Wie weit sind die Kelten nach Norden vorgestossen?

Nenn doch bitte mal deine Literatur, oder sind das deine höchstpersönlichen Analysen?

Genau deswegen habe ich den Wiki-Artikel zitiert, aber ich mache es gerne noch einmal, diesmal mit direkter Verknüpfung an die betreffende Stelle:
Die sieben Raben ? Wikipedia

Gerade neulich war ich an einer Märchen-Analyse-Sitzung, die die hiesige Kirche veranstaltet hatte, dort ist die Erzählerin auch zum Schluss gekommen, dass sich die sieben zu Raben verzauberten Brüder in einer Anderswelt befanden. Meine Wenigkeit ist unabhängig davon zum gleichen Schluss gekommen.
 
Genau deswegen habe ich den Wiki-Artikel zitiert, aber ich mache es gerne noch einmal, diesmal mit direkter Verknüpfung an die betreffende Stelle:
Die sieben Raben ? Wikipedia
Dann lies den Artikel doch bitte mal, da steht weder etwas von keltischer Mythologie noch von der keltischen Anderswelt, auf die Bezug genommen werden soll. Ganz zu schweigen davon, dass dieses oder andere Märchen keltischen Ursprungs wäre. Also, Butter bei die Fische: Literatur bitte.

Gerade neulich war ich an einer Märchen-Analyse-Sitzung, die die hiesige Kirche veranstaltet hatte, dort ist die Erzählerin auch zum Schluss gekommen, dass sich die sieben zu Raben verzauberten Brüder in einer Anderswelt befanden. Meine Wenigkeit ist unabhängig davon zum gleichen Schluss gekommen.
Sorry, zumindest ich akzeptiere das nicht als wissenschaftlichen Beleg, sofern es kein Skriptum zum entsprechenden Vortrag gibt, oder es sich bei der "Erzählerin" nicht um eine entsprechende namhafte Person der einschlägigen Forschung handelt.
 
Das ist fraglich. Eine Kontinuität zu heidnischen römischen Bräuchen ist unwahrscheinlich. Der Fasching ist erst ab dem Hochmittelalter nachweisbar.

Das wegen der Nachweisbarkeit stimmt. Dennoch stellt sich die Frage, woher die Bräuche rund um den Karneval kommen. Irgendwie passen solche Riten nicht in die strenge kirchliche Liturgie. Auf der einen Seite kommen heidnische Frühlingsrituale in Frage, auf der anderen Seite ist die Fasnacht (Karneval, Fasching) - genau wie die Saturnalien - eine verkehrte Welt.

Aelteste mir bekannte Urkunde: Karneval in Venedig, im Jahr 1094.
Karneval in Venedig ? Wikipedia
 
Dann: empfehle ich Dir, Dich z.B. mit altirischen Sagen zu befassen.

In diesem Zusammenhang ein exemplarisches Beispiel: kürzlich erschien ein Buch über keltischen Zauber:
Der Kessel der Götter: Handbuch der keltischen Magick. von Jan Fries.
Darin werden altirische Sagen analysiert:
- was für Zauber kommt vor?
- wer übt den Zauber aus?
- wen oder was trifft den Zauber?
- etc. etc.
Genau das ist die Krux: Man kann altirische Sagen nicht einfach mit dem antiken festländischen Keltentum gleichsetzen - nicht nur, weil sie erst Jahrhunderte später zu christlicher Zeit aufgezeichnet wurden.

OT:
Warum nicht, wenn sie hübsch ist...
Das sollte eine Art Astralreise werden. In der Anderswelt sollte ich dann mit meinem verstorbenen Vater plaudern können ... :pfeif:
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau das ist die Krux: Man kann altirische Sagen nicht einfach mit dem antiken Keltentum gleichsetzen - nicht nur, weil sie erst Jahrhunderte später zu christlicher Zeit aufgezeichnet wurden.

