Römisch-Deutsche Herrscher

Also meine Vermutung ist, dass diese Dreiteilung lediglich nomineller Natur ist. Es gab die einzelnen Königreiche als souveräne Staaten ja schon früher.

Seit der Verbindung des Königreichs Italien (951) und des Königreichs Burgund (1032-1034) mit dem Deutschen Reich war der deutsche König zugleich Herrscher in Italien und Burgund. Eine nochmalige Krönung in diesen Nebenländern war staatsrechtlich nicht erforderlich, wurde aber zuweilen aus politischen Gründen vorgenommen.

Krönungsstätten waren Pavia, Monza und Mailand. Krönungen in Arles mit der burgundischen Königskrone sind ebenfalls vorgekommen (nach: Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Frühzeit und Mittelalter, Band 1, Karlsruhe 1962, S. 223)

Es gab auch eigene Kanzleien für die Reichsteile Burgund und Italien. Für Italien bestand seit Otto I. eine eigene Kanzlei, für die es auch einen Kanzler gab. Das Erzkanzleramt für Italien wurde seit 1031 vom Erzbischof von Köln bekleidet (archicancellarius sacri imperii per Italiam).

Das Amt eines Erzkanzlers von Burgund war zunächst in der Hand burgundischer Erzbischöfe. (z.B. von Besancon und Vienne). Seit 1308 nahm der Erzbischof von Trier den Titel eines Erzkanzlers für Burgund (archicancellarius sacri imperii per Galliam et regnum Arelatse) für sich in Anspruch, was ihm von König Ludwig d. B. im Jahr 1314 erstmals durch Privileg bestätigt wurde. Die Goldene Bulle erkannte dann dieses Amt des Erzbischofs von Trier reichsgesetzlich an.

Die verfassungsrechtliche Stellung Reichsitaliens nach 1648 ist problematisch. Formell bestand eine Oberlehnsherrschaft des Reichs fort, die freilich nur noch schattenhaft und ohne Substanz war, da sich die italienischen Territorien längst dem Reich entfremdet hatten.

Hier muss hinzugefügt werden, dass die italienischen Fürsten - wie ich bereits oben ausgeführt habe - nicht als Reichsfürsten galten und lediglich die aus Burgund hervorgegangene Grafschaft Savoyen ein Territorium des Reichs im engeren Sinne war. Der Graf - später Herzog - von Savoyen war somit auch auf den Reichstagen vertreten und führte dort eine Virilstimme, was den italienischen Fürsten verwehrt blieb.

Anders als die Schweiz oder die Niederlande schied Reichsitalien mit dem Westfälischen Frieden nicht aus dem Reichsverband aus, sodass seine formale Stellung zweideutig blieb. In Geschichtsatlanten wird üblicherweise Reichsitalien bis 1648 als zum Reich gehörig kartiert und die diesbezügliche Grenze des Heiligen Römischen Reichs verläuft entsprechend an der Nordgrenze zum Kirchenstaat. Nach 1648 wird die Grenze aus Italien zurückgenommen, was die faktische machtpolitische Situation zeigt. Dennoch blieb eine schattenhafte Oberlehnsherrschaft des Reichs bestehen.

Zu trennen davon ist die Herrschaft der Habsburger z.B. im Großherzogtum Toskana, die nicht auf reichsrechtlichen Ansprüchen basierte, sondern eine territoriale Folge des Friedens von Wien 1735 war. Dass selbst zu dieser Zeit noch auf die reichsrechtliche Oberlehnsherrschaft gepocht wurde, zeigt dieser Hinweis:

1530 kam Florenz und damit die Toskana durch Karl V. wieder unter die Herrschaft des Reichs. Als der letzte Medici 1737 die Reichslehenszugehörigkeit Toskanas bestritt, wurde Toskana 1738 an Franz I. von Lothringen übergeben.

(Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder, München 1988, S. 629, C.H.Beck Verlag)
 
Gab es auch für Burgund so eine explizite Krönungszeremonie? In Italien wurde der König mit der Eisernen Krone in Pavia, glaube ich gekrönt.

In Burgund kam es nur unregelmäßig zu Krönungen. Neben Konrad II., waren die Krönungen Friedrichs Barbarossas und Karls IV. (die letzte Krönung) berühmt. Einige römisch-deutsche Herrscher haben sich nie in Burgund blicken lassen.

