Veneter-Veneter...alles das selbe?

Na, dann will ich der Diskussion mal eine neue Wendung geben:
Eine Linguistin der Uni Heidelberg hat sich kürzlich (2012) intensiver mit Venetisch (der von den in der Antike in Venezien lebenden Menschen gesprochenen Sprache) und möglichen Beziehungen zum Vannetois (dem heute im Gebiet der "bretonischen" Veneter gesprochenen Dialekt) sowie der Sprache der "baltischen" Veneter" befasst:
http://www.jolr.ru/files/(83)jlr2012-7(33-46).pdf
M.a.W: Alle drei Veneter sprachen keltische Dialekte mit ähnlichen Akzenten, auch wenn die adriatischen sich in der Aussprache mehr dem Itlalischen annäherten. Das passt zu Tacitus Bemerkung, die Sprache der Esten (die er hier offensichtlich mit den Venetern verwechselte) ähnelte mehr der der Briten als der der Sueben (Germania 45).​
Was trieb die Veneter an drei so entfernte Plätze? Nun, die Weichselmündung und Venetien (Aquilea) bildeten Ausgangs- und Endpunkt der (baltischen) Bernsteinstraße. Wenn man den Handel mit einem solch wertvollen Gut kontrollieren will, macht es Sinn, sich an diesen strategischen Orten zu positionieren. Insbesondere, wenn man sicherstellen will, dass der Bernsteinhandel mit Griechenland (im Austauch v.a. mit Kupfer und mit Bronzewaren) über die Adria, und nicht über Schwarzes Meer und Dnjepr verläuft. Entsprechendes ist ja durchaus auch für das mittelalterliche Venedig und seinen Gewürzhandel bekannt. [Dass die Goten dann später das Kalkül durchschauten, und ihrerseits die Schwarzmeerroute besetzten, ist eine andere Geschichte.]​
Vannes wiederum lag günstig für den Handel mit cornischem und bretonischen Zinn - es kontrollierte die Landpassage, über die die nicht ungefährliche Umfahrung des bretonischen Kap Finistere vermieden werden konnte, und lag nicht weit von der Mündung der Loire, über die das Zinn dann weiter nach Marseille transportiert wurde.​
Alle drei Standorte waren also für den bronzezeitlichen Handel von hoher Relevanz; in diese Epoche würde ich die Ausbreitung der Veneter daher auch datieren. Dies wiederum spricht dafür, dass das ursprüngliche Siedlungsgebiet an der Adria lag, und die Ansiedlungen an der Weichselmündung und in der Bretagne Handelskolonien darstellten. Wie viele Veneter in diesen Kolonien wirklich siedelten, ist fraglich. Römische und griechische Geographen bezogen viele ihrer Informationen von Händlern. Diese könnten die Relevanz der Veneter, ihrer Haupt-Handelspartner, höher empfunden haben als es ihrem tatsächlichen demographischen Gewicht entsprach.​
Eine Frage: Auf welchen Zeitraum bezieht sich die Untersuchung der Heidelberger Linguistin. Glaubst du es gäbe noch Sprachrelikte aus der Zeit des cesarischen Vannes ?also aus der Spätlatene?
 
Abgesehen davon, dass die Re-Keltisierung der Bretagne in der Spätantike, ausgelöst durch Verdrängung keltischer Bevölkerung von den britischen Inseln durch Angeln, Jüten und Sachsen hier ignoriert wird. Oder eben die bis heute gültige Feststellung Schuchardts, dass ein sprachliches Phänomen immer wieder auftauchen kann.

Zumal die sprl. Bedingungen sehr ähnlich sind: Hier das adriatisch-venetische Keltisch welches mit dem Italischen/Frühlateinischen/Klassisch-Lateinischen als Ad- oder Superstrat konfrontiert wird, dort das bretonische Keltisch, welches mit dem Spätlateinischen/Frühromanischen Sub- oder Adstrat konfrontiert wird.
 
M.a.W: Alle drei Veneter sprachen keltische Dialekte mit ähnlichen Akzenten, auch wenn die adriatischen sich in der Aussprache mehr dem Itlalischen annäherten.​

Die Sprache der italischen Veneter hat nichts mit dem Keltischen zu tun. Die Sprache ist aus etwa 200 Inschriften bekannt und entfernt verwandt mit dem Illyrischen.

Der Volksname *Weneto- ist an vielen Stellen bezeugt, so in Paphlagonien, in Latium, in Gallien, an der Weichsel, an der Ostsee - und der Bodensee heißt Venetus Lacus. Ob damit Spuren einer indogermanischen Gruppe und ihrer Wanderung sichtbar werden, ist unsicher. Es ist durchaus möglich, dass mehrere indogermanische Gruppen diesen Namen führten, der ja eine positive Benennung enthält: idg *wenos heißt in etwa "die Beliebten".

