Welche nicht-indogermanischen Elemente spielten eine Rolle i. d. Ethnogenese Persiens

Ich habe hier noch einen ganz netten Artikel gefunden http://www.rose.uzh.ch/seminar/personen/bossong/boss_gsatz_01.pdf der aber auch nur eine kurze Sprachprobe Persisch enthält und eher auf die Einflüsse arabischer Grammatik aus ist...
Interessanter Artikel.
Mit dem dargestellten persischen Satz hat der Autor da aber auch ein Extrembeispiel von arabischem Einfluß angeführt. :D Allerdings muß ich ihm vehement widersprechen, wenn er sagt: "Wer Persisch lernt, muss ein gutes Stück weit in das grammatische System des Arabischen eindringen."
Das sehe ich nicht so dramatisch, denn außer einer Reihe von arabischen gebrochenen Pluralformen (die man halt lernen muß oder auch nicht, falls man vorher Arabisch gelernt hat) hat es sich dann auch schon mit der arabischen Grammatik im Persischen. Selbst das mit den Pluralformen ist längst nicht durchgängig und auch nicht immer verbindlich. Es gibt genauso viele arabische Lehnwörter, die einfach eine persische Pluralendung bekommen. Ansonsten ist die persische Grammatik wirklich überhaupt nicht arabisch; man muß eben unterscheiden zwischen Vokabular einerseits und Morphosyntax andererseits.
Ähm, ich hoffe, das führt jetzt nicht zu weit. :rotwerd:
 
Kurze Frage zwischendurch:

Hat jemand von euch ein Lexikon, wo drinnesteht, wieviele Lehnwörter das heutige Persisch/Farsi aus dem Arabischen und Türkischen hat? Oder noch besser, wie hoch der Prozentsatz ist?

Vielleicht auch differenziert in Lehnwörter und Mischformen?

Ich habe hier in den ersten beiden Links:
Monumenta Altaica
zwar eine Auflistung von 1800 türkischen Lehnwörtern und 400 mongolischen Lehnwörter im Persischen, aber nur im untersuchtem Zeitraum von 1000 bis ca. 1700, und ich weiß nicht, wo groß damals der Wortschatz insgesamt war.

Hilfe? :)
 
Kurze Frage zwischendurch:

Hat jemand von euch ein Lexikon, wo drinnesteht, wieviele Lehnwörter das heutige Persisch/Farsi aus dem Arabischen und Türkischen hat? Oder noch besser, wie hoch der Prozentsatz ist?

Vielleicht auch differenziert in Lehnwörter und Mischformen?

Ich habe hier in den ersten beiden Links:
Monumenta Altaica
zwar eine Auflistung von 1800 türkischen Lehnwörtern und 400 mongolischen Lehnwörter im Persischen, aber nur im untersuchtem Zeitraum von 1000 bis ca. 1700, und ich weiß nicht, wo groß damals der Wortschatz insgesamt war.

Hilfe? :)
Ich mache mich mal in der Bibliothek auf die Suche danach. Es ist aber gar nicht so einfach, diesen Anteil arabischer Wörter zu bestimmen, weil er sehr von Sprachebene und Thema abhängt. In der Alltagssprache oder der Poesie werden tendenziell weniger Lehnwörter benutzt als in wissenschaftlichen oder gar religiösen Texten. Außerdem ist das Ganze auch ein Politikum: der Shah war bestrebt, möglichst viele arabische Wörter durch echt persische zu ersetzen, während die Mullahs diesen Prozeß später wieder umzukehren versuchten, um die islamischen Wurzeln zu betonen.
Auf jeden Fall ist der Anteil türkischer Lehnwörter im Persischen sehr gering, ganz zu schweigen von dem der mongolischen. Ein Großteil davon stammt aus dem nomadischen Bereich oder betrifft Dinge des turko-mongolischen politischen Systems.
Wenn ich mal eine kühne Schätzung zum Anteil der arabischen Lehnwörter wagen darf ........... 50-60%, würde ich sagen. Aber ich versuche, irgendwas Schriftliches dazu aufzutreiben. :winke:
 
Turandokht: Sehr gering? Bei 1800 Wörtern? Tja, alles ist relativ... ;)
deSilva: Danke für den Link, kenn ich tatsächlich, und ist doch ein deutsches PDF?

Oder meinste, "leider nur was türkisches", weil im Verdacht stehend, nicht "neutral" zu sein?

Ansonsten behandelt das Dokument doch die Lehnwörter im Türkischen, nicht die im Persischen, oder habe ich was übersehen?
 