MacX schrieb:
Weiterhin würde mich interessieren, ob es Urkunden gab, in denen festgelegt war, welches Territorium zu welchem Königreich gehörte.

Ich weiß nicht ob die Zugehörigkeit von Territorien je schriftlich fixiert wurden, aber bis zum Ende des hohen Mittelalters behielten die Königreiche Italien und Burgund weitestgehend ihre Grenzen indenen sie mit dem Ostfränkischen Reich "vereint" wurden.


Was die "Vereinigung" Burgunds mit dem Reich angeht ist da der Erbvertrag König Rudolfs III. mit Kaiser Heinrich II. von 1006 von entscheidender Bedeutung. Nachdem der Kaiser 1024 erbenlos gestorben war, betrachtete Rudolf III. den Vertrag für erloschen. Nicht so Kaiser Konrad II., der damit argumentierte das der Vertrag nicht für die Person Kaiser Heinrichs II. gegolten habe, sondern für das Amt des ostfränkischen Königs indem Konrad II. bekanntlich nachgefolgt war und damit einen Anspruch begründete. Mit seinem Sieg über den Gegenprätendenten Odo II. von Blois 1034 konnte sich Konrad II. durchsetzen.
Odo II. (Blois) ? Wikipedia
 
Gut, wenn du sagst, dass beide Begriffe sich unterscheiden --> Was bedeutet dann Teutonum? Ich mein, der Begriff bezog sich im Alten Rom ja auch auf die Menschen, die damals in dieser Region lebten. Ist das jetzt ein historischer Zufall, dass die Worte so ähnlich sind?

Die Teutonen waren nicht die Germanen, sondern ein germanisches Volk, welches von Jütland aus - wohl im Zusammenhang mit einer verheerenden Sturmflut - auf Wanderschaft ging und dabei mit den Römern in Konflikt geriet. Es mag sein, dass der Begriff Teutonen über keltische Vermittlung an die Römer kam, dass hier ein indoeuropäischer gemeinsamer Ursprung mit thiuda gegeben ist (hier sie auf den keltischen Gott Teutates und die illyrische Königin Teuta verwiesen). Ich weiß es nicht. Aber weder war für die Römer Germanien Teutonien noch wird aus einem germanischen /t/ ein deutsches /d/. /Teut/ und /deut/ klingen aber ähnlich und es ist nur natürlich, dass Menschen bei ähnlichen Klängen die sich in gleiche Schemata pressen lassen, eine engere Verwandtschaft vermuten. Die Wissenschaft nennt das Volksetymologie.
 
ElphabaGut, wenn du sagst, dass beide Begriffe sich unterscheiden --> Was bedeutet dann Teutonum? Ich mein, der Begriff bezog sich im Alten Rom ja auch auf die Menschen, die damals in dieser Region lebten. Ist das jetzt ein historischer Zufall, dass die Worte so ähnlich sind?
"Teutonum" bezieht sich das einfach auf den antiken Volksstamm der Teutonen. Warum gerade dieser Volksstamm zum Namensgeber der Deutschen wurde, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Vermutlich hat es damit zu tun, dass die Teutonen als Invasoren aus dem Norden wahrgenommen wurden, sowie im Mittelalter die Deutschen, die immer wieder nach Italien reisten um dort Herrschaft auszuüben.

Brissotin
1.
Das macht es eben schwierig auf Deine Fragen zu antworten, wenn Du Dich auf die gesamte Geschichte des HRR bis zum Übergang zur Renaissance beziehst.
Naja, die Dreiteilung besteht ab 1034. In einem Magazin über Barbarossa ist es folgendermaßen formuliert:

Am 1.August 1034 konnte es durch Erbfolge feierlich in das Reich eingegliedert werden, als eines seiner drei selbständigen Teile, als eigenverwaltetes Königtum in Personalunion mit dem römisch-deutschen König.
Da man so definitiv von der Eigenständigkeit der 3 Teile spricht, muss es ja bestimmte Kriterien geben, die die Eigenständigkeit untermauern. Hier wird die eigene Verwaltung erwähnt. Wie muss ich mir das vorstellen?