Das hat aber einen anderen Hintergrund: der "oberste Christianisator Irlands", der heilige Patrick, hat den Druiden damals erlaubt, die bisherigen Ueberlieferungen weiterzuführen, sie dürften stolz sein auf ihre Vergangenheit. Deshalb wurden die Ueberlieferungen weiter und weiter tradiert, bis sie dann viel später aufgeschrieben wurden. Dies muss muss noch lange nicht heissen, dass die Ueberlieferungen gefälscht wurden (es würde notabene keinen Sinn machen, eine Ueberlieferung zu fälschen, denn dann wäre es keine Ueberlieferung mehr). Zudem waren die Geistlichen - sowohl in keltischer als auch in christlicher Zeit - zusammen und haben gemeinsam Gedanken ausgetauscht. Lüge und Fälschung von angesehenen Geistlichen dürften sowohl zu christlicher als auch zu keltischer Zeit arg verpönt gewesen sein - denn dann wären sie wohl kaum mehr angesehene Geistliche...

Desweiteren gab es bereits zu keltischer Zeit die Tradition der mündlichen Ueberlieferungen - es war verboten, Schriftliches zu verfassen. Begründung: nur mit mündlicher Ueberlieferung kann man verhindern, dass Wissen in die Hände Unwürdiger kommt. Somit wurden nur solche, die als Würdige eingestuft wurden, eingeweiht. Deshalb wurde das Wissen nur mündlich weitergegeben und wir besitzen deshalb so wenige keltische Dokumente.

Die allermeisten altirischen Sagen dürften daher um Jahrhunderte älter sein, als sie aufgeschrieben wurden. Der heilige Patrick hat die Iren in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts christianisiert - die Sagen dürften aus der Zeit vorher stammen - aber wann exakt ist dann eine weitere Frage (wie weit sie zurückreichen). Immerhin handelt es sich um tradiertes Material, das - nüchtern analysiert - durchaus Rückschlüsse auf die damalige Geisteswelt/Mythologie zulässt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine bewusste (Ver-)Fälschung habe ich auch nicht unterstellt. Aber Überlieferungen verändern sich im Laufe der Jahrhunderte, vor allem, wenn sie nur mündlich weitergegeben werden, und insbesondere auch dann, wenn sich die herrschenden Glaubensvorstellungen verändern. Außerdem wurden die altirischen Sagen auch nicht von irgendwelchen Druiden aufgeschrieben, sondern von christlichen Mönchen.
Worauf ich eigentlich hinaus will, ist das:
- Wir wissen fast nichts darüber, wie sich die kontinentaleuropäischen Kelten die Anderswelt vorgestellt haben.
- Wir wissen eigentlich nichts Sicheres über die Entstehungsgeschichte des Märchens von den Sieben Raben.
- Folglich ist es hochgradig gewagt zu sagen, dass sich im Märchen von den Sieben Raben Mythen widerspiegeln, die wir nur von den Iren her genauer kennen. (Es sei denn natürlich, das Märchen wäre irischen Ursprungs, aber dafür gibt es mW keine Hinweise.)
 
Die allermeisten altirischen Sagen dürften daher um Jahrhunderte älter sein, als sie aufgeschrieben wurden. Der heilige Patrick hat die Iren in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts christianisiert - die Sagen dürften aus der Zeit vorher stammen - aber wann exakt ist dann eine weitere Frage (wie weit sie zurückreichen). Immerhin handelt es sich um tradiertes Material, das - nüchtern analysiert - durchaus Rückschlüsse auf die damalige Geisteswelt/Mythologie zulässt.
Ich weise auch darauf hin, dass es nicht nur eine zeitliche Differenz zwischen den altirischen Sagen und dem Keltentum in Kontinentaleuropa gibt, sondern auch eine geographische. Man kann nicht so ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Kelten immer und überall die gleichen Vorstellungen hatten. Es gibt z. B. genug keltische Götter, die nur regional verehrt worden zu sein scheinen.
Ich verweise zum Vergleich auch auf die Germanen: Der Glaube an Walhall z. B. scheint ein Spezifikum der Nordgermanen gewesen zu sein und auch erst im Frühmittelalter entstanden zu sein. Über die Jenseitsvorstellungen der heidnischen Kontinentalgermanen Jahrhunderte davor weiß man fast nichts. Die Goten dachten offenbar, dass die Toten unter Bergen fortleben.

Folglich sollte man sehr vorsichtig sein, wenn man in einem deutschen Märchen aus der irischen Mythologie bekannte Elemente wiederfinden möchte ...
 
Eine bewusste (Ver-)Fälschung habe ich auch nicht unterstellt. Aber Überlieferungen verändern sich im Laufe der Jahrhunderte, vor allem, wenn sie nur mündlich weitergegeben werden, und insbesondere auch dann, wenn sich die herrschenden Glaubensvorstellungen verändern. Außerdem wurden die altirischen Sagen auch nicht von irgendwelchen Druiden aufgeschrieben, sondern von christlichen Mönchen.

