Grenztruppen der DDR

Übrigens war der von Dir erwähnte Gueffroy kein Jugendlicher, sondern bereits 20 Jahre alt. Desweiteren war Gueffroy an der Berliner Mauer getötet worden. Melchior diente an der Grenze zu Westdeutschland und hat darauf hingewiesen, daß in Berlin einiges anders war.

Was führ ein Rolle spielt es, wo ein Mensch erschossen wird, weil er von seinem persönlichen Recht der Freiheit gebrauch machen möchte, vor allem wenn dieser noch so Jung ist?

Ob nun an der Berliner Mauer oder an der innerdeutschen Grenze? Wird durch den regionalen Standort eines dieser "Todesanlagen" als weniger gefährlich bezeichnet?
Ich denke nicht!

Bei allem Respekt, aber wir sollten gerade über die sachliche Diskussion hinweg, der Aktionen der DDR Grenzruppen, das Fazit ihrer Aufgaben, auf wehrlose DDR Bevölkerung zu schießen, nicht ausser acht lassen.
 
Bei allem Respekt, aber wir sollten gerade über die sachliche Diskussion hinweg, der Aktionen der DDR Grenzruppen, das Fazit ihrer Aufgaben, auf wehrlose DDR Bevölkerung zu schießen, nicht ausser acht lassen.

Die vorhergehenden Worte sind mir etwas zu pathetisch. Daher zitiere ich sie nicht. Aber leider müsste ich diesen Satz unterschreiben.

M. :winke:
 
@Köbis

Was wären denn die entsprechenden Einheiten im Dritten Reich?


@Carolus

Glaube mir, über diese Frage habe ich auch nachgedacht, während meines Studiums, der Zeit danach. Manchmal war dieses "Nachdenken" eher "locker und humorvoll" so in der Art, "boah war ich da besoffen", manchmal vllt. etwas zu "moralisierend". Ich kann Dich natürlich auf die Einheiten/Behörden die im Dritten Reich für die Sicherung der Reichsgrenze verantwortlich waren verlinken. Das ist aber nicht der "Kern" Deiner Frage.

Wollen wir es dabei belassen und im Thread weitermachen.


M. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
@Melchior, wann hast du eigentlich gedient? Selbstschussanlagen und Minenfelder (letztere erwähnst du) wurden doch 1983 im Zusammenhang mit dem Strauss-Kredit abgebaut. Dass ein paar von den Teufelseiern bei der Räumung zunächst bis zum Mauerfall übersehen wurden, ist aber unbestritten, fast ein Wunder, dass nach 1989 nichts passierte.
 
Dass ein paar von den Teufelseiern bei der Räumung zunächst bis zum Mauerfall übersehen wurden, ist aber unbestritten, fast ein Wunder, dass nach 1989 nichts passierte.

Das man beim Räumen nicht mehr alle Minen findet, war mir klar.
Aber das es 33000 sind find ich doch heftig. Selbst wenn die Hälfte davon schon hochgegangen ist.
 
In unserem Abschnitt hieß die Minensperre MS-66, wenn ich das richtig erinnere. Waffentechnisch hatte mit der Minensperre von unserer Grenzkompanie niemand etwas zu tun.

Das waren Infanterieminen. Die Lage jeder Mine war auf Karten der Grenzpioniere verzeichnet und natürlich auch die verlegte Anzahl (da gab es Minenfeldnummern, meines erinnerns war das ein weiße Zahl auf einem schwarzen Feld), angebracht am Streckmetallzaum. Logischerweise "wanderten" diese Minen, Regenwasser, sonstige Verspülungen, was weiß ich.

M.
 
