Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

Ich war mal mit meinem Trabi 89 in Braunschweig, ist gar nicht so weit weg von hier.
Da kam ein Junge mit der Mutter und sagte," In so einem Auto bin ich noch nie gesessen".
Ich sagte, könnt ihr hier kein deutsch?
Die Mutter wusste gar nicht, was ich meine.
Ich habe den Jungen aber sitzen lassen.
 
Das "ge-" im Perfekt wegzulassen ist ebenso eine vor allem in Süddeutschland gepflegte Sprachvariante (die zunehmend auf Gesamtdeutschland übergreift) wie die Tradition, dass man nicht gesessen hat, sondern ist.
Aber jetzt genug des Zibeben-Sch...ns von meiner Seite:still:
 
Ich hätte ihn sitzen gelassen, auf dass das Perfekt nicht aussterbe.
Nee, nee! Ich zitiere hier mal Wahrig:

las|sen
tr. 75er lässt es bleiben; ich habe es lieber gelassen; aber: ich habe es sein lassen oder: seinlassen; ich habe ihn in dem Glauben gelassen; aber: ich habe ihn rufen, gehen lassen; einen Gegenstand fallen lassen; aber: jmdn. fallen lassen oder: fallenlassen
 
Dann hatte ich es ja doch richtig gesagt.:rofl:
Immer diese Verwirrungen.
Hatten wir schon mal, weil ich schrieb, ich setze ein Komma nach Gefühl.
Da kam dann das 4 Min. Ei von Loriot.
Kennt das noch einer?
 
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Ich war mal mit meinem Trabi 89 in Braunschweig, ist gar nicht so weit weg von hier.
Da kam ein Junge mit der Mutter und sagte," In so einem Auto bin ich noch nie gesessen".
Ich sagte, könnt ihr hier kein deutsch?
Die Mutter wusste gar nicht, was ich meine.
Ich habe den Jungen aber sitzen lassen.

Kommt mir aber bekannt vor, könnte Niedersachsen-Slang sein.
Die sind hier in Niedersachsen auch "auf der Arbeit", wenn sie ihre Anwesenheit bei der Arbeitsstätte meinen.
Ich weiß, dass mir das früher aufgefallen ist, heute weiß ich schon nicht mehr, wie ich damals meinte, dass es richtig wäre. Alles eine Frage der Gewohnheit.

Einige Verben, die ich dunkel erinnere, dass man sie früher mit reflexiven "sich" benutzte, scheinen dieses aktuell zu verlieren. :winke:
 
Ich habe den Jungen aber sitzen lassen.

Nun ja, es gibt doch genug rethorischen Unsinn in unserer Sprache.
Das war eigentlich zweideutig gemeint.
Ich hätte auch schreiben können, " Ich habe aber den Jungen sich setzen lassen"
Das wäre aber nicht so rübergekommen, wie ich es beabsichtigte.
In einem Satz zwei Sinne herrauszulesen.
 
Die sind hier in Niedersachsen auch "auf der Arbeit", wenn sie ihre Anwesenheit bei der Arbeitsstätte meinen.
:winke:
Der österreichische Kabarettist Alfred Dorfer sagt gern, dass die Österreicher bei PISA besser als die Deutschen abschnitten, liege vielleicht daran, dass die (Nord-)Deutschen zur Schule gingen, während die Österreicher in die Schule gingen.
Davon abgesehen bin ich, bei aller Freude an sprachlicher Besserwisserei, der Meinung, dass Sprache der Verständigung dient - und alles was das fördert ist richtig. Außerdem ist Sprache etwas Lebendiges und lebt von der Veränderung und Anpassung an sich ändernde Bedürfnisse.
 
Davon abgesehen bin ich, bei aller Freude an sprachlicher Besserwisserei, der Meinung, dass Sprache der Verständigung dient - und alles was das fördert ist richtig. Außerdem ist Sprache etwas Lebendiges und lebt von der Veränderung und Anpassung an sich ändernde Bedürfnisse.

