Bosnia, Rama, Bosnien, BiH

Die Frage ist noch immer nicht gelöst. Sie lautet:

Gab es seit dem Mittelalter eine eigenständige bosnisch-muslimische Identität, wonach sich Bosniaken neben Serben und Kroaten als eigene Volksgruppe empfanden? Und wenn ja, seit wann gibt es eine solche bosniakische Identität, bzw. wann hat sie sich herausgebildet?

Oder sind Bosniaken nichts anderes als muslimische Serben oder Kroaten, wie andere behaupten?

Dass die Bevölkerung des Staates Bosnien-Herzegowina Bosnier genannt werden - gleich ob Kroaten, Serben oder Bosniaken - ist davon gänzlich unabhängig.


Islam in Bosnien im Mittelalter??????????

Jedenfalls byzantinische, bosnische, katholische u.s.w Quellen nennen Serben als die Einwohner Bosniens im MA.

Bis sich Bosnien im 14 Jahrhundert auf kroatische und kroatischsprachige (im MA waren die Sprachen der Serben und Kroaten wahrscheinlich verschieden) ausdehnt.

Die Bosniaken sahen sich vor der Zeit der Nationalen Wiedergeburt als Türken an, wie so ziemlich alle Moslems im europäischen Teil des Osmanischen Reichs.
 
Islam in Bosnien im Mittelalter??????????

Im Jahr 1463 - also dem späten Mittelalter - eroberten die Türken Bosnien und ab diesem Zeitpunkt datieren die Konversionen der ansässigen Bevölkerung zum Islam, die heute unter dem Begriff Bosniaken eine eigene und völkerrechtlich anerkannte Ethnie bildet.

Ob sich diese Identität bereits im späten Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit ausbildete, war die Frage. In dieser Hinsicht erscheint mir der Beitrag von Nastja sehr plausibel, der weiter oben steht, und den ich hier noch einmal vorstelle:

Nastja_CG schrieb:
Also, wenn ich einfach mal nach dem gehe, was an der Uni für richtig gehalten wird, dann gab es diese bosnisch- muslimische Identität nicht!!!
Die Muslime in Bosnien sahen sich zwar nicht unbedingt als Serben oder Kroaten sondern bestanden schon darauf irgendwie anders zu sein, aber empfanden sich eben nicht als eigenes Volk...ein Indiz dafür ist z.B. dass die führende muslimische Organistation, die JMO, zu keiner Zeit NAtionalbestrebungen hatte und es auch nie zu Aufständen oder ähnlichem seitens der Muslime kam. Des weiteren verhielten sie sich vollkommen passiv als es darum ging ihre NAtionalität anzuerkennen, dies geschah ohne wesentliches muslimisches Zutun. Erst danach bildete sich ein "ausgeprägtes" NAtionalbewusstsein aus.

Die Bosniaken sahen sich vor der Zeit der Nationalen Wiedergeburt als Türken an, wie so ziemlich alle Moslems im europäischen Teil des Osmanischen Reichs.

Das scheint mir sehr spekulativ zu sein. Kannst du das belegen?
 
@Nastja_CG
das erklärt sich doch durch die Übersetzung.
Hieß es nicht ursprünglich Bosna-Herzegovina? Also Bosnak. Bosniak ist die Verfremdung aus dem späteren Bosnia.

Es heisst ja auch Bosanac, nicht Bosniac.
 
Q

Im Jahr 1463 - also dem späten Mittelalter - eroberten die Türken Bosnien und ab diesem Zeitpunkt datieren die Konversionen der ansässigen Bevölkerung zum Islam, die heute unter dem Begriff Bosniaken eine eigene und völkerrechtlich anerkannte Ethnie bildet.

Ob sich diese Identität bereits im späten Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit ausbildete, war die Frage. In dieser Hinsicht erscheint mir der Beitrag von Nastja sehr plausibel, der weiter oben steht, und den ich hier noch einmal vorstelle:





Das scheint mir sehr spekulativ zu sein. Kannst du das belegen?


Ob es plausibel ist oder nicht ist mal dahingestellt. Aber es war so. Noch bis in den 60ern gab es nach Volkszählungen ein Haufen Türken in Bosnien.

Ganz zu schweigen das die serbischen Aufständischen in der Schlacht am Misar gegen 30-40 Tausend türkischen Soldaten aus Bosnien gekämpft haben. Es wird nicht von einer türkischen Armee sondern von Türken in der Armee berichtet. Davon berichten serbische, türkische und österreichische Quellen. DA stellt sich unweigerlich die Frage wo um Gottes Willen gibt es so wenige Türken in BiH heute. :confused::confused::confused::confused::confused::confused::confused:

Der Franziskaner Bartolomeus Klasic welcher Halbgläubige Serben und Türken am Balkan zum Katholizismus bewegen will.