Hallo Freunde,
es ist nun auch an der Zeit etwas dazu beizutragen. In den 80-er Jahren hatte ich das zweifelhafte Vergnügen meinen 18-monatigen Grundwehrdienst zu absolvieren. Die ersten 6 Monat im GAR (Grenzausbildungsregiment) in Oranienburg und die restliche Zeit in der Grenzkompanie am nördlichen Abschnitt in Berlin. Die Zeit im Ausbildungsregiment war geprägt vom fast täglichen Politunterricht und einer recht straffen Ausbildung. Es sei nur erwähnt, dass ich in dieser Zeit nur einmal für einen verlängerten Kurzurlaub (Freitag bis Dienstag) zu Hause bei meiner Frau weilen konnte. Dies wurde jedoch in den folgenden beiden Halbjahren deutlich besser.
Die theoretische Ausbildung umfasste u.a. die Fahrzeuge, Flugzeuge, Bewaffnung und insbesondere die Dienstgrade der an der „Mauer“ anzutreffenden westlichen Militärpräsenz . Die praktische Ausbildungen, neben den allgemeinen Armeekram, wie Schutzausbildung, unendliche Schießausbildungen etc., waren die Handlungsweisen im Grenzdienst (Abläufe, Meldungen, Kontrollen Festnahmen,...) und dazu kamen netten Spielereien, wie:
- Orts- und Häuserkampf ( es gab auf dem Übungsgelände als Spielwiese einen ganzen Ort mit rohbaufertigen Häusern )
- Panzernahbekämpfung (ist ein erstaunliches Gefühl, wenn man in einem kleinen Graben hockt und 20 Tonnen über einen hinwegrattern.)
-Überwindung der „Mauer“ also den Streckmetallzaun mit einfachen Hilfsmitteln
und solche Sachen... . In den „Genuss“ dieser Aktivitäten kamen all jene Grenzer, die gemäß AO 13/81 „Einsatz auf dem vorgelagerten Hoheitsgebiet der DDR“ vorgesehen waren. Es gibt in wohlsortierten Antiquariaten und Flohmärkten mit etwas Glück einen grünen Sammelringordner „ Handbuch für den Grenzdienst“ in dem sehr viele AO enthalten sind. Ach ja, ein Wort zum „Schießbefehl“. Die korrekte Bezeichnung ist „ Bestimmung über Schusswaffengebrauch für das Kommando Grenze der Nationalen Volksarmee“ vom Oktober 1961, Militärarchiv Dokument 213701 sowie darauf aufbauend/folgend die DV 010/0/004 und 018/0/008 „Bestimmungen über den Gebrauch der Schusswaffe“. Bei Bedarf kann ich es scannen und nachreichen.
In den Zeiten der praktischen Ausbildung durften wir stets die AK47 „am Mann“ führen. So das sie zum stetigen Begleiter und es quasi zur Normalität wurde, diese auch bei der Essensausgabe und oftmals bereits zum Frühsport zu tragen. Die tägliche intensive Pflege/Reinigung der „Kaschi“ gehörte zum normalen Alltag.
Es fällt allen Außenstehenden sicherlich sehr schwer nachzuvollziehen welche starken Auswirkungen ein fast täglicher i.d.R. mehrstündiger Politunterricht – und die diesbezügliche subtilere Beeinflussung während aller anderen Betriebsamkeiten – auf die Psyche junger Menschen hat. Die auftretende Gruppendynamik tat ein Übriges. Es mag an meiner damaligen mangelnden moralischen Reife gelegen haben, aber zu jener Zeit war kein Gedanken an verwerfliches Handeln vorhanden. Jenen, die heute sagen, „dass hätte ICH nie...., warum hast du nicht,.... du hättest doch.... “ sind vielleicht nicht alle Aspekte bekannt. Es ist schön, dass in unserem Forum auch über solche Erfahrungen – auf die ich wirklich nicht stolz bin – berichtet werden kann.
Es gäbe noch viele Fakten und Geschichten zu berichten, aber es soll erst einmal genügen.
Gruß Urvo
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte auch etwas nachtragen, daß uns die, heute würde ich sagen, Surrealität, unseres Dienstes vor Augen führte.

In unserem Grenzabschnitt gab es im Schutzstreifen einen kleinen Fiedhof, vllt. 6 bis 10 Gräber. Wie dieser Friedhof "überlebt" hat, weiß ich nicht, irgendein Zufall, normalerweise wurde umgebettet oder "plattgemacht", aber weit vor meiner Zeit.