2.
Von souveränen Staaten zu sprechen erscheint mir in der mittelalterlichen Welt etwas schwierig. In dem Sinne von heute, gab es ja "Staaten" noch nicht und eine "Souveränität" der Staaten ist auch schwerlich zu erkennen. Als bestes Beispiel finde ich immer wieder die Verwobenheit der englischen und französischen Herrscher auf dem Territorium Frankreichs. Da waren zwar hier und dort "Grenzen" zwischen Angevinischem Reich und dem, was als Krondomänen dem König von Frankreich unterstand, aber dennoch können wir kaum von Staatengrenzen sprechen. Hier und dort waren eben die Lehensverhältnisse andere und dennoch befinden wir uns hier wie dort (z.T.) in Frankreich.
Ich glaube darauf will ich auch hinaus. Was heißt "Souveränität" in der Zeit? Woher können wir so genau wissen, dass bestimmte Gebiete in Italien zum HRR zählen, auch wenn keine Macht darüber ausgeübt werden kann, während andere Gebiete, die vlt. vom gleichen Monarchen in Personalunion regiert werden, nicht dazu zählen.

edit: soviele Zwischenposter... erstmal lesen ^^
 
Da man so definitiv von der Eigenständigkeit der 3 Teile spricht, muss es ja bestimmte Kriterien geben, die die Eigenständigkeit untermauern. Hier wird die eigene Verwaltung erwähnt. Wie muss ich mir das vorstellen?

Ich habe in meinen beiden Posts oben ausführlich erläutert.

Vielleicht schaust du da mal hinein?
 
Ich habe in meinen beiden Posts oben ausführlich erläutert.

Vielleicht schaust du da mal hinein?

Schon gut. Ich hatte etwas länger gebraucht um meinen Beitrag zu schreiben, da hatten schon mehrere Leute was gepostet.

@Barbarossa:
Inwiefern soll das falsch sein?

Ich sehe gerade, dass ich in dem Thread schon die gleichen Fragen gestellt hab, wie hier. ^^
 
@Barbarossa:
Inwiefern soll das falsch sein?

Ich sehe gerade, dass ich in dem Thread schon die gleichen Fragen gestellt hab, wie hier. ^^
Ja und die Antwort von Hyokkose war:
Von den Teutonen kommt der Begriff nicht.

Das Wort "thiutisk" erscheint erstmals 786 in der latinisierten Form "theodisce" und bezeichnet die Volkssprache, also die fränkischen Dialekte im Gegensatz zum Latein bzw. den romanischen Sprachen.

Erst später kam man auf den Bezug zu den Teutonen.

"Deutschland" als politischer Begriff ist noch späteren Datums.

Das "Deutsche Reich" wurde 1871 gegründet.
Somit war nicht der Stamm der Teutonen der Namensgaber der späteren Deutschen, sondern leitete sich aus dem Wortstamm ab, der sowohl den Teutonen, als auch der deutschen Sprache den Namen gab:
"Teut-" oder später "Thiut-", was soviel wie >Volk< bedeutet. Und aus dem Namen der deutschen Sprache wurde später die Bezeichnung des deutschen Volkes abgeleitet.

Interessanter Weise müßte dann die Bezeichnung "deutsches Volk" doppelt gemoppelt sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja und die Antwort von Hyokkose war:

Wobei eben Hyokkoses Behauptung bzgl. dem deutschen Reich und Deutschland schlicht und ergreifend falsch ist.

"Teut-" oder später "Thiut-", was soviel wie >Volk< bedeutet. Und aus dem Namen der deutschen Sprache wurde später die Bezeichnung des deutschen Volkes abgeleitet.

Wobei, so viel ich weiß, diese Bezeichnung ausschließlich für germanische Stämme verwendet wurde. Ich jedenfalls kenne keine Quelle, in der Gallier oder Slawen als "thiut[isk]" bezeichnet werden.
 
Wobei eben Hyokkoses Behauptung bzgl. dem deutschen Reich und Deutschland schlicht und ergreifend falsch ist.

Nein; sie entspricht dem aktuellen Forschungsstand :fs:

Wobei, so viel ich weiß, diese Bezeichnung ausschließlich für germanische Stämme verwendet wurde. Ich jedenfalls kenne keine Quelle, in der Gallier oder Slawen als "thiut[isk]" bezeichnet werden.

Mit thiutisk bezeichneten die (eher romanisch geprägten) Westfranken die Ostfranken, wobei sie auf deren (eben "volkstümliche") Sprache Bezug nahmen - sprich: die Bezeichnung betrifft nicht einfach germanische Stämme, sondern die germanischen Stämme des Ostfrankenreiches.
 
