Maria-eine Jungfrau?

Auch hätte Josef (ihr mann) sie nachher garantiert nicht mehr geheiratet, wenn sie keine jungfrau mehr gewesen wäre. und jung war sie natürlich auch. ca. 15 Jahre wenn nicht weniger.
Laut Mattäus hat der Erzengel Gabriel Joseph sozusagen "befohlen" Maria zu heiraten, obwohl sie bereits (nicht von ihm) schwanger war
 
Die Irrelevanz der tatsächlichen biologischen Zusammenhänge wird auch dadurch deutlich, dass einerseits betont wird, dass Josef und damit Jesus vom Stamme Davids waren, bei einer Nicht-Vaterschaft Josefs dies zumindest auf Jesus genetisch nicht zuträfe.
 
Es sei denn, Maria hätte ebenfalls von David abgestammt, denn wenn ich mich nicht irre, wird zumindest die Glaubenszugehörigkeit über die mütterliche Linie vererbt (zumindest in der jüdischen Tradition, meine ich zu wissen). Ob das allerdings auch auf die allgemeine Abstammung bzw. Stammeszugehörigkeit zutrifft, weiß ich leider auch nicht.
 
Die Irrelevanz der tatsächlichen biologischen Zusammenhänge wird auch dadurch deutlich, dass einerseits betont wird, dass Josef und damit Jesus vom Stamme Davids waren, bei einer Nicht-Vaterschaft Josefs dies zumindest auf Jesus genetisch nicht zuträfe.
Genau, Genetik ist irrelevant. Aus dem Stamme Davids hat etwas mit der Messiasanwärterschaft und dem Volk Gottes zu tun. Die Bibel nach wissenschaftslogischen Gesichtspunkten zu lesen führt nicht weiter.
 
Es sei denn, Maria hätte ebenfalls von David abgestammt, denn wenn ich mich nicht irre, wird zumindest die Glaubenszugehörigkeit über die mütterliche Linie vererbt (zumindest in der jüdischen Tradition, meine ich zu wissen). Ob das allerdings auch auf die allgemeine Abstammung bzw. Stammeszugehörigkeit zutrifft, weiß ich leider auch nicht.

kleine Randbemerkung: die Angaben in den Evangelien sind widersprüchlich. Drei Artikel in diesem Kontext:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vorfahren_Jesu
Wer ist der Vater von Josef? - BibelCenter [scheinbare] Widersprüche
http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_(Heiliger)#Genealogie_und_Legende
 
Zuletzt bearbeitet:
Da gibt es eben verschiede Meinungen, ich habe auch schon etliche male von der Theorie gehört, dass die Bibel falsch übersetzt bzw. verfälscht wurde, usw. Es können auch die Aussagen der Bibel auf verschiedene Weisen interpretiert werden und manche nehmen die Bibel wörtlich, einige verstehen die Aussagen dann wieder symbolisch...
 
Da gibt es eben verschiede Meinungen, ich habe auch schon etliche male von der Theorie gehört, dass die Bibel falsch übersetzt bzw. verfälscht wurde, usw. Es können auch die Aussagen der Bibel auf verschiedene Weisen interpretiert werden und manche nehmen die Bibel wörtlich, einige verstehen die Aussagen dann wieder symbolisch...
Die Meinung, dass die Bibel verfälscht worden oder eine fehlerhafte Übersetzung aus einem verschollenen Urtext sei, beruht auf einer besondern Methode der Quellenkritik::D
Man weiß bereits, was in der Bibel hätte stehen müssen, und wenn man es dort nicht findet, dann ist es halt eine Manipulation zum Opfer gefallen.:scheinheilig::rofl:
 
Da gibt es eben verschiedene Meinungen. Ich habe auch schon etliche male von der Theorie gehört, dass die Bibel falsch übersetzt bzw. verfälscht wurde, usw.

Es kommt nicht auf Meinungen, sondern auf Fakten an. Fakt ist, dass die griechischen Evangelien (also die Urtexte) Παρθένος (parthénos) schreiben, was 'Jungfrau' bedeutet. In Jesaja 7, 14 gibt es eine Prophezeiung die in der Einheitsübersetzung lautet: "Seht, die Jungfrau wird ein Kind gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel geben."
Diese Stelle ist in der Septuaginta mit parthenos übersetzt. Jetzt gibt es Menschen, die der Meinung sind, diese Übersetzung sei falsch, weil im hebräischen Urtext almah (העלמה 'die junge Frau') steht. Matthäus bezieht sich direkt auf diese biblische Stelle.
Allerdings ist die Septuaginta keine christliche Übersetzung des Alten Testaments, sondern eine jüdische Übersetzung, es ist also keine christliche Interpretation, wenn aus der almah העלמה parthénos Παρθένος wird, sondern eine jüdische, und es ist wohl anzunehmen, dass diese Interpretation des Begriffs dem Glauben der Juden vor 2000 Jahren entsprach. Von einer falschen Übersetzung kann also so gesehen keine Rede sein.
Andere Stellen sind wirklich falsch übersetzt. So wurde aus dem malus, dem 'Bösen' der Vulgata (die gängige lateinische Übersetzung von Hieronymus), der sprichwörtliche Apfel (malus) am Baum der Erkenntnis.

So weit zum Glauben der Juden um die Zeitenwende und der christlichen Adaption dieses Glaubens.
 