Die Christianisierung in Irland lief so ab, dass sich die damaligen Druiden zu christlichen Mönchen und christlichen Geistlichen bekehrten. Die Druiden sind also zum Christentum übergetreten. Dort war es ihnen vom Heiligen Patrick erlaubt, bisherige Traditionen weiterzuführen (z.B. das Weitererzählen von Ueberlieferungen).
Vermutlich war das die Taktik des Heiligen Patrick, denn somit konnten die Druiden ihr Gesicht wahren und mussten ihre (heidnische) Vergangenheit nicht verleugnen.

Worauf ich eigentlich hinaus will, ist das:
- Wir wissen fast nichts darüber, wie sich die kontinentaleuropäischen Kelten die Anderswelt vorgestellt haben.

Es ist mittlerweilen sprachlich [1] bewiesen, dass die Inselkelten von den Festlandkelten abstammen.

Es ist nicht so, dass wir von der kontinentalkeltischen Mythologie nichts wüssten. Immerhin kennen wir zig Götterinschriften.
Beim Gott Lug handelt es sich um einen Gott, der sowohl den Iren als auch den Festlandkelten bekannt war (z.B. Lyon, Leyden kommen von Lugdunum). Den Wagen- und Schmiedegott Gobannus gibt's auch bei den Inselkelten: Gobniu.

Offiziell können wir uns hinstellen und sagen "wir wissen nichts".
Man kann auch genauer hinschauen. Ich nenne da Beispiele:
Muttergöttinnen und Anderswelt-Fürsten - Salzburg-Magazin
Die Kelten | Der Riese Abfalter
Die Kelten | Hitt & Hittisberg
[MOD]Bitte keine fragwürdigen neopaganen Esoteriklinks[/MOD]
Die Kelten | Wien - St. Stephan

[1] Helmut Birkhan: Kelten: Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur, ISBN 3-7001-2609-3

- Wir wissen eigentlich nichts Sicheres über die Entstehungsgeschichte des Märchens von den Sieben Raben.

Nein, wissen wir nicht; und da es bekanntlich keine Zeitreisen gibt, werden wir das auch nie erfahren.
Was wir aber können, ist ein Märchen analysieren: was will uns das Märchen sagen? Welche Denkweise/Mythologie/Moralvorstellungen/Gesellschaftsvorstellungen widerspiegelt das Märchen?

- Folglich ist es hochgradig gewagt zu sagen, dass sich im Märchen von den Sieben Raben Mythen widerspiegeln, die wir nur von den Iren her genauer kennen. (Es sei denn natürlich, das Märchen wäre irischen Ursprungs, aber dafür gibt es mW keine Hinweise.)

Ich habe nicht behauptet, dass das Märchen irischen Ursprungs ist.
 
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Noch mal kurz zur Klimageschichte:
Ich habe das mal nachgeschlagen, eine Infografik findet sich hier:
http://www.nzz.ch/images/infografik_klimageschichte_fullSize_1.9146158.1295426375.jpg

Danach gibt es ein Klimadepressivum gegen 300 v. Chr., in dem die Durchschnittstemperatur um 1 Grad zurück ging. Möglicherweise könnte das mit der Wanderungsbewegung im Mittellatene zusammen hängen, der Zeit, in der keltische Söldner im Mittelmeerraum und im vorderen Osten gefragt waren. Als Ereignis ist damit in Deutschland zum Beispiel die Einführung der Münzen in Anlehnung an Münzen Alexanders verbunden.

Danke, Du hast damit eine Frage, die ich eigentlich stellen wollte, schon beantwortet.

Temperaturrückgang -> niedrigere Feuchtigkeitsaufnahme der Athmosphöfe -> sinkende Niederschläge -> Versteppung von Gebieten im Mittelgebirgsschatten (pannonische Tiefebenen, aber auch oberes Donaubecken) -> Rückgang des Ackerbaus -> Rückwanderung von Höhensiedlungen in die Täler (bessere Wasserversorgung, frühere Überschwemmungsgefahr nicht mehr gegeben) -> generelle Bevölkerungsabwanderung in wasserreichere / ackerbaugeeignete Gebiete. Das passt schon!