Einheitlich auf keltische Ursprünge lassen sich Veneter nicht zurückführen. So gibt es u.a. auch starke slawische Bezüge. Bereits Jordanes gebrauchte Mitte des 6. Jh. "Wenden" als Synonym für die Slawen. Der fränkische Chronist Fredegar bezeichnete diese im Zusammenhang mit den Ereignissen um Samo als "Sclavos coinomento Winedos". Andere überlieferte Namensformen, dabei stets auf Slawen bezogen, sind Hwinidi, Guinidi, Winidones, Winethen, Wendene sowie auch Wandali, was mit den germanischen "Wandalen" nichts zu tun hat.​
 
Das passt zu Tacitus Bemerkung, die Sprache der Esten (die er hier offensichtlich mit den Venetern verwechselte) ähnelte mehr der der Briten als der der Sueben (Germania 45).
Diese vermeintliche Offensichtlichkeit erschließt sich mir nicht. Tacitus lokalisierte die Aestii am rechten Ufer des Suebischen Meeres, also der Ostsee. Die Venethi erwähnte er ein Kapitel später. (Plinius d. Ä. lokalisierte sie im Weichselraum, und auch Du gehst ja davon aus, dass sie im Gebiet der Weichselmündung lebten.) Wieso sollte er sie verwechselt haben? (Außer natürlich, dass es für die besprochene These, dass alle drei Veneter-Völker Keltisch sprachen, günstig wäre.)

Was trieb die Veneter an drei so entfernte Plätze? Nun, die Weichselmündung und Venetien (Aquilea) bildeten Ausgangs- und Endpunkt der (baltischen) Bernsteinstraße. Wenn man den Handel mit einem solch wertvollen Gut kontrollieren will, macht es Sinn, sich an diesen strategischen Orten zu positionieren. Insbesondere, wenn man sicherstellen will, dass der Bernsteinhandel mit Griechenland (im Austauch v.a. mit Kupfer und mit Bronzewaren) über die Adria, und nicht über Schwarzes Meer und Dnjepr verläuft.
Eine abenteuerliche These ... bar jeden Anflugs eines Beweises.

Und was den verlinkten Text betrifft: Dass Prokopios ein "Roman army general" gewesen wäre, ist mir neu - mal ganz abgesehen davon, dass er auf Griechisch schrieb.
 
Und was den verlinkten Text betrifft: Dass Prokopios ein "Roman army general" gewesen wäre, ist mir neu - mal ganz abgesehen davon, dass er auf Griechisch schrieb.
und in griechischer Zunge überlieferte der "Roman army general" :D dass die Anten, Sclavenen und Veneter dieselbe gräßlich barbarische Sprache verwenden würden - wie dem auch sei: wir haben da eines der frühen indirekten Zeugnisse für slawische Sprache(n). Ob die Weichsel-Veneter zu den Früh- oder Urslawen gehören, ist soweit mir bekannt, ein Teilbereich des Gelehrtenstreits über die ersten Slawen und deren Herkunft. Dass die Veneti an der Weichsel Kelten sein sollen, halte ich für Mumpitz.
 
Eine abenteuerliche These ... bar jeden Anflugs eines Beweises.
Welche Beweise brauchst Du denn?
Dass der Dnjepr bei den Griechen Borysthenes, d.h. Bernsteinfluss hieß, setze ich als hinreichend bekannt voraus.
Dass in der Bronzezeit griechisches und zypriotisches Kupfer im Austausch gegen Bernstein nach Skandinavien verhandelt wurde? Bitteschön (die Karten finden sich zum Ende des Artikels):
http://www.shfa.se/include/ultimate...nancing scandinavian bronze age artefacts.pdf

Dass es eine Bernsteinstraße von der Weichselmündung nach Aquileia gab?
Bernsteinstraße ? Wikipedia

Die Zinnroute über die bretonische Halbinsel nach Vannes ? Hier(enthält auch noch ein paar schöne Karten zu den Veränderungen der Bernsteinrouten über die Jahrhunderte):
ArchAtlas: Portages

Bei detaillierteren Fragen komm gerne auf mich zurück, ich habe mich relativ intensiv mit der Wirtschafts- und Verkehrsgeographie der Bronzezeit beschäftigt.

++
Ich habe den Artikel bewusst hier verlinkt, weil mir der Hintergrund fehlt, ihn fachlich zu bewerten. Falls er methodisch fragwürdig ist, nehme ich das offen und interessiert zur Kenntnis.

Ich halte eine venetische Koloniebildung aus handelsstrategischen Gründen (wie vorher Phönizier, und zeitgleich oder später die Griechen) durchaus für denkbar. Die Ortswahl macht Sinn, ähnlich wie bei den bekannten Migrationen der Boji nach Böhmen und weiter donauabwärts, und der Volcae (=Belgae?) an die Garonne, wo ebenfalls wichtige Handelsrouten verliefen.
Eine (kelto-) venetische Handelskolonie könnte auch erklären, wieso die Slaven so lange unbemerkt irgendwo in Osteuropa lebten - der Fernhandel, dem die antiken Geographen ihre Informationen verdankten, lief über die Veneter, und die hatten natürlich kein Interesse, griechischen oder römischen Händlern viel über ihre "Zulieferer" zu erzählen. Und als dann keltisch als lingua franca in Mittel-/Osteuropa schrittweise verschwand, und Slawisch dessen Rolle übernahm, wechselten die baltischen Veneter eben die Sprache.
In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass die baltischen Veneter noch nicht einmal "ethnische Kelten" (so dieser Begriff überhaupt anwendbar ist) gewesen sein müssen. Als (Bernstein-)Händler werden sie die Sprache ihrer Haupt-Handelspartner übernommen haben, und dies waren eben v.a. kontinentaleuropäische Kelten wie die Boji. Für die adriatischen Veneter, mit Handelskontakten zu Italern und Kelten, gilt das Gleiche.
 