Turandokht: Sehr gering? Bei 1800 Wörtern? Tja, alles ist relativ... ;)
Ja okay, sagen wir vergleichsweise gering, wenn man dem die rieisige Menge an arabischen Wörtern entgegenstellt. ;-) Wobei ein sehr großer Teil des Vokabulars bei Doerfer heutzutage ungebräuchlich oder gar nicht mehr verständlich ist, weil es sich ja doch um Begriffe aus historischen Quellen handelt.
 
Hat jemand von euch ein Lexikon, wo drinnesteht, wieviele Lehnwörter das heutige Persisch/Farsi aus dem Arabischen und Türkischen hat? Oder noch besser, wie hoch der Prozentsatz ist?

Vielleicht auch differenziert in Lehnwörter und Mischformen?

Ich mache mich mal in der Bibliothek auf die Suche danach. Es ist aber gar nicht so einfach, diesen Anteil arabischer Wörter zu bestimmen, weil er sehr von Sprachebene und Thema abhängt. [...] Wenn ich mal eine kühne Schätzung zum Anteil der arabischen Lehnwörter wagen darf ........... 50-60%, würde ich sagen. Aber ich versuche, irgendwas Schriftliches dazu aufzutreiben. :winke:

Im Wikipedia-Artikel zur Persischen Sprache gibt es genau eine Fußnote, die sich genau hiermit befasst, mit zwei Literaturangaben:
G. Lazard: Les empruntes arabes dans la prose persane du X-e au XII-e siècle: aperçu statistique. In: Revue de L'École Nationale des Langues Orientales 2, 1965, 53–67; G. Altmann, H. v. Buttlar, W. Rott, U. Strauss: A law of change in language. In: B. Brainerd (ed.): Historical Linguistics. Brockmeyer, Bochum 1983.
Dies nur als Hilfestellung für die Suche.
 
Die Encyclopedia of Islam war meine erste Anlaufstelle und - wie erhofft - gleich die richtige. Unter dem Eintrag "Iran, Language" steht:

Loan words from Arabic constitute more than 50% of the contemporary Persian vocabulary, but in elevated styles it may exceed even 80%.

Encyclopedia of Islam, XII (Supplementband), Leiden 2004, S. 446b
(Autorin des Artikelabschnitts ist Eva M. Jeremias)
 
Danke schön. und türkisch?
Das war da für Lehnwörter aus anderen Sprachen nicht so genau aufgeschlüsselt. Für die arabischen gab es hingegen eine eigenen Abschnitt.
Wenn ich wieder ins Blaue rein schätzen sollte, würde ich sagen, daß es etwa 5% türkische Lehnwörter gibt, wobei ich die auch nicht immer gleich erkennen würde, im Gegensatz zu arabischen Wörtern.
 
Fuer einige ist meine Frage wohl undeutlich gewesen. Es geht darum, dass die Perser, die alten Perser, eine indoeuropaeische Sprache sprachen, mit Genetik hat das in der Tat nichts zu tun, aber gab es auch Voelker die nachweislich keine Indoeuropaer waren und dennoch einen wichtigen Teil zur Volksentstehung der Perser beigetragen haben? Ist es z.B. 100 prozentig sicher, dass die Elamieter, die schon mehrmals in diesem Kontext erwaehnt wurden, keine Indoeuropaer waren?

Was die Genetik angeht, so ist es unrealistisch anzunehmen, dass eine Sprachfamilie sich ohne genetischen "Kontakt" verbreitet. Egal wie stark eine Kultur ausstrahlt, es sind meistens nur Begriffe und einzelne Termini, die von anderen Voelkern uebernommen werden. So haben auch die Deutschen, lediglich Fachworte aus dem lateinischen uebernommen. Wenn aber ganze Grammatik-Strukturen uebereinstimmen, dann muessen die Sprachen auch genetisch verwandt sein, was im Umkehrschluss nicht zwangsláeufig heisst, dass die Sprecher genetisch identisch sind, denn es gibt ja Blutsvermischungen, das ist Gang und Gebe und dass in ihrer Spaeteren Geschichte die Perser mit Mongolen und Arabern genetischen Kontakt hatten, ist mir nicht entgangen.

Da die genetische Variabilitaet bei Menschen recht arm ist, koennen wir nur grobe aeussere Kennzeichen zur Feststellung genetischer Verwandschaft hinzuziehen, genetische Analysen koennten hier Verfaelschungen hervorrufen. Dass alle Sprecher indoeuropaeischer Sprachen, weitgehend europid sind muss ausreichen, Details wie Haut- und Haarfarbe koennen hier irrefuehren und aus spaeteren Vermischungen resultieren.
 
