusetzen...

Die Zeit zwischen der französischen Revolution und dem 1. Weltkrieg hat sicherlich genug innere Gemeinsamkeit, um als - z.B. "bürgerliche Zeit" - periodisiert zu werden.

Wenn wir die Malerei (J. David bis Kandinsky) und Musik (Mozart bis Schönberg) zwischen 1785 und 1915 angucken (und anhören), dann sieht das nicht mehr sehr homogen aus... Aber ich habe auch geschummelt: Die genannten Personen gehören "in Wirklichkeit" in die jeweils vorige bzw. nächste Periode...

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Edit: Die Periode 1917 - 1989 umfasst (zufällig?) Aufstieg und Fall der Sowjetunion. Ist das das Maß aller Dinge?
 
Zuletzt bearbeitet:
Solche Periodisierungen sind immer aus der einen oder anderen Perspektive angreifbar. Das gilt auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Territorien: In Nordamerika z. B. fängt das "lange 19. Jh." sicher schon 1776 an, nicht erst 1789, usw. Jedenfalls sind manche Lehrpläne im Fach "(politische) Geschichte" auf die neue Sprachregelung eingeschwenkt.
Das erinnert mich an eine Diskussion, welche ich mal über Talleyrand hatte und ob das Empire eher dem 19. oder 18. Jahrhundert zuzurechnen wäre. Ein langes 19. Jh. macht das 18.Jh. ziemlich kurz. Das wäre schonmal eine Überlegung. Ein Problem ist natürlich auch, wenn man die Revolution als klar zum 18.Jh. rechnen würde, dann wäre man aufgeschmissen mit dem Empire, welche für viele unlösbar an die Revolution gekoppelt ist. Eine Frage wäre auch sozialhistorisch. Wann setzte die Restauration, wann die Gegenbewegung zur Aufklärung ein? Unter Napoléon Ier haben wir da schon heftige Kennzeichen, auch was die Rolle der Frau betrifft. Diese wurde in der Oberschicht zusehends aus der beherrschenden Position in den Salons verdrängt, welche Rousseau schon so biedermännlich (oder sexistisch?) beargwöhnte. Natürlich haben wir im Empire noch einige schillernde Damen wie die Madame Récamier in Frankreich oder Henriette Herz, Rahel Varnhagen... Wann setzte nun aber die Restauration und die Rücknahme gewisser Errungenschaften wie der Emanzipation des Judentums ein? Wären dies eventuell Aspekte für eine Trennlinie zwischen aufgeklärtem 18.Jh. und der Zeit der Restauration, welche man freilich zweifelsfreier dem 19.Jh. zurechnen könnte?:grübel:

Eine spannende Frage wie die Diskussion über jeden Epochenbegriff.
 
1. um als - z.B. "bürgerliche Zeit" - periodisiert zu werden.

2.
Wenn wir die Malerei (J. David bis Kandinsky) und Musik (Mozart bis Schönberg) zwischen 1785 und 1915 angucken (und anhören), dann sieht das nicht mehr sehr homogen aus... Aber ich habe auch geschummelt: Die genannten Personen gehören "in Wirklichkeit" in die jeweils vorige bzw. nächste Periode...
1. Die Bezeichnung "bürgerliche Zeit" fände ich auch zu hoch gegriffen. Wann wollten wir diese denn ansetzen, mit den Werken eines Gottsched, Gellert oder doch lieber Gessner? Oder wollen wir sie mit dem Ende des Absolutismus und "bürgerlichen Regierungen" ansetzen? Da kämen wir schon in die Bredouille, dass der Absolutismus als Epochenbegriff zusehends hinterfragt wird.

2.
Oh das wäre ja ein noch höllisch spannenderes Thema. Aber da lasse ich lieber die anderen zu Wort kommen, gerade was die Musik anbelangt.

Das 18.Jh. sah Genies auf beiden Seiten. Es gab einen Gainsborough UND einen Mengs. Füssli und Boilly. Also auch im 18.Jh. hätte man Schwierigkeiten bei der Bandbreite der Malerei und der Stilrichtungen alles halbwegs in einen Topf zu tun. Turner reicht mit seinem Leben von dem einen Jahrhundert ins andere. Hubert Robert würde ich auch nicht unterschätzen. Überhaupt ist man heute eher dabei die Modernität der Malerei des 18.Jh. erst so recht herraus zu arbeiten, was sogar für die Vedutenmalerei zutrifft, welche früher als barocker Firlefanz und maximal als interessantes Bild auf die Stadtbilder der damaligen Zeit und weniger als wertvolle Kunstwerke erachtet wurde, gilt heute weit mehr.

Jedenfalls müsste man, wenn man eine klaffende Lücke zwischen Kandinsky und David sähe, nicht auch anerkennen, dass man in jeder Epoche erstaunt sein kann zwischen den Weiten zwischen den Stilen? ...
 
deSilva schrieb:
Edit: Die Periode 1917 - 1989 umfasst (zufällig?) Aufstieg und Fall der Sowjetunion. Ist das das Maß aller Dinge?

