Wie bitte? In Sachen Anreppen habe ich lediglich Herrn Georg Eggenstein zitiert und werde es gerne wiederholen, wenn es dem flüchtigen Leser entgangen ist:
„Die Germanen in Anreppen bezogen zwar in erheblichem Umfang römische Güter, wirtschafteten aber auf ihre traditionelle Art und Weise.(…) Es ist vielmehr von einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, einem Güteraustausch zwischen zwei selbständigen Gruppen auszugehen. Dafür sprechen als archäologische Anhaltspunkte auch die vereinzelt in Abfallgruben des Militärlagers entsorgten einheimischen Gefäße, die als Behältnisse für Warenlieferungen, z.. Honig oder Milchprodukte, interpretiert werden können.“ (Eggenstein, S.54) Wer diese Aussage in Zweifel zieht, widerspricht nicht mir, sondern der archäologischen Forschung in Anreppen, in diesem Fall vertreten durch Herrn Georg Eggenstein. Soviel dazu.
Du brauchst hier nicht den Eggenstein zu zitieren. Es ging um Deine Fundanalyse, die besagte, nur fünf gefundene Münzen wären der Beweis dafür, dass die Anrepper Germanen sich für Geld nicht interessierten. Zur Erinnerung, in
Beitrag 194 hast Du folgendes geschrieben:
"Hätten sie ebenfalls als Zahlungsmittel gegolten, so wären in der germanischen Siedlung in Nachbarschaft zum augusteischen Lager von Anreppen mehr Münzen aufgetreten (es waren aber insgesamt nur fünf)."
Das habe ich in
Beitrag 196 aufgegriffen und darauf hingewiesen, dass Münzfunde in Siedlungen in den römischen Provinzen genauso selten sind, wie im germanischen Raum, mangelnde Siedlungsfunde also nicht als Beleg für die nicht existente Akzeptanz von Münzen ausreichen. In
Beitrag 201 habe ich das noch mal bekräftigt. Dass traditionelles Wirtschaften etwas mit dem Münzumlauf bei den Germanen zu tun hätte, ist eine Interpretation des Eggensteins-Textes, die alles andere als zwangsläufig ist, m.E. Eggenstein sogar überstrapaziert. Für mich bedeutet traditionelles Wirtschaften eher, dass die Produktionsweise nicht römisch beeinflusst ist, also Keramikherstellung und Landwirtschaft etc. auf die traditionelle Art betrieben wird. In die andere Richtung will ich Eggenstein aber auch nicht überstrapazieren.
Tacitus im Allgemeinen, seine offensichtlich fiktiven Dialoge im Besonderen, sind nicht gerade die beste literarische Quelle, auf die man seine Argumentation stützen sollte. Den Wortlaut eines solchen „Gesprächs“, wenn es denn tatsächlich stattgefunden haben sollte, aufzugreifen, um daraus weitergehende Rückschlüsse zu ziehen, ist eine Missachtung jeglicher Quellenkritik.
Sag das Professor Timpe, ich habe nur die Tacitusstelle herausgesucht und übersetzt. (Und wenn Du den Diskussionsverlauf aufmerksam liest, dann wirst Du schnell herausfinden, dass Cherusker versucht hat, Timpe als Gewährsmann dafür zu gebrauchen, dass die germanischen Söldner und Auxiliarier in der augusteischen Zeit keinen Sold erhielten. Ich habe letztlich nur gezeigt, dass das mit Timpe nicht zu machen ist. Da Timpe Arminius und seinen Bruder Flavus gleichermaßen für römisch-germanische Offziere hält, die cheruskische Hilfstruppen befehligten, zieht Timpe aus der zitierten Stelle die Gewissheit, dass die Hilfstruppen besoldet wurden, nähere Argumentation wäre bitte unter der von mir gemachten Literaturangabe nachzulesen). Es handelt sich im Übrigen eher um ein Gesprächsprotokoll, weniger um einen Dialog.
Wenn ein Satz schon mit "Wenn ich als Quintilius Varus....." beginnt, heißt das meistens nichts Gutes....:fs:
Stimmt, eigentlich bin ich Cäsar. :w00t1:
Die von Dir geäußerte These, dass die bei Kalkriese gefundenen Gold- und Silbermünzen zur Anwerbung germanischer Söldner oder zur politischen Einflussnahme bestimmt waren ist absolut haltlos und stammt meines Wissens aus der Tagespresse. Seitdem geistert diese romanhafte Vorstellung durch einige populärwissenschaftliche Veröffentlichungen.
Es ist eben auch nur eine These. Hypothesenbildung ist in der Wissenschaft nicht nur erlaubt, sondern dringend notwendig. Wenn diese Hypothese richtig ist, schön. Wenn sie nicht bewiesen oder widerlegt werden kann, schade. Wenn sie sich als falsch herausstellt, auch gut. Ich bin da ganz ergebnisoffen. Warum sie "haltlos" sein sollte, ist mir allerdings nicht klar.
„Der Kalkrieser Fund wirft ein neues Licht auf die Deutung einzeln gefundener Siegelkapseln. Hauptsächlich als Verschluss von Schreibtäfelchen benutzt, dienten sie aber wohl auch zum Versiegeln von Geldbeuteln. Hierfür könnte Kalkriese den Beleg liefern, zieht man die große Menge an römischen Münzen aus militärischem Kontext in Erwägung, die im Boden verblieben. Es erscheint logisch, dass die jeweiligen Besitzer der vergrabenen Geldbeutel beim Wiederausgraben identifiziert werden können mussten und dass sie deshalb ihren Schatz versiegelten, um ihn unangetastet in Empfang nehmen zu können. Möglicherweise ist das Vergraben der persönlichen Wertgegenstände der Soldaten vor einer Schlacht in dieser Form eine organisierte Maßnahme der römischen Armee, die bei einem Sieg Eigentumsdelikte verhindern half, bei einer Niederlage den Überlebenden eine Chance des späteren Wiederauffindens ihrer Schätze gab und die Zuordnung des Eigentums der Gefallenen und Verwundeten erleichterte.“
(Georgia Franzius Die römischen Funde und Münzen aus Kalkriese, Ldkr. Osnabrück, Deutschland, der Jahre 1987-1996, in: Military Aspects of Scandinavian Society, Kopenhagen 1997, S.19)
Ich kenne G. Franzius - nein nicht persönlich, habe aber mehrere Texte von ihr gelesen - und bin von ihrer Kompetenz überzeugt. Sie macht in dem hier zitierten Text allerdings nichts anderes, als ich auch: Aufgrund eines archäologischen Befundes (viele Münzen, viele bzw. wörtlich "einzelne Siegelkapseln") konstruiert sie eine Hypothese. Nada más.
Abgesehen davon halte ich diese These für fraglich. Sie impliziert nämlich, dass die hier überfallenen Römer Zeit gehabt hätten, ihre Habseligkeiten zu vergraben. Und das kann mich nicht wirklich überzeugen.