Die Hauptsache ist doch, jeder versteht, was gemeint ist. Und um beim Thema zu bleiben, meine Oma hat immer gesagt, Flo, du bist ein Schlodderjan. Ich weiss nicht was ein Schlodderjan ist, aber ich weiss, was sie meinte.
Diesen Begriff bringe ich automatisch mit Unordnung zusammen.
(Das Thema wäre für unseren chinesichen Freund Kevin-Biene bestimmt lehrhaft)
 
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Nee, nee! Ich zitiere hier mal Wahrig:
Der Wahrig ist, wie der Duden, kein Gesetzbuch. Auch wenn die Deutschlehrer gern einen anderen Eindruck erwecken. Die dokumentieren nur den herrschenden Sprachgebrauch. Und die herrschende Meinung ist die Meinung der Herrschenden. Wenn also die Meinungsbildner das ge- weglassen oder dem Dative sein e wegnehmen, dann steht es irgendwann so im "Gesetzbuch".

@ florian
Das Wortspiel mit "setzen" hat sich natürlich angeboten (oder abotte, ohne ge, wie der Schwabe sagt). Aber § 1 der Schulordnung gilt nicht mehr uneingeschränkt "Der Lehrer hat immer recht!".

Jetzt werde ich mich aber wirklich wieder geschichtlichen Betrachtungen widmen.
 
Unordnung ist so ein Begriff für den es wunderbare Redewendungen und lautmalerische Umschreibungen gibt.
Wer waren eigentlich die Hempels unter deren Sofa es so chaotisch aussah?
Nie vergessen werde ich den Ausdruck einer Schwäbin, die mit großer Geste auf das "Ruschi Muschi" auf meinem Schreibtisch hinwies. Hatte ich noch nie vorher gehört und trotzdem sofort verstanden.
 
@ florian
Das Wortspiel mit "setzen" hat sich natürlich angeboten (oder abotte, ohne ge, wie der Schwabe sagt). Aber § 1 der Schulordnung gilt nicht mehr uneingeschränkt "Der Lehrer hat immer recht!".

Jetzt werde ich mich aber wirklich wieder geschichtlichen Betrachtungen widmen.

In meinem Alter und da schon alles ausgereizt, hier im Forum, muss ich das nicht mehr beachten.
Mir fällt einfach nichts mehr ein, da ich schon alles gesagt habe, was ich weiss.(geschichtliches)
Fünf Jahre bin ich hier, habe alle Höhen und Tiefen miterlebt.
Lasst mich wenigstens ein bisschen Unsinn schreiben.
 
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Kennt jemand von euch noch das Wort "Nudelkulle" oder ist es nur in Norddeutschland völlig unbekannt?

"Ich hätte nur gern ein weiches Ei und nicht ein zufällig weiches Ei."
 
Der Wahrig ist, wie der Duden, kein Gesetzbuch. Auch wenn die Deutschlehrer gern einen anderen Eindruck erwecken. Die dokumentieren nur den herrschenden Sprachgebrauch. Und die herrschende Meinung ist die Meinung der Herrschenden. Wenn also die Meinungsbildner das ge- weglassen oder dem Dative sein e wegnehmen, dann steht es irgendwann so im "Gesetzbuch".
Sorry, aber als Sprachfreak muß ich mal weiter Korinthen kacken. Das Verb lassen wird im Fall von "sitzen lassen" als Modalverb verwendet. In Verbindung damit kommt also kein Partizip sondern ein Infinitiv. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Sprachverrohung und Anpassung von Lexika an die "dumme" Masse zu tun. Dazu gibt es auch ältere Publikationen. Auch "sehen" kann übrigens ein Modalverb sein (ich sehe in kommen, ich habe es kommen sehen etc.).
 