Am Ende des kurzen 20.Jahrhunderts stand auch die Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas und das war doch nur möglich durch die Schwäche der Sowjetunion. Eine UDSSR auf dem Zenit ihrer Macht, hätte dies wohl kaum zugelassen.
 
Das kurze 20. Jhd. liegt zwischen 2 Zusammenbrüche größerer Konstellationen.
und mit dem Ende des 2. WK liegt auch eine Umordnung mittendrin.
Dass die SU hierbei ein Kontinuum darstellt, ist bis zu einem gewissen Grad Zufall. Sie löst eine der alten Mächte ab und bildet eine der großen Kräfte, die am Ende zerfallen. Es geht beim Jahr 89 aber ebenso sehr um den restlichen Ostblock als auch den kalten Krieg.
 
Das kurze 20. Jhd. liegt zwischen 2 Zusammenbrüche größerer Konstellationen.
und mit dem Ende des 2. WK liegt auch eine Umordnung mittendrin.
Dass die SU hierbei ein Kontinuum darstellt, ist bis zu einem gewissen Grad Zufall. Sie löst eine der alten Mächte ab und bildet eine der großen Kräfte, die am Ende zerfallen. Es geht beim Jahr 89 aber ebenso sehr um den restlichen Ostblock als auch den kalten Krieg.
Kann man das Ende des 20.Jh. nicht erst mit der nötigen Objektivität betrachten, wenn wir das 21. hinter uns haben? Woher wollen wir wissen, ob nicht 2008 später doch zum 20. Jh. geschlagen wird, da die Umbrüche im Ostblock eine andere Wertung erfahren?

Epochenbegriffe werden ständig hinterfragt.
 
Also ich glaube, das es nicht grundsätzlich erforderlich sein muss, das eine große zeitliche Distanz zu dem fraglichen geschichtlichen Gegenstand vorliegen muss, um eine möglichst objetktive Geschichtsschreibung bzw. Auseinandersetzung zu ermöglichen.

Ich möchte an dieser Stelle die Reihenwerke "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltekrieg "oder "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" nennen. Man darf beide Reihen getrost als bisher unerreichte Standardwerke bezeichnen.
 
Es ist immer sehr spannend zu sehen, WANN (und WARUM!) eine Generation eine "neue Zeit" heraufdämmern sieht, die sich von der "alten" grundsätzlich unterscheidet. Man muss sich also erst mal den Kriterienkatalog angucken, der hierfür zu Rate gezogen wird. Dann ist die Frage, ob man überhaupt für "andere Brüche" in der Vergangenheit interessiert? Ist dieser Kriterienkatalog eventuell auch dafür brauchbar? Ist er eventuell sogar "universell"?

Das hilft doch jetzt Carina nichts. Das lange 19. und das kurze 20. Jahrhundert ist ein feststehender Ausdruck, über den man erst dann diskutieren kann, wenn man weiß wie es zu diesem Ausdruck kommt.

Ganz klar sind politische Ereignisse lokal bedeutsam. Die Geschichte der Karibik, Mexikos oder Perus zeigt 1492, 1521 und 1532 einen signifikanten Einschnitt. Was wollen wir daraus machen machen? Für die Geschichte Amerikas? (Und was ist mit Nordamerika?) Für die "Weltgeschichte?
Im deutschssprachigen Raum spricht von gemeinhin von altamerikanischer Geschichte, im hispano- und anglophonen Raum von präkolumbinischer Geschichte.

Ganz klar ist eine Aufteilung nach Jahrhundert höchst problematisch; da muss man sehr zahlengläubig sein, um so etwas INHALTLICH für sinnvoll zu halten. Lange Zeit haben Historiker das Jahr 1000 für den großen psychologischen Umbruch gehalten: Ein Weltuntergang, der gerade noch mal an uns vorbeiging?
Universalgeschichtshistoriker legen "Jahrhundertgrenzen" gerne auf XX50 oder auf XX75, um sich nicht der Kritik der Zahlengläubigkeit auszusetzen...
Du bist zwar schon ganz schön weit OT, aber jetzt würde mich ja mal interessieren, welche Historiker das wohl gewesen sein sollen...
 
Also ich glaube, das es nicht grundsätzlich erforderlich sein muss, das eine große zeitliche Distanz zu dem fraglichen geschichtlichen Gegenstand vorliegen muss, um eine möglichst objetktive Geschichtsschreibung bzw. Auseinandersetzung zu ermöglichen.

Ich möchte an dieser Stelle die Reihenwerke "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltekrieg "oder "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" nennen. Man darf beide Reihen getrost als bisher unerreichte Standardwerke bezeichnen.
Das klingt mir aber nach einem auf Deutschland begrenzten Blickwinkel. Was soll das für eine Epocheneingrenzung nützen?
 
Das klingt mir aber nach einem auf Deutschland begrenzten Blickwinkel. Was soll das für eine Epocheneingrenzung nützen?