Er war jedenfalls da. Er war sogar ein Postenpunkt und mit einer GMN-Stelle (Grenzmeldenetz) versehen. Wurde aber eigentlich nie im regulären Grenzdienst besetzt. Eine der wenigen Zivilisten die den Schutzstreifen betreten durften, waren Inhaber einer sog. "Gräberkarte", ich glaube so hieß die, urvo, wenn Du das genauer erinnerst, bitte Korrektur bzw. Ergänzung.

Die Gräber wurden bis auf eines nicht gepflegt. Ca. einmal im Monat kam die Inhaberin einer solchen Gräberkarte zur Grabpflege. Natürlich mußte das Betreten des Schutzstreifens abgesichert werden. Also wurde an diesem Tag der Postenpunkt besetzt. Ich denke, der Zutritt mußte bei irgendeiner Dienststelle beantragt werden.

Bei der "Vergatterung" für den Grenzdienst wurde die Kompanie informiert, daß eine Zivilistin den Grenzabschnitt bei Postenpunkt "Waldfriedhof" betritt. Das Postenpaar, welche die "Absicherung" vorzunehmen hatte, wurde während der "Vergatterung" auf die besondere Verantwortung hingewiesen, ebenso auf den "höflich-distanzierenden" Umgang mit der Bürgerin, sowie der Vornahme der vorgeschriebenen Personenkontrolle. In der Kompanie kannten alle den Vorgang, weil die Dame den Friedhof schon besucht hat, da sind wir noch zur Schule gegangen.

Die Absurdität des Vorganges ist kaum beschreiblich. Ich hatte zweimal das "Vergnügen". Zur vereinbarten und uns befohlenen Zeit waren wir am Tor des Schutzstreifens. Uns gegenüber stand eine ältere Dame, etwa 70 bis 75 Jahre alt. Pflichtschuldigst habe ich dem Zugführungspunkt gemeldet, daß ich das Tor des Schutzstreifens öffne, ansonsten wäre Grenzalarm ausgelöst worden. Eine Personenkontrolle kam natürlich nicht infrage, meinem Posten und mir war der Vorgang an sich schon, sagen wir euphemistisch: "peinlich". Ab dem Moment waren alle Vorschriften gleichsam außer Kraft gesetzt. Natürlich gingen wir nicht hinter ihr, logo haben wir die Gießkanne getragen. Das erstaunlichste aber war, daß diese ältere Dame uns mochte, die plauderte darauf los, wie es war, als früher Mellrichstadt noch erreichbar war etc., hatte irgendwelchen "Süßkram" für uns dabei. Ich wäre vor Scham fast versunken.

Ich denke, die Verstrickung in Unrecht ist spürbar.

@urvo

Ich war A-Posten, natürlich haben wir die Überwindung von Streckmetallzäunen nicht geübt, wir wäre ja in der Minensperre gelandet.

Den Polit-Unterricht im Grenzausbildungsregiment empfand ich eher als lächerlich. Ich wußte was ich zu sagen habe und hatte damit meine Ruhe, ansonsten konnte man ganz gut dösen.


M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Obwohl ich nicht in der NVA "gedient" habe - ich wurde jedoch gemustert - habe ich doch alles dafür getan, daß ich nicht zu den Grenzern kommen konnte.
Ich hatte auch den Eindruck, daß auf Grund der erhöhten Anforderungen (z. B. eventueller Schusswaffengebrauch) nur Wehrpflichtige eingesetzt wurden, die bestimmte Bedingungen erfüllten, um eine erhöhte Verlässlichkeit der Grenzsoldaten sicher zu stellen. Dazu gehörte z. B. die Nichtexistenz von Verwandtschaften zu Personen im NSW (Nichtsozialistischem Wirtschaftsgebiet). Bereits bei der Musterung der Wehrpflichtigen wurde diese Verlässlichkeit z. T. (1989) auch hinterfragt. So habe ich auf eine solche Frage z. B. auch gleich gesagt, daß ich nicht auf Menschen schießen würde und auch die Existenz von Westverwandtschaft habe ich erwähnt. Damit war ich "aus dem Schneider". Zu einer Einberufung kam es dann nicht mehr, weil dann ohnehin die Wende kam.
In früherer Zeit (etwa 10 Jahre früher) geschah dies jedoch anscheinend nach einer anderen Zeitzeugenaussage noch nicht. Ein älterer Kollege meinte, er hätte keine Wahl gehabt.
Kann diesen anscheinenden Widerspruch jemand aufklären? Haben sie wirklich etwas bei den Bedingungen geändert?
:grübel:
 