Ja und die Antwort von Hyokkose war:

Somit war nicht der Stamm der Teutonen der Namensgaber der späteren Deutschen, sondern leitete sich aus dem Wortstamm ab, der sowohl den Teutonen, als auch der deutschen Sprache den Namen gab:
"Teut-" oder später "Thiut-", was soviel wie >Volk< bedeutet. Und aus dem Namen der deutschen Sprache wurde später die Bezeichnung des deutschen Volkes abgeleitet.

Ich habe nicht gesagt, dass sich unser "deutsch" von den Teutonen ableitet, sondern dass der lateinische Begriff "teutonici" eben vor Christi Geburt für die Teutonen gebraucht wurde, und im Mittelalter dann wieder für die Deutschen. Den Zusammenhang wird wohl keiner leugnen können.
Das lateinische Wort für Deutschen ist, soweit ich weiß, "tedesci", und hat den von dir beschriebenen Ursprung.
 
Ok, du hast Recht. Aber die Sprachbezeichnung "theodiscus" im Lateinischen gab es zur Zeit Karls des Großen bereits, was offensichtlich von "thiutisk" abstammt, und wovon wiederum "tedeschi"" abstammt.

"Teutonici" klingt ja nicht einmal ähnlich, und wurde, wie gesagt schon tausend Jahre früher benutzt.
 
... die Sprachbezeichnung "theodiscus" im Lateinischen gab es zur Zeit Karls des Großen bereits, was offensichtlich von "thiutisk" abstammt, und wovon wiederum "tedeschi"" abstammt.

Exakt; das mittellateinische theodiscus leitet sich vom westfränkischen thiutisk/theudisk ab und ist erstmalig unter Karl d. Gr. belegt (786 - wie bereits von Hyokkose bemerkt).
Es wurde für das ostfränkische (rechtsrheinische) Gebiet in Abgrenzung zum westfränkischen (linksrheinischen) Gebiet verwandt, wo die Sprecher des walhisk beheimatet waren.
 
Nein; sie entspricht dem aktuellen Forschungsstand :fs:

Es gab auch mal eine Zeit, da entsprach es dem aktuellen Forschungsstand, dass die Erde eine Scheibe und Mittelpunkt des Universums sei. Die Wahrheiten von gestern sind die Lügen von heute, und die Wahrheiten von heute die Lügen von morgen.

Es ist schlicht falsch, wenn Du oder jemand anderes behaupte(s)t, von einem deutschen Reich könne man erst seit 1871 sprechen, während die Zeitgenossen im 16., 17. und 18. Jh. wie selbstverständlich vom Heiligen Römischen als einem deutschen Reich, ja sogar einem römisch-deutschen Reich sprachen.

Da kann die "aktuelle Forschung" sich auf den Kopf stellen oder Purzelbäume schlagen: Es wurde schon Jahrhunderte vor Wilhelm I. von einem deutschen Reich gesprochen.

Mit thiutisk bezeichneten die (eher romanisch geprägten) Westfranken die Ostfranken, wobei sie auf deren (eben "volkstümliche") Sprache Bezug nahmen - sprich: die Bezeichnung betrifft nicht einfach germanische Stämme, sondern die germanischen Stämme des Ostfrankenreiches.

Die angelsächsische Sprache wurde in einer Synode im 8. Jh. meines Wissens ebenfalls als "deutsch" bezeichnet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da kann die "aktuelle Forschung" sich auf den Kopf stellen oder Purzelbäume schlagen: Es wurde schon Jahrhunderte vor Wilhelm I. von einem deutschen Reich gesprochen.

Verfassungsrechtlich und in allen Urkunden und Siegeln hieß das Gebilde Heiliges Römisches Reich (Sacrum Romanum Imperium) was die offizielle Bezeichnung für den Herrschaftsbereich der Kaiser bis zum Jahre 1806 war.

Der Zusatz „Nationis Germanicae” erschien erst im Spätmittelalter um 1450, wohl auch, weil sich das Reich im Wesentlichen auf das Gebiet des deutschen Sprachraumes erstreckte. 1486 wurde diese Titulatur im Landfriedensgesetz Kaiser Friedrichs III. verwendet. Erstmals offiziell verwendet wurde dieser Zusatz im Jahre 1512 in der Präambel des Abschieds des Reichstages in Köln. Kaiser Maximilian I. hatte die Reichsstände unter anderem zwecks „Erhaltung des Heiligen Römischen Reiches Teutscher Nation” geladen.