Ich weiß immer noch nicht so recht, worauf Du hinauswillst. Daß die Elamiter und wer weiß noch im genetischen Pool der Iraner drin sind, ist doch klar. Nur wie will man das nachweisen - und wozu überhaupt?
 
Reine Neugierde... Ich versuche mir zu rekonstruieren wie aus einer hypothetischen Indogermanischen Urmasse, durch Vermischung mit anderen Kulturen, einzelne, selbstaendige Kulturen entstanden sind.
Das saetzt natuerlich ein indogermanisches Urvolk voraus, von dem ich allerdings auch ausgehe, aus Gruenden die ich oben schon genannt habe. Die Frage ist dann in wieweit die Variation in den einzelnen indogermanischen Kulturen auf raeumliche Trennung und in wieweit auf Einfluss durch andere Kulturen zurueckzufuehren ist.
 
So haben auch die Deutschen, lediglich Fachworte aus dem Lateinischen uebernommen.
Kommt darauf an, was man als Fachwortschatz definiert. Mauer (murus) oder Fenster (fenestra) sind z.B. Latinismen. Im Englischen wall (gibt es im Deutschen auch, allerdings um eine Bedeutungsnuance verschoben) und window ('Windauge').

Wenn aber ganze Grammatik-Strukturen uebereinstimmen, dann muessen die Sprachen auch genetisch verwandt sein,
Es gibt die These von der Universalgrammatik, die jedem Menschen genetisch angeboren sei; dies gerade weil augenfällig nicht verwandte Sprachen auf ähnliche Grammatiken zurückgreifen. So gibt es in den meisten Sprachen verschiedene Tempora, Singular und Plural etc. Manche indowuropäische Sprachen kennen den Dual, andere nciht, dafür aber wiederum die semitischen Sprachen (oder zumindest ein Teil davon).
 
Ich studiere Psychologie und kann hierzu bemerken, dass die Theorie von angeboerener Grammatik mit Vorsicht zu genießen ist. Die Tendenzen die angeboren sein könnten sind sehr grob und können nicht auf spezifische Kennzeichen wie gebrauchte Suffixe etc. verweisen...
 
Reine Neugierde... Ich versuche mir zu rekonstruieren wie aus einer hypothetischen Indogermanischen Urmasse, durch Vermischung mit anderen Kulturen, einzelne, selbstaendige Kulturen entstanden sind.
Das saetzt natuerlich ein indogermanisches Urvolk voraus, von dem ich allerdings auch ausgehe, aus Gruenden die ich oben schon genannt habe. Die Frage ist dann in wieweit die Variation in den einzelnen indogermanischen Kulturen auf raeumliche Trennung und in wieweit auf Einfluss durch andere Kulturen zurueckzufuehren ist.
Meiner Meinung nach bleibt das alles sehr im Bereich der Spekulation und wirklich weiter kommt man nicht. Es mag Spaß machen, darüber ein bißchen zu "spinnen", aber das ist auch schon alles.
 
Ich studiere Psychologie und kann hierzu bemerken, dass die Theorie von angeboerener Grammatik mit Vorsicht zu genießen ist. Die Tendenzen die angeboren sein könnten sind sehr grob und können nicht auf spezifische Kennzeichen wie gebrauchte Suffixe etc. verweisen...

Ich schrieb bewusst von These und nicht von Theorie. Ich habe mich nie mit der Universalgrammatik und ihrer Akzeptanz befasst, kann daher auch nicht sagen, ob sie eher den Charakter einer Arbeitshypothese hat, oder ob sie den Stellenwert der Theorie, also einer allgemein anerkannten Lehre erreicht hat.

Affixe (gibt ja mehr als nur das Suffix, z.B. auch das Infix, das Präfix und das Zirkumfix) gibt es praktisch in jeder Sprache. Sie eignen sich kaum als Klassifikationsmerkmal für Sprachverwandtschaft oder als Gegenbeweis für die Universalgrammatik, egal ob These oder Theorie.
 
Es geht nicht darum OB es Affixe gibt, sondern welche verwendet werden... Zu sagen dass alle Sprachen Affixe haben ist eine Nullaussage, ist so selbstverständlich wie das alle Sprachen Konsonante und Vokale haben. Aber es ist ein Unterschied ob ich die Verkleinerungsform mit -chen und -lein bilde oder mit -tschük oder -ka oder was weiß ich noch. Die Grammatik ist nicht universell in Bezug auf die phonetische Erscheinungsform der verwendeten Affixe, auch wenn rein funktionell betrachtet verschiedene Affixe die gleiche Rolle in jeweils unterschiedlichen Sprachen erfüllen können.
 
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