Da gibt es eben verschiede Meinungen, ich habe auch schon etliche male von der Theorie gehört, dass die Bibel falsch übersetzt bzw. verfälscht wurde, usw. Es können auch die Aussagen der Bibel auf verschiedene Weisen interpretiert werden und manche nehmen die Bibel wörtlich, einige verstehen die Aussagen dann wieder symbolisch...

Bitte hier (nachfolgenden Link) reinschauen! Es darf auch weiterdiskutiert werden!;)
http://www.geschichtsforum.de/f30/ist-die-bibel-verf-lscht-worden-20574/
 
Nachbemerkung

Als ich an diesem Punkt angelangt war, konnte ich ob meiner Lesegeduld nur noch ausstoßen: HErr, ich habe es geschafft! Ich habe den Thread durch!!!

In der Tat, es kann bezüglich der Jungfernschaft Mariens hier historisch nur darum gehen, wie welche religiöse Sichtweise entstanden ist, nicht was sich da im realen Leben ereignet haben mag.

Übrigens ist es natürlich unhistorisch von Jesuszitaten zu sprechen. Von dieser Person sind keine Texte überliefert, wahrscheinlich war er Analphabet. Alles was uns als Jesusworte überliefert ist, ist viel später von anderen aufgeschrieben worden, die Jesus nie zu Gesicht bekommen hatten. Es dürfte sich also um ebensowenig wörtliche Zitate des Jesus handeln, wie Platon die Verteidigungsrede und das Schlusswort Sokrates protokolliert hat: Kann er gar nicht getan haben - oder hat er stenographiert? Er hat das sicherlich nachgedichtet und dementsprechend in besonders schöne Worte gekleidet. Was Jesus betrifft: Es sei denn, der Heilige Geist hätte den Schreibern die Worte eingegeben. Das aber ist Religion und nicht Geschichtswissenschaft.

Zwei Nachträge zur Richtigstellung:
1) Dass die Zugehörigkeit zum Judentum nach der Mutter geht, ist meiner Kenntnis nach (ich mag mich irren, dann korrigiere mich, wer es besser weiß) eine Hilfskonstruktion, die nach der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 aufkam, ebenso wie die Institution des Rabbiners. Bis dahin dürften allein die Leviten, also die Männer vom Stamme Levis berufen gewesen sein, priesterliche Aufgaben zu erfüllen. Bis dahin ging es zudem in dieser zutiefst patriarchalischen Religion (adam heißt Mann und Mensch, weil beides in diesem Sinne synonym ist) nur um die väterliche Linie.

2) Jungfräulichkeit würde ich nicht an einem intakten Hymen festmachen. Eine Frau, die nie GV hatte, ist eine Jungfrau, auch wenn das Häutchen anderweitig kaputt gegangen ist. Eine Frau, die trotz stattgefundenen GVs ein intaktes Hymen hat (was ja im Einzelfall mit entsprechend ungewöhnlichen anatomischen Gegebenheiten möglich sein könnte), ist keine Jungfrau mehr. Dann gibt es natürlich noch die "technische Jungfrau", die alles in reichlichem Maße durch hat, was ohne Beschädigung dieses überbewerteten Häutchens möglich ist. Mir fällt da ein konkreter Fall aus dem Dunstfeld einer kleineren und rigoroseren christlichen Gemeinschaft ein: "jungfräulich" aber reichlich erfahren hinein in die Ehe halt. Wie bigott manche Leute doch sind!
 
1) Dass die Zugehörigkeit zum Judentum nach der Mutter geht, ist meiner Kenntnis nach (ich mag mich irren, dann korrigiere mich, wer es besser weiß) eine Hilfskonstruktion, die nach der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 aufkam, ebenso wie die Institution des Rabbiners. Bis dahin dürften allein die Leviten, also die Männer vom Stamme Levis berufen gewesen sein, priesterliche Aufgaben zu erfüllen. Bis dahin ging es zudem in dieser zutiefst patriarchalischen Religion (adam heißt Mann und Mensch, weil beides in diesem Sinne synonym ist) nur um die väterliche Linie.

Patriarchat und Matrilinearität schließen sich entgegen landläufiger Meinung nicht gegenseitig aus.

2) Jungfräulichkeit würde ich nicht an einem intakten Hymen festmachen.

Warum die Rückkehr zu diesem Thema? Wie schon wiederholt festgestellt wurde ist kann es in dieser Diskussion, im Sinne einer historischen Fragestellung, nicht um technische (Hymen) bzw. biologische (Parthenogenese) Belange gehen. Eine Beantwortung dieser Frage, die in Ermangelung des Zugangs zur Reliquie Hymen Mariae sowieso nicht möglich ist, liefe nicht auf eine theologisch-historische Fragestellung nach dem Sinn der Mariologie heraus; allenfalls in einer sehr naiven Weise.
 
Patriarchat und Matrilinearität schließen sich entgegen landläufiger Meinung nicht gegenseitig aus.

Mag sein, interessanter Aspekt.

