Vorgeschichte der Kelten

Kurz aus dem Universal-Lexikon:
Die meisten Inschriften liefert indessen das Gallische, das in drei verschiedenen Alphabeten aufgezeichnet wurde: Aus Oberitalien stammen einige wenige Inschriften in etruskischer Schrift aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., aus dem südlichen Frankreich circa 60 Steininschriften in griechischer Schrift vor allem aus dem 1. Jahrhundert n.Chr., aus verschiedenen Gegenden Galliens schließlich weit über 100 Texte in lateinischer Schrift aus dem 1.-4. Jahrhundert n. Chr. Das umfangreichste Sprachdenkmal war lange Zeit die 1897 entdeckte Bronzetafel von Coligny, die neueren Forschungen zufolge aus der Zeit um 200 n. Chr. stammen dürfte. Aus der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. stammt die 1971 entdeckte Bleitafel von Chamalières, die eine Anrufung des schon aus lateinischen Weihinschriften bekannten keltischen Gottes Maponus enthält. Der längste fortlaufende gallische Text ist mit circa 1 000 Buchstaben und circa 160 Wörtern die Bleitafel von Larzac, die offenbar der Ausübung eines Schaden abwehrenden Zaubers diente. Sie kam 1983 bei der archäologischen Untersuchungen eines Gräberfelds, circa 15 km südlich von La Graufesenque im Departement Aveyron, zutage.

Merci für die Anwort. Bei meiner Frage bin ich allerdings von der vorchristlichen resp. vorrömischen Zeit ausgegangen. Nach meinem Dafürhalten dürfte man, wenn man, wie Du weiter oben schreibst, das Modell Kelten = kelt. Sprache = la Tène-Kultur -> Ausbreitung kritisieren möchte, Inschriften aus dem Zeitraum nach der Eroberung Galliens nicht berücksichtigen. Da war die "keltische" Bevölkerung schon auf dem Weg zu "Gallorömisch".
 
Hallo Armer Konrad, heute mal kurz, ich hatte die verschiedenen Funde und Sprachtrümmer, die uns noch hinterlassen sind (Inschriften, Münzen, Orts - Fluss - Berg und Personennamen, Namensmarken auf Schwertern, Scherben) aufgezählt, um darzustellen, dass das Westhallstattgebiet Teil des keltischen Sprachraums ist.
Tatsächlich zeichnet er sich nicht durch besonders viele Funde aus, in Kontaktzonen mit den Mittelmeerkulturen (Norditalien, Iberien, Südfrankreich um Marseille) scheint der Schriftgebrauch früher einzusetzen. Um die "Westhallstattraum als Urspungsgebiet der keltischen Sprache"-These zu kritisieren, müsste ich zum Beispiel den Text von P. Busse: Hydronymie und Urheimat (siehe oben) lesen, der Band ist leider wieder sehr teuer, 135 Euro. P.Busse argumentiert anscheinend anhand der Hydronomie (Gewässernamenskunde) für eine sprachliche Ursprungsregion in den Westalpen und im oberen Rhonetal, ähnlich J.Udolph (Die Alteuropäische Hydronymieund das Keltische, 2010). Leider habe ich keine deutsche Ausgabe der Bücher von Koch / Cunliffe gefunden, die die Atlantikthese vertreten. Ich hoffe, dass es Berufenere gibt, die die Thesen aufgreifen.
 
@Haerangil - Der Fehler ist mir auch passiert. Es geht um die zentralkeltischen Gebiete und immer noch um die Frage der Zusammensetzung der Bevölkerung.

@Dieter - Ich warte noch immer und verspreche mir sogar etwas davon.
Eine Liste der Punkte, die ohne Wanderungen nicht oder schwerer zu erklären wären.

@ALL - See you soon in ol' dirty Marburg ;)
Für Oberhessen kann ich allen sicheres Geleit anbieten, aber - ihr wollt ja nach Niederhessen. Da kann ich nicht mal funktionierende Verkehrswege oder Kommunikation garantieren ;)
 
Um die "Westhallstattraum als Urspungsgebiet der keltischen Sprache"-These zu kritisieren, müsste ich zum Beispiel den Text von P. Busse: Hydronymie und Urheimat (siehe oben) lesen, der Band ist leider wieder sehr teuer, 135 Euro. P.Busse argumentiert anscheinend anhand der Hydronomie (Gewässernamenskunde) für eine sprachliche Ursprungsregion in den Westalpen und im oberen Rhonetal

Busse schreibt zu den keltischen Gewässernamen:

Man sieht eine Konzentration der Belege am nordwestlichen Alpenrand, im östlichen Gallien und im westlichen Großbritannien. Der sich hier abzeichnende "Keltische Gürtel" von Ostgallien bis in den Alpenraum stimmt in großen Teilen mit dem archäologischen (Westhallstatt/La Tène) und historischen Befund (antike Berichte über die Kelten) überein. Angesichts der guten Überlieferungslage in Großbritannien und der dort teilweise noch ansässigen keltischsprachigen Bevölkerung ist die dortige Verdichtung als sekundär und rezent zu beurteilen.

Wenn ich mir die Karte unvoreingenommen anschaue, sehe ich auch eine Konzentration am (nord)westlichen Alpenrand.
In Großbritannien sehe ich die Konzentration aber eher in Südengland (und nicht nur im Westen), d. h. auch in Gegenden, wo es schon lange keine keltischsprachige Bevölkerung mehr gibt.
Außerdem sehe ich noch eine gewisse Häufung in Zentralfrankreich.

Leider hat Busse auf der Karte nur Punkte eingetragen, keine Zahlen. So kann man nur raten, welcher Punkt welchem Namen entspricht. Ich kann auch schwer nachvollziehen, welche Namen eindeutig keltisch sind und welche eher fraglich sind.


ähnlich J.Udolph (Die Alteuropäische Hydronymieund das Keltische, 2010
Der Aufsatz ist in der Nouvelle Revue d'Onomastique (52) erschienen, in französischer Übersetzung mit dem Titel "Les hydronymes paléoeuropéens et la question de l'origine des Celtes".
Was die Kelten betrifft, erfährt man nicht viel Neues. Udolph bezieht sich größtenteils auf den Aufsatz von Peter Busse. Den referiert er ausführlich (auch die erwähnte Karte ist dort nochmal abgedruckt), hält ihn für einen Schritt in die richtige Richtung und verteidigt ihn gegen den Kritiker Alexander Falileyev:
"Contrairement aux opinions de Falileev, j'accorde une grande valeur aux idées de P. Busse et je recommande instamment de poursuivre dans cette direction."
Im Unterschied zu Busse hält Udolph den Namen der Rhone nicht für keltisch. Der sei vorkeltisch, wie die Namen der Nebenflüsse.
 
Rhodanus vorkeltisch? Puh.. ich hoffe wir erwsrten nicht alle einfach zu viel von der hydronomie... ich bin kein linguist..
 
Rhodanus vorkeltisch? Puh.. ich hoffe wir erwsrten nicht alle einfach zu viel von der hydronomie... ich bin kein linguist..
Ich habe keine Ahnung, kann nur wiedergeben, was die Herren schreiben. Busse argumentiert
mit der für das keltische typischen Verwendung der Vorsilbe ro (<*pro-) im Sinne von "großes Wasser"

Udolph hält eine keltische Etymologie für einen so bedeutenden Fluß für problematisch, wenn die Nebenflüsse vorkeltische Namen tragen ("car une étymologie celtique pour un fleuve de cette importance devient problématique quand ses affluents portent des noms préceltices") und weist auf eine Wurzel *redh-/*rodh- hin, die er für zahlreiche Gewässernamen von Südfrankreich bis Russland annimmt. (Beispiele für Flussnamen aus Polen: Reda, Radunia, Radomka, Radęca)
 
Udolph hält eine keltische Etymologie für einen so bedeutenden Fluß für problematisch, wenn