@ Legat
Also soweit ich das von zeitgenössichen Stichen her im Hinterkopf habe, sah das schon so aus wie in dem Film "Alatriste".
Wie
Loudon schon sagte, war ein Sturmlauf schwer zu machen. Man musste im Laufen ja auch noch die Piken selbst balancieren. Die Piken kann man dabei ja nicht ganz am unteren Ende, sondern ein gutes Stück höher am Schaft anfassen. Das untere Ende der Pike würde im Laufen dann Neben- und Hintermänner behindern. Auf den Stichen sieht man das so, dass ein Teil der Pikeniere einer Formation die Piken senkrecht haben und nur die ersten Glieder mit diesen nach den Gegnern stoßen. Richtig gut visualisieren können das en detail Stiche oder Gemälde leider nicht, weil man dazu die richtige Perspektive bräuchte, welche von Künstlern schwer einzunehmen ist. (Ist zumindest mein Eindruck.) Von daher halte ich die Variante wie in "Alatriste" für am Nächsten zum wahrscheinlichen Vorgehen damals. Wenn Pikeniere auf Pikeniere stoßen, ergibt sich ja ungefähr eine Pattsituation, weil beide Seiten mit ähnlicher Weise dann versuchen den Pikenwald des Gegners aufzusprengen.
Wie
Loudon schon sagte, kam der Kampf der Pikeniere ja auch eher selten vor. Selbst der Anhänger der Pike als Hauptwaffe Mendoza gab zu, dass diese selten zusammenstoßen und die Musketiere die Hauptlast der Kämpfe trugen.
"Es wird als etwas Außerordentliches berichtet, wenn das Fußvolk mit Piken und Degen gefochten habe, z.B. bei Leipzig 1642 heißt es, daß "das Fußvolk gar an die Piken der schwedischen geraten" sei. Grimmelshausen in seinem "Springinsfeld" (1670) macht sich lustig: " wer einen Pikenier niedermacht, den er verschonen könnte, der ermordet einen Unschuldigen. Ein Pikenier tut niemand etwas, der nicht selber in den Spieß rennt."
..."
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(Das letztere Zitat nach Grimmelshausen nannte
Loudon danbarer Weise schon.)
Von daher kann ich mir auch gut vorstellen, dass dieses Gepolter der aufeinanderschlagenden Pikenschäfte, wie im Film "Alatriste" zu hören, durchaus sehr realistisch ist (jedenfalls weitaus realistischer als die Geräusche beim Ziehen der Rapiere oder Degen in dem Film, was wirklich nicht so klingt, wenn man eine solche Waffe aus der Scheide zieht!).
Im Dreißigjährigen kommen andere Waffen als Piken und Musketen bzw. andere Feuerwaffen kaum noch vor. In "Der Dreißigjährige Krieg - Hortus Bellicus" von Herbert Langer findet man eine Zusammenstellung der Waffen, die für ein Regiment gekauft wurden. Neben Piken und Feuerwaffen war da fast nur von Stangenwaffen für die Offiziere wohl die Rede, wenn ich mich recht entsinne.
Vielleicht kamen die Zweihänder, die wir noch in großer Zahl auf den Schlachtfeldern des 16.Jh. kennen, außer Mode, da die Piken ohnehin so selten aneinander gelangten.
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Hans Dellbrück: "Geschichte der Kriegskunst" - "Neuzeit" - 3. Buch, 3. Kapitel "Exerzieren. Abwandlung der Taktik im 18.Jahrhundert" Hier: S. 342-343