Gleichwohl meine Frage: War es aber nicht so, dass bis zur Zerstörung des Tempels und der dort gehüteten Abstammungsunterlagen die Zugehörigkeit zu den 12 Stämmen Israels entscheidend war und über die VÄTERLICHE ABSTAMMUNG definiert war? War es nicht des weiteren so, dass erst nachdem nun die Legitimität nicht mehr nach dem "Prinzip Sohn des, dieser Sohn des, dieser wiederum Sohn des ..." - und zwar Vorzugsweise zurück bis zu Stammvater Abraham - schlaue Männer auf die Idee kamen, die Abstammung vom Vater könne man zwar hoffen aber kaum sicher wissen, während die Abstammung von der Mutter in aller Regel offenbar sei und deshalb von da an die Abstamung von einer jüdischen Mutter als Kriterium die Abstammung vom Vater ersetzte.

Warum die Rückkehr zu diesem Thema? Wie schon wiederholt festgestellt wurde ist kann es in dieser Diskussion, im Sinne einer historischen Fragestellung, nicht um technische (Hymen) bzw. biologische (Parthenogenese) Belange gehen. Eine Beantwortung dieser Frage, die in Ermangelung des Zugangs zur Reliquie Hymen Mariae sowieso nicht möglich ist, liefe nicht auf eine theologisch-historische Fragestellung nach dem Sinn der Mariologie heraus; allenfalls in einer sehr naiven Weise.

Hierbei ging es mir keineswegs mehr um Maria sondern - zugegebener Weise ein wenig Off Topic - um das penetrante Herumreiten auf diesem Häutchen, in einer Weise die auch heutige Frauen betrifft. Um die Frage in Bezug zu Maria stellen zu können, müßte es ja zumindest so etwas wie eine Textstelle geben, die lauten könnte, aber nuneinmal nicht existiert: "Und die Frauen gingen zu Maria und beschuldigten sie die Ehe gebrochen zu haben. Maria aber verteidigte sich und zeigte ihnen ihre Scham. Dort wurden die Frauen gewahr, das das Hymen unverletzt war und fielen auf die Knie ob dieses großen Wunders vom HErrn." Schade, aber das wurde seinerzeit vergessen der Geschichte beizugeben.

Übrigens ist es auch unsinnig, wenn an früherer Stelle darauf rumgeritten wurde, Joseph hätte unbedingt in der Hochzeitsnacht Maria entjungfern müssen (voraussetzend beide seien verheiratet und nicht bloß verlobt gewesen). Ausgenommen in Kulturen, in denen am nächsten Morgen andere Frauen prüfen, ob das Betttuch ordnungsgemäss mit Blut befleckt ist, wobei im widrigen Fall die Jungvermählte ein fatales Problem hat, wird es überall geduldige Männer geben, die nicht mit Gewalt über die Braut herfallen und ihr und sich die Zeit geben, bis sich beide danach fühlen.
 
Um die Frage in Bezug zu Maria stellen zu können, müßte es ja zumindest so etwas wie eine Textstelle geben, die lauten könnte, aber nuneinmal nicht existiert: "Und die Frauen gingen zu Maria und beschuldigten sie die Ehe gebrochen zu haben. Maria aber verteidigte sich und zeigte ihnen ihre Scham. Dort wurden die Frauen gewahr, das das Hymen unverletzt war und fielen auf die Knie ob dieses großen Wunders vom Herrn." Schade, aber das wurde seinerzeit vergessen der Geschichte beizugeben.

Doch, so etwas gibt es. Im apokryphen Jakobusevangelium gibt es einen Einschub, wo plötzlich von Jospeh nicht mehr in der dritten, sondern in der ersten Person berichtet wird:

Und siehe, eine Frau kam vom Gebirge herab, die sagte zu mir: »Mann, wohin bist du unterwegs?« Und ich sagte zu ihr: »Ich suche eine hebräische Hebamme.« [...] »Und wer ist die, die in der Höhle gebären soll?« Und ich sagte: »Meine Verlobte.« Da sagte sie zu mir: »Dann ist sie also nicht dein Weib?« Und ich sagte zu ihr: »Es ist Maria, die im Tempel des Herrn auf erzogen worden ist; sie hatte ich mir zum Weibe erlost, und gleichwohl ist sie nicht mein Weib, sondern Empfängnis hat sie erhalten vom heiligen Geist.« Da sagte die Hebamme zu ihm: »Das soll wahr sein?« Und Joseph sagte zu ihr: »Komm und sieh!« Und die Hebamme ging mit ihm hin. Und sie standen an dem Platz, wo die Höhle war, und siehe, eine lichte Wolke hüllte die Höhle in Schatten. Da sagte die Hebamme: »Erhoben ist heute meine Seele. Denn meine Augen haben Wunderbares gesehen; denn für Israel ist Heil geboren worden.« Und sogleich verzog sich die Wolke aus der Höhle, und es erschien ein gewaltiges Licht in der Höhle, so dass unsere Augen es nicht ertragen konnten. Und nach kurzer Zeit verschwand jenes Licht, bis das Kind zu sehen war; und es kam und nahm die Brust von seiner Mutter Maria. Und die Hebamme schrie auf und rief: »Groß ist der Tag heute für mich, dass ich dieses neue Schauspiel habe sehen dürfen!« und die Hebamme verließ die Höhle. Da begegnete ihr Salome, und sie sagte zu ihr: »Salome, Salome! Ein neues Schauspiel habe ich dir zu erzählen: eine Jungfrau hat geboren, was doch ihre Natur gar nicht erlaubt!« Da sagte Salome: »So wahr der Herr, mein Gott, lebt, wenn ich meinen Finger nicht anlege und ihren Zustand untersuche, so glaube ich nicht, dass eine Jungfrau geboren hat.« Und die Hebamme ging hinein und sagte zu Maria: »Lege dich zurecht! Denn kein geringfügiger Streit ist um dich im Gange.« Und Salome untersuchte unter Anlegen ihres Fingers ihren Zustand. Dann stieß sie Klagerufe aus und rief: »Wehe über mein Unrecht und meinen Unglauben! Denn ich habe den lebendigen Gott versucht. Siehe da, meine Hand fällt verbrannt von mir ab!«

Näheres dazu in Beitrag 76.
 