M.a.W: Alle drei Veneter sprachen keltische Dialekte mit ähnlichen Akzenten, auch wenn die adriatischen sich in der Aussprache mehr dem Itlalischen annäherten. Das passt zu Tacitus Bemerkung, die Sprache der Esten (die er hier offensichtlich mit den Venetern verwechselte) ähnelte mehr der der Briten als der der Sueben (Germania 45).​
Was trieb die Veneter an drei so entfernte Plätze?​

Niemand geht davon aus, dass hinter den über ganz Europa verstreuten Namen "Veneter" ein einheitliches Volk oder eine einheitliche Ethnie verborgen ist. Ich sagte bereits weiter vorn:

Bei den den antiken Venetern - lateinisch "Veneti" - handelt es sich um ein Volk, das in Oberitalien und an der Adria siedelte und eine dem italischen nahestehende Sprache sprach. Diese Sprache ist auf etwa 400 Inschriften seit dem 6. Jh. v. Chr bezeugt und infolge der Romanisierung seit dem 2. Jh. n. Chr. nicht mehr fassbar. Es ist denkbar, dass Veneti ursprünglich auch andere Gebiete besiedelten, denn in antiken Schriften werden Veneter z.B. auf dem Balkan (bei Herodot) und in Paphlagonien (Kleinasien, bei Homer) genannt. Ob diese Völker ethnisch und/oder sprachlich wirklich zusammengehören, ist völlig unklar.

Zu unterscheiden davon sind die Slawen, deren Urheimat in Osteuropa lag, wo sie sich wohl etwa seit dem 2. Jh. n. Chr konstituierten. Bereits Jordanes gebrauchte Mitte des 6. Jh. "Wenden" als Synonym für die Slawen. Der fränkische Chronist Fredegar bezeichnete diese im Zusammenhang mit den Ereignissen um Samo als "Sclavos coinomento Winedos". Andere überlieferte Namensformen, dabei stets auf Slawen bezogen, sind Hwinidi, Guinidi, Winidones, Winethen, Wendene sowie auch Wandali, was mit den germanischen "Wandalen" nichts zu tun hat. Konkrete und dauernde Anwendung auf eine slawische Bevölkerung fand das Ethonym zuerst in der Windischen Mark im Zusammenhang mit den Slowenen und bei den Main- und Regnitzwenden, deren Siedeltätigkeit im nordöstlichen Bayern sich in einer großen Zahl von Ortsnamen vom Typ "-winden, Windisch" widerspiegelt.

Wie die keltischen Veneter in der südlichen Bretagne an der Atlantikküste zu ihrem Namen kamen, ist meines Wissens unbekannt. Auf jeden Fall ist der Volksname *Weneto- an vielen Stellen bezeugt, so in Paphlagonien, in Latium, in Gallien, an der Weichsel, an der Ostsee - und der Bodensee heißt Venetus Lacus.

Ob damit Spuren einer indogermanischen Gruppe und ihrer Wanderung sichtbar werden, ist unsicher. Es ist durchaus möglich, dass mehrere indogermanische Gruppen diesen Namen führten, der ja eine positive Benennung enthält: idg *wenos heißt in etwa "die Beliebten".
 
Dass der Dnjepr bei den Griechen Borysthenes, d.h. Bernsteinfluss hieß, setze ich als hinreichend bekannt voraus.
Dass er Borysthenes hieß, ja, aber nicht die Bedeutung "Bernsteinfluss". Die Bedeutung von "Borysthenes" ist unklar. Teilweise wird der Name mit dem griechischen Wort boreas=Norden/Nordwind in Zusammenhang gebracht, teilweise vermutet, dass es die gräzisierte Form des skythischen Namens sei. Im Griechischen wurde Bernstein "elektron" genannt.

Welche Beweise brauchst Du denn?
Was Du präsentierst, sind aber keine Beweise. Dass es in der Antike Fernhandel mit Bernstein und Zinn gab, bezweifle ich doch überhaupt nicht. Aber das bietet nicht den geringsten Beweis für Deine These der venetischen Handelskolonien zwecks Kontrolle des Fernhandels.

Volcae (=Belgae?)
Was haben die Volcae mit den Belgae zu tun?
 