Der türkische Friedhof (muslimische) in Sarajewo.

Ne Logisch ist das vielleicht nicht. Ändern tut es genau null daran das es so war.
 
Ob es plausibel ist oder nicht ist mal dahingestellt. Aber es war so. Noch bis in den 60ern gab es nach Volkszählungen ein Haufen Türken in Bosnien.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die muslimischen Bosnier als "Türken" empfanden, nur weil sie Muslime waren. Die Serben oder Kroaten mögen sie vielleicht so bezeichnet haben, was nichts über die Identität aussagt, der sie sich zugehörig fühlten

Wenn du keine anderen Belege oder Quellen hast, bleibt deine Behauptung unglaubwürdig.
 
Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die muslimischen Bosnier als "Türken" empfanden, nur weil sie Muslime waren. Die Serben oder Kroaten mögen sie vielleicht so bezeichnet haben, was nichts über die Identität aussagt, der sie sich zugehörig fühlten

Wenn du keine anderen Belege oder Quellen hast, bleibt deine Behauptung unglaubwürdig.


Die Quellen wirst du bekommen.

Bin in der Beweisschuld suche grade nach einem wasserdichten Beweis.
 
Vorstellbar finde ich das schon. Die Motivation zum Glaubensübertritt könnte häufig ein (vom Konvertiten angenommener) verbesserter Status gewesen sein. Also in etwa die Gleichung: Trete ich zum Islam über, werde ich automatisch Türke und kann im osmanischen Reich besser partizipieren.
 
Vorstellbar finde ich das schon. Die Motivation zum Glaubensübertritt könnte häufig ein (vom Konvertiten angenommener) verbesserter Status gewesen sein. Also in etwa die Gleichung: Trete ich zum Islam über, werde ich automatisch Türke und kann im osmanischen Reich besser partizipieren.
Aber mit dem Übertritt wurde man doch nicht Türke, sondern nur Muslim. Gerade in dem Vielvölkerstaat der Osmanen.
Ich weiß nicht, welche auf welche Quellen Zoki55 sich da bezieht, aber wenn es christlich-westliche sind, könnte ich mir vorstellen, daß da einfach Muslim mit Türke gleichgesetzt wurde.
 
Zum Thema Türke und Muslim ist oder besser war das gleiche empfehle ich mal wieder Grimms Wörterbuch.
von der christlich bestimmten sicht des abendlandes her wird der Türke nicht so sehr als vertreter eines fremden volkes denn als prototyp des das Christentum aufs schwerste gefährdenden Islam, als Moslem gesehen; weil er nicht-Christ ist, wird er gering gewertet und verachtet
Immer wieder formelhaft: Juden, Christen, Türken oder auch Juden, Türken, Heiden

Mal von dieser eher deutschen Perspektive abgesehen, gab es zumindest bei anderen slawischen Muslimen lange Zeit die Tendenz, sich selbst als Türken zu sehen, etwa bei Goranen und Pomaken, aber dazu gibt es ja einen eigenen Thread. Macht ja auch geografisch Sinn, wenn man einen angestaubten Türkei-Begriff zu Rate zieht.
 
Ob es plausibel ist oder nicht ist mal dahingestellt. Aber es war so. Noch bis in den 60ern gab es nach Volkszählungen ein Haufen Türken in Bosnien.

Ganz zu schweigen das die serbischen Aufständischen in der Schlacht am Misar gegen 30-40 Tausend türkischen Soldaten aus Bosnien gekämpft haben. Es wird nicht von einer türkischen Armee sondern von Türken in der Armee berichtet. Davon berichten serbische, türkische und österreichische Quellen. DA stellt sich unweigerlich die Frage wo um Gottes Willen gibt es so wenige Türken in BiH heute. :confused::confused::confused::confused::confused::confused::confused:

Der Franziskaner Bartolomeus Klasic welcher Halbgläubige Serben und Türken am Balkan zum Katholizismus bewegen will.

Der türkische Friedhof (muslimische) in Sarajewo.

Ne Logisch ist das vielleicht nicht. Ändern tut es genau null daran das es so war.

Da kennst du aber ganz andere Volkszählungen als ich...ich werde dir hier mal ein paar Grafiken einfügen, die ich selber anhand der oben irgendwo genannten Quellen erstellt habe und da gab es die Option "Türke" überhaupt nicht...Dier erste Grafik behandelt die Volkszählung von 1948 in Bosnien, die zweite ebenfalls allerdings nur die muslimische Entscheidung und die letzte ist von 1961.