Da war die Jungfräulichkeit Mariens bereits behauptet und bestritten worden, so dass sich der Verfasser veranlasst sah, dazu eine Geschichte zu verfassen.
Dass das Protoevangelium trotz seiner Popularität nicht in den Kanon aufgenommen wurde, zeigt, dass man zur Zeit dessen Erstellung die Geschichte nicht für überzeugend gehalten hat.
 
Da war die Jungfräulichkeit Mariens bereits behauptet und bestritten worden, so dass sich der Verfasser veranlasst sah, dazu eine Geschichte zu verfassen.
Dass das Protoevangelium trotz seiner Popularität nicht in den Kanon aufgenommen wurde, zeigt, dass man zur Zeit dessen Erstellung die Geschichte nicht für überzeugend gehalten hat.

Der stilistische Bruch ist ja auch zu offensichtlich.
 
Es sei denn, Maria hätte ebenfalls von David abgestammt, denn wenn ich mich nicht irre, wird zumindest die Glaubenszugehörigkeit über die mütterliche Linie vererbt (zumindest in der jüdischen Tradition, meine ich zu wissen). Ob das allerdings auch auf die allgemeine Abstammung bzw. Stammeszugehörigkeit zutrifft, weiß ich leider auch nicht.
Nein, die Stammeszugehörigkeit wird ausschließlich über den leiblichen Vater definiert. Auch eine Adoption ändert nichts.
 
Jungfrauen vs. junge Frauen – yet again

Es kommt nicht auf Meinungen, sondern auf Fakten an. Fakt ist, dass die griechischen Evangelien (also die Urtexte) Παρθένος (parthénos) schreiben, was 'Jungfrau' bedeutet. In Jesaja 7, 14 gibt es eine Prophezeiung die in der Einheitsübersetzung lautet: "Seht, die Jungfrau wird ein Kind gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel geben."
Selbst wenn man sich auf den Gedanken einlässt, dass die Fakten tatsächlich so offen vor den Augen lägen, so wäre meine Interpretation trotzdem behutsamer.
Wie viel Gewicht der Einheitsübersetzung bei dem Thema zukommen sollte, ist eine andere Frage. Jedenfalls sollte man im Auge behalten, dass es sich bei der EÜ um eine katholische Bibelübersetzung handelt. Damit will ich aber ausdrücklich nicht den Topos des »Nachbarthreads« Ist die Bibel verfälscht worden? bedienen und behaupten, die Katholische Kirche hätte die Bibel willentlich ge- oder verfälscht – bedenken sollte man jedoch, dass auch diese Übersetzung theologisch, exegetisch und in Tradition nicht in einem luftfreien Raum schwebt.
Jesaja 7,14 ist seit je her für die christliche Theologie bedeutsam und in der für die Katholische Kirche so bedeutsamen Vulgata findet sich an der Stelle »virgo«.
Dem kann man solche protestantische Übersetzungen, die sich um einen gewissen überkonfessionellen und -religiösen Blick bemühen, wie der Neuen Zürcher Bibel oder der New Revised Standard Version entgegenhalten. Dort heißt es »junge Frau« respektive »young woman«. Jüdische Übersetzungen vermeiden ohnehin in Abgrenzung zu christlichen an der Stelle das Wort »Jungfrau«.

Also, was tun? Zurück zum »Ur«-Text?

Diese Stelle ist in der Septuaginta mit parthenos übersetzt. Jetzt gibt es Menschen, die der Meinung sind, diese Übersetzung sei falsch, weil im hebräischen Urtext almah (העלמה 'die junge Frau') steht. Matthäus bezieht sich direkt auf diese biblische Stelle.

Dem Hinweis auf den hebräischen Text kann ich folgen, dazu aber vorher noch eine Anmerkung: Es wird oft vergessen, dass der biblisch-hebräische Textkorpus recht klein ist, gleichzeitig einen relativ langen Zeitraum und wahrscheinlich auch verschiedene Dialekte umfasst, s. a. (Huehnergard 2002: 2). Das ist hier zu beachten, denn ʿalmā kommt im Masoretischen Text (MT) gerade neun Mal vor, in hier zu beachtenden Formen nur noch sieben Mal, nämlich: Gen 24,43, Ex 2,8, Spr 30,19, Jes 7,14, Ps 68,26, Hld 1,3, Hld 6,8.
Das deutschsprachige Standardwörterbuch für biblisches Hebräisch das Hebräische und aramäische Lexikon zum Alten Testament (HALAT) gibt zu ʿalmā u. a. an:
a) mannbares Mädchen Gn 2443 Ex 28 Ps 6826, als Bezeichnung d. Geliebten HL 13 68; b) e. Mädchen, das verheiratet sein kann Pr 3019; c) d. junge Frau (Lex.¹ bis zur 1. Geburt :: Wildbg. BK X 290) Js 714 G παρθένος (> Mt 123, A Σ Θ νεᾶνις, [...]