Insbesondere vor dem Hintergrurd, dass das obere Donaubecken eine sehr klimasensitive Region zu sein scheint. Ich errinere mich an Prognosen (um diese Uhrzeit bin ich zu faul, nach Belegen zu suchen), dass die globale Erwärmung Süddeutschland 'andalusische Verhältnisse', d.h. lange Sommer ohne Niederschläge mit Temperaturen an die 40 Grad bescheren wird. Wenn dann irgendwann noch die Alpengletscher komplett abgeschmolzen sind, und der derzeitige Wasserüberschuss (derzeit taut mehr ab, als nachregnet) abklingt, möchte ich nicht unbedingt in München oder Augsburg leben, geschweige denn südlich der Schwäbischen Alb Landwirt sein ...

Ich würde gern unter Berücksichtigung der Klimaentwicklung auf die Region zurückkommen, die vor einigen Seiten im Thread angesprochen wurde:
Die Höhensiedlungen am Übergang zur norddeutschen Tiefebene.

Wurde auf den Bergrücken, wo die Reste der diskutierten Höhensiedlungen gefunden wurden, denn Ackerbau betrieben?
Bis jetzt waren diese Höhensitze für mich eher Zentren für Handel, Handwerk, Speicher und evtl. Herrscher.
Wenn solche Zentren aufgegeben wurden, kann es doch nur einen indirekten Zusammenhang mit trockenen Phasen geben, denn Ackerbau wurde doch auch vorher nicht auf dem Hügel betrieben.
 
Laut Wiki ist der genannte Autor ein "deutscher Okkultist, Neoschamane, Natur- und Runenmagier".

Jan Fries ? Wikipedia

Dann erlaube ich mir, aus einer Bewertung [1] zu zitieren:

Der "Kessel der Götter" ist das erste Kelten-Buch im neuheidnisch-okkultem Bereich, das ich tatsächlich vom Herzen empfehlen kann.

Jan Fries macht das, was ich im Eso- und Neuheidenbereich oft vermisse: Er trennt zwischen Wissenschaft/Forschung/Fakten einerseits und seinem Zugang, seinem Glauben andererseits. Das ist äußerst lobenswert, und ich hoffe, dass sich zukünftige Autor/innen in dieser Sparte da was abschneiden.

Weiters hat er für einen Laien (ich meine in Bezug auf Keltologie) äußerst gut recherchiert. Er schreibt, was die Kelten betrifft, keinen Blödsinn, nicht das ewig gleiche Baum-Feen-Druiden-Umarm-Gesülze, sondern hat sich die für ihn wichtigen Fakten und Quellen angeguckt und basierend darauf sehr kreative magisch-religiöse Ideen fürs Hier und Heute entwickelt. So solls sein. Das nenn ich authentisch

Auszug aus einer weiteren Rezension:

Dieses Buch hat mich wirklich mehr als positiv überrascht. Es ist definitiv eines der fundiertesten Werke aus dem Bereich der keltischen Magie, vielleicht sogar das einzige, dass seinen Titel "keltisch" und "Magick" wirklich zu Recht tragen darf. Bei dieser extremen Flut von Büchern, die momentan den Markt zu diesem Thema überschwemmen und deren Inhalt meistens schlechter recherchiert ist, als jeder Artikel der Bildzeitung, glänzt dieses Buch in erster Linie durch die wirklich hervorragenden Recherchen des Autors. Sorgfältig hat er die vorhandenen Quellen, ärchäologische genauso wie die schriftlichen Quellen z.b. der antiken Autoren, aber auch die irische und walisische Mythologie herangezogen, und sie zu einem gelungen schlüssigen Gesamtbild zusammengesetzt

Danke für den Hinweis!
Das ist genau die Vereinnahmung und Verfälschung der "keltischen" Religion durch Esoteriker, die mich nicht nur aufregt, sondern heutzutage zu weitverbreiteten falschen Vorstellungen über das antike Keltentum führt.

=> zuerst sich ein Bild machen, dann urteilen. Siehe Rezensionen. Quelle: [MOD]Bitte keine Amazon-Links! Die Forenregeln gelten auch für dich![/MOD]
 
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Und was soll eine Laienrezension zur Reputation eines Autors im Vergleich zu einer wissenschaftlichen Beurteilung aussagen? Nichts... genau.
 
