Also, ehrlich gesagt, wenn ich den Titel des Threads so lese zwingt sich mir eine Frage auf - wo beginnt ein Unrechtsstaat und wer bestimmt, dass es einer ist?
Ich will hier nichts relativieren, ich möchte nur, dass man sich Gedanken um den Begriff an sich macht. Ein Unrechtsstaat ist für mich ein Staat in dem die Bevölkerung oder ein Teil der Bevolkerung unterdrückt wird,
und dieser Teil der Bevölkerung es auch selbst als Unterdrückung versteht.
Dabei geht es nicht nur um das dritte Reich - es gibt auch genügend andere Beispiele aus der neueren Geschichte. Wann ist also ein Staat ein Unrechtsstaat? Wenn ein anderer Staat das bestimmt, oder wenn die Bevölkerung selbst feststellt, dass sie unterdrückt wird?
Und wie soll man einen solchen Staat vernichten? Einfach die Staatsoberhäupter nach eigenem Ermessen austauschen? Die Bevölkerung "umerziehen"? Den außenpolitischen Druck erhöhen, bis die Bevölkerung halb ausgehungert ist (durch Embargos z.B.)?
Und hinzu kommt noch ein Aspekt, der mir sehr am Herzen liegt, weshalb eben der zweite Teil des Satzes da oben hervorgehoben ist: In vielen Staaten werden Frauen "unterdrückt", nach unserem Verständnis. Nach ihrem Verständnis ist es aber vielleicht keine Unterdrückung, sondern eine Tradition, der die MEHRHEIT der Frauen freiwillig folgt. Wer hat nun Recht?
Wir, weil wir in den "entwickelten, westlichen" Ländern einen Prozess der Emanzipation und Aufklärung hinter uns haben? Oder diejenigen, die in diesen Traditionen aufwachsen und sie nicht einmal unbedingt ändern möchten?
Und ab wann ist eine Einmischung von Außen
zwingend notwendig? (Ich rede hier jetzt nicht vom zweiten Weltkrieg, wobei auch hier zu berücksichtigen wäre, dass die Alliierten erst eingriffen, als SIE SELBST bedroht waren!) Erst, wenn ein anderer Staat von dem "Unrechtsstaat" bedroht ist?
Das sind viele Fragen, vielleicht wird man mich jetzt hier kloppen, weil ich sie aufwerfe, aber das ist mir einfach mal aufgefallen - bei "Unrechtsstaaten" wird gerne das dritte Reich beschworen, denn dass es sich dabei um einen "Unrechtsstaat" handelte, bezweifelt niemand.
Aber all die anderen Kriege, in denen es hieß, man müsse das jeweilige Land "befreien"... was war denn mit denen?
Ich finde, mit dem dritten Reich bzw. Nazideutschland machen wir es uns zu leicht - wenn, dann müsste man eventuell auch auf den Tisch legen, dass es den Alliierten erst in zweiter Linie um die Ermordung von Juden ging, primär war der Grund zur Intervention die Tatsache, dass Hitler seine Finger in alle Richtungen ausstreckte, eben auch nach Frankreich, England und Russland - und über Japan auch in die USA. Das soll nicht heißen, dass das dritte Reich kein Unrechtsstaat war, nur war das eben nicht der Hauptgrund für den Angriff der Allierten.
Für Kriege, die wegen einer "Beseitigung eines Unrechtsstaates" geführt wurden, gibt es weit bessere Beispiele - oder eben auch nicht