(HALAT: 790)​
Dazu die Abkürzungen der griechischen Kodiezes:
G = Septuaginta
A = griechische Übersetzung des AT durch Aquila
Σ = griechische Übersetzung des AT durch Syammachus
Θ = griechische Übersetzung des AT durch Theodotion

Die Definitionen die HALAT anbietet, sollte man aufgrund des seltenen Vorkommens des Wortes unter Vorbehalt betrachten, als educated guess eben. Der Kontext, in dem ʿalmā erscheint suggeriert aber tatsächlich eine ungefähre Bedeutung ›Mädchen‹ oder ›junge Frau‹. Die Etymologie deutet in die gleiche Richtung. Grammatisch ist ʿalmā die feminine Form von ʿǣlæm, was gar nur zwei Mal im MT vorkommt (1 Sam 17,57, 1Sam 20,22) und vermutlich in etwa ›junger Mann‹ bedeutet (HALAT: 790). Kognate in verwandten Sprachen sind aramäisch ʿəlaym das in verschiedenen aramäischen Dialekten ›boy‹, ›adult‹, ›servant‹ oder ›fawn‹ bedeutet (CAL: ʿlym), ebenso das arabische ġulām etwa ›Junge‹, ›Jüngling‹, ›Knecht‹, ›Sklave‹.

Wozu nun das lange Ausschweifen? Um zu belegen, dass die explizite Bedeutung ›Jungfrau‹ für ʿalmā sich nicht durch den Kontext im MT belegen lässt, ebenso wenig unter Berücksichtigung der Etymologie. Alles was sich sagen lässt ist, dass ʿalmā wahrscheinlich allgemein auf ein Mädchen oder eine junge Frau referiert, eventuell sogar auf eine verheiratete Frau (s. Spr 30,19).

Um noch einmal auf παρθένος in Jes 7,14 zurückzukommen: Zumindest im Altgriechischen kann das Wort auch ganz allgemein ›maiden‹ oder ›girl‹ bedeuten (LSJ: παρθένος). Wie übersetzten auf die Sprache der Septuaginta spezialisierte Wörterbücher dieses Wort?

Zur Verwendung von naʿărā: In Gen 34,2 wird die gewaltsame Vergewaltigung Dīnās durch Šəḵēm geschildert:
[...] er [Šəḵēm] nahm sie [Dīnā], schlief mit ihr und vergewaltigte sie.
Gen 34,2​
Im nächsten Vers wird die Liebe Šəḵēms für [Dīnā] und sein Werben um sie erzählt :
Doch hing seine Seele an Dīnā [...], er liebte das Mädchen [naʿărā] und redete dem Mädchen [naʿărā] gefällig zu.
Gen 34,3​
Interessanterweise übersetzt nun die Septuaginta naʿărā] beide Male mit parthénos (bzw. flektiert im Akkusativ resp. Genitiv). Es gibt keinen Grund parthénos bei diesem Handlungsverlauf technisch und betonend als Jungfrau aufzufassen. (Aber ich bin offen für Erklärungen. Hier wurde schließlich auch schon ausgiebig über Marias Hymen spekuliert. Bezeichnenderweise trat die Damenwelt damit hervor, nicht die Herren der Schöpfung. ;-)) Jedenfalls erweckt das Zweifel ob parthénos in der Septuaginta per se ›Jungfrau‹ bedeutet und ob in Jes 7,14 überhaupt die Jungfräulichkeit hervorgehoben werden soll – ich habe da einige Zweifel.
Interessant ist auch, dass spätere Bibelübersetzungen ins Griechische neânis ›Mädchen‹ in Jes 7,14 bedienen, wie der HALAT-Eintrag zeigt. Dem Begriff fehlt jedenfalls die explizite jungfräuliche Konnotation.

Warum streitet man überhaupt darüber, ob in Jes 7,14 eine Jungfrau oder eine junge Frau gemeint sei? Dass man im biblischen Kontext prinzipiell annahm und erwartete, eine junge (unverheiratete) Frau sei gemeinhin auch eine Jungfrau, darf man sicherlich voraussetzten. Problematisch ist aber, dass in Jesaja nicht ersichtlich ist, wen hā-ʿalmā meint. Das könnte ohne Weiteres auch ʾĀḥāz’ oder Yəšaʿyāhūs Frau meinen, dann muss das Wort auch keine technische Jungfrau bezeichnen. Die ganze Szene ist überhaupt kompliziert. Besteht das Zeichen in einer Jungfrauengeburt oder bloß einer Geburt? Vielleicht auch das folgend Angekündigte? Das alles würde sich ohne Weiteres in die narrative Struktur einfügen und ich würde mich nicht auf eine richtige Lesung festlegen wollen.

In Mt 1,23 wird explizit Jes 7,14 zitiert und als Vorhersage Jesu Geburt gedeutet. Gleichzeitig kann man wohl annehmen, dass so ein Verweis an so hervorstechender Stelle am Anfang des Evangeliums auch eine Legitimation der Botschaft selbst darstellen soll. Hier liegt also eine religiöse Rede vor und diese religiös zu deuten obliegt Theologen. Aus philologischer Perspektive halte ich es jedenfalls nicht ratsam, Jes 7,14 im Lichte von Mt 1,23 zu betrachten – das Evangelium ist immerhin mindestens einige Jahrhunderte später entstanden.
Interessant an dieser Stelle ist immerhin noch, dass es in der Septuaginta in Jes 7,14 καλέσεις (Futur 2. Person Singular) und in Mt 1,23 καλέσουσιν (Futur 3. Person Plural) steht – wie auch im Hebräischen das eigenwillige wə-qārāṯ. Ich habe aber gerade keine kritische Ausgabe der Septuaginta zur Hand. Wird da auf weitere Varianten hingewiesen? Nestle-Aland machen jedenfalls in Mt 1,23 darauf aufmerksam.

