Vorgeschichte der Kelten

Statt Fachliteratur wiederholst Du Dein Wiki-Zitat, das sich auf die Diskussionen vor 50 Jahren bezieht.

Ich habe keine keltische Präsenzbibliothek und kann nur wiedergeben, was ich im Laufe der Jahre über die Urnenfelderzeit gelesen habe und was sich mit den Zitaten von Wolfgang Kimmig deckt - auch wenn das gewiss nicht mehr taufrisch ist.
 
Ich habe keine keltische Präsenzbibliothek und kann nur wiedergeben, was ich im Laufe der Jahre über die Urnenfelderzeit gelesen habe und was sich mit den Zitaten von Wolfgang Kimmig deckt - auch wenn das gewiss nicht mehr taufrisch ist.

Welche Argumente hast Du denn gelesen, die für die Annahme "gewaltiger Wanderungen" sprechen?
 
Welche Argumente hast Du denn gelesen, die für die Annahme "gewaltiger Wanderungen" sprechen?

Stuart Piggott scheibt z.B. in einem in den 1960er Jahren erschienenen Buch lapidar, dass sich die Träger der Urnenfelderkultur bald über ihre ursprünglichen Wohnsitze ausdehnten. Dass Vertreter der Urnenfelderkultur bis Südrussland gelangten, wo man bestimmte typische Erzeugnisse dieser Kultur fand. Im Westen, so Piggott, wurde Frankreich zunächst bis zur Marne, später bis zur Loire besiedelt. Von dort aus verbreiteten sich Vertreter der Urnenfelderkultur in verschiedenen Spielarten bis auf die Iberische Halbinsel.

Piggott belegt das mit zahlreichen Beispielen der Sachkultur aus archäologischen Funden, die ich hier nicht im einzelnen aufführen kann. Ähnliche Ausführungen zur Urnenfelderkultue habe ich auch in anderen Publikationen gelesen, deren Titel mir nicht mehr geläufig sind. Im Internet lassen sich noch weitere und auch neuere Beiträge zur Ausbreitung der Urnenfelderkultur finden.

Ich denke, dass die Tatsache größerer Wanderungen und Verschiebungen zur Zeit der Urnenfelderkultur auch aktuell unbestritten ist. Wie und ob das in bestimmten Regionen geschah, klären moderne Untersuchungen, die mir nicht bekannt sind.
 
Ja gut Dieter da geb ich dir recht, in den 60er Jahren hat man tatsächlich noch teilweise Wanderhypothesen vertreten... mittlerweilse aber ist recht gut dokumentiert wie die Hügelgräberzeit fast nahtlos in die Urnenfelderzeit überging, die letzte Hügelgräberstufe und die erste Urnenfelderstufe sind regional oftmals nahezu identisch.

Hab leider auf die schnelle nichts über den Übergang von hügelgräber zur Urnenfelderkultur in Mitteleuropa finden können...

aber dieser Text scheinz ganz interessant zu sein, betrachtet jedoch weitaus größere Zeiträume:
http://www.uni-leipzig.de/~diffint/index.php/diffint/article/viewFile/36/23
 
Ja gut Dieter da geb ich dir recht, in den 60er Jahren hat man tatsächlich noch teilweise Wanderhypothesen vertreten... mittlerweilse aber ist recht gut dokumentiert wie die Hügelgräberzeit fast nahtlos in die Urnenfelderzeit überging, die letzte Hügelgräberstufe und die erste Urnenfelderstufe sind regional oftmals nahezu identisch.

Da lasse ich mich gern eines besseren belehren, wenn man aktuell von der Wanderhypothese der Urnenfelderzeit abgekommen ist.

Aber wer vertritt das mit welcher Begründung? Kannst du das irgendiwe belegen?

Dein Link sagt lediglich etwa zu Hypothesen indoeuropäischer Wanderungen, aber nichts zur Urnenfelderzeit. Dazwischen liegen immerhin ein bis zwei Jahrtausende.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wird mittlerweile eben daraus geschlossen ,daß neue Zuwanderungen von außerhalb halt nicht nachweisbar sind aber die Urnenfelderzeitlichen Funde direkt an die späte Hügelgräberzeit anschliessen...