Bei der "Vergatterung" für den Grenzdienst wurde die Kompanie informiert, daß eine Zivilistin den Grenzabschnitt bei Postenpunkt "Waldfriedhof" betritt. Das Postenpaar, welche die "Absicherung" vorzunehmen hatte, wurde während der "Vergatterung" auf die besondere Verantwortung hingewiesen, ebenso auf den "höflich-distanzierenden" Umgang mit der Bürgerin, sowie der Vornahme der vorgeschriebenen Personenkontrolle. In der Kompanie kannten alle den Vorgang, weil die Dame den Friedhof schon besucht hat, da sind wir noch zur Schule gegangen.

Die Absurdität des Vorganges ist kaum beschreiblich. Ich hatte zweimal das "Vergnügen". Zur vereinbarten und uns befohlenen Zeit waren wir am Tor des Schutzstreifens. Uns gegenüber stand eine ältere Dame, etwa 70 bis 75 Jahre alt. Pflichtschuldigst habe ich dem Zugführungspunkt gemeldet, daß ich das Tor des Schutzstreifens öffne, ansonsten wäre Grenzalarm ausgelöst worden. Eine Personenkontrolle kam natürlich nicht infrage, meinem Posten und mir war der Vorgang an sich schon, sagen wir euphemistisch: "peinlich". Ab dem Moment waren alle Vorschriften gleichsam außer Kraft gesetzt. Natürlich gingen wir nicht hinter ihr, logo haben wir die Gießkanne getragen. Das erstaunlichste aber war, daß diese ältere Dame uns mochte, die plauderte darauf los, wie es war, als früher Mellrichstadt noch erreichbar war etc., hatte irgendwelchen "Süßkram" für uns dabei. Ich wäre vor Scham fast versunken.

Ich denke, die Verstrickung in Unrecht ist spürbar.

Die Geschichte mit der Dame auf dem Friedhof ist ein Stück Menschlichkeit in einem unmenschlichen Grenzsystem. Ich finde sie sehr anrührend und symphathisch.:)


@Melchior
Gibt es da eigentlich von Euch ein Foto von Euch mit AK47 und Gießkanne?:rofl:
Dann unbedingt einstellen!:devil:

Was Deine "Verstrickung in Unrecht" angeht, so möchte ich sagen, daß sich die alte dame wahrscheinlich gefreut hat, daß sie ihren Weg zum Friedhof hat machen dürfen und dabei auch noch Begleitung hatte.

Wie wurde denn eigentlich die Bewachung der Grenze (also insbesondere "freundwärts") offiziell von den Vorgesetzten begründet?
 
Das man beim Räumen nicht mehr alle Minen findet, war mir klar.
Aber das es 33000 sind find ich doch heftig. Selbst wenn die Hälfte davon schon hochgegangen ist.


Zu dem Thema der verlorenen Minen habe ich zwei Artikel aus dem Spiegel gefunden ( von 1991 und 2001).

Touristen im Todesstreifen

Kloß im Hals

Leider habe ich keine neueren Informationen finden können, aber in 2001 lag wohl immer noch einiges von dem Teufelszeug herum.
 