Die Christianisierung in Irland lief so ab, dass sich die damaligen Druiden zu christlichen Mönchen und christlichen Geistlichen bekehrten. Die Druiden sind also zum Christentum übergetreten. Dort war es ihnen vom Heiligen Patrick erlaubt, bisherige Traditionen weiterzuführen (z.B. das Weitererzählen von Ueberlieferungen).
Sofern man den Iren nicht unterstellen will, dass sie allesamt nur zum Schein zum Christentum übergetreten sind, ist anzunehmen, dass ihr neuer Glaube ihre Sicht auf die alten heidnischen Mythen verändert hat.
Das Hauptproblem ist und bleibt aber trotzdem, dass man nicht einfach davon ausgehen kann, dass sich ein Stoff im Laufe von jahrhundertelanger mündlicher Überlieferung nicht verändert. (Man siehe nur, was aus verschiedenen Ereignissen der Völkerwanderungszeit in der deutschen und nordischen Sagendichtung wurde! Man siehe auch, was aus verschiedenen Ereignissen zur Zeit der römischen Herrschaft über Britannien in den folgenden Jahrhunderten in der britischen Überlieferung wurde!) Zwischen der Zeit, als die keltische Kultur in Gallien oder gar in Süddeutschland noch lebendig war, und der Zeit, als die irischen Sagen in Irland schriftlich fixiert wurden, liegt eine große räumliche und zeitliche Distanz. Die irischen Sagen, wie sie uns erhalten sind, geben also nicht einmal zuverlässig Auskunft über die keltische Mythologie in Britannien zur Zeit Caesars, geschweige denn in Gallien oder gar Noricum.

Es ist mittlerweilen sprachlich [1] bewiesen, dass die Inselkelten von den Festlandkelten abstammen.
Das habe ich auch nicht bestritten, nur dass die keltische Kultur über Jahrhunderte und hunderte Kilometer hinweg gleich geblieben wäre.

Es ist nicht so, dass wir von der kontinentalkeltischen Mythologie nichts wüssten. Immerhin kennen wir zig Götterinschriften.
Beim Gott Lug handelt es sich um einen Gott, der sowohl den Iren als auch den Festlandkelten bekannt war (z.B. Lyon, Leyden kommen von Lugdunum). Den Wagen- und Schmiedegott Gobannus gibt's auch bei den Inselkelten: Gobniu.
Ein schönes Beispiel dafür, wie vorsichtig man mit Rückschlüssen sein muss, ist die Göttin Brigid: In der irischen Mythologie ist sie die Göttin der Dichtkunst. Als solche wurde sie von den antiken Kelten aber vermutlich nicht verehrt, sondern sie geht wohl auf die antike Kriegsgöttin Brigantia zurück.

Was wir aber können, ist ein Märchen analysieren: was will uns das Märchen sagen? Welche Denkweise/Mythologie/Moralvorstellungen/Gesellschaftsvorstellungen widerspiegelt das Märchen?
Wir sollten aber auch nicht zu viel hineininterpretieren. Nicht jedes Märchen hat eine jahrhundertealte Tradition, und nicht jedes hat eine bestimmte Aussage. Vor allem aber sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass alle nicht quellenmäßig belegten Vermutungen und Deutungen nur Spekulationen ohne Beweiskraft sind.

Ich habe nicht behauptet, dass das Märchen irischen Ursprungs ist.
Aber dass es Elemente der irischen Mythologie enthält.
 
Sofern man den Iren nicht unterstellen will, dass sie allesamt nur zum Schein zum Christentum übergetreten sind, ist anzunehmen, dass ihr neuer Glaube ihre Sicht auf die alten heidnischen Mythen verändert hat.
Das Hauptproblem ist und bleibt aber trotzdem, dass man nicht einfach davon ausgehen kann, dass sich ein Stoff im Laufe von jahrhundertelanger mündlicher Überlieferung nicht verändert. (Man siehe nur, was aus verschiedenen Ereignissen der Völkerwanderungszeit in der deutschen und nordischen Sagendichtung wurde!

Ich gehe nicht davon aus, dass die Iren nur im Schein zum Christentum übergetreten sind.
Im Umkehrsinne kann ich in den altirischen Ueberlieferungen auch keine Christliche Mythologie / Botschaft erkennen. Somit fällt eine Christliche Verfärbung weg.