Alexander Demandt [1] äußert sich da vorsichtiger, Er sagt:

"Die Kelten der Hallstatt- und Latènezeit sind archäologisch sehr gut bezeugt ... Für die weiter zurückliegenden Perioden werden die Annahmen über das, was "keltisch" heißen darf, ungewisser. Ob die der Hallstattzeit vorausgegangene Urnenfelder-Bronzezeit (1200 bis 800 v. Chr.) oder gar die davor anzusetzende Hügelgräber-Bronzezeit (1500 bis 1200 v. Chr,) bereits von keltisch Sprechenden getragen wurde, bleibt umstritten ... Der Historiker steht bei den Kelten vor demselben Problem, das mit der Herkunft der Griechen, Germanen und Slawen verbunden ist: Die Anfänge sind dunkel."

Das entspricht auch meiner oben geäußerten Auffassung: Die Völker der Urnenfelder- und Hügelgräberzeit sind uns nicht bekannt, schon gar nicht, wo bestimte Volksgruppen siedelten und wie sie im Verlauf von Jahrhunderten wanderten. Lediglich zur Hallstattzeit wird das Bild der beteiligten Bevölkerungsgruppen anhand von Sachfunden etwa deutlicher.

[1] Alexander Demandt, Die Kelten, München 1998, S. 15 f.
 
Das ist aber auch kein Beleg dafür, daß man aktuell nicht von der Wanderhypothese in Urenfelder Zeit abgekäme!
 
Das ist aber auch kein Beleg dafür, daß man aktuell nicht von der Wanderhypothese in Urenfelder Zeit abgekäme!

Ich bin ja auch nach wie vor der Meinung, dass die Urnenfelderzeit mit Wanderungen von Urnenfelder-Völkern verbunden war. Vor mir liegt ein Geschichtsatlas, der sehr deutlich Ausbreitungswege der Urnenfelderkultur u.a. nach Nordspanien, Italien und in den Süden Britanniens zeigt. Allerdings ist der Atlas nicht taufrisch, sodass die Karte durch jüngere Erkenntnisse überholt sein kann.

Die Frage ist stets, inwieweit wir es nur mit einem Kulturtransfer oder aber der Wanderung von Bevölkerungsgruppen zu tun haben. Im übrigen werden nicht alle Regionen Europas betroffen gewesen sein.

Ich habe hier noch einen Aufsatz von Bernhard Hänsel gefunden, der die Wanderung von Bevölkerungsgruppen in der Urnenfelderzeit mit einer Klimakatastrophe verbindet. Immerhin eine interessante Hypothese, auch wenn das Klimaargument für alle möglichen Völkerschiebungen inzwischen etwas inflationär verwendet wird.

http://www.vfg.uni-wuerzburg.de/fil...en-Theorie_zum_Beginn_der_Urnenfelderzeit.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin ja auch nach wie vor der Meinung, dass die Urnenfelderzeit mit Wanderungen von Urnenfelder-Völkern verbunden war.

Genau das war meine Vermutung, worauf immer sich deine tendenziöse Meinung auch begründen sollte, wenn es um die Vorgeschichte der Kelten geht. Ich werde das auch nicht großartig diskutieren, sondern lediglich darauf hinweisen, daß Du dich mit Deiner Meinung nicht auf Demandt stützen kannst; dessen Standpunkt in bezug auf die Frühgeschichte der Kelten hatte ich schon vor zwei Jahren kurzgefaßt, so wiedergegeben:

das Retro-Projektionslimit ist mit der Stufe der älteren Eisenzeit (HaC gemäß Reinecke-Schema) erreicht.

vgl (vgl. http://www.geschichtsforum.de/621758-post78.html)

Das Konzept vermeintlicher Protokelten ist gemäß Demandt eine Verlegenheitslösung; eine Berufung auf eine angeblich nicht widerlegte Wanderhypothese in einem solchen Zusammenhang, die zudem zur Sache überhaupt nichts leistet, erscheint mir tendenziös. Daher meine kritische Einlassung.
 
Genau das war meine Vermutung, worauf immer sich deine tendenziöse Meinung auch begründen sollte, wenn es um die Vorgeschichte der Kelten geht. Ich werde das auch nicht großartig diskutieren, sondern lediglich darauf hinweisen, daß Du dich mit Deiner Meinung nicht auf Demandt stützen kannst; dessen Standpunkt in bezug auf die Frühgeschichte der Kelten hatte ich schon vor zwei Jahren kurzgefaßt, so wiedergegeben:

Ich verstehe nicht ganz, worauf du eigentlich hinauswillst. Völker und ethnische Identitäten der Bronzezeit sind uns nicht bekannt. Das gilt für alles, was vor der Hallstattzeit liegt. Von Kelten wird in der Forschung erst ab Latène gesprochen, einige verwenden den Begriff bereits in der Hallstattzeit. Davor spricht niemand von Kelten, auch wenn vereinzelt der Begriff "Protokelten" gebraucht wird.
 