Was Du präsentierst, sind aber keine Beweise. Dass es in der Antike Fernhandel mit Bernstein und Zinn gab, bezweifle ich doch überhaupt nicht. Aber das bietet nicht den geringsten Beweis für Deine These der venetischen Handelskolonien zwecks Kontrolle des Fernhandels.
Nehmen wir für den Anfang mal das schwedische und norwegische "torg" für Markt(-platz) (Dänisch torv). Nicht Westgermanisch, scheint entlehnt. Könnte aus dem Slawischen stammen polnisch targ, tschechisch trh, etc.. Oder aus dem Albanischen (treg). Nur, warum sollten Dänen, Schweden und Norweger ein slawisches oder albanisches Wort für Markt entlehnen. Die Waräger und Wikinger waren doch die Fernhändler im Frühmittelalter, es hätte eigentlich andersrum laufen müssen.
Aber das Wort ist viel alter - es findet sich in Tergeste (heute Triest), Tragurium (heute Trogir), und Tarquinia (war da nicht was mit Venetern in Latium?) - alles wichtige Marktplätze in vorrömischer Zeit. Wie gelangte das Wort terg/torg, ohne Spuren in Westgermanisch und Griechisch (scheinbar auch nicht im Baltischen) zu hinterlassen, von Venetien aus zu Slaven und Nordgermanen? Irgendwie müssen die Veneter im Ostseeraum Handel getrieben haben, und zwar so intensiv, dass ihr Wort für "Markt(-platz)" Eingang in alle nordgermanischen Sprachen fand. Von einer Handelsbasis aus, die den nieder- und hochdeutschen Sprachraum nicht beeinflusste, die Balten scheinbar auch nicht. Da bleiben eigentlich nicht viele Orte übrig...

Was haben die Volcae mit den Belgae zu tun?
Das Wort "welsch" wird von den Volcae abgeleitet, sie müssen also mal unmittelbare Nachbarn der Germanen gewesen sein. Wo genau, weiss keiner, aber da sie nach Südwest-Frankreich migrierten, liegt eine Kontaktzone am Rhein nahe. Der Rest (daher das Fragezeichen) ergibt sich aus einem Blick auf die Karte und der Namensähnlichkeit Volcae-Belgae.

Bevor jetzt jemand mit Lautgesetzen kommt - Eine B<>V Variation des media aspiranta *Bh hat es öfter gegeben, vgl. (Dietrich von) Bern / Verona. Kernargument für die Klassifizierung der venetischen Sprache als Italisch ist, dass Venetisch wie Italisch das *Bh zu V/F absschwächte, während die Kelten es zu B verhärteten. Warum unsere Heidelberger Linguistin (die dies phonetische Argument durchaus anerkennt) aus grammatikalischen Gründen zu einer anderen Einschätzung kommt, lese ich mir gerade noch mal genau durch, dazu dann später mehr.
 
@Dieter

Der Name der keltischen Veneter wird mittlerweile , soweit mir bekannt, zu einem Wort *Venetos , "Hell", gestellt... damit verwandt ist wohl der name des walisischen Gwynned und der irische Männername Fionn.

Also hat der Name dieses keltischen Stammes wohl nichts mit anderen, ähnlich klingenden, Völkern zu tun.

Ist die sprachliche Einordnung der italischen Veneter mittlerweile denn wirklich geklärt? Meine letzte Info war ,daß Verwandtschaft zum italischen, illyrischen und sogar germanischen diskutiert wurden aber die Sprache noch nicht völlig irgendwo eingeordnet werden konnte, sie vtl. eine eigene Kleingruppe darstellt.

Zu den Weichsel-Venetern fehlen uns wohl einfach sprachliche Quellen... die slawen und Balten sind wohl aber nie aus der Diskussion verschwunden.

Die sprachlichen Untersuchungen des Substrats finde ich interessant und die ausbreitung von Venetern an der Brnsteinstreaße ist allemal in interessanter Gedanke... aber es ist wie erwähnt wohl recht unwwahrscheinlich ,daß die adriatischen Veneter keltisch sprachen...jedenfalls hab ich das so noch nie irgendwo gehört. Schade eigentlich... denn sie waren auch Mitträger der Urnenfelderkultur, die ja auch mit um proto-keltischen gezählt wird... das würde also gut passen.
 
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Genetische Indikatoren

Ich habe etwas gezögert, ob ich das Thema hier anschneiden soll: Zum einen scheint hier teilweise Skepsis gegenüber genetischen Analysen vorhanden zu sein, zum zweiten besteht einiger Erläuterungsbedarf. Aber versuchen wir es mal:
Die erste angehängte Grafik zeigt die approximative Verteilung der yDNA-Haplogruppe I2a1. Haplogruppe I ist die einzige, die auf Europa und Kleinasien beschränkt ist, und entstand dort während der Altsteinzeit. Es wird angenommen, dass sie die letzte Eiszeit in Refugien überlebte und von dort aus Europa rekolonialiserte, wobei über Anzahl und Lage dieser Refugien Uneinigkeit besteht. [Das kantabrische Refugium ist allgemein akzeptiert, ein adriatisches sowie ein pontisches Refugium (beide inzwischen unter dem Meeresspiegel) sind in der Diskussion].