Etwas ganz anderes ist die umgangssprachliche Bezeichnung, wo in der Tat bereits im 16. Jh. (vielleicht auch schon früher) die Rede von den "teutschen lanten" ist, bezeichnenderweise aber stets im Plural, was auf die Vielfältigkeit deutscher Länder und Stämme auch im Bewusstsein der Bevölkerung hinweist.
 
...Es ist schlicht falsch, wenn Du oder jemand anderes behaupte(s)t, von einem deutschen Reich könne man erst seit 1871 sprechen, während die Zeitgenossen im 16., 17. und 18. Jh. wie selbstverständlich vom Heiligen Römischen als einem deutschen Reich, ja sogar einem römisch-deutschen Reich sprachen.

Da kann die "aktuelle Forschung" sich auf den Kopf stellen oder Purzelbäume schlagen: Es wurde schon Jahrhunderte vor Wilhelm I. von einem deutschen Reich gesprochen.
Das mag ja sein, fest steht aber auch, daß das Reich bis 1806 kein wirklicher Nationalstaat war, sondern ein Vielvölkerstaat. Und nach dem 30-jährigen Krieg gab es "das Reich" eigentlich nur noch auf dem Papier.
 
Dieter
Verfassungsrechtlich und in allen Urkunden und Siegeln hieß das Gebilde Heiliges Römisches Reich (Sacrum Romanum Imperium) was die offizielle Bezeichnung für den Herrschaftsbereich der Kaiser bis zum Jahre 1806 war.
"Offiziell" ist es doch dann, wenn es von offizieller Seite verwandt wird. Somit haben folgende Auszüge auch offiziellen Charakter.

Aus der "Verfassung des deutschen Reiches" von Samuel von Pufendorf

Es bleibt also nichts übrig, als zu sagen, Deutschland sei, wenn man es nach den Regeln des Staatsrechts und nach dem Vorbild anderer Staaten classificiren will...
...
so wird Deutschland ohne gewaltige Umwälzungen und ungeheure Verwirrung sich in wahrhaft monarchische Form nicht wieder bringen lassen
Kaiser Ferdiand II "Achterklärung über Friedrich von der Pfalz" 1621

"Gestalt dann obgedachter Pfaltzgrave / eben so wenig die heilsame Satzungen deß Religion: Prophan: vnd Allgemeinen Landtfridens / warauff nunmehr vil Jahr hero / bey so widerwerttigen leuffen / deß Teutschen Reichs / vnnd seiner Glider Conservation[47] gestanden / hierinnen sich hindern lassen / Als in welchen sonderlich aber in besagtem Landtfriden / vom Jahr Fünff vnd fünffzig[48] außtrucklichen versehen "
Kaiser Leopold I. "Wahl Capitulation Kaysers Leopoldi" 1659
"vnd damit in dem H: Reich Teutscher Nation "
...
"meistens in deß Reichs-Creyß und Eygenthumen kriegenden Cronen die Friedens-Tractaten in Teutschland würcklich angestellt"
...
"sonderlich keinen Reichs-Tag ausserhalb deß Reichs Teutscher Nation"
Kaiser Franz II "Reichsdeputationshauptschluss" 1803

"Demnach zu Beendigung des zwischen Kaiserlicher Majestät und dem deutschen Reiche eines"

"daß im Namen des deutschen Reiches in die Ueberlassung der Lande der linken Rheinseite nicht nur gewilliget,"

"dem ersten Consul der französischen Republik auch Namens des deutschen Reichs"

"Entschädigung in Deutschland"

"Befestigung der Ruhe Deutschlands"

"und Nachtheil der im deutschen Reiche"
Dieter
Etwas ganz anderes ist die umgangssprachliche Bezeichnung, wo in der Tat bereits im 16. Jh. (vielleicht auch schon früher) die Rede von den "teutschen lanten" ist, bezeichnenderweise aber stets im Plural, was auf die Vielfältigkeit deutscher Länder und Stämme auch im Bewusstsein der Bevölkerung hinweist.
Mitnichten.
Von "deutschen Landen" ist bereits im Annolied 1080 die Rede. "Dutschelant" kommt in einer frühneuhochdeutschen Übersetzung der Goldenen Bulle 1365 vor.
Im 16. Jhd. ist "Teutschland" bzw. "Teutsches Reich" schon gang und gäbe.