Wurde im Forum überhaupt schon einmal über die neuere These von Koch und Cunliffe diskutiert, dass die Atlantische Bronzezeit bereits keltisch war bzw. die Kelten gar hier den Ursprung hatte, zumal in Tartessos wohl bereits eine keltische Sprache gesprochen wurde. Was haltet ihr davon?

Atlantic Bronze Age - Wikipedia, the free encyclopedia
Tartessos - Wikipedia, the free encyclopedia
Tartessian language - Wikipedia, the free encyclopedia

Das Buch von Koch/Cunliffe wurde 2012 als "Book of the year" ausgezeichnet:
Book of the year nominee sheds new light on origin of Celts - University of Wales

Ansonsten wird von fachlicher Seite viel Kritik geäußert.
Z. B. von Jürgen Zeidler:
Bryn Mawr Classical Review 2011.09.57
Oder von Joseph F. Eska:
Bryn Mawr Classical Review 2013.12.35
Joseph F. Eska, reviews of John T. Koch, Tartessian and Tartessian 2, forthcoming in Kratylos 58, 2013
Da findet sich eine ziemlich vernichtende Kritik: Das Buch sei ein Paradebeispiel, wie man es nicht machen soll. ("Paradebeispiel for how not to establish the genetic affiliation of a language".

Im Zusammenhang mit grundsätzlicher Skepsis gegenüber der Suche nach einem "Ursprungsgebiet" für ein keltisches "Volk":
Die ?Kelten? im Spannungsfeld von wissenschaftlicher Forschung und populärer Rezeption | Manuel Fernandez-Gotz - Academia.edu
Was aber noch interessanter ist: gerade aus dem Südwesten der Iberischen Halbinsel sind eine ganze Reihe von Inschriften bekannt, die hauptsächlich aus dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. stammen und in denen manche Forscher wie Correa (1989) oder Koch (2009) keltische Personennamen identifiziert haben. Ferner hat Almagro-Gorbea (2002,2004) die Inschrift Niethos publiziert, die in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. datiert und im heutigen Huelva gefunden wurde. Seiner Ansicht nach handelt es sich um den Namen einer keltischen Gottheit und somit um eines der ältesten Zeugnisse in einer keltischen Sprache überhaupt. Zugegeben, diese Deutungen sind nicht unbestritten, und es ist auch nicht unser Anliegen, im vorliegenden Aufsatz für einen „iberischen“ bzw. „westlichen“ Ursprung der sogenannten „keltischen Sprachen“ zu plädieren, so wie es Cunliffe und Koch (2010) neulich gemacht haben. Wir wollen lediglich zeigen, dass es beim heutigen Kenntnisstand keine Argumente gibt, die dem südlichen Mitteleuropa gegenüber anderen Regionen wie dem Südwesten der Iberischen Halbinsel eine Vorrangstellung verschaffen. Der Hauptirrtum besteht aber in der eigenen Suche nach einem „Ursprungsgebiet“ für ein keltisches Volk, das es in Wirklichkeit nie gegeben hat (Karl 2004, 2010; Rieckhoff 2007a). Darüber hinaus sollte man nicht „keltische Ethnizität“ mit „keltischen Sprachen“ gleichsetzen, eine Tatsache, auf die u. a. Collis wiederholt hingewiesen hat: “genetics must not be confused with language groups, ethnic groups, social structures, or material culture; these are all separate categories which can be fruitfully compared, but they cannot be equated with one another” (Collis 2009: 42).
 
"Für die weiter zurückliegenden Perioden werden die Annahmen über das, was "keltisch" heißen darf, ungewisser"
schreibt also Demandt.
Und den mag ich sehr, seit er Asterix in Schutz nimmt.