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Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Sprachverrohung und Anpassung von Lexika an die "dumme" Masse zu tun.
Jetzt muss wohl doch noch ein Einwurf sein. Von der dummen Masse und Sprachverrohung steht bei mir nichts. Eher im Gegenteil. Die Herrschenden und Meinungsbildner gelten üblicherweise nicht als die Dummen. Worum es mir aber eigentlich ging: Sprache ist eine Konvention und Konventionen ändern sich. Dass derzeit in der Standardsprache im Zusammenhang mit Modalverben die Konvention der Verwendung des Infinitives (vor)herrscht, ist kein Naturgesetz mit Ewigkeitsgarantie. Es ist durchaus möglich, dass aus dem Dialekte heraus das Partizip wieder zum Standard wird. Dort sind nämlich genausowenig die Dummen zu Hause - wie jahrzehntelang suggeriert wurde. Ich halte dagegen, dass der Dialekt das Originäre ist, und die Standardsprache ein künstliches Esperanto, das im Laufe der Zeit konstruiert wurde (ein bisschen historischer Bezug muss vorkommen;)).

Dass Deutsch einst eine würdelose Sprache war und sich jetzt dem würdevollen Englisch anpasst, darauf hat El Quijote ja schon hingewiesen. Der aus England stammende bayerische Dialektforscher Anthony Rowley hat konstatiert, dass die in Deutschland als unfein geltenden Diphtonge, wie ej oder ou, in Englisch ganz normal und gar nicht unfein sind. Man sollte sich mMn hüten, die eigenen Präferenzen oder Gewohnheiten als die einzige und ewige Wahrheit hochzuhalten und alle nicht "Rechtgläubigen" für doof zu erklären. Das Hochdeutsch hat seinen Namen ja auch nicht deshalb, weil es etwas besonders Hochstehendes wäre, sondern, weil es aus den höher gelegenen Regionen Deutschlands stammt.

@ flo. Ich hoffe, du nimmst es mir auch jetzt noch nicht übel, dass ich dich etwas verunsichert habe. Bei Gelegenheit werde ich vielleicht mal ein anderes "Opfer" ausgucken.
 
@ flo. Ich hoffe, du nimmst es mir auch jetzt noch nicht übel, dass ich dich etwas verunsichert habe. Bei Gelegenheit werde ich vielleicht mal ein anderes "Opfer" ausgucken.

Kein Problem, lieber Liborius. Ich schreibe trotzdem, was ich denke.
Und als Opfer sah ich mich nicht, im Gegenteil, ich habe wieder was gelernt. (oder heisst es, etwas gelernt?) :winke:
 
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Wenn de Hochdeutsch als günstlische Schprache ohne praktschen eischenwert ansiehst, kannsch och schreibn, wie mer dor Schnabel gewachsen is, oder? Gann ja sin, daß der Ludder of de vergleichsweise gegünstelte Kanzleischprache zurüschgegriffn hat. De Verbreitung seiner Bibel und dor dortschen Schprache war abbor eher "natürlisch".

Davon abgesehen, erkenne ich das Hochdeutsche durchaus als übergeordnet an. Trotz Deiner netten Anspielung auf die Begrifflichkeit muß ich Dir da energisch widersprechen, Libo, weil Du da einen - meiner Meinung nach - sachlich falschen Eindruck erweckst. Gerade im allgemeinen Sprachgebrauch bezieht sich das "hoch" schon seit "Ewigkeiten" nicht mehr auf die Herkunft, sondern soll eben doch den von Dir bestrittenen Vorrang gegenüber Dialekten kennzeichnen. Konvention... ;)

Ich sehe es schon kommen, daß hier jeder anfängt, Sultaninen auszuscheiden und uns am Ende noch schlecht wird von den ganzen Naschereien. Die Schwierigkeiten beginnen schon damit, daß hier anscheinend keine wirkliche Einigkeit darüber besteht, was unter "herrschender Sprachgebrauch" zu verstehen ist. Während z.B. bei mir - sehr griffig ausgedrückt - "die Verblödung von unten" im Zentrum stand, bezieht sich Libo eher auf den "Sprachwandel von oben". Am Ende sind unsere Positionen gar nicht so unterschiedlich, wie es vorerst den Anschein erweckt.
 
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