Allerdings vermute ich mal, dass du dich ein wenig mit der serbo-kroatischen Sichtweise vertust. Wenn du in eben solchen Quellen das Wort "turci" (Türken) liest, dann sind damit nicht Türken gemeint, sondern vielmehr Moslems. Das wurde ganz einfach gleichgesetzt, weil diese Menschen durch ihre "fremdartige" Religion nicht mehr richtig zu ihren Landsmännern passten und somit auch als etwas fremdes gesehen wurden. Das hat allerdings nichts mit der Ethnie zu tun, sondern nur mit der inneren Einstellung der "Christen".
 

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@Nastja_CG
das erklärt sich doch durch die Übersetzung.
Hieß es nicht ursprünglich Bosna-Herzegovina? Also Bosnak. Bosniak ist die Verfremdung aus dem späteren Bosnia.

Es heisst ja auch Bosanac, nicht Bosniac.

Wenn mich nicht alles täuscht, dann steht auf meinem Pass auch heute noch Bosna i Hercegovina wie es hier in Deutschland oder auf englisch bezeichnet wird spielt doch überhaupt keine Rolle für die Bezeichnung. Ausserdem was heisst denn ursprünglich vor 50 JAhren vor 5 oder vor 200 Jahren???Zumal Bosnak einfach linguistisch gesehen sehr böse klingt. Allerdings frage ich mich wie du auf das Beispiel Bosanac - Bosniac kommst? Das ist als wenn man sagen würde es heisst ja auch Deutscher nicht Allemande...

Aber das ändert ja immer noch nichts daran, dass ich diese Schreibweise im mazeonischen Forum überhaupt nicht finden konnte, alles was ich dort gesehen habe war : BOSNIAK, weswegen ich dich gebeten hatte den link einzustellen, aber irgendwie hast du das wohl übersehen.
 
Die heutigen Bosniaken bilden eine eigene Ethnie innerhalb Bosniens und gehören zu den drei konstitutiven Völkern.

Diese ganze Frage bezüglich den Bosniaken, seit wann es diese Ethnie gibt und so weiter, ist meiner Meinung nach, ein bisschen absurd.
Denn wenn man diese Frage wirklich gelöst haben will, müsste man die Geschichte des Balkans außerhalb des Kontexts der Geschichte des osmanischen Reiches betrachten. Man müsste in Erwägung ziehen, wie sich die Völker im Bezug auf Selbstbewusstsein und eigenes Bewusstsein hin entwickelt hätten, wenn die Türken/Osmanen nicht den Balkan besetzt hätten, und das ist also alles sehr sehr theoretisch und führt zu nichts.

Alles sehr politisiert, mittlerweile gibt es ja seit den 90ern drei neue Völker die ihre Nation bilden, und das hat noch lange nicht aufgehört, sprich, eventuell kommen noch ein paar andere hinzu.

Die heutigen Bosniaken stellen heute fast die Mehrheit der Bevölkerung in Bosnien, was ja gern vergessen oder übersehen wird ist, dass die muslimische Bevölkerung vor einem Jahrhundert gerade mal ein Drittel der Einwohner gestellt hat und längst nicht die "autochthone Bevölkerung" ist, die die heutigen bosniakischen Historiker gerne haben würden.

In meinen Augen ist das alles relativ konstruiert.
Zum einen beziehen sich diese Leute auf die Bogumilen, dann wieder auf die bosnischen Könige, und dann, wenns denn passt, auf die Illyrer und was weiß ich noch alles, nur um sich von der serbischen und kroatischen Geschichte abzugrenzen.
Das ist aber nicht möglich, weil die bosnischen Herrscher aus dem Mittelalter allesamt von serbischen und kroatischen Herrscherhäusern abstammen oder mit diesen verbandelt waren.
Bestes Beispiel, König Tvrtko, Inbegriff der von den Bosniaken alleinig beanspruchten Geschichte Bosniens inklusive der bosnischen Fleur de lis, war Abkömmling eines serbischen Herrscherhauses mit viel kroatischem und ungarischem Blut, um jetzt mal politisch unkorrekt zu sein:
Stjepan II. Kotromani? ? Wikipedia
Stefan Dragutin ? Wikipedia

Da sich die heutige orthodoxe Bevölkerung Bosniens als serbisch bezeichnet und die katholische als kroatisch, glaube ich, dass sich auch die Bosniaken, wären sie nicht konvertiert, in diese Richtung hin bewegt hätten, selbst wenn tatsächlich ein eigenes bosnisches Nationalbewusstsein bestanden hätte, welches ich aber bezweifle.
Weil ich einfach sage, dass die sprachlichen und kulturellen Bande einfach zu groß gewesen wären, als dass sich ein eigenes bosnisches Volk entwickelt hätte, trotz der zweifellos teilweise vom serbischen und kroatischen Königreich abgekoppelten Eigenheiten.

