König Arthus - Mythos einer bretonisch-normannischen "Reconquista"?

War Cornwall überhaupt an der Schlacht von Hastings beteiligt?

Mir ist kein eigenständiges Fürstentum Cornwall im 11. Jahrhundert bekannt. Vielmehr dürfte diese Region mit dem Aufstieg von Wessex zum im 9. Jahhrhundert bis spätestens Alfred dem Großen so langsam unter angelsächsische Herrschaft geraten sein.
 
In 936 wurde durch Äthelstan noch die Grenze zwischen Wessex und Cornwall festgelegt, ob Wessex danach weiter nach Westen expandierte, bleibt unklar. Wobei die "Könige" von Cornwall wohl ohnehin die Oberhoheit der Angelsachsen anerkennen mussten. Ob es einen König Cadoc in 1066 noch gab oder nicht, ist ebenso unklar. Aber es gab verwandschaftliche Beziehungen zur Herrschaft von Cornouaille in der Bretagne und sicherlich eine nicht-angelsächsische Bevölkerung. Cornwall hielt auch noch lange einen gewissen Sonderstatus und einige Bedeutung, noch zu erkennen, als Richard von Cornwall zum deutschen König gewählt wurde.
Die Verwandtschaft der Bretonen zu den Cornen zu betonen um Unterstützung zu erhalten, war aus normannischer Sicht sicherlich sinnvoll.
 
eine Verständnisrückfrage:

ist der Ausdruck "Artus-Mythos als propagandistisches Mittel" so zu verstehen, daß der Artus-Mythos zu Propaganda-Zwecken erfunden bzw. verfaßt wurde, oder daß er zu Propagandazwecken verwendet wurde?

Letzteres. Verwendet und ausgestaltet. Denn Auffällig ist, dass er sich nach der Erstnennung im 9. Jhdt. durch den Waliser Nennius sich im normannischen Bereich dann ab dem 12. Jhdt. so richtig zu entwickeln scheint.

Unter literaturgeschichtlicher (auch stoffgeschichtlicher) Perspektive müsste diese Propaganda ja als einzigartig betrachtet werden: wo gibt es sonst Propaganda, die zu Epen verarbeitet wird?

- Rolandslied und der daran hängende Stoffkreis um KdG und Turpin
- Cid-Epos, Epos von Bernhard von Carpio
- Wolfram von Eschenbachs Parzival ist/war in der Diskussion, ob es sich nicht um eine propagandistische Schrift handelte, die den Konflikt zwischen Angevinen und Staufern thematisierte

Oder ist nicht wahrscheinlicher, dass den späteren mittelalterlichen Literaten die vermeintliche Propaganda gar nicht bekannt war, sondern eben nur der Artus-Gral-Tafelrunde Stoff?

Der Artus-Sagenkreis und der Gral-Sagenkreis, die eher locker miteinander verbunden sind, entwickeln sich doch zu dieser Zeit erst voll.
 
Cornwall hielt auch noch lange einen gewissen Sonderstatus und einige Bedeutung, noch zu erkennen, als Richard von Cornwall zum deutschen König gewählt wurde.

Richard of Cornwall wurde zum deutschen König gewählt weil er der Bruder König Heinrichs III. war, aber sicher nicht weil er Earl of Cornwall war. Welche Rolle sollte den diese Landschaft bei seiner Wahl gespielt haben?

Cornwall war seit der Normannischen Invasion auch nur eines von vielen Earldoms, die Wilhelm und seine Nachfolger für ihre Gefolgschaft eingerichtet haben. Es wurde in den ersten Jahrhunderten noch nicht einmal bevorzugt an Mitglieder des Königshauses vergeben, das wurde erst ab dem 14. Jahrhundert zur Gewohnheit. Was die angebliche Sonderstellung dieses Landes unter den normannischen und angevinischen Königen angeht, so wurde laut Domesday Book der einheimische cornische (und angelsächsische!) Landadel dort nach der Invasion beseitigt und durch normannische Barone erstetzt, allen voran mit dem Halbbruder des Eroberers. Wilhelm verfuhr also hier genauso wie im restlichen angelsächsischen Königreich auch. Da frag ich mich, wozu man eigens einen Arthus-Mythos als legitimierendes Element heranziehen sollte, wenn man die politisch relevanten Kreise, die damit angesprochen werden sollten, sowieso beseitigte. Das einfache Volk selbst hatte damals darüber bekanntlich gar nichts zu melden.