An das Teutschland

Georg Rodolf Weckherlin (1584-1653)


Zerbrich das schwere Joch, darunter du gebunden,

O Teutschland, wach doch auf, faß wieder einen Mut,

Gebrauch dein altes Herz und widersteh der Wut,

Die dich und die Freiheit durch dich selbst überwunden.
Johann von Rist um 1600

Sjchers Teutschland schlaffst du noch?
Ach wie nah' ist dir dein Joch /
Das dich hart wird drükken /
Und dein Antlitz dürr' und bleich
Jämmerlich erstikken /
Wach' auff du Teutsches Reich /
Wach' auff du Teutsches Reich!
Schon Hutten schrieb 1535 in seiner Schrift "Kurtzer auszug wie böslich die Bepste gegen den Deudschen Keysern jemals gehandelt" von "Deudschland" und einem "deudschen Reich".

Barbarossa
Das mag ja sein, fest steht aber auch, daß das Reich bis 1806 kein wirklicher Nationalstaat war, sondern ein Vielvölkerstaat.

Es war kein Nationalstaat, aber auch kein Vielvölkerstaat. In der frühen Neuzeit dürfte es eine überdeutliche deutsche Bevölkerungsmehrheit gegeben haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Offiziell" ist es doch dann, wenn es von offizieller Seite verwandt wird. Somit haben folgende Auszüge auch offiziellen Charakter.

Gesiegelt und geurkundet wurde von der Reichskanzlei mit Sacrum Romanum Imperium, seit dem späten Mittelalter mit dem Zusatz Nationis Germanicae. Das war die offizielle Bezeichnung des Reichs bis 1806 - und nichts anderes.

Mitnichten.
Von "deutschen Landen" ist bereits im Annolied 1080 die Rede. "Dutschelant" kommt in einer frühneuhochdeutschen Übersetzung der Goldenen Bulle 1365 vor. Im 16. Jhd. ist "Teutschland" bzw. "Teutsches Reich" schon gang und gäbe.

Es ist bis heute umstritten, wann der ostfränkische Staat unter den ottonisch-salischen Herrschern den Namen "Deutschland" erhalten hat. bzw. wann die in ihm lebenden Völker, die seit zum Teil seit mehr als einem halben Jahrtausend bekannten Franken, Sachsen, Bayern und Alemannen, zusätzlich zu ihrem bisherigen Volksnamen umfassend "Deutsche" genannt wurden.

Es handelt sich dabei sowohl um einen politischen Prozess des Herauswachsens aus einem Teilkönigtum des fränkischen Gesamtreichs zu eigenem Staatsbewusstsein, als auch um eine sprachliche Spiegelung in der Verwendung des Wortes "deutsch" und seiner lateinischen Entsprechungen. Unter diesen setzte sich rasch das antikisierende "teutonicus" durch und zwar in poltischer Bedeutung zur Bezeichnung dieses neuen Staates und seines Reichsvolks.

Um die Daten für den Prozess des Herauswachsens aus dem Frankenreich bzw. die Etablierung einer eigenen staatlichen Identität ist viel gestritten geworden, wobei die Daten 843, 911, 919 und 925 genannt wurden. Manche sahen einen gestreckten Prozess bis zu Otto I. (936), andere setzten das Datum 911 (Ende der Karolinger, Nichtanerkennung des westfränkischen Karolingers) und 919 (Heinrich I. als "erster deutscher König" (!). Andere schlagen einen späteren Ansatz vor unter dem Gesichtspunkt, dass die Ottoinen nicht das "Deutsche Reich" vorgefunden, sondern erst geschaffen haben. Im allgemeinen ist die Forschung heute der Ansicht, dass ein deutsches Bewusstsein kaum vor 1000, voll erst im 11. und 12. Jh. einsetzt.

Anders verhält es sich mit dem politischen Begriff "Deutschland". Die ostfränkisch-ottonischen Kaiser beanspruchten weiterhin "in Francia" - im Frankenreich - ebenso zu herrschen wie "in Italia". Vor allem aber sahen sie sich wie schon Karl der Große als Herrscher des "Heiligen Römischen Reichs", was seit Konrad II. 1034 amtlicher Titel des Reichs wurde. Als "Sacrum Imperium" wird das Reich seit 1157 in Urkunden Kaiser Friedrichs I. bezeichnet, um seine sakrale Würde zu betonen. Seit 1254 bürgerte sich in den Königsurkunden die Bezeichnung "Sacrum Romanum Imperium" ein.