Da Haplogruppe I zu den selteneren Gruppen in Europa gehört, wurde sie in ersten Untersuchungen meist nicht weiter nach Untergruppen aufgegliedert. Erst mit der Zeit wurde erkannt, dass diese Untergruppen sehr spezifische Verteilungen haben und sich daher gut als Migrationsmarker eignen. I1, mit Konzentration in Südschweden und Ausstrahlung in den Ostseeraum, nach Nordwesteuropa und Britannien gilt beispielsweise als "Wikingermarker", I2a2a (Harz) und I2a2b (westl. Alpenraum und Oberrhein) werden als Marker kelto-germanischer bzw. keltischer Migrationen gesehen.
Auch die abgebildete Haplogruppe I2a1 hat Untergruppen mit spezifischen Verteilungen: I2a1a konzentriert sich im westlichen Mittelmeer und den Pyrenäen (37,5% in Sardinien), I2a1b in den Dinarischen Alpen (v.a. Herzegowina, Westbosnien und dalmatische Küste), jedoch auch mit Untergruppen, die bislang v.a. in Britannien beobachtet wurden. Leider sind für solche Untergruppen bislang nur teilweise Kartierungen erstellt worden. Bei der Analyse der vorliegenden Karte sollte also zunächst das westliche Mittelmeer und insbesondere Sardinien ausgeklammert werden, die dortigen Konzentrationen spiegeln die separate Gruppe I2a1a wieder.
Ein zweites Problem ist, das Feinanalysen bislang nicht flächendeckend vorliegen, z.B. nur für wenige deutsche Region (Mecklenburg, Sorben, Bayern), in Frankreich nur separat für Elsass und das französische Baskenland, in Rußland typischerweise beschränkt auf spezifische Ethnien wie die Chukchen, usw. Schließlich muss man berücksichtigen, dass aufgrund der massiven Umsiedlung in den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach dem 2. Weltkrieg dort, empirisch belegt, kaum genetische Kontinuität vorliegt. Unglücklicherweise liegt der von antiken Geographen bezeugte Siedlungsraum der baltischen Veneter in einem solchen Gebiet, nämlich dem westlichen Ostpreußen.

Die Karte zeigt, bei den vorgenannten Einschränkungen, starke genetische Interaktion zwischen Dalmatien und dem Dnjepr-Raum. Verschiedene Theorien hierfür werden diskutiert:

  • Slawentheorie: Die dalmatische Konzentration reflektiert die slawische Einwanderung, der ursprüngliche genetische Schwerpunkt lag im Ostkarpatenraum. Problem hier ist u.a die niedrige Konzentration in Ostdeutschland, wo andere "Slawenmarker" (spezifische Untergruppen von Haplogruppe R1a) regional (mittleres Mecklenburg) bei über 30% liegen.
  • Gotentheorie: I1a1 wurde von den Goten im Dniepr/Dniestr-Raum "aufgesammelt" und nach Dalmatien verbracht. Problematisch hier ist insbesondere die fast völlige Absenz von I1a1 um Ravenna herum.
  • Illyrisch-dakische Theorie: Die Verteilung geht auf illyrische oder dakische Migrationen in der Bronze- oder Eisenzeit zurück, wobei jedoch über Ursprung, Zeitpunkt und Ausmaß dieser Migrationen noch wenig bekannt ist;
  • Adriatisches bzw. pontisches Refugium: I1a1 hat in diesen Refugien überlebt, und von dort aus Osteuropa rekolonialisiert, wobei spätere Migrationen (Daker, Goten, Slawen etc.) eventuell einen Teil dieser osteuropäischen "Kolonisten" wieder auf den Balkan zurückgeführt haben. Im Falle des pontischen Refugiums richtet sich insbesondere Augenmerk auf die früh-kupferzeitliche Curcuteni-Trypilliani-Kultur (Donaumündung), die gemeinsam mit der serbischen Vinca-Kultur maßgeblich an der Verbreitung der Metallurgie in Mittel-und Osteuropa beteiligt war. Problem hier ist u.a., dass die (allerdings ebenfalls umstrittenen) vermuteten Aufteilungsdaten von Haplogruppe I in die diversen Untergruppen mit einem solchen Szenario nur schwer in Einklang zu bringen sind (s.u.). Außerdem ist die Existenz beider Refugien strittig.
So weit also viel Theorie, noch ohne konkrete Beweise. Interessant wird ein Blick auf die recht seltene Untergruppe I2a-L161, auch genannt I2a-Isles, die sich erst um 500 v.Chr. abspaltete (zweite angehängte Karte). Sie wird erst seit kurzem separat untersucht. Die meisten Daten stammen aus privaten DNA-Tests, vielfach aus den USA, mit Zuordnung der Testergebnisse zum letzten Wohnsitz des europäischen Vorfahren vor Einwanderung. Weisse Flecken sind genau als solche zu verstehen. Die Verteilung ist assymetrisch, mit einem Schwerpunkt in Irland, aber auch England und der Bretagne, und einem zweiten, weniger ausgeprägten Schwerpunkt um Weichsel und Oder. Ob beide ihren Ausgangspunkt in Venetien hatten, können wir mangels Daten nicht sagen. Wenn man sich jedoch die Verteilung der sehr viel häufigeren dalmatischen "Brudergruppe" I2a-L621 ansieht, spricht einiges dafür.