Mit dem was ich jetzt geschrieben habe, mache ich mich wohl zum größten Feind der Bosniaken, wenn das ein Bosniake liest, wird er mich als den schlimmsten Cetnik oder Ustascha bezeichnen, aber es ist nun mal meine Meinung.

Das heutige Bosnien ist ein Staat, der sich mit und aus der Geschichte gebildet hat, war in den letzten hundertfünfzig Jahren Schlachtfeld zwischen serbischem und kroatischem Nationalismus, die historische Anschauung der bosniakischen Politiker und Gelehrten kann ich aber im Endeffekt genauso bedingt teilen wie jene der kroatischen und natürlich serbischen.

Beispielsweise bezeichnet man auch die Bevölkerung des in Serbien sich befindenden Sandschak als Bosniaken, obwohl sich zwischen dem Sandschak und der bosnischen Grenze wiederum ein Gebiet befindet, welches großteils von ethnischen Serben bewohnt wird:

Sandschak Novi Pazar ? Wikipedia

Das heißt, die Moslems im Sandschak, an der kosovarisch-serbisch-montenegrinischen Grenze sind Bosniaken, während die nordwestlich davon und direkt an der bosnischen Grenze beheimateten Serben ethnische Serben sind?
Dann müssten auch diese Serben Bosniaken sein, und wir sind aber im engeren Serbien!
Ich möchte wohlgemerkt überhaupt nicht die bosniakische Identität der Bosniaken im Sandschak oder jene der Serben nordwestlich des Sandschak ankratzen, ich möchte nur ein Beispiel zeigen, wie irrational das ganze ist.
Gleich südöstlich davon befindet sich dann das Kosovo, wo es dann eine muslimische slawischsprachige Minderheit gibt, die sich dann aber nicht Bosniaken, sondern Goranen nennen, obwohl sie gerade mal 100km von der Grenze zum Sandschak entfernt leben.
Dann gibt es Moslems direkt unter dem Sandschak im nordmontenegrinischen Gebiet, und da kenne ich durchaus welche, die sich einfach als muslimische Montenegriner bezeichnen, obwohl ja die Montenegriner selber dann wieder zu unterteilen sind in jene, die sich als Serben sehen, knapp die Hälfte oder etwas drüber, und jene, die sich wieder als was Eigenes fühlen.

Ich persönlich weiß, dass es aufgrund der schlechten Erfahrungen mit Serben und in kleinerem Maße mit Kroaten durchaus einen Hang eines Teils der bosniakischen Bevölkerung zum Türkentum gibt, also sich selber als Türken zu bezeichnen, egal ob aus historischen Gründen oder der seit den Neunzigern ernstnehmenderen Praktizierung des eigenen Glaubens.
Dabei geht man dann soweit, nicht nur zu behauten, dass man Türke sei und von diesen abstamme, sondern, dass allgemein jeder am Balkan Türke sei, da ja der Balkan direkt von Türken regiert wurde, da kommt der diplomatische Begriff "osmanisches Reich" erst an zweiter Stelle.
Das gilt aber nicht für den Großteil, ist auch nur ein krasses Beispiel von einer Person, die praktisch alle männlichen Familienmitglieder in einem serbischen Massaker verloren hat. Natürlich sympathisieren die Bosniaken im selben Maße mit den Türken, wie die Serben mit den Russen, um ein Beispiel zu nennen.

Ich sehe, solange man mir nicht ein paar Fakten liefert, die mein Denken grundsätzlich ändern (was ja nicht unmöglich ist), keine historische Stetigkeit zwischen den Bewohnern Bosniens vor der Osmanenzeit und (nur) den Bosniaken die sich heute so selber definieren, vor allem nicht in jenem Bezug, der eine geschichtliche und völkische Abkopplung von den anderen westbalkanesischen Slawen weismachen will.


Und ja, ich musste das unbedingt loswerden und habe mich trotz wenig Zeit und Nerven neu angemeldet, Grüße an alle.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die heutigen Bosniaken stellen heute fast die Mehrheit der Bevölkerung in Bosnien, was ja gern vergessen oder übersehen wird ist, dass die muslimische Bevölkerung vor einem Jahrhundert gerade mal ein Drittel der Einwohner gestellt hat und längst nicht die "autochthone Bevölkerung" ist, die die heutigen bosniakischen Historiker gerne haben würden.