Andere Grafschaften in England besaßen übrigens noch lange Zeit einen weit höheren Sonderstatus, bzw. eine politisch exponierter Stellung innerhalb des englischen Feudalgefüges als Cornwall. Wie bspw. York, das sich aus seiner Vergangenheit als dänisches Königreich eine Rolle als Hauptstadt des Nordens erhalten konnte. Oder die walisischen Grenzmarken (Pembroke, Gloucester, Chester, Hereford, Shrewsbury), die nahezu autonom waren und besonders in den englischen Verfassungskonflikten des 13. Jahrhunderts eine herausragende Rolle spielten.
 
Nun, El Quichote, wo stammt denn die Behauptung, es wäre Propaganda gewesen, her?
Das die Lieder über die Schlachten gegen die Sachsen gesungen wurden, um die "Stimmung zu heben", gut, so es sie denn auf bretonisch gab, möglich.

So nach dam Motto :
Damals habt ihr sie auch besiegt
 
..... beachtliche Streitmacht von Bretonen. Die Normannen bildeten die Reiterei, die Bretonen die Infanterie des Invasionsheeres. Angeblich sollen die Bretonen vor der Schlacht ein Lied über König Artus vorgetragen bekommen haben.
Das von mir fett markierte ist eine Behauptung aus einer ungenannten Quelle.
 
Keine Behauptung, sondern eine Frage, ein Diskussionsanreiz.
auf jeden Fall ist Propaganda im (noch) frühen Mittelalter, also Mitte des 11. Jhs., eine reizvolle Fragestellung, und das umso mehr, wenn das Medium der Propaganda literarisch ist (Heldenlieder etc.) - denn da stellen sich Fragen:
- wer konstruiert die "propagandistischen" Heldenlieder?
- sind es Auftragsarbeiten?
- an welchen Personenkreis sind sie gerichtet?
- worauf kann rekurriert werden bzw. was kann vorausgesetzt werden, damit die Botschaft der "Propaganda" auch ankommt?
- warum just weltliche literarische Formen wählen, wenn es doch auch via Predigten geht? (Bernhard von Clairvaux)
 
Richard of Cornwall wurde zum deutschen König gewählt weil er der Bruder König Heinrichs III. war, aber sicher nicht weil er Earl of Cornwall war. Welche Rolle sollte den diese Landschaft bei seiner Wahl gespielt haben?

Cornwall war seit der Normannischen Invasion auch nur eines von vielen Earldoms, die Wilhelm und seine Nachfolger für ihre Gefolgschaft eingerichtet haben. Es wurde in den ersten Jahrhunderten noch nicht einmal bevorzugt an Mitglieder des Königshauses vergeben, das wurde erst ab dem 14. Jahrhundert zur Gewohnheit. Was die angebliche Sonderstellung dieses Landes unter den normannischen und angevinischen Königen angeht, so wurde laut Domesday Book der einheimische cornische (und angelsächsische!) Landadel dort nach der Invasion beseitigt und durch normannische Barone erstetzt, allen voran mit dem Halbbruder des Eroberers. Wilhelm verfuhr also hier genauso wie im restlichen angelsächsischen Königreich auch. Da frag ich mich, wozu man eigens einen Arthus-Mythos als legitimierendes Element heranziehen sollte, wenn man die politisch relevanten Kreise, die damit angesprochen werden sollten, sowieso beseitigte. Das einfache Volk selbst hatte damals darüber bekanntlich gar nichts zu melden.