Haplogroup I-M170 - Wikipedia, the free encyclopedia
 

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@Dieter

Ist die sprachliche Einordnung der italischen Veneter mittlerweile denn wirklich geklärt? Meine letzte Info war ,daß Verwandtschaft zum italischen, illyrischen und sogar germanischen diskutiert wurden aber die Sprache noch nicht völlig irgendwo eingeordnet werden konnte, sie vtl. eine eigene Kleingruppe darstellt.

Der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann schreibt, dass Venetisch möglicherweise einen eigenen Sprachzweig repräsentiert und entfernt verwandt mit dem Illyrischen sei. An Sprachresten gibt es einige hundert kurze Inschriften auf Stein- oder Bronzetafeln und auf Tongefäßen. Die alte Tante Wiki behauptet, eine Zugehörigkeit zu den italischen Sprachen würde "kontrovers diskutiert".

Zu den Weichsel-Venetern fehlen uns wohl einfach sprachliche Quellen... die slawen und Balten sind wohl aber nie aus der Diskussion verschwunden.

So ist es. Welcher Ethnie die in antiken Quellen (z.B. Tacitus, Jordanes u.a.) auftauchenden Weichsel-Veneter angehören, ist nicht mehr zu ermitteln. Es können Frühslawen oder Balten gewesen sein, aber das sind Spekulationen. Gewiss waren es nicht - wie vor Jahrzehnten postuliert - die gleichen Veneter, die in NO-Italien saßen.

Die sprachlichen Untersuchungen des Substrats finde ich interessant und die ausbreitung von Venetern an der Brnsteinstreaße ist allemal in interessanter Gedanke... aber es ist wie erwähnt wohl recht unwwahrscheinlich ,daß die adriatischen Veneter keltisch sprachen...jedenfalls hab ich das so noch nie irgendwo gehört. Schade eigentlich... denn sie waren auch Mitträger der Urnenfelderkultur, die ja auch mit um proto-keltischen gezählt wird... das würde also gut passen.

Ich denke, dass hinter dem in Europa verbreiteten Veneter-Namen ganz verschiedene Ethnien steckten, Es ist schwer vorstellbar, dass eine bestimmte Bevölkerungsgruppe durch den ganzen Kontinent nomadisierte und überall ihren Namen zurückließ.
 
Ich habe etwas gezögert, ob ich das Thema hier anschneiden soll: Zum einen scheint hier teilweise Skepsis gegenüber genetischen Analysen vorhanden zu sein, zum zweiten besteht einiger Erläuterungsbedarf. Aber versuchen wir es mal:

Eine Genanalyse sagt nicht das mindeste über eine Ethnie aus. Sprache und kulturelle Zugehörigkeit vererben sich nicht, sodass die Angehörigen jedes Volkes ganz verschiedene genetische Merkmale repräsentieren.

Und somit gibt es weder keltische oder venetische noch deutsche Gene.
 
Eine Genanalyse sagt nicht das mindeste über eine Ethnie aus. Sprache und kulturelle Zugehörigkeit vererben sich nicht, sodass die Angehörigen jedes Volkes ganz verschiedene genetische Merkmale repräsentieren.

Und somit gibt es weder keltische oder venetische noch deutsche Gene.
Volle Zustimmung - (fast) jede Ethnie kombiniert diverse yDNA und mtDNA-Haplogruppen (Ausnahme sind die Waliser mit 92%, und die Basken mit 87% yDNA R1b1a2, was wiederum zeigt, dass Sprache und Gene nicht notwendigerweise zusammenhängen). Deshalb sprach ich ja auch von "Markern" - bestimmte, typischerweise gar nicht dominierende sub-Haplogruppen, deren Verteilungsmuster es aber erlaubt, Migrationsprozesse nachzuvollziehen.
Zum Beispiel wurde die Verteilung einer spezifischen Untergruppe von I2a2b, die heute v.a. in eher homöopatischer Dosierung auf den britischen Inseln zu finden ist, anhand der genetischen Beziehung ihrer Mitglieder rekonstruiert. Dabei zeigte sich, dass diese Untergruppe vor knapp 3.000 Jahren in der Pfalz entstand. Ihre Migration nach Britannien erfolgte in mindestens drei Wellen, die erste um/ab 500 v.Chr. über Belgien (jedoch nicht die Niederlande) und die Normandie, die zweite vom Rhein aus zur späten Römer- und/oder Völkerwanderungszeit, die dritte von der Normandie aus im späten 11./12. Jahrhundert. In allen drei Fallen war diese genetische Gruppe sicherlich nicht das dominierende Element der unschwer einzuordnenden, und jeweils von unterschiedlichen "Völkern" getragenen Wanderungen. Sie erlaubt es aber, diese Wanderungen klarer zu erfassen
 
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Zum Beispiel wurde die Verteilung einer spezifischen Untergruppe von I2a2b, die heute v.a. in eher homöopatischer Dosierung auf den britischen Inseln zu finden ist, anhand der genetischen Beziehung ihrer Mitglieder rekonstruiert. Dabei zeigte sich, ...