In meinen Augen ist das alles relativ konstruiert.
Zum einen beziehen sich diese Leute auf die Bogumilen, dann wieder auf die bosnischen Könige, und dann, wenns denn passt, auf die Illyrer und was weiß ich noch alles, nur um sich von der serbischen und kroatischen Geschichte abzugrenzen.

Du hast ja auch recht damit, dass es relativ konstruiert ist, allerdings ist das auch natürlich wenn man bedenkt, dass sie nur ihre eigene Identität zu legitimieren versuchen. Es gibt ja wahrlich nicht wenige Menschen, die die Legitimität ihrer Ethnie in Frage stellen.
Rechtens ist es natürlich nicht, dass sie die Geschichte umzuschreiben versuchen, aber solange es nicht funktioniert ist ja alles ok :)


Allerdings musst du beachten, dass ALLE Nationen mehr oder weniger Konstrukte sind. so etwas wie einen "genetischen" Serben, Kroaten, MOngolen, Japaner, etc. gibt es nicht...manche haben sich über die Zeit gebildet durch Verschmelzung oder durch Dekret, andere sind gerade dabei...Nationen sind SEHR wandelbar und keineswegs fix!
 
Allerdings musst du beachten, dass ALLE Nationen mehr oder weniger Konstrukte sind. so etwas wie einen "genetischen" Serben, Kroaten, MOngolen, Japaner, etc. gibt es nicht...manche haben sich über die Zeit gebildet durch Verschmelzung oder durch Dekret, andere sind gerade dabei...Nationen sind SEHR wandelbar und keineswegs fix!
Ich weiß ja, die Serben und Kroaten haben ja vor ca. 150 Jahren dasselbe durchgemacht, nur basierte ihr neugewonnenes Selbstbewusstsein auf handfesteren Daten, die ersten kroatischen und serbischen Herrscher sind schon weit vor der Osmanenzeit fassbar.
Bosniens erst am Anfang des Hochmittelalters und immer wieder durchbrochen von byzantinischer, kroatischer, serbischer und teilweise sogar bulgarischer Herrschaft.
Darum beschweren sich auch bosniakische Nationalisten über mittelalterliche Karten (!), weil auf diesen Bosnien oft unter kroatischer, serbischer oder ungarischer Verwaltung eingezeichnet wurde.
Dann ist auf einmal die gesamte Kartographie dieser Zeit nur eine Erfindung der "Cetniks" und "Ustascha".
Beliebt ist es ja, den Serben und Kroaten Bosniens eine "geistige und historische Verwirrung" nachzusagen und sie als Bosniaken zu betrachten, die von den jeweiligen Völkern mit Hilfe ihrer Kirchen christianisiert wurden!
Dann sind auf einmal ein großer Teil der neun Millionen Kroaten und dreizehn Millionen Serben auf der Welt Bosniaken, die von den Kirchen recht und links der bosnischen Stammlande vereinnahmt wurden und einfach ihre Wurzeln nicht mehr kennen, aber dabei vergessen wird, dass die Bosniaken selber einst zu einem anderen Glauben konvertierten.
Bei allem Respekt vor der Liebe zum Vaterland und dem natürlichen Drang Gemeinsamkeiten in Sachen Religion und Geschichte zusammenpacken zu wollen, im 21. Jhdt., mitten in Europa, ist das verdächtig.
Aber das ist auch der Fehler der angrenzenden Völker, Die Kroaten versuchten im zweiten Weltkrieg die Bosniaken als "Die Blüte Kroatiens" darzustellen und die Serben versuchen beim Zerfall Jugoslawiens unter dem Vorwand der Verbrechen der kroatisch dominierten Ustascha im WW2 einen möglichst großen Teil der bosniakischen Zivilisten umzusiedeln oder umzubringen.
Vielleicht würde ich da dasselbe machen.
Die Bosniaken als einzige Vertreter der Geschichte Bosniens darzustellen läuft mir aber trotzdem zuwider, weil sie eben nur einen kleinen Teil der Jugoslawen am Balkan ausmachen und vor noch längerer Zeit einen noch geringeren Anteil an der Bevölkerung hatten.
Wenn schon, müssten sich alle Bewohner Bosniens als "Bosniaken" oder eben national als "Bosnier" aussprechen, und die Fans der "Herceg Bosna" und "Republika Srpska" zeigen aber, dass das garnicht der Fall ist, 55% (heute wohl eher weniger, da viele Kroaten ausgewandert sind) der Bevölkerung betrachten sich als Serben oder Kroaten, und bekanntlich wurden ja im osmanischen Reich die nichtislamischen Bewohner durchwegs als Walachen bezeichnet.
Da frage ich mich dann, ob nicht die ethnische Bezeichnung "Bosnier" besser gewesen wäre als "Bosniak", obwohl, das wäre politisch unklug, weil dann nur die Hälfte der Bevölkerung Bosnier wären, obwohl alle in Bosnien leben:nono:.
Das einzige Volk, welches in Jugoslawien gelebt hat und die Bosniaken auch als eigene Volksgruppe anerkannt hat, waren die Albaner.
Und damit meine ich, dass privat ein Albaner auch "Bosniake" sagen wird, und nicht wie alle anderen einfach "Musliman".
 