Andere Grafschaften in England besaßen übrigens noch lange Zeit einen weit höheren Sonderstatus, bzw. eine politisch exponierter Stellung innerhalb des englischen Feudalgefüges als Cornwall. Wie bspw. York, das sich aus seiner Vergangenheit als dänisches Königreich eine Rolle als Hauptstadt des Nordens erhalten konnte. Oder die walisischen Grenzmarken (Pembroke, Gloucester, Chester, Hereford, Shrewsbury), die nahezu autonom waren und besonders in den englischen Verfassungskonflikten des 13. Jahrhunderts eine herausragende Rolle spielten.


Es spricht also nicht für die Bedeutung eines Gebietes, wenn es an Brüder des jeweiligen Regenten vergeben wird ?

Aber das wird allmählich OT.
 
...ist eine Behauptung aus einer ungenannten Quelle.

Ich denke, dann sollte man mal anfangen die Quellen zu prüfen. Im Carmen de Hastingae Proelio des Bischofs Guido von Amiens (11. Jahrhundert) wird jedenfalls nichts von einem Arthuslied berichtet. Auch Ordericus Vitalis (Historia Ecclesiastica, frühes 12. Jahrhundert), der sich in seiner Beschreibung im Wesentlichen auf Guillaume de Poitiers (Gesta Willelmi ducis Normannorum et Regis Anglorum, spätes 11. Jahrhundert) stützt, ebenso wenig. William of Malmesbury widmete sich in seiner Gesta regnum Anglorum (Mitte 12. Jahrhundert) zwar der vermeintlichen Herrschaftszeit des König Arthus über Britannien, aber von einem Arthuslied bei Hastings weis auch er nichts zu berichten, wohl aber wie die Normannen das Rolandslied(!) anstimmten, bevor sie sich in den Kampf warfen.

Die Erweiterung der Gesta Normannorum Ducum des Guillaume de Jumièges durch Ordericus Vitalis und Robert de Torigny (12. Jahrhundert) habe ich noch nicht einlesen können.

Stilicho schrieb:
Es spricht also nicht für die Bedeutung eines Gebietes, wenn es an Brüder des jeweiligen Regenten vergeben wird ?

Im Fall von Cornwall sicher nicht. Dieser Landstrich hatte im mittelalterlichen England kaum eine strategische und deshalb politische Bedeutung, wie bspw. die walisischen Marken oder Northumberland als Grenzland zu Schottland. Cornwall diente in erster Linie zur finanziellen Versorgung von Königsbrüdern, oder aber auch für königliche Favoriten (Gaveston, Despencer). Politisch spielte sich dort aber eigentlich nichts ab.
 
Im Fall von Cornwall sicher nicht. Dieser Landstrich hatte im mittelalterlichen England kaum eine strategische und deshalb politische Bedeutung, wie bspw. die walisischen Marken oder Northumberland als Grenzland zu Schottland. Cornwall diente in erster Linie zur finanziellen Versorgung von Königsbrüdern, oder aber auch für königliche Favoriten (Gaveston, Despencer). Politisch spielte sich dort aber eigentlich nichts ab.

Cornwall scheint vor allem eine symbolische Bedeutung für die englische Krone zu haben.
Noch heute kann nur der älteste Sohn des amtierenden Königs Herzog von Cornwall werden, eine Regelung, die so strikt für kein weiteres Herzogtum existiert.
 
Letzteres. Verwendet und ausgestaltet. Denn Auffällig ist, dass er sich nach der Erstnennung im 9. Jhdt. durch den Waliser Nennius sich im normannischen Bereich dann ab dem 12. Jhdt. so richtig zu entwickeln scheint.

"Artus" taucht erstmals in der anonymen "Historia Britonum" im 9. Jh. auf, wo im Kapitel 56 - Arthuriana - berichtet wird, wie der dux bellorum Arthur gemeinsam mit den Königen der Briten die Sachsen bekämpfte. Danach verdichtet sich der Artur-Mythos, kommt in Geoffrey von Monmouth "Histororia regum Britanniae" zu Beginn des 12. Jh. zu einem gewissen Höhepunkt, der sich in den Artusromanen fortsetzt. Schöpfer des eigentlichen Artusromans ist Chrétien de Troyes in der zweiten Hälfte des 12. Jh.