So weit zum Glauben der Juden um die Zeitenwende und der christlichen Adaption dieses Glaubens.
Vorsicht. ;) Das ist doch noch ein gewagter Schritt. :devil:



Literatur:

Huehnergard, J. (2002). Introduction. In: J. Kaltner & S. L. McKenzie (Hrsg.), Beyond Babel. A Handbook for Biblical Hebrew and Related Languages. (S. 1–18). Atlanta: Society of Biblical Literature.

Kaufman, Stephen A. The Comprehensive Aramaic Lexicon. Cincinnati, Ohio: Hebrew Union College. The Comprehensive Aramaic Lexicon

Köhler, L., Baumgartner, W., und Stamm, J. J. (1983). Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament. Lieferung III. (3., neubearb. Aufl.). Leiden: E. J. Brill.

Liddell, H. G., und Scott, R. A Greek-English Lexicon. Search Tools
 
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Wie viel Gewicht der Einheitsübersetzung bei dem Thema zukommen sollte, ist eine andere Frage. Jedenfalls sollte man im Auge behalten, dass es sich bei der EÜ um eine katholische Bibelübersetzung handelt. Damit will ich aber ausdrücklich nicht den Topos des »Nachbarthreads« Ist die Bibel verfälscht worden? bedienen und behaupten, die Katholische Kirche hätte die Bibel willentlich ge- oder verfälscht – bedenken sollte man jedoch, dass auch diese Übersetzung theologisch, exegetisch und in Tradition nicht in einem luftfreien Raum schwebt.

Die Einheitsübersetzung ist aber für meine Argumentation gar nicht ausschlaggebend, sondern die Septuaginta, die schließlich eine jüdische Übersetzung für hellenisierte Juden ist (oder judaisierte Hellenen?). In der jüdischen Septuaginta wird העלמה ('die junge Frau') mit Παρθένος ('Jungfrau') wiedergegeben. Die EÜ war nur der Hinweis, wie der Satz in der katholischen Interpretation wiedergegeben wird. Die katholische Interpretation des Jesajazitats allerdings deckt sich hier mit einer vorchristlichen(!) jüdischen Interpretation eben - hoffentlich ohne redundant zu werden - der Septuaginta.


Jesaja 7,14 ist seit je her für die christliche Theologie bedeutsam und in der für die Katholische Kirche so bedeutsamen Vulgata findet sich an der Stelle »virgo«.

Das ist nur folgerichtig, da Hieronymus ja nicht den hebräischen Urtext sondern die Septuaginta als Grundlage für die Vulgata benutzte.

Dem kann man solche protestantische Übersetzungen, die sich um einen gewissen überkonfessionellen und -religiösen Blick bemühen, wie der Neuen Zürcher Bibel oder der New Revised Standard Version entgegenhalten. Dort heißt es »junge Frau« respektive »young woman«. Jüdische Übersetzungen vermeiden ohnehin in Abgrenzung zu christlichen an der Stelle das Wort »Jungfrau«.

Ja, das sind eben Übersetzungen auf modernen philologischem Standard (wie im Übrigen auch die EÜ), die alle auf die Urtexte zurückgehen. Und doch muss man - mit erneutem Verweis auf die Septuaginta - fragen, ob nicht geistesgeschichtlich die Jungfrau doch die richtige Interpretation ist.

Wozu nun das lange Ausschweifen? Um zu belegen, dass die explizite Bedeutung ›Jungfrau‹ für ʿalmā sich nicht durch den Kontext im MT belegen lässt, ebenso wenig unter Berücksichtigung der Etymologie. Alles was sich sagen lässt ist, dass ʿalmā wahrscheinlich allgemein auf ein Mädchen oder eine junge Frau referiert, eventuell sogar auf eine verheiratete Frau (s. Spr 30,19).

Zu dem fachwissenschaftlichen Exkurs kann ich nichts sagen, ich gehe aber davon aus, dass du weißt, wovon du schreibst. Jetzt allerdings die Frage: Was soll die Feststellung die junge oder gar die verheiratete Frau wird ein Kind gebären? Das ist doch ein allzu alltäglicher Vorgang, nichts, was jetzt irgendwen vom Hocker reißen würde. Mit ca. zwölf Jahren werden viele Mädchen langsam geschlechtsreif (was nicht heißt, dass sie dann schon ausgewachsen sind)

Um noch einmal auf παρθένος in Jes 7,14 zurückzukommen: Zumindest im Altgriechischen kann das Wort auch ganz allgemein ›maiden‹ oder ›girl‹ bedeuten (LSJ: παρθένος).
Aber maiden bedeutet doch 'Jungfrau' und girl bzw. Mädchen würde ich generell als vor der Geschlechtsreife interpretieren.