Es wäre noch diskutierbar, ob vielleicht durch unabsichtliches Handeln (Gedächtnislücken) oder sonstige aktuelle Einflüsse die Geschichten verändert wurden. Natürlich kann man so etwas nicht ausschliessen. Diese Annahme steht aber im Widerspruch zu der damaligen Tradition, dass man bisherige Ueberlieferungen so originalgetreu wie nur möglich wiedergab. Somit ist davon auszugehen, dass wir einen ziemlich 'eingefrorenen' Stand der Ueberlieferungen haben, da ja das Christentum auf einer ganz anderen Schiene lief und die bisherige Vergangenheit nicht tangierte: was war, das war, daran hat auch das Christentum nichts ändern können, obwohl es dies natürlich am liebsten getan hätte (d.h. die heidnische Vergangenheit am liebsten gänzlich ausgelöscht hätte).

Man siehe auch, was aus verschiedenen Ereignissen zur Zeit der römischen Herrschaft über Britannien in den folgenden Jahrhunderten in der britischen Überlieferung wurde!) Zwischen der Zeit, als die keltische Kultur in Gallien oder gar in Süddeutschland noch lebendig war, und der Zeit, als die irischen Sagen in Irland schriftlich fixiert wurden, liegt eine große räumliche und zeitliche Distanz. Die irischen Sagen, wie sie uns erhalten sind, geben also nicht einmal zuverlässig Auskunft über die keltische Mythologie in Britannien zur Zeit Caesars, geschweige denn in Gallien oder gar Noricum.

Ich glaube, Du hast mich grundsätzlich falsch verstanden: ich behaupte nicht, dass man die irische Mythologie glattweg in die Kontinentalkeltische Mythologie 1 : 1 übersetzen kann. Sie ist aber ein sehr guter Einstiegspunkt, weil
a) sie sehr reichhaltig ist (im Vergleich zu anderen keltischen Mythologien)
b) sie ziemlich unverfälscht ist

Ohne die irische Mythologie wüssten wir vielleicht nicht einmal, dass Lug ein keltischer Gott war. Wer die irisch-keltische Mythologie versteht, der kann sich dann an die kontinental-keltische Mythologie herantasten, wohl im Bewusstsein, dass man Vergleiche immer auch kritisch hinterfragen muss, denn in derjenigen Mythologie, die zu Keltenzeit in Irland bestand, dürfte es auch vorkeltische Elemente gegeben haben und auch "Eigenkreationen".

Ein schönes Beispiel dafür, wie vorsichtig man mit Rückschlüssen sein muss, ist die Göttin Brigid: In der irischen Mythologie ist sie die Göttin der Dichtkunst. Als solche wurde sie von den antiken Kelten aber vermutlich nicht verehrt, sondern sie geht wohl auf die antike Kriegsgöttin Brigantia zurück.

Da möchte ich Dich zu Vorsicht mahnen: in England gibt es einen Fluss namens Brent, welcher auf Brigantia zurückgeführt wird. Brigid oder auch Brigantia bedeutet in der keltischen Sprache die Erhabene; es könnte sich um eine Umschreibung (Kosenamen, Preisenamen oder ähnlich) handeln. Dass Götter/Göttinnen multifunktional sein können, ist hinlänglich bekannt. Bei den Griechen war Hermes (nebst Götterbote) auch Gott der Händler und der Diebe: was nun, wenn ein Händler von einem Dieb bestohlen wurde?

Wir sollten aber auch nicht zu viel hineininterpretieren. Nicht jedes Märchen hat eine jahrhundertealte Tradition, und nicht jedes hat eine bestimmte Aussage. Vor allem aber sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass alle nicht quellenmäßig belegten Vermutungen und Deutungen nur Spekulationen ohne Beweiskraft sind.

Ich bin da anderer Meinung: man kann Märchen systematisch analysieren und vergleichen. Bei der Interpretation wird es wohl divergierende Meinungen geben.

Aber dass es Elemente der irischen Mythologie enthält.

Nein, das habe ich weder behauptet, noch je geglaubt. Höchstens, dass es keltische Mythologie beinhaltet.
 