Chrétiens des Troyes schweigt sich über seine Quellen aus, sodass einige Wissenschaftler die Vermittlerrolle bei den Bretonen des Festlands sehen, andere hingegen der Meinung sind, der Artusstoff sei über die bretonischen Kelten zu den Normannen und von denen dann nach England gelangt. Ebenso gut könnte der Artus-Mythos aber auch über Geoffrey von Monmouth und die britische Normannenherrschaft an die französischen Autoren der Artusromane gelangt sein.

Für eine propagandistische Instrumentalisierung des Artus-Mythos ergeben sich allerdings nach meiner Meinung keine stichhaltigen Beweise.
 
Ich denke, dann sollte man mal anfangen die Quellen zu prüfen. Im Carmen de Hastingae Proelio des Bischofs Guido von Amiens (11. Jahrhundert) wird jedenfalls nichts von einem Arthuslied berichtet. Auch Ordericus Vitalis (Historia Ecclesiastica, frühes 12. Jahrhundert), der sich in seiner Beschreibung im Wesentlichen auf Guillaume de Poitiers (Gesta Willelmi ducis Normannorum et Regis Anglorum, spätes 11. Jahrhundert) stützt, ebenso wenig. William of Malmesbury widmete sich in seiner Gesta regnum Anglorum (Mitte 12. Jahrhundert) zwar der vermeintlichen Herrschaftszeit des König Arthus über Britannien, aber von einem Arthuslied bei Hastings weis auch er nichts zu berichten, wohl aber wie die Normannen das Rolandslied(!) anstimmten, bevor sie sich in den Kampf warfen.

Eine positive Bestätigung dieser Behauptung habe ich auch nicht ausmachen können, lediglich über den Barden Taillefer, was du auch schon wiedergibst:

Taillefer, qui mult bien chantout,
sor un cheval qui tost alout,
devant le duc alout chantant
de Karlemaigne e de Rollant,
e d'Oliver e des vassals
qui morurent en Rencesvals.

Bei William von Malmesbury gibt es aber noch folgende Stelle, die zwar nicht positiv von dem Vortrag des Artus-Mythos bei Hastings berichtet, aber immerhin postiv berichtet, dass die Artus-Figur unter den Briten verbreitet ist, wenn William auch meint, dass dies in einer lächerlich-verträumten Weise der Fall sei und das Artur eine geeignetere Form des Gedenkens verdient hätte:

"Hic est Artur de quo britonum nugae hodieque delirant, dignus plane quem non fallaces somniarent fabulae sed ueraces predicarent historiae."
 
"Artus" taucht erstmals in der anonymen "Historia Britonum" im 9. Jh. auf, wo im Kapitel 56 - Arthuriana - berichtet wird, wie der dux bellorum Arthur gemeinsam mit den Königen der Briten die Sachsen bekämpfte.

Das ist der Nennius-text.

Für eine propagandistische Instrumentalisierung des Artus-Mythos ergeben sich allerdings nach meiner Meinung keine stichhaltigen Beweise.

Genau das ist es ja, was ich hier diskutieren möchte, ob dem so ist, oder nicht.
Meines Dafürhaltens ist die antiangelsächsische Haltung des älteren Artussagenkreises und das Aufleben der Artus-Mythologie, positiv feststellbar einige Jahrzehnte nach der normannischen Eroberung, durch normannische Schreiber auffällig.
 
Meines Dafürhaltens ist die antiangelsächsische Haltung des älteren Artussagenkreises und das Aufleben der Artus-Mythologie, positiv feststellbar einige Jahrzehnte nach der normannischen Eroberung, durch normannische Schreiber auffällig.

Da dem Artus-Mythos der Kampf gegen Angeln und Sachsen zu grunde liegt, ist seine Tendenz zwangsläufig anti-angelsächsisch. Dafür muss man keine propagandistische Inanspruchnahme konstruieren.
 