Und welche Bevölkerungsgruppe soll das nun sein, die die diese wunderbaren Wege genommen hat?
 
Gallier und Angelsachsen würden zeitlich passen... das hieße dann daß die jütischen Angeln und Sachsen die gleichen Marker aufwiesen wie die Belgen?
 
Ich habe etwas gezögert, ob ich das Thema hier anschneiden soll: Zum einen scheint hier teilweise Skepsis gegenüber genetischen Analysen vorhanden zu sein,
das mag ich so nicht stehen lassen - ich bin erst dann skeptisch, wenn Methoden und Erkenntnismöglichkeiten überfordert werden.

Genetische Analysen antiker Knochen können keine Auskunft über den Sprachgebrauch und die Ethnie ihrer Untersuchungsgegenstände geben.

Bevölkerungsverschiebungen, Wanderungen etc. hat es von der Eisenzeit bis ins Frühmittelalter in Europa gehäuft gegeben; hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass im Fall der Wanderung von Gentes nicht komplett und total Mann und Maus die Wanderschuhe gürteten, sondern dass mehr kriegerische Eliten umherzogen als ganze "Völker".

Allein die für uns heute immer noch zu spärlichen schriftlichen Überlieferungen bzgl. der modern gesagt Mobilität von Bevölkerungsteilen im genannten Zeitraum zeigen ein Bild, welches einem schier unentwirrbaren Flickenteppich entspricht. Dieses große konfuse Durcheinander macht es schon höchst unwahrscheinlich, genetische Auffälligkeiten oder Häufungen einer bestimmten historischen Ethnie zuzuschreiben. (ein schönes Exempel hierfür könnten die Alanen sein)

Bzgl. der Weichsel-Veneter kennt man nur die Fremdbezeichnung in griech. und röm. Quellen, mehr nicht. Aus dieser arg spärlichen Quellenlage bzgl. der sprachl. Überlieferung lässt sich über die ethnische Zugehörigkeit Weichsel-Veneter nichts (!) greifbares/beweisbares aussagen.
 
das mag ich so nicht stehen lassen - ich bin erst dann skeptisch, wenn Methoden und Erkenntnismöglichkeiten überfordert werden.

Genetische Analysen antiker Knochen können keine Auskunft über den Sprachgebrauch und die Ethnie ihrer Untersuchungsgegenstände geben.

Bevölkerungsverschiebungen, Wanderungen etc. hat es von der Eisenzeit bis ins Frühmittelalter in Europa gehäuft gegeben; hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass im Fall der Wanderung von Gentes nicht komplett und total Mann und Maus die Wanderschuhe gürteten, sondern dass mehr kriegerische Eliten umherzogen als ganze "Völker".
Skepsis ist erstmal nichts Falsches. Im Gegenteil - bei Ergebnisoffenheit ist es sie dem Erkenntnisgewinn sicherlich förderlich.

Wanderungen bringen kulturellen und sozialen Austausch mit sich - machmal freiwillig und gleichrangig, manchmal durch unterschiedliche Machtpositionen bestimmt, wobei die Wandernden häufig, aber sicherlich nicht immer in der Rolle der Stärkeren gewesen sein mögen (es gab auch Deportation, Sklaverei etc.). Damit einher gehen fast immer lexikalische Übertragungen, teilweise Änderung oder Übertragung der ethnischen Eigen- oder Fremdbenennung, manchmal auch grundlegender Sprachwechsel. Da muss man sicherlich genau auf den jeweiligen Einzelfall sehen. Die Genanalyse ist ein Instrument, dass zusammen mit Quellenanalyse, Archäologie, Linguistik etc. helfen kann, einen historischen Befund besser zu erfassen und zu rekonstruieren.

Allein die für uns heute immer noch zu spärlichen schriftlichen Überlieferungen bzgl. der modern gesagt Mobilität von Bevölkerungsteilen im genannten Zeitraum zeigen ein Bild, welches einem schier unentwirrbaren Flickenteppich entspricht. Dieses große konfuse Durcheinander macht es schon höchst unwahrscheinlich, genetische Auffälligkeiten oder Häufungen einer bestimmten historischen Ethnie zuzuschreiben. (ein schönes Exempel hierfür könnten die Alanen sein)".
Siehe mein Beispiel der Untergruppe von I2a2b. Die erste Migration erfolgte vermutlich (ganz sicher können wir da auch nicht sein) als Teil der Kelten. Für die zweite Migrationswelle kann keine exakte Zeitstellung gegeben warden (man rekonstruiert "Stammbäume", die aber natürlich lückenhaft sind); die Individuen können also entweder als "(Gallo-)Römer" vor der Völkerwanderung ins stabiler gewähnte Britannien geflüchtet sein, oder an dieser als "Germanen" (dann wohl eher Franken denn Sachsen) teilgenommen haben. An der dritten Migrationswelle nahmen sie als "Normannen" teil. Weitere Migrationen (z.B. Wikingerzeit, einzelne Miglieder dieser Gruppe wohnen heute in Dänemark / Südschweden) sind nicht auszuschließen.
Dennoch erhalten wir wichtige und neue Informationen, z.B.:

  • Die eisenzeitliche keltische Migration berührte vermutlich nicht die Niederlande;
  • Die völkerwanderungszeitliche Migration (ob als "Römer" oder als "Germane") nach Britannien reichte tiefer nach Süden (Rheinland/ Mittelrhein) als üblicherweise vermutet;
  • Die normannische Invasion/ Siedlung erfolgte nicht ausschließlich durch eine Oberschicht aus romanisierten Wikingern, an ihr nahmen auch Bevölkerungsgruppen teil, die schon in Kelten- und/oder Römerzeit dort ansässig waren.
Nebenbei wird auch klar, dass dieser genetische Marker nicht geeignet ist, Auskunft über die angelsächsiche Landnahme bzw. die Verdrängung von Kelto-Romanen in Britannien zu geben.

Bzgl. der Weichsel-Veneter kennt man nur die Fremdbezeichnung in griech. und röm. Quellen, mehr nicht. Aus dieser arg spärlichen Quellenlage bzgl. der sprachl. Überlieferung lässt sich über die ethnische Zugehörigkeit Weichsel-Veneter nichts (!) greifbares/beweisbares aussagen.
Deswegen brauchen wir ja andere Informationsquellen wie die Linguistik oder die Genetik. Die Genetik deutet auf intensive genetische Interaktion zwischen Dalmatien (weniger jedoch Venetien) und Osteuropa bis hoch nach Weißrussland, sowie Britannien/ Bretagne, hin. Das genetische Profil Ostpreußens vor dem 2. Weltkrieg ist verloren, mag aber über die DNA ostpreußischer Auswanderer in die USA teilweise rekonstruiert werden. Die gegenwärtige Auflösung reicht für belastbare Befunde nicht aus, aber da wird sicherlich in den nächsten Jahren noch einiges mehr kommen, weil das Thema die slowenische und kroatische Forschung (und offensichtlich nicht nur diese) beschäftigt.

Linguistisch haben wir das erklärungsbedürftige Phänomen, dass das venezisch-illyrische "terg" seinen Eingang in alle nordgermanischen Sprachen (einschließlich Isländisch!) gefunden hat. Die weiter oben verlinkte Studie, die ich mir noch mal genauer ansehen muss, kommt zu dem Ergebnis, linguistische Parallelen zwischen den drei "Venetern" seien festzustellen. EQ hat jedoch korrekterweise darauf hingewiesen, dass solche Parallelen auch durch Ähnlichkeiten des Sprachumfelds hervorgebracht werden können. Also auch hier kein belastbarer Beleg, aber v.a. sicherlich kein Beweis, dass baltische und adriatische Veneter nicht verwandt sind. Die Tiroler und Kärntner Ortsnamensforschung ist gerade dabei, etwas mehr Licht ins "Ostalpenindogermanisch" zu bringen, zu dem vermutlich auch Venetisch gehört. Schaun' mer mal, was da noch so kommt..

Dann die Archäologie: Auf den Kaliningrader Oblast setze ich in dieser Hinsicht eher wenig, aber die polnischen Ausgrabungen rund um Elblag (Elbing), sind durchaus vielversprechend und dürften genug Material für Vergleichsanalysen mit adriatischen Artefakten liefern.
Truso - Wikipedia, the free encyclopedia
z J Okulicz-Kozaryn, Weklice. A Cemetery of the Wielbark Culture on the Eastern Margin of Vistula Delta (Excavations 1984-2004). In Monumenta Archaeologica Barbarica 17, A. Bitner Wróblewska (ed). Warszawa. | Magdalena Natuniewicz-Seku?a - Academia

Zusammengefasst sehe ich zur Zeit einige Anzeichen, dass bretonische, adriatische und baltische Veneter mehr als nur den Namen geteilt haben könnten. Was dieses "mehr" im einzelnen umfasst, und wie es ggfs. zustandekam, wird man sehen, da ist die Forschung sicherlich noch nicht am Ende. Das Gegenargument "Die baltischen Veneter waren doch ab dem 5.6. Jahrhundert Slawen" überzeugt jedenfalls nicht. Im Gegtenteil: Die adriatischen Veneter waren nur wenig später zum guten Teil auch Slawen (Slowenen).

In diesem Sinne sehe ich übrigens auch den Lacus Venetus, ebenso wie die nicht allzu weit von ihm enfernt siedlenden Vindeliker (Veneter am Lech?), als Anlass, über Beziehungen zur Adria noch intensiver nachzuforschen. Die bereits zur Bronzezeit bestehende Handelsverbindung von Augsburg über Fernpass und Brenner zur Adria ist ja gut bekannt..
 
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