Bei der Musterung wurde i.d.R. die Frage gestellt: „ Würden Sie mit der Waffe in der Hand Ihr Land verteidigen ? „
Natürlich oftmals etwas subtiler. „Sind Sie für den Frieden, würden Sie den Frieden auch mit der Waffe verteidigen ? „ Die Variationen waren sicherlich vielfältig. Ein „Ja“ genügte für die Einberufung zu den Grenztruppen, besagte aber noch nichts über die Einsatzverwendung. Es gab in jedem Grenzregiment auch Fahrdienst, Werkstatt, Küche, med.- Punkt,..., Bücherei, Instandhaltung, Wäscherei,... etc. und die allseits beliebte Schreibstube.
Für den Grenzdienst erfolgte eine weiter Einstufung, z. B.:
Einstufung A
- keine Kontakte ins NSW
- geordnete Familienverhältnisse
- keine Vorstrafen
- keine Kontakte zu Antragsteller(Republikflucht)
- vorbildliche Aufgabenerfüllung im Innendienst und im Grenzdienst
- derjenige mit der Einstufung A war sogleich Anwärter für die Anordnung 13 (Vorgelagertes)

Einstufung B+ und B
- eventuelle Parteizugehörigkeit oder nicht konstante und aktive Mitarbeit in der SED
- keine persönlichen Kontakte ins NSW, Einsatz mit allen Einstufungen möglich .
Einstufung C-

- launisches Auftreten,
- ständige Kontrolle nötig
- ständige Nörgelei an Befehlen und Weisungen
- mangelnde Dienstdurchführung im Grenzdienst und Innendienst
- Einsatz im Grenzdienst nur mit Einstufung B und A möglich.
Einstufung D

- keine Aktivitäten in der SED und FDJ
- Eltern ständige Kontakte ins NSW und Besuchsreisen
- unklare Vorstellungen zur Anwendung der Schusswaffe
- Einsatz nur mit bestbestätigtem Genossen
- Einsatz meist nur als Wachposten zur Sicherung der Grenzkompanie oder als Führungsstellenposten


Ein kleiner Nachtrag zur Beeinflussung. Im Rahmen des Politunterrichtes wurden oftmals Filme gezeigt und an einen kann ich mich noch besonders erinnern. Es war gegen Ende der Zeit im GAR und dieser sollte uns zeigen, dass der GV (Grenzverletzer) keine Rücksicht kennt. Er weiß das an der Grenze Soldaten stehen werden, er weiß das diese Soldaten den Auftrag haben ihn am verlassen der DDR zu hindern. Und er der GV ist genau darauf vorbereitet .... Schlagringe, Messer, Gewehr etc.. . Er weiß das du schießen kannst und er wird dich notfalls mit Gewalt daran hindern. Damit wird die versuchte Grenzverletzung aus der unpersönlichen Ebene herausgehoben und „ Aus Ich verlasse einen undemokratischen Staat und gehe in die Freiheit" wird "Ich erkämpfe mir die Freiheit mit allen Mitteln". Damit wird aus einer Flucht plötzlich ein Angriff und das ist die entscheidende Botschaft im Film, es ist ein Angriff auf dich selbst. Und du musst nicht nur deinen Staat verteidigen, nein DU selbst wirst angegriffen. Es ist natürlich Propaganda vom Feinsten, hinterlässt aber Wirkung. Im Kultur- und Speisesaal hingen ja die Bilder der im Grenzdienst getöteten Soldaten. Außerdem wurde ja vermittelt was so passieren kann, wenn man dir nachweist das du den Durchbruch hättest verhindern können. Aber die Sache mit „Schwedt“ wäre ein anderes Thema. Der Thread bringt plötzlich wieder viele Erinnerungen zum Vorschein. Aber genug davon, Gruß Urvo
 
Interessant.

Bei der Musterung wurde i.d.R. die Frage gestellt: „ Würden Sie mit der Waffe in der Hand Ihr Land verteidigen ? „
Natürlich oftmals etwas subtiler. „Sind Sie für den Frieden, würden Sie den Frieden auch mit der Waffe verteidigen ? „ Die Variationen waren sicherlich vielfältig. Ein „Ja“ genügte für die Einberufung zu den Grenztruppen, besagte aber noch nichts über die Einsatzverwendung...