Genau das ist es ja, was ich hier diskutieren möchte, ob dem so ist, oder nicht.
Meines Dafürhaltens ist die antiangelsächsische Haltung des älteren Fragenkreises und das Aufleben der Artus-Mythologie, positiv feststellbar einige Jahrzehnte nach der normannischen Eroberung, durch normannische Schreiber auffällig.
Dass der Artussagenkreis antiangelsächsisch geprägt war, ist doch nicht weiter verwunderlich, immerhin soll Artus gegen die germanischen Invasoren gekämpft haben, zumindest brachten ihn die ältesten walisischen Quellen schon mit der Schlacht am Mons Badonicus in Zusammenhang. Wenn schon, dann ist eher das Gegenteil auffällig, nämlich dass dieser Aspekt im Hochmittelalter zugunsten einer Fülle sonstiger Geschichten rund um Artus in den Hintergrund rückte, der angebliche Propagandawert also vernachlässigt wurde.

Du hast auch selbst schon darauf hingewiesen, dass der Artus-Mythos für das normannische England erst mehrere Jahrzehnte nach der Eroberung nachweisbar ist. Ein langer Zeitraum. Wenn die Eroberer ihn wirklich zu Propagandazwecken verwendet hätten, hätten sie doch gleich nach der Eroberung für eine möglichst intensive Verbreitung sorgen müssen. Dass es davon keinerlei Spuren gibt, beweist zwar nicht, dass es nicht so war, legt es aber auch nicht gerade nahe.
 
Da dem Artus-Mythos der Kampf gegen Angeln und Sachsen zu grunde liegt, ist seine Tendenz zwangsläufig anti-angelsächsisch. Dafür muss man keine propagandistische Inanspruchnahme konstruieren.

Aber warum lebt dieser Mythos in normannischer Zeit, durch normannische Dichter auf, kurz nachdem die Normannen den Angelsachsen die Herrschaft entrissen haben?

Dass der Artussagenkreis antiangelsächsisch geprägt war, ist doch nicht weiter verwunderlich, immerhin soll Artus gegen die germanischen Invasoren gekämpft haben, zumindest brachten ihn die ältesten walisischen Quellen schon mit der Schlacht am Mons Badonicus in Zusammenhang.

Dass das verwunderlich sei, wurde auch nie behauptet. Nochmal die Frage: Warum blüht ein bretonischer/britischer antiangelsächsischer Mythos unter normannischer Feder kurz nach einer antiangelsächsischen normannischen Usurpation auf?


Wenn schon, dann ist eher das Gegenteil auffällig, nämlich dass dieser Aspekt im Hochmittelalter zugunsten einer Fülle sonstiger Geschichten rund um Artus in den Hintergrund rückte, der angebliche Propagandawert also vernachlässigt wurde.

Naja, der Stoff wandert halt und erfährt Umgestaltungen, ähnliches lässt sich im Nibelungensagenkreis auch wunderschön beobachten.


Du hast auch selbst schon darauf hingewiesen, dass der Artus-Mythos für das normannische England erst mehrere Jahrzehnte nach der Eroberung nachweisbar ist. Ein langer Zeitraum. Wenn die Eroberer ihn wirklich zu Propagandazwecken verwendet hätten, hätten sie doch gleich nach der Eroberung für eine möglichst intensive Verbreitung sorgen müssen. Dass es davon keinerlei Spuren gibt, beweist zwar nicht, dass es nicht so war, legt es aber auch nicht gerade nahe.

Es gibt keine positiven Belege dafür, da er offenbar nicht verschriftlicht bzw. literarisch ausgestaltet wurde. Möglicherweise besteht kein Zusammenhang zwischen Eroberung und Usurpation und der plötzlichen Beliebtheit des Stoffes unter den Eroberern - aber es lohnt sich doch zumindest mal den Gedanken hin und herzuwenden.
 
Wie entsteht und funktioniert Propaganda?
Setzt sich da jemand hin und überlegt, wie könnte ich die geplante Landnahme (Eroberung, Raub) rechtfertigen und welche Geschichte eignet sich dazu am besten?

