Was aber noch interessanter ist: gerade aus dem Südwesten der Iberischen Halbinsel sind eine ganze Reihe von Inschriften bekannt, die hauptsächlich aus dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. stammen und in denen manche Forscher wie Correa (1989) oder Koch (2009) keltische Personennamen identifiziert haben. Ferner hat Almagro-Gorbea (2002,2004) die Inschrift Niethos publiziert, die in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. datiert und im heutigen Huelva gefunden wurde. Seiner Ansicht nach handelt es sich um den Namen einer keltischen Gottheit und somit um eines der ältesten Zeugnisse in einer keltischen Sprache überhaupt. Zugegeben, diese Deutungen sind nicht unbestritten, und es ist auch nicht unser Anliegen, im vorliegenden Aufsatz für einen „iberischen“ bzw. „westlichen“ Ursprung der sogenannten „keltischen Sprachen“ zu plädieren, so wie es Cunliffe und Koch (2010) neulich gemacht haben. Wir wollen lediglich zeigen, dass es beim heutigen Kenntnisstand keine Argumente gibt, die dem südlichen Mitteleuropa gegenüber anderen Regionen wie dem Südwesten der Iberischen Halbinsel eine Vorrangstellung verschaffen. Der Hauptirrtum besteht aber in der eigenen Suche nach einem „Ursprungsgebiet“ für ein keltisches Volk, das es in Wirklichkeit nie gegeben hat (Karl 2004, 2010; Rieckhoff 2007a). Darüber hinaus sollte man nicht „keltische Ethnizität“ mit „keltischen Sprachen“ gleichsetzen, eine Tatsache, auf die u. a. Collis wiederholt hingewiesen hat: “genetics must not be confused with language groups, ethnic groups, social structures, or material culture; these are all separate categories which can be fruitfully compared, but they cannot be equated with one another” (Collis 2009: 42).