Im Rahmen des Investiturstreits spricht Papst Gregor VII. erstmals im Hinblick auf Heinrich IV. vom "rex teutonicorum", um seinen Gegner auf die Ebene der anderen europäischen Könige herabzuziehen.Später findet man dann häufiger das "rex teutonicorum" oder aber "Teutonicum regnum" in Urkunden, vor allem wenn es darum geht, Unterscheidungen zu den Königreichen Burgund und Italien im Reichsverband herzustellen.

Im Ausland sind die Bezeichnungen für den Gesamtstaat vielfältig: Germania, Francia, Saxonia, Terra Teutonica, Alamannia, Regnum Germanicum, Saxonum usw.

Etwa um 1100 tauchen Umschreibungen wie "in diutischem lande, "diutisches lant" u.ä. auf, etwa ab 1500 spricht z.B. Ulrich Hutten von den "deutschen Landen". Singular "Deutschland" ist also noch nicht vertreten, wohl aber die "deutsche Nation". Sie tritt als "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" (Nationis Germanicae) im 15. Jh. auf und bezeichnete einschränkend die deutschen Teile des Reichsgebiets.im Unterschied zu Italien und Burgund.

Vom "Deutschen Reich" schließlich ist erst seit der wilhelminischen Reichsgründung 1871 die Rede, während das Gebilde nach dem Wiener Kongress 1815 den Namen "Deutscher Bund" führte.

Im übrigen war das Heilige Römische Reich selbstverständlich ein Vielvölker"staat", wobei der Begriff "Staat" in Anführungszeichen zu setzen ist. Wie anders sollte man ein vormodernes Gebilde auch nennen, das Tschechen, Italiener, Polen, Slowenen, Franzosen und andere Nationalitäten bzw. Sprachgruppen umfasste?
 
Es gab auch mal eine Zeit, da entsprach es dem aktuellen Forschungsstand, dass die Erde eine Scheibe und Mittelpunkt des Universums sei. Die Wahrheiten von gestern sind die Lügen von heute, und die Wahrheiten von heute die Lügen von morgen.

Hatte jemand etwas anderes behauptet?
Anm.: Als man im Mittelalter der Überzeugung war, die Erde sei Mittelpunkt des Universums, glaubte man übrigens längst nicht mehr daran, daß die Erde eine Scheibe sei - vgl. dazu auch http://www.geschichtsforum.de/f4/ist-die-erde-eine-scheibe-343/

Es ist schlicht falsch, wenn Du oder jemand anderes behaupte(s)t, von einem deutschen Reich könne man erst seit 1871 sprechen, während die Zeitgenossen im 16., 17. und 18. Jh. wie selbstverständlich vom Heiligen Römischen als einem deutschen Reich, ja sogar einem römisch-deutschen Reich sprachen.

Da kann die "aktuelle Forschung" sich auf den Kopf stellen oder Purzelbäume schlagen: Es wurde schon Jahrhunderte vor Wilhelm I. von einem deutschen Reich gesprochen.

Bekanntlich hatte ich mich den Aussagen von Hyokkose angeschlossen, und dort stand nicht mehr als:
Das Wort "thiutisk" erscheint erstmals 786 in der latinisierten Form "theodisce" und bezeichnet die Volkssprache, also die fränkischen Dialekte im Gegensatz zum Latein bzw. den romanischen Sprachen.

Erst später kam man auf den Bezug zu den Teutonen.

"Deutschland" als politischer Begriff ist noch späteren Datums.

Das "Deutsche Reich" wurde 1871 gegründet.

Wie sich daraus ablesen läßt, "von einem deutschen Reich könne man erst seit 1871 sprechen" oder daß vor 1871 noch niemand von einem deutschen Reich gesprochen habe, erschließt sich mir nicht.
Ich darf doch sehr darum bitten, hier weder mir noch sonst jemandem Aussagen unterzuschieben, welche derjenige so gar nicht getroffen hat.

Die angelsächsische Sprache wurde in einer Synode im 8. Jh. meines Wissens ebenfalls als "deutsch" bezeichnet.

Bist Du sicher, daß da von angelsächsisch - und bspw. nicht etwa von (alt-)sächsisch - die Rede ist?
 
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