Mythen, Sagen und Legenden gehörten zum allgemeinen Geschichtenpool. Welche gerade en vogue waren, hing wahrscheinlich vom Zeitgeist der Epoche ab. Die Affinität des normannischen Neuadels zu Heldengeschichten von siegreichen Königen könnte man evtl. aus ihrer Entwicklungsgeschichte nachvollziehbar machen.
Da wurden eben plötzlich die Geschichten um Artus bei den abendlichen Unterhaltungen besonders oft gewünscht und anschließend in gehobener Stimmung ausgiebig besprochen. Und wenn dann William zum Kampf gegen die bäurischen Angelsachsen ruft, ja, dann folgt man ihm doch gerne, wähnt man sich doch in der Phantasie fast als Teil der edlen Tafelrunde.
 
Aber warum lebt dieser Mythos in normannischer Zeit, durch normannische Dichter auf, kurz nachdem die Normannen den Angelsachsen die Herrschaft entrissen haben? .

Schöpfer und Urheber der Artusromane ist Chrétien des Troyes, dessen Werk rund 100 Jahre nach der Eroberung Englands durch die Normannen erscheint. Will man nach zeitgenössischen politischen Verbindungen zum Artus-Mythos suchen, so muss man bei Goffrey von Monmouth anfangen.

Er widmete sein fantasievolles Geschichtswerk "Historia regnum Britanniae" 1138 u.a. dem Herzog von Gloucester und König Stephan I. Monmouth bezeichnet sich selbst als Kelte und "Brite" und es ist wohl kein Zufall, wenn er sein Werk dem unehelichen Sohn König Heinrichs I. und einer walisischen Prinzessin zueignet.

In der "Historia regnum Britanniae" des Monmouth - besonders in den Prophezeiungen des Zauberers Merlin - sind die normannischen Könige Englands sehr deutlich die Rächer der von den Angelsachsen unterworfenen Briten. Das legt nahe, dass Monmouth dem von ihm verherrlichten König Artus eine politische Bedeutung zumisst und zwar als Sieger über die Angelsachsen, über die Römer und als Eroberer Galliens (!) und Skandinaviens.

Damit ist dann der Bogen geschlagen von den britischen Kelten und ihren angelsächsischen "Unterdrückern" zu den neuen normannischen Herren mit ihren teilweise keltisch-bretonischen Wurzeln.
 
Schöpfer und Urheber der Artusromane ist Chrétien des Troyes, dessen Werk rund 100 Jahre nach der Eroberung Englands durch die Normannen erscheint. Will man nach zeitgenössischen politischen Verbindungen zum Artus-Mythos suchen, so muss man bei Goffrey von Monmouth anfangen.

Er widmete sein fantasievolles Geschichtswerk "Historia regnum Britanniae" 1138 u.a. dem Herzog von Gloucester und König Stephan I. Monmouth bezeichnet sich selbst als Kelte und "Brite" und es ist wohl kein Zufall, wenn er sein Werk dem unehelichen Sohn König Heinrichs I. und einer walisischen Prinzessin zueignet.

In der "Historia regnum Britanniae" des Monmouth - besonders in den Prophezeiungen des Zauberers Merlin - sind die normannischen Könige Englands sehr deutlich die Rächer der von den Angelsachsen unterworfenen Briten. Das legt nahe, dass Monmouth dem von ihm verherrlichten König Artus eine politische Bedeutung zumisst und zwar als Sieger über die Angelsachsen, über die Römer und als Eroberer Galliens (!) und Skandinaviens.

Damit ist dann der Bogen geschlagen von den britischen Kelten und ihren angelsächsischen "Unterdrückern" zu den neuen normannischen Herren mit ihren teilweise keltisch-bretonischen Wurzeln.

Das hört sich ganz anders an - fast schon gegenteilig - zu dem:

Da dem Artus-Mythos der Kampf gegen Angeln und Sachsen zu grunde liegt, ist seine Tendenz zwangsläufig anti-angelsächsisch. Dafür muss man keine propagandistische Inanspruchnahme konstruieren.
 
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