Zur Verwendung von naʿărā: In Gen 34,2 wird die gewaltsame Vergewaltigung Dīnās durch Šəḵēm geschildert:
[...] er [Šəḵēm] nahm sie [Dīnā], schlief mit ihr und vergewaltigte sie.
Gen 34,2​
Im nächsten Vers wird die Liebe Šəḵēms für [Dīnā] und sein Werben um sie erzählt :
Doch hing seine Seele an Dīnā [...], er liebte das Mädchen [naʿărā] und redete dem Mädchen [naʿărā] gefällig zu.
Gen 34,3​
Interessanterweise übersetzt nun die Septuaginta naʿărā] beide Male mit parthénos (bzw. flektiert im Akkusativ resp. Genitiv). Es gibt keinen Grund parthénos bei diesem Handlungsverlauf technisch und betonend als Jungfrau aufzufassen. [...] Jedenfalls erweckt das Zweifel ob parthénos in der Septuaginta per se ›Jungfrau‹ bedeutet und ob in Jes 7,14 überhaupt die Jungfräulichkeit hervorgehoben werden soll – ich habe da einige Zweifel.
Interessant ist auch, dass spätere Bibelübersetzungen ins Griechische neânis ›Mädchen‹ in Jes 7,14 bedienen, wie der HALAT-Eintrag zeigt. Dem Begriff fehlt jedenfalls die explizite jungfräuliche Konnotation.

Ich begebe mich hier mal auf das unsichere Feld der Interpretation: Dass Dina nach ihrer Vergewaltigung technisch gesehen keine Jungfrau mehr war, scheint offensichtlich (wobei wir ja nicht wissen, wie z.B. Petting (kennt das Wort noch jemand?) vom Verfasser aufgegriffen worden wäre, aber schließen wir das mal aus). Möglicherweise wollte aber der Übersetzer der Septuaginta mit der Wahl des griechischen παρθένον hier noch einmal die Unschuld des Mädchens an dem Akt der Vergewaltigung betonen, also sozusagen die geistige Jungfräulichkeit als Kriterium. Aber wie gesagt, dass ist Interpretation, die sich nicht nachweisen lässt.
Edit: Aber du hast schon recht: Diese Stellen in Genesis generieren starke Zweifel an dem Verständnis des Septuaginta-Übersetzers von parthénos.

In Mt 1,23 wird explizit Jes 7,14 zitiert und als Vorhersage Jesu Geburt gedeutet. Gleichzeitig kann man wohl annehmen, dass so ein Verweis an so hervorstechender Stelle am Anfang des Evangeliums auch eine Legitimation der Botschaft selbst darstellen soll.

Natürlich ist die Stelle in MT legitimistisch.

Aus philologischer Perspektive halte ich es jedenfalls nicht ratsam, Jes 7,14 im Lichte von Mt 1,23 zu betrachten – das Evangelium ist immerhin mindestens einige Jahrhunderte später entstanden.

Nein, nein, natürlich umgekehrt: Matthäus im Lichte der jüdischen Überlieferung, allerdings in der Variante der Septuaginta.

Interessant an dieser Stelle ist immerhin noch, dass es in der Septuaginta in Jes 7,14 καλέσεις (Futur 2. Person Singular) und in Mt 1,23 καλέσουσιν (Futur 3. Person Plural) steht – wie auch im Hebräischen das eigenwillige wə-qārāṯ. Ich habe aber gerade keine kritische Ausgabe der Septuaginta zur Hand. Wird da auf weitere Varianten hingewiesen? Nestle-Aland machen jedenfalls in Mt 1,23 darauf aufmerksam.
Welche Bedeutung misst du dem zu?
 
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Die Einheitsübersetzung ist aber für meine Argumentation gar nicht ausschlaggebend, sondern die Septuaginta, die schließlich eine jüdische Übersetzung für hellenisierte Juden ist (oder judaisierte Hellenen?). In der jüdischen Septuaginta wird העלמה ('die junge Frau') mit Παρθένος ('Jungfrau') wiedergegeben. Die EÜ war nur der Hinweis, wie der Satz in der katholischen Interpretation wiedergegeben wird. Die katholische Interpretation des Jesajazitats allerdings deckt sich hier mit einer vorchristlichen(!) jüdischen Interpretation eben - hoffentlich ohne redundant zu werden - der Septuaginta.
Ich wollte mit meiner zeigen, dass (a) παρθένος in der Septuaginta vielleicht gar nicht unbedingt 'Jungfrau' bedeuten muss, (b) der hebräische Text diese Leseart auch nicht zwingend nahelegt, (c) man über die (jüdische) Interpretation der Textstelle in vorchristlicher Zeit wenig sagen kann.

In Mt 1,23 wird die Passage als Vorhersage der Geburt Jesu gedeutet und genutzt. Immerhin sind wir uns dabei einig, dass es sich dabei um eine Form von religiöser Legitimation geht. Das sollte aber auch wenigstens skeptisch machen, ob das der Exegese des "Mainstream"-Judentums der Zeit entspricht.
Wenn man z.B. an das islamische Recht denkt, dann gibt es dort mit den Analogschlüssen (qiyās) beinahe eine Paradedisziplin, religiöse Texte mehr oder minder willkürlich auszulegen, um dies oder jenes zu legitimieren.