Da sich die heutige orthodoxe Bevölkerung Bosniens als serbisch bezeichnet und die katholische als kroatisch, glaube ich, dass sich auch die Bosniaken, wären sie nicht konvertiert, in diese Richtung hin bewegt hätten, selbst wenn tatsächlich ein eigenes bosnisches Nationalbewusstsein bestanden hätte, welches ich aber bezweifle.

Diese Vermutung scheint mir sehr zutreffend zu sein. Eine eigene Identität der Bosniaken hat sich gewiss erst entwickelt, als Teile der Serben und Kroaten nach der türkischen Eroberung im 15. Jh. zum Islam konvertierten und damit eine Sonderstellung im Hinblick auf ihre katholischen bzw. orthodoxen Landsleute einnahmen. Diese neue bosniakisch-islamische Identität wuchs spürbar an, als die Türken von den Habsburgern verdrängt wurden und die Bosniaken plötzlich eine muslimische Minderheit im nunmehr christlich besrimmten Raum bildeten.

Insofern ist die Entwicklung dieser Identität eng an den Islam geknüpft und hat sich allmählich entwickelt. Wann sich freilich die Bosniaken als eigene Ethnie empfanden, ist - zumindest von Mitteleuropa aus - schwer zu sagen.

Mit dem was ich jetzt geschrieben habe, mache ich mich wohl zum größten Feind der Bosniaken, wenn das ein Bosniake liest, wird er mich als den schlimmsten Cetnik oder Ustascha bezeichnen, aber es ist nun mal meine Meinung.

Wieso das? Die Entstehung einer muslimisch-bosniakischen Identität war ein langsamer Prozess, der sich logisch nachvollziehen lässt. Was heute allerdings nicht mehr korrekt wäre, ist die Behauptung, die Bosniaken seien lediglich konvertierte Serben oder Kroaten. So hat das mal vor etwa 500 Jahren begonnen, aber heute ist daraus eine völkerrechtlich eigenen Ethnie geworden. Fraglich ist lediglich der Zeitraum, in dem sich dieser Übergang im wesentlichen vollzog.

Ich persönlich weiß, dass es aufgrund der schlechten Erfahrungen mit Serben und in kleinerem Maße mit Kroaten durchaus einen Hang eines Teils der bosniakischen Bevölkerung zum Türkentum gibt, also sich selber als Türken zu bezeichnen, egal ob aus historischen Gründen oder der seit den Neunzigern ernstnehmenderen Praktizierung des eigenen Glaubens.

Dabei geht man dann soweit, nicht nur zu behauten, dass man Türke sei und von diesen abstamme, sondern, dass allgemein jeder am Balkan Türke sei, da ja der Balkan direkt von Türken regiert wurde, da kommt der diplomatische Begriff "osmanisches Reich" erst an zweiter Stelle.

Eine sehr interessante Aussage, die ich einem anderen User weiter oben nicht glauben wollte!

Vielleicht betrachten die muslimischen Bosniaken die islamische Türkei als ihre natürliche Schutzmacht? Im Bosnienkrieg ist das so gewesen, denn die Türkei hat sich in jeder Beziehung als Interessenwaher der Bosniaken gesehen und politisch entsprechen reagiert und interveniert, ganz abgesehen von der restlichen islamischen Welt.

Allerdings machen sich die Bosniaken mit dieser Turkophilie vermutlich keine Freunde bei ihren christlichen slawischen Nachbarn!
 
Ist wohl schon tagespolitisch, aber kurz: Ich meine mich zu erinnern, dass die Türkei im Bosnienkrieg sich relativ bedeckt und diplomatisch konservativ verhielt, in Abstimmung mit der EU und NATO. Dies hinderte natürlich nicht die türk. Medien, entsprechen entsetzt zu reagieren als ihre Glaubensbrüder abgeschlachtet wurden...
 
Lynxxx:
Ist wohl schon tagespolitisch, aber kurz: Ich meine mich zu erinnern, dass die Türkei im Bosnienkrieg sich relativ bedeckt und diplomatisch konservativ verhielt, in Abstimmung mit der EU und NATO. Dies hinderte natürlich nicht die türk. Medien, entsprechen entsetzt zu reagieren als ihre Glaubensbrüder abgeschlachtet wurden...