Nein, das habe ich weder behauptet, noch je geglaubt. Höchstens, dass es keltische Mythologie beinhaltet.
Damit wären wir wieder beim Ausgangspunkt unserer Exkurs-Diskussion angelangt: Fast alles, was wir über die "Anderswelt" wissen, stammt aus der irischen Mythologie. Inwieweit die Kelten im heutigen Mitteleuropa diese "Anderswelt"-Vorstellung teilten, muss Spekulation bleiben. (Dass Jenseitsvorstellungen räumlich und im Laufe der Zeit variieren können, habe ich mit dem Beispiel mit Walhall und den Germanen gezeigt. Auch da haben die Germanentümler des 19. Jhdts. den Fehler gemacht, die nordischen Jenseitsvorstellungen, wie wir sie aus Edda & Co. kennen, einfach auf die antiken Germanen Deutschlands zu übertragen.) Unser Wissen über die metaphysischen Vorstellungen der antiken Kelten aus antiken Quellen ist leider ausgesprochen dürftig.

Diese Annahme steht aber im Widerspruch zu der damaligen Tradition, dass man bisherige Ueberlieferungen so originalgetreu wie nur möglich wiedergab. Somit ist davon auszugehen, dass wir einen ziemlich 'eingefrorenen' Stand der Ueberlieferungen haben
Mit der Absicht wirst Du recht haben. Allerdings hat dieses "Einfrieren" in Bereichen, wo wir überprüfen können, inwieweit die Überlieferung mit der Realität übereinstimmt, auch nicht funktioniert. Ich spreche davon, was aus der römischen Geschichte Britanniens in der Überlieferung gemacht wurde. Wenn da die Überlieferung (Carausius als Zeitgenosse und Gegner Caracallas etc.) unsere einzige Quelle wäre, dann gute Nacht!

Brigid oder auch Brigantia bedeutet in der keltischen Sprache die Erhabene; es könnte sich um eine Umschreibung (Kosenamen, Preisenamen oder ähnlich) handeln. Dass Götter/Göttinnen multifunktional sein können, ist hinlänglich bekannt. Bei den Griechen war Hermes (nebst Götterbote) auch Gott der Händler und der Diebe: was nun, wenn ein Händler von einem Dieb bestohlen wurde?
Hermes war in der griechischen Mythologie sowohl der Gott der Händler als auch der Diebe. Brigid hingegen hatte nichts mit Krieg zu tun. Wenn man von ihr also auf Brigantia schließen würde, käme man zu einer falschen Vorstellung.

Ich bin da anderer Meinung: man kann Märchen systematisch analysieren und vergleichen.
Können natürlich. Nur läuft man immer Gefahr, mehr hineinzuinterpretieren als drinnen steckt.
 
Ich würde gern unter Berücksichtigung der Klimaentwicklung auf die Region zurückkommen, die vor einigen Seiten im Thread angesprochen wurde:
Die Höhensiedlungen am Übergang zur norddeutschen Tiefebene.

Wurde auf den Bergrücken, wo die Reste der diskutierten Höhensiedlungen gefunden wurden, denn Ackerbau betrieben?
Bis jetzt waren diese Höhensitze für mich eher Zentren für Handel, Handwerk, Speicher und evtl. Herrscher.
Wenn solche Zentren aufgegeben wurden, kann es doch nur einen indirekten Zusammenhang mit trockenen Phasen geben, denn Ackerbau wurde doch auch vorher nicht auf dem Hügel betrieben.

Wenn es häufiger regnet, steigt zum einen die Überschwemmungsgefahr im Tal, zum anderen kann ich auf dem Hügel Regenwasser sammeln, und muss die Kinder nicht täglich ewig weit zum Wasserholen schicken. Bei relativer Trockenheit und/oder regelmäßigen längeren Dürreperioden allerdings komme ich schon ins Grübeln, ob mir der Fernblick wirklich das tägliche Gelatsche zum Fluss wert ist.

Ganz abgesehen davon, dass es ja vielleicht so trocken wird, dass ich den Ackerbau aufgeben und wieder zum Viehzüchter werden muss. Und Handwerk treiben (Schmiederei, Gerberei) weit ab vom Wasser macht nun wirklich keinen Spass. Wenn es dann auch nioch den Eichen und Buchen zu trocken wird, ich keine Gerbmittel und kein ordentliches Feuerholz mehr bekomme, dann bin ich vielleicht endgültig reif für die Insel ..