Ich wurde 1989 aber anders gefragt. Mich hat der Herr in Uniform bei meiner Musterung ganz konkret nach einem Einsatz an der Grenze gefragt, mit dem Wortlaut:
"Würden Sie Probleme sehen, wenn Sie an der Grenze eingesetzt werden würden?"
Ich weiß das deshalb noch so genau, weil ich da wirklich starkes Herzklopfen dabei hatte. Aber ich hab den Mund aufgemacht und darauf war ich dann auch stolz. Er antwortete mir dann übrigens noch:
"Ach wissen Sie, geschossen wird an der Grenze nur im äußersten Notfall."
 
Die Geschichte mit der Dame auf dem Friedhof ist ein Stück Menschlichkeit in einem unmenschlichen Grenzsystem. Ich finde sie sehr anrührend und symphathisch.:)

Es sind an der Innerdeutschen Grenze ca. 1.000 Menschen ermordet worden, beim Versuch eines persönlichen Rechts von Freiheit gebrauch zu machen.

Sicherlich hat die Situation, die Melchior beschreibt, einen menschlichen Charakter. Doch letztlich ist es nur ein kleiner Teil im Ganzen.

Wir haben hier eine Grenze, die mit Lügen und Vorspiegelung falscher Tatsachen nicht wie üblich, die Bürger vor der anderen Seite schützt, sondern seine entmündigten Bürger einsperrt und auf brutalste Art daran hinderte, das Land zu verlassen.

Und diese Republikflucht begann schon in der Sperrzone zu eigendlichen Grenze hin. In diesen Bereich durft sich die Bevölkerung nur mit einem Passierschein bewegen (abgesehen von Menschen die dort wohnten oder dort länger arbeitet). Wenn man diesen Schein nicht besaß und sich in dieser Sperrzone aufhielt, wurde einem sofort Republikflucht unterstellt.

Und um auf das obige Zitat zu kommen, ich finde es nur traurig, wie eine alte Frau, in den zum sicherheitstrakt aufgebauten Anlagen das Grab ihrer angehöriger Besuchen darf, beschützt von Soldaten.

Ich glaube es gibt kein besseres Bild in meiner Vorstellung, was die "Armut" an Menschlichkeit zeigt, wenn eine alte gebrechliche Frau von bis an die Zähne bewaffneten Soldaten bewacht wird.

Ja, daß ist sehr traurig Carolus.
 
Es sind an der Innerdeutschen Grenze ca. 1.000 Menschen ermordet worden, beim Versuch eines persönlichen Rechts von Freiheit gebrauch zu machen.

Sicherlich hat die Situation, die Melchior beschreibt, einen menschlichen Charakter. Doch letztlich ist es nur ein kleiner Teil im Ganzen.


Und um auf das obige Zitat zu kommen, ich finde es nur traurig, wie eine alte Frau, in den zum sicherheitstrakt aufgebauten Anlagen das Grab ihrer angehöriger Besuchen darf, beschützt von Soldaten.

Ich glaube es gibt kein besseres Bild in meiner Vorstellung, was die "Armut" an Menschlichkeit zeigt, wenn eine alte gebrechliche Frau von bis an die Zähne bewaffneten Soldaten bewacht wird.

Ja, daß ist sehr traurig Carolus.

Hallo Köbis,

die Geschichte von Melchior hat mich an den Weihnachtsfrieden 1914 erinnert, als Soldaten von beiden Seiten der Front gemeinsam Weihnachten gefeiert haben. Oder an eine Episode aus dem Zweiten Weltkrieg, als in der Schlacht von Arnheim Deutsche & Engländer ihre Verletzten gemeinsam versorgten. Das waren auch Zeichen von Menschlichkeit in unmenschlichen Situation (oder sind das menschliche Situationen? - hom homini lupus).

Natürlich war das eine grausame Grenze, aber wäre es besser gewesen, die Dame abzuweisen? Oder ihr zu sagen, daß das Grab ihrer Angehörigen umgepflügt jetzt unter einem Minenfeld liegt? Das hätte ich dem DDR-Regime nämlich eher zugetraut.