Naja, ist auch langsam schon zwanzig Jahre her, das können wir schon durchgehen lassen.
Tatsächlich hat die Türkei im Vergleich zu den ganzen islamischen Staaten großteils diplomatische Mittel verwendet um die bosnischen Glaubensbrüder zu unterstützen.
Laut meinem Wissen haben ja vor allem arabische Staaten Freiwillige nach Bosnien geschickt, aus dem Yemen usw.

Aber ich glaube schon, dass zur Türkei im Besonderen eine engere Bindung besteht als zu anderen Staaten, das zeigen auch bei Fußballspielen die manchmal auftauchenden Fahnen, da herrschen historische Bande.
Wegen der Liebe zur Türkei machen sich die Bosniaken vielleicht bei den anderen Balkanesen nicht beliebt, aber die Serben empfinden ja ebenfalls übereuphorische Liebe zu den Russen, die teilweise schon ordentlich lächerliche Züge annimmt, außerdem darf man ja nicht vergessen, dass man so oder so für die andere Seite tiefe Abneigung empfindet, da finden sich immer Gründe, macht das Kraut auch nicht fett.

Die Unabhängigkeit Bosniens hätte auch ohne Krieg enden können, aber für Leute, die nur darauf bedacht waren sich so schnell wie möglich als Präsident oder Oberhaupt eines Landes und Territoriums zu zeigen, war eine Loslösung ohne wenn und aber das Primärziel.

Dieter: Insofern ist die Entwicklung dieser Identität eng an den Islam geknüpft und hat sich allmählich entwickelt.

Das ist auch meine Meinung, man hat zwar die Lilien in die Nationalsymbolik eingebaut, doch Grün nimmt als Farbe eine besondere Stellung ein.

Dieter: Was heute allerdings nicht mehr korrekt wäre, ist die Behauptung, die Bosniaken seien lediglich konvertierte Serben oder Kroaten.

Das ist eben das, solange dieses Ressentiment seitens der Serben und Kroaten besteht, wird es sowieso nie Ruhe geben, irgendwann muss Schluss mit dieser Vereinnahmung sein.

Eine sehr interessante Aussage, die ich einem anderen User weiter oben nicht glauben wollte!

Es gab mal hier ein serbisches Mitglied, das hat etwas von "Abstammung 800 Jahre zurückverfolgbar" gefaselt, worauf es natürlich zur Sau gemacht wurde, worauf ich ihm aus dem Grund verteidigt habe, weil man gezielt alle Serben als so dämlich abstempeln wollte.
Ähnlich ist es auch bei vielen Bosniaken, sie können auf 500 Jahre genau bestimmen, dass sie aus Anatolien kommen und basta, und das ist einfach zu lustig.
Darum gibt es auch eine gewisse Uneinigkeit bei den bosniakischen Politikern, die einen sind für ein nationales Bosnien, die anderen für ein Bosnien im Rahmen des osmanischen Reiches, die dritten für eine gänzliche Türkenabstammung und Bosnien als Ersatzheimat, Dann gibts auch viele die sich als Konvertierte bezeichnen (Emir Kusturica wird bis heute und auch wegen seiner einstmaligen Sympathie zum Milosevicregime von den Bosniaken dafür gehasst, googelt mal), dann gibts muslimische Titoisten, denen das alte Jugoslawien fehlt, das ist alles sehr komplex.
Wieso einfach, wenn es auch schwer geht.

Die Türkei sieht sich ja als Schutzmacht aller Turkvölker, genauso wie die Russen glauben, für alle Slawen das Gelbe vom Ei zu sein.
Aber für einen Großteil der Bosniaken sind die Türken sicher nähere Brüder als Serben und Kroaten, was auch angesichts der Geschichte als verständlich erscheint.
 
Aber für einen Großteil der Bosniaken sind die Türken sicher nähere Brüder als Serben und Kroaten, was auch angesichts der Geschichte als verständlich erscheint.

Aber es bleibt dennoch wahr, dass die Bosniaken natürlich eine slawische und keine turkstämmige Ethnie sind, oder kann man das in Abrede stellen?

Es mag ja sein, dass nach der türkischen Eroberung im 15. Jh. eine gewisse Zahl von Türken in Bosnien (und Serbien und Kroatien) zurückblieb. Aber die verschmolzen mit der altansässigen slawischen Bevölkerung und sprechen somit heute auch nicht mehr türkisch, sondern eine slawische Sprache. Sprachlich und kuklturell hat es somit eine Verschmelzung gegeben, bei der die slawische Seite der absolut dominierende Part blieb.