Am Mittelgebirgsrand kommt wohl noch der germanische Druck dazu. Ich habe weiter oben in diesem Thread schon mal (mit Link) auf die Ausgrabungen in Isingerode (nördl. Goslar) verwiesen, nach denen die dortige Höhenbefestigung, mit Handelsspuren nach Pannonien und Südwestdeutschland, und klarer Verteidigungsausrichtung Richtung Norden, so um das 8. Jh. v. Chr. nach starkem Brand aufgegeben wurde. Die Hoffnung, dass die hier mitschreibenden Keltenexperten diesen Befund einordnen und bewerten würden, hat sich allerdings bislang nicht erfüllt.
 
=> zuerst sich ein Bild machen, dann urteilen.

Habe ich getan, siehe Wikipedia-Link oben. Wenn er ein ernstzunehmender Wissenschaftler wäre, hätte er es nicht nötig, in Verlagen zu publizieren, dessen Bücher zu Recht in kaum einer Uni-Bibliothek stehen dürften. Mir zu unterstellen, ich hätte mir kein Bild gemacht, ist nicht nur eine Frechheit, sondern DIE Standardstrategie, die Esoteriker anwenden, wenn ihnen sonst nichts mehr zu ihrer Verteidigung einfällt.
 
=> zuerst sich ein Bild machen, dann urteilen. Siehe Rezensionen.

Welche Rezensionen? Bei Amazon werden die Bewertungen zwar alle hochgestochen Rezensionen genannt, dort kann jedoch jeder Dahergelaufene sein Nichtwissen versprühen. Die von dir zitierten Äußerungen sind keine wirkliche Ausnahme:

... Buch im neuheidnisch-okkultem Bereich
Aha, neuheidnisch sowie okkult - das sagt doch bereits einiges!


... für einen Laien ... äußerst gut recherchiert.
Ein sehr zweischneidiges Lob, um es mal freundlich zu formulieren. Daß der Bewerter dies nicht sieht und ganz offenbar der Meinung ist, den Autoren hier über den grünen Klee zu bauchpinseln, sagt nun wiederum ... einiges!


... hat sich die für ihn wichtigen Fakten und Quellen angeguckt
Ach schau, ja das für ihn Wichtige immerhin hat er angeschaut und bei allem, was ihm nicht paßte, gezielt weggesehen und ignoriert. So etwas nennt man dann bestenfalls Pseudowissenschaft.


und basierend darauf sehr kreative magisch-religiöse Ideen
'Kreativ' ist der Autor geworden? Mit anderen Worten: er hat was zusammenfantasiert, das mit keiner seriösen Forschung übereinstimmt, aber es gefiel ihm doch so gut.


fürs Hier und Heute entwickelt.
Nun haut uns der - äh: Bewerter auch noch esoterische Floskeln um die Ohren....

Wie meinen? Dieses auf Fantasie und Spekulatius basierende Vorgehen wird nun auch noch hochgelobt und zur einzig angemessenen Herangehensweise erklärt?


Das nenn ich authentisch
Und das ist die Höhe! Man möchte dem Schreiberling ja gerne ein Fremdwörterlexikon reichen, auf daß er sich belese... Allein, er gibt ja nur den Begriff 'authentisch' so wieder, wie er in der Eso-Szene verstanden wird.

Und dann kommt auch noch der werte Forenfreund megatrend daher und zickt uns an, weil jaja, nur Wissenschaftler etwas wissen und Laien nix. Nun, in *dem* Beitrag hatten wir schon mal drei Laien zusammen und konnten uns überzeugen, wieviel Kenntnisse da so zusammenfinden. Im übrigen wird auch dieses 'Argument' bei Esoterikern etc pp gerne eingesetzt, um die eilfertige Versicherung zu provozieren, natürlich könnten auch Laien 'etwas wissen'. Schon, aber ganz offensichtlich nicht alle. Im esoterischen Bereich zb möchte man gar nicht wissen, sondern paßt die Realität lieber den Fantasien an, was im zweiten Schritt völlig unangemessen zum 'Wissen' erhoben wird (und meist als 'uraltes Wissen' den esoterischen Ritterschlag erhält).


Wer es jedoch fertigbekommt, im einen Beitrag jegliche Esoterik weit von sich zu weisen, garniert mit Motz-Smilie, um dann im Beitrag darauf ein okkultes Machwerk anzupreisen, muß sich die Frage gefallen lassen, ob er uns vielleicht verhintern möchte. Zumal wir mit dieser Diskussion nicht gerade die erste Gelegenheit zu fassen haben, bei der du in solcher oder ähnlicher Weise vorgehst bzw argumentierst.
 
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