Ich schrieb, das eine große zeitliche Distanz nicht unbedingt zwingend für eine um Objektivität bemühte Geschichtschreibung nötig ist. Das ist meine Meinung. Hierfür ist die wisenschaftliche seriöse und fundierte Geschichtsschreibung in den von mir genannten Werken ein sehr hervorragendes Beispiel. Eine Verengung des Blickwinkel lag gar nicht in meiner Absicht.


Brissotin schrieb:
Kann man das Ende des 20.Jh. nicht erst mit der nötigen Objektivität betrachten, wenn wir das 21. hinter uns haben?

Auf diese, deine Frage bezog sich meine Ausführung.
 
Ich kann mich noch grob daran erinnern, was mein Geschichtslehrer dazu gesagt hatte... das lange 19. Jahrhundert beginnt mit der franz. Revolution und beinhaltet eine große Menge an Umbrüchen und Revolutionen (warum man auch manchmal vom "Zeitalter der Revolutionen" spricht). Es zieht sich bis zur Zerschlagung der (politisch wichtigen) letzten Monarchien, die des Zaren in Russland und die von Kaiser Wilhelm II. Generell wird aber der I. Weltkrieg als Markierungspunkt festgelegt (wahrscheinlich der Praxis halber), denn das zwanzigste Jahrhundert ist auch das Jahrhundert der Weltkriege, des I. und des II. und auch des Kalten Krieges. Es handelt sich also nicht nur um eine zeitlich kleinere Spanne (von 1914-1990), sondern gleichzeitig auch um einen Zeitraum der eine wichtige Rolle im Gleichgewicht der Weltmächte spielt und in der Entwicklung, die Selbige bis zur letzten Jahrtausendwende durchgemacht haben.

Das hat meines Erachtens weniger mit der UdSSR an sich zu tun, wie jemand weiter oben schrieb (sorry, hab mir jetzt nicht gemerkt wer *schäm*) , auch wenn die Entwicklung der anderen Mächte, Deutschland und den vormals Alliierten, stark von der der Sowjetunion abhängt.
 
Das hilft doch jetzt Carina nichts.
Ach?
Das lange 19. und das kurze 20. Jahrhundert ist ein feststehender Ausdruck, über den man erst dann diskutieren kann, wenn man weiß wie es zu diesem Ausdruck kommt.
Darum habe mit den ALLEREINFACHSTEN Links angefangen...
Im deutschssprachigen Raum spricht von gemeinhin von altamerikanischer Geschichte, im hispano- und anglophonen Raum von präkolumbinischer Geschichte.
Meine Frage bezog sich eher auf "Wann genau"? 1500 war de Welt noch in Ordnung; 1550 eher nicht mehr..In Europa gab es da den Luther und die Türken... Ein kurzes oder ein langes Jahrhundrt :)
[quot]Du bist zwar schon ganz schön weit OT, aber jetzt würde mich ja mal interessieren, welche Historiker das wohl gewesen sein sollen...[/QUOTE]
Spengler gibt Daten "sowohl als auch an"; ich hatte viel mehr XX50 im Sinn bei ihm. Aber es sind schon genug.
http://www.zeno.org/Philosophie.images/I/spe2002a.jpg
Toynbee hat das auch gerne gemacht..

Ich hatte neulich mal diese Arbeit gelesen http://sammelpunkt.philo.at:8080/1088/1/se04redl.pdf Abgrenzungen erfolgen häufiger über XX50, XX25 und XX75 als über "Jahrhunderte"

Wir haben es offenbar i.d.R.mit Perioden zu tun, die zum ghroßteil schon in ein Jahrhundert fallen mögen, manchmak aber auch mehr als ein Jahrhundert überdauert (Barock), oder manchmal auch recht klein ist (etwa 60 Jahre)
 
Zuletzt bearbeitet:
langes 19. jahrhundert

hallo,
ich hoffe, es gibt noch keinen beitrag zu diesem thema, ich habe die suchfunktion benutzt, aber so weit ich das überblicken konnte passte kein beitrag zu meiner anfrage!
wir beginnen jetzt anfang der 12. klasse mit dem "langen 19. jahrhundert" und haben auch schon ungefähr besprochen, welche geschichtlichen ereignisse da reingehören!
aber ich hatte es noch nie so mit jahreszahlen, deshalb wollte ich fragen, ob jemand vielleicht eine seite kennt, auf der es eine übersicht über das jahrhundert gibt wo einfach die daten stehen und die jeweiligen ereignisse. wäre toll, wenn es das "lange" 19. jahrhundert wäre, aber "nur" das 19. jahrhundert würde mir auch schon viel weiterhelfen.
danke schonmal!
das würde es mir wirklich erleichtern, bevor ich alle daten und ereignisse selbst raussuche und dabei wahrscheinlich die hälfte vergesse oder aus unzuverlässigen quellen bekomme.
liebe grüße
krissi
 
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