Und die Bosniaken sprechen auch keine "bosnische Sprache" - obwohl das von einigen postuliert wird - sondern einen kroatischen Dialekt.

Wikipedia schrieb:
Aufgrund dessen ist umstritten, ob Bosnisch eine eigenständige Sprache oder eine nationale Varietät des Serbokroatischen ist. Aufgrund der gemeinsamen Geschichte von Bosnien, Kroatien und Serbien ist die Auffassung bezüglich der Eigenständigkeit der Sprache stets auch eine politisch gefärbte und wird daher abhängig vom politischen Standpunkt unterschiedlich bewertet.
 
Aber es bleibt dennoch wahr, dass die Bosniaken natürlich eine slawische und keine turkstämmige Ethnie sind, oder kann man das in Abrede stellen?

Für mich sind die Bosniaken genauso slawisch wie alle anderen Balkanslawen, turkstämmig auf jeden Fall nicht.

Die Bosniaken haben in größerem Umfang Turzizismen in ihrer Sprache als beispielsweise die Serben, das macht den Unterschied aus.
Die heutige "bosnische Sprache" ist das Ijekawische des Serbokroatischen, fast alle über der Drina sprechen diesen Dialekt.
Ist aber kein richtiger Dialekt, ein Haufen passender Wörter werden einfach mit einem "ij" oder einem J betont und variiert stark.
Ich zum Beispiel habe Tage, an denen ich ein J oder ein I anfüge, dann gibts wieder Tage, wo ich keine Bock drauf habe und ausschließlich ekawisch rede, also ohne J oder I:

Milch = Mleko > Mlijeko
wütend = besan > bijesan - oder auch nur bjesan
ich glaube = ja verujem > ja vijerujem > ja vjerujem

Ich tue mir manchmal schwer, weil es viele Wörter gibt wo ein J oder ein I schön reinpassen würde, die aber unbetont bleiben, alles sehr komplex:D

Das ist eigentlich der fundamentale Unterschied zwischen dem Serbischen, dem Kroatischen und dem Bosnischen, in meinen Augen gar keiner, da hat es einer aus Schleswig hundertprozentig schwerer einen echten Bayern zu verstehen.

Die Serben in Bosnien sind meistens auch Ijekawier, genauso wie die Montenegriner, während die Serben an der Grenze zu Bulgarien schon eher Ekawier sind, also ohne die weiche Aussprache
Aber wie gesagt, variiert stark.
Die Bosnier betonen allgemein sehr stark und sprechen etwas langsamer und schwerfälliger, während ein Belgrader sehr betont und "wichtig" spricht.
Ein Kroate aus Zagreb dagegen spricht streng nach Schrift, was sich sehr gekünstelt anhört und auf seine Art äußerst hochnäsig wirkt, mich nervts ab und zu.
Über Zagreb fangen dann die Kajkavier an, die sagen statt "sto" für "was" eher "kaj".
In gewissen Aspekten überwiegt in der "bosnischen Sprache" das Kroatische, in anderen wieder das Serbische, sodass man keines von beiden ist, sondern ein Mischding, genau richtig halt.
Seit den 90ern wurden sehr viele Wörter im Kroatischen und Bosnischen neu erdacht, was auch an den Slawistikinstituten in Salzburg den Studenten beigebracht wird.
 
Und die Bosniaken sprechen auch keine "bosnische Sprache" - obwohl das von einigen postuliert wird - sondern einen kroatischen Dialekt.

Je nachdem von welchem STandpunkt du ausgehst: Wenn es dir um den Dialekt geht dann tendiert es zum Kroatischen, aber vom Vokabular her ist es eher Serbisch (Natürlich mit Ausnahmen, versteht sich ja von selbst)..wenn du möchtest kann ich dir auch Beispiele geben.

Ich werf hierzu mal ein nettes Zitat ein:

"Eine Sprache ist ein Dialekt mit einer Armee und einer MArine" Max Weinreich

Ich finde das trifft es sehr gut v.a. im Bereich BAlkan.
Da kann jeder daher kommen und sagen es sind unterschiedliche Sprachen mit unterschiedlichem Vokabular und unterschiedlicher Grammatik...es stimmt einfach nicht...linguistisch gesehen stimmt es nicht!
Im BEreich Vokabular stimmt es schon...zumindest teilweise, aber das ist nicht so gravierend.

Brushian hat die Turzismen erwähnt.
Im Bosnischen gibt es ca. 40.000
Im Serbischen: 15.000
Im Kroatischen: 10.000

Also das stimmt definitiv.Ist allerdings auch verständlich wenn man bedenkt, dass Bosnjaken Muslime sind ;-)
 
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