Wenn du, lieber Dieter, jetzt aber hierzu weiter schreibst:
"Ich bin ja auch nach wie vor der Meinung, dass die Urnenfelderzeit mit Wanderungen von Urnenfelder-Völkern verbunden war."
dann sind dir wieder die beiden Punkte entgangen, um die es zentral bei dieser und anderen Debatten geht:

1. Die Bezeichnung "Kelte" oder "keltisch" bezeichnet in der Sprachwissenschaft etwas anderes, als in der Altertumswissenschaft

2. Wir (Alle!) brauchen heute keine Wanderungen mehr, die Geschichte funktioniert wunderbar auch ohne Wandersleute. Zumindest mal versuchsweise.

Wenn Du neu in diesem Forum wärest, würde ich jetzt vorsichtig zu ergründen versuchen, warum du meinst der letzte Fürsprecher der Wandernden sein zu müssen.
Vielleicht hilft es ja, wenn du an dieser Stelle eine ältere Frage beantworten könntest:
Was GENAU bringt dich dazu, weiter an dem Gedanken von "wandernden" "Völkern" festhalten zu wollen?
Nachweislich (ca. 130 Jahre archäologische Eisenzeitforschung z.B.) führt die Annahme des Wanderns ja nirgends hin - oder?
GEBRAUCHT wurden Völker- und andere Wanderungen vor allem dann, wenn es um "Blut und Boden" gehen musste/sollte.
Und selbst dann wurden sie ja nicht von den Forschern "gebraucht", sondern FÜR - die Öffentlichkeit.

Kannst du nicht statt ständiger Versuche, zu erhalten, was du kennst, mal eine Liste beitragen, was dir fehlen würde in deinem Geschichtsbild, wenn weniger gewandert worden wäre?
Anhaltspunkte für kompletten Bevölkerungs"auszug" gibt es nämlich, wie diese und viele andere Diskussionen gezeigt haben, bislang wenige bis garkeine.
Und damit meine ich ausdrücklich inklusive der sogenannten "Völkerwanderung".

Ah, zum Schluss noch "by the way":
Wenn du Wanderungen der "Urnenfelder-Völker" (hier wieder eine völlig falsch verstandene ethnische Zuweisung) annehmen möchtest, nimmst du dann auch "Wanderungen der Völkerwanderungs-Völker" an?
Oder Rastplätze??

Herzlich und schmunzelnd,
Ogrim
 
Wenn du, lieber Dieter, jetzt aber hierzu weiter schreibst:
"Ich bin ja auch nach wie vor der Meinung, dass die Urnenfelderzeit mit Wanderungen von Urnenfelder-Völkern verbunden war."
dann sind dir wieder die beiden Punkte entgangen, um die es zentral bei dieser und anderen Debatten geht:

Ob die Urnenfelderzeit mit größeren Bevölkerungsverschiebungen verbunden war, ist umstritten. Während die ältere Forschung solche Wanderungen annahm, bestreiten das einige Wissenschaftler in jüngerer Zeit.

2. Wir (Alle!) brauchen heute keine Wanderungen mehr, die Geschichte funktioniert wunderbar auch ohne Wandersleute. Zumindest mal versuchsweise.

Es ist unbestreitbar und gut belegt, dass es im Verlauf der letzten Jahrtausende immer wieder zu Wanderungen von Stämmen oder Volksgruppen gekommen ist. So zogen Sueben, Markomannen, Quaden, Goten, Vandalen, Slawen, Alanen, Kelten oder Langobarden durch Deutschland und halb Europa. Die Germanen breiteten sich von ihren frühen Sitzen in Norddeutschland und Skandinavien im Verlauf einiger Jahrhunderte weit in alle Himmelsrichtungen aus, wobei sie vor allem keltische Bevölkerungsruppen assimilierten. Die Slawen wanderten ab dem 6. Jh. in den Balkan ein und besetzten ihn bis weit nach Griechenland.

Insofern ist es folgerichtig davon auszugehen, dass Bevölkerungsruppen auch zur Bromzezeit und besonders auch zur Jungsteinzeit ihre Sitze verlagerten und Wanderungen vollzogen.

Gerade der von dir so geschätzte Alexander Demandt sagt:

"Die Keltisierung erfolgte einerseits durch die Verbreitung keltischer Lebensformen und keltischer Sprache, andererseits durch wellenartige Wanderbewegungen der Kelten selbst. Mitunter spricht der Wandergeist aus dem Stammesnamen."
(Alexander Demandt, Die Kelten, München 1998, S. 17)
 
Dieter, ich denke hier liegt ein grundliegendes Misverständnis vor...

und zwar haben wir evtl. verschiedene Definitionen davon was wir unter "Wanderung" zu verstehen haben...