Ja, das sind eben Übersetzungen auf modernen philologischem Standard (wie im Übrigen auch die EÜ), die alle auf die Urtexte zurückgehen. Und doch muss man - mit erneutem Verweis auf die Septuaginta - fragen, ob nicht geistesgeschichtlich die Jungfrau doch die richtige Interpretation ist.
Mal der ganze Vers der EÜ mit dem der NZB gegenübergestellt:
Darum wird euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben.
Jes 7,14 nach Einheitsübersetzung
Deshalb wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Seht, die junge Frau ist schwanger, und sie gebiert einen Sohn. Und sie wird ihm den Namen Immanu-El geben.

Jes 7,14 nach der Neuen Zürcher Bibel
Der Unterschied ist viel größer als nur die Wahl des Wortes "Jungfrau" oder "junge Frau". Man beachte einfach die unterschiedlichen Tempora: Futur in der EÜ ("wird ein Kind empfangen", "wird einen Sohn gebären"), dagegen Präsens in der NZB ("ist schwanger", "gebiert einen Sohn"). Ich behaupte das steht exemplarisch für zwei verschiedene theologische Auslegungen des Verses.

Die EÜ hält sich eng an die Septuaginta, wechselt aber im letzten Teilsatz zum Masoretischen Text. In der Septuaginta heißt es (wie schon erwähnt) "καλέσεις" 'du wirst nennen', nicht 'sie wird nennen'. (Aber wie gesagt, ich habe zuhause keine kritische Ausgabe der Septuaginta. Vielleicht gibt es ja Varianten? Bin ja noch guter Hoffnung, dass sich jemand meldet, der über einen kritischen Apparat verfügt.) Die NZB andererseits folgt eng dem Masoretischen Text und der Unterschied wird doch hier klar: Der EÜ nach ist es eine Prophezeiung eines Ereignisses das in der Zukunft liegt und eine Jungfrauengeburt voraussagen soll (wahrscheinlich sehr bewusst mit Mt 1,23 im Hinterkopf). Die NZB interpretiert die Worte als speech act, der auf einen momentanen Zustand hinweisen soll, paraphiert vielleicht als: Siehe, diese Frau ist schwanger (dazu könnte man sich der Hörer Jesaja denken, wie er auf eine bestimmte/s Frau/Mädchen zeigt).

Warum bevorzugt denn die EÜ an der Stelle die Septuaginta gegenüber dem Masoretischem Text, obwohl dieser im Wesentlichen die Textgrundlage der EÜ bildet? Ich glaube aufgrund einer bestimmtem theologischen Position und Tradition. Deswegen habe ich die EÜ auch explizit katholisch genannt. Das heißt aber nun nicht, dass ich diese Übersetzung für falsch halte. Ich habe keine definitive Meinung zu der Passage, bin aber der Meinung, man kann auch gegen die EÜ argumentieren.
Jetzt allerdings die Frage: Was soll die Feststellung die junge oder gar die verheiratete Frau wird ein Kind gebären? Das ist doch ein allzu alltäglicher Vorgang, nichts, was jetzt irgendwen vom Hocker reißen würde. Mit ca. zwölf Jahren werden viele Mädchen langsam geschlechtsreif (was nicht heißt, dass sie dann schon ausgewachsen sind)
Dem kann man auch ganz einfach entgegenhalten: Warum sollte man ein Wunder erwarten, das irgendwen vom Hocker reißt? Die Rede funktioniert schließlich auch mit folgendem Schema: "Der Herr selbst wird(/soll) euch ein Zeichen geben. Seht, diese Frau ist schwanger [...], noch ehe ihr Sohn zwischen Gut und Böse unterscheiden kann, wird folgendes passieren."

Aber maiden bedeutet doch 'Jungfrau' und girl bzw. Mädchen würde ich generell als vor der Geschlechtsreife interpretieren.
Das stimmt! Das war mein Fehler. Ich wollte eher etwas sagen wie: "Zumindest im Altgriechischen kann das Wort neben ›maiden‹ auch ganz allgemein ›girl‹ bedeuten." Jedenfalls sollte das ein Indiz sein, dass man nicht immer ganz explizit eine Jungfrau im Kopf haben muss.

(wobei wir ja nicht wissen, wie z.B. Petting (kennt das Wort noch jemand?) vom Verfasser aufgegriffen worden wäre, aber schließen wir das mal aus).
Wie man Petting biblisch ausdrücken könnte, weiß ich nun auch nicht -- spielt in Gen 34,2 aber auch keine so große Rolle, denke ich. šāḵaḇ bedeutet 'schlafen', 'sich hinlegen' und wird häufig als Euphemismus für 'den Geschlechtsakt vollziehen' benutzt, daher heißt way-yiškaḇ ʾōṯāh vielleicht wörtlich 'da legte er sich zu ihr' oder 'er schlief mit ihr'. ʿinnā bedeutet 'bedrücken', 'demütigen', 'Gewalt antun', '(eine Frau) vergewaltigen' (HALAT), daher wa-yəʿannǣhā 'er vergewaltigte sie'.
 
Der Begriff der in Jes 7,14 für "junge Frau" genommen wurde findet sich noch mehrfach in der Bibel .. allerdins im Zusammenhang mit Ehebrecherinen ... wohl keine Jungfrauen, oder?

Der eindeutigere Begriff für Jungfrau findet sich auch in der Bibel, allerdings sind dann auch immer Jungfrauen gemeint .. aber in Jes 7,14 soll das dann eine Ausnahme sein?
 
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