Daß es da Zeichen von Menschlichkeit gab, macht die Grenze natürlich nicht zu einer humanitären Angelegenheit. Du hast ja auch zu Recht darauf hingewiesen, daß diese so um die 1.000 Tote gefordert hat.
 
die Geschichte von Melchior hat mich an den Weihnachtsfrieden 1914 erinnert, als Soldaten von beiden Seiten der Front gemeinsam Weihnachten gefeiert haben. Oder an eine Episode aus dem Zweiten Weltkrieg, als in der Schlacht von Arnheim Deutsche & Engländer ihre Verletzten gemeinsam versorgten. Das waren auch Zeichen von Menschlichkeit in unmenschlichen Situation (oder sind das menschliche Situationen? - hom homini lupus).

Entschuldige, aber diese Vergleiche sind absolut unpassend. Eine Situaion aus einem Krieg mit der einer Situation aus Friedenszeiten kann einfach nicht verglichen werden.

An der DDR Grenze gab es keine sich bekämpfenden Parteien, die einen kurzfristigen Frieden schliessen hätten müssen!
Die eigene Bevölkerung wurde von ihrer eigenen Armee bedroht. Die Grenztruppen waren die Bewacher der Grenze der DDR und diese Bewachung betraff das Landesinnere, nicht das was hinter der Grenze lag.

Das war das Grundproblem der DDR Grenze.

Ob und in wie weit die Grenzsoldaten ihren Dienst abhielten oder ernsthaft betrieben, müssen diese Männer mit ihrem Gewissen heute selbst ausmachen. Aber anrührend und symphathisch ist da nichts.
 
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Natürlich war das eine grausame Grenze, aber wäre es besser gewesen, die Dame abzuweisen? Oder ihr zu sagen, daß das Grab ihrer Angehörigen umgepflügt jetzt unter einem Minenfeld liegt? Das hätte ich dem DDR-Regime nämlich eher zugetraut.

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Im Falle des Friedhofs an der Bernauer Strasse ist ungefähr das auch passiert. Die Gräber wurden teilweise umgebettet, größtenteils jedoch nur eingeebnet und im Sperrgebiet belassen.
 
Es sind an der Innerdeutschen Grenze ca. 1.000 Menschen ermordet worden, beim Versuch eines persönlichen Rechts von Freiheit gebrauch zu machen.
Da hast Du ja völlig recht, auch mit Deinen übrigen Bemerkungen zur moralischen Bewertung der DDR-Diktatur.

Aber trotzdem ist es sinnvoll, sich über die Details des Grenzregimes zu informieren, auch aus Sicht von Leuten, die dabei mitgemacht haben. Ich bin Melchior und urvo sehr dankbar für ihre nüchternen Beschreibungen dessen, was damals abgelaufen ist.
Wir sind hier in einer historischen Diskussion, nach wissenschaftlichen Maßstäben - nicht bei einer moralischen Bewertung (die ist m. E. ohnehin klar).


Mal als Vergleich: Wenn Mediziner sich über ein besonders bösartiges Krebsgeschwür unterhalten, dann tun sie das auch nüchtern und mit Beschreibung aller Details. Da muß nicht dazu gesagt werden, daß das eine schreckliche Krankheit ist und welches Leid der Betroffene und seine Angehörigen auszuhalten haben.
 
Aber trotzdem ist es sinnvoll, sich über die Details des Grenzregimes zu informieren, auch aus Sicht von Leuten, die dabei mitgemacht haben. Ich bin Melchior und urvo sehr dankbar für ihre nüchternen Beschreibungen dessen, was damals abgelaufen ist.
Wir sind hier in einer historischen Diskussion, nach wissenschaftlichen Maßstäben - nicht bei einer moralischen Bewertung (die ist m. E. ohnehin klar).
Da bin ich ganz deiner Meinung und dies habe ich in meinem ersten Beitrag zu dieser Thematik auch schon erwähnt. Siehe hier:
Entschuldigt, wenn ich das hier an diesen Punkt einwerfe. Auf der einen Seite finde ich es gut, daß so offen über die Arbeit an der damailgen DDR Grenze gesprochen wird. Damit können Vorurteile und Halbwahrheiten beseitigt werden, die zu einer lückenlosen historischen Aufklärung gerade in diesen sensiblen Bereich für das Aufarbeiten der DDR Vergangenheit wichtig sind.
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