Desweiteren: Niemand bestreitet ,daß es zur Urnenfelderzeit, später zur La Téne oder früher bis zur Hügelgräberzeit oder davor Ausbreitungen von Stämmen oder große Kriegszüge an die auch Neuansiedlungen anschlossen gab...

lediglich: seit der Bronzezeit ist für das später "keltisch" genannte Gebiet kein Zuzug NEUER Elemente von AUSSERHALB archäologisch nachweisbar... das heißt , es wird bestimmt auch grössere Neuansiedlungen und auch grössere Kriegszüge gegeben haben, aber eben nur INNERHALB dieses Gebietes und nur VON Bevölkerungsgruppen die sich innerhalb des genannten Raumes aus bereits ansässigen Gruppen formiert oder neu formiert haben, nicht zu nennenswerten oder nachvollziehbaren Teilen von ausserhalb dieses relativ begrenzten geografischen Raumes... d.h. es sind nicht in grösserem nachweisbarem Umfang neue Völkerschaften z.B. aus Asien, Ost- oder Südeuropa neu in diese Gebiete gekommen, oder gar von Westen.

In der älteren Literatur findet man mitunter noch solche Thesen, aufgrund falscher Annahmen, Vergleichen mit anderen Epochen und anderen Erdteilen und der Heranziehung Mythologischer Themen, die sind aber heute obsolet, eben da sie sich nicht durch Funde stützen lassen.Das heißt aber nicht ,daß es gar keine Kontakte zu Völkergruppen ausserhalb dieses Raumes gab, lediglich keine großartige Veränderung der bereits ansässigen Population durch Zuzug von ausserhalb.Immerhin war das genannte Gebiet sehr weitläufig und relativ dünn besiedelt im Vergleich zu späteren Epochen.Und da sieht es nach heutigem Kenntnisstand so aus,daß man eher von einer weitestgehenden Kontinuität von Bronze bis Eisenzeit sprechen kann.
 
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Ich halte es hier wie der oben bereits zitierte Alexander Demandt, der sagt:

"Die Kelten der Hallstatt- und Latènezeit sind archäologisch sehr gut bezeugt ... Für die weiter zurückliegenden Perioden werden die Annahmen über das, was "keltisch" heißen darf, ungewisser. Ob die der Hallstattzeit vorausgegangene Urnenfelder-Bronzezeit (1200 bis 800 v. Chr.) oder gar die davor anzusetzende Hügelgräber-Bronzezeit (1500 bis 1200 v. Chr,) bereits von keltisch Sprechenden getragen wurde, bleibt umstritten ... Der Historiker steht bei den Kelten vor demselben Problem, das mit der Herkunft der Griechen, Germanen und Slawen verbunden ist: Die Anfänge sind dunkel."
(Alexander Demandt, Die Kelten, München 1998, S. 15 f.)

Sicher kann man mt großer Wahrscheinlichkeit vermuten, dass die Ethnogenese der Kelten in dem Raum erfolgte, in dem sie frühestens fassbar sind, d.h. zwischen Ostfrankreich und Süddeutschland. Dennoch ist es nicht auszuschlie0en, dass Proto-Kelten zur Urnenfelderzeit anderswo siedelten und ihre Sitze erst zur Hallstattzeit verlegten. Ethnische Gruppen sind in der Urnenfelderzeit noch nicht identifizierbar, sodass sie sich nicht zwangsläufig in den Regionen gebildet haben müssen, in denen sie zu antiker Zeit auftauchen.
 
lediglich: seit der Bronzezeit ist für das später "keltisch" genannte Gebiet kein Zuzug NEUER Elemente von AUSSERHALB archäologisch nachweisbar... das heißt , es wird bestimmt auch grössere Neuansiedlungen und auch grössere Kriegszüge gegeben haben, aber eben nur INNERHALB dieses Gebietes und nur VON Bevölkerungsgruppen die sich innerhalb des genannten Raumes aus bereits ansässigen Gruppen formiert oder neu formiert haben, nicht zu nennenswerten oder nachvollziehbaren Teilen von ausserhalb dieses relativ begrenzten geografischen Raumes... d.h. es sind nicht in grösserem nachweisbarem Umfang neue Völkerschaften z.B. aus Asien, Ost- oder Südeuropa neu in diese Gebiete gekommen, oder gar von Westen.
Wie bitte?

  • Norditalienischer Kulturbruch um 1.200 v. Chr., ab 900 v. Chr. klare Urnenfeld-Elemente in der Poebene
  • Phönizier
  • Etrusker
  • Griechische mediterrane Expansion (Massilia u,ä.)
  • Pommersche Gesichtsurnenkultur (adriatisch geprägt)
  • Skytheneinfälle
  • "Keltische" (La Tene) Expansion nach Norditalien, Böhmen/ Schlesien, auf den Balkan und nach Westanatolien
  • Vordringen der Jastorff-Kultur, Kimbern und Teutonen, Ariovists Sueben etc.
Hab ich was vergessen? Bestimmt. Vielleicht verstehe ich ja "seit der Bronzezeit" und "später keltisch genanntes Gebiet" falsch. Möglicherweise möchtest Du beide Begriffe etwas klarer definieren...
 
Wie bitte?
Hab ich was vergessen? Bestimmt. ...Vielleicht verstehe ich ja "seit der Bronzezeit" und "später keltisch genanntes Gebiet" falsch. Möglicherweise möchtest Du beide Begriffe etwas klarer definieren...

Es ging hier lediglich um die Frage, ob die Ethnogenese der Kelten in dem Raum erfolgte, in dem sie zu antiker Zeit erstmals fassbar sind; d.h. die Region zwischen Ostfrankreich und Süddeutschland. Falls in diesem Raum seit der Urnenfelderzeit keine größeren Bevölkerungsverschiebungen stattfanden, kann man das vermuten.
Nur darauf wollte Haerangil hinweisen.
 
Ja. Augusto, die von die genannten Beispiele würde ich nie bestreiten, sie liegen auch allesamt ausserhalb des gemeinten Gebietes und Zeitraums.Ich dachte eigentlich es ist klar ,daß ich von der frühkeltischen Zeit spreche und auch nur vom KERNgebiet, nicht dem gesamten späteren La Téne Raum.Wenn ich mich dahingehend misverständlich ausgedrückt haben sollte dann will ich dies hier noch einmal klarstellen...

Ich deute Dieters letzte Posts auch dahingehend ,daß wir eigentlich nicht grundsätzlich verschiedene Standpunkte vertreten sondern doch recht nahe beieinander liegen. Jedenfalls würde ich dem Demandt Zitat nicht widersprechen wollen.
 
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In Ordnung, Haerangli, da habe ich Dich mißverstanden. Die, durchaus umstrittenen und vielfältig interpretierten Rätier darf man allerdings nicht ganz außen vor lassen, ebensowenig wie ähnlich obskure Ligurer, und den mindestens kulturellen Einfluß von Griechen und Puniern (Hannibal).
Ist der "Kernraum" klarer abgrenzbar? Die obee und mittlere Rhone gehört wohl dazu, aber wie weit reichte der "Kernraum" rhoneabwärts nach Süden?
Wo bildete der Alpenhauptkamm die Ostgrenze? Anders gefragt: Zählen die Lepontier in der westlichen Poebene noch zum "Kernraum", oder reden wir da schon von einer frühen, hallstattzeitlichen Expansion? Im Veneter-Thread hatten wir eine lange Debatte zur Deutung des Namens Turicum, der m.A. venetischen, nicht keltischen Ursprungs ist. Welchen Teil der Schweiz würdest Du, Haerangli, zum "Kernraum" zählen?
Auch "Süddeutschland" ist, vermutlich nicht ganz grundlos, durchaus interpretationsfähig. Ich perönlich, aus dem Bauch heraus und zugegebenermaßen archäologisch unfundiert, habe da mit dem Oberrheingraben wenig Probleme, würde aber an die Donau einschl. Manchings schon ein paar Fragezeichen malen.
Mosel-Saar? Kernraum, oder Ziel früher Expansion?

Versteht mich nicht falsch. Auch wenn mein vorhergegangener Beitrag vielleicht etwas provokant formuliert und zu "scharf" daherkam: Ich habe hier echte Wissenslücken, aber viel Neugier, und will niemanden "vorführen", sondern ein besserers Gefühl (mehr ist vermutlich eh nicht drin) dafür bekommen, wo der Ursprung dieses zeitweise halb Europa kontrollierenden lingo-kulturellen Phänomens namens Kelten lag. Dabei hilft mir allein schon Eure Meinung, auch ohne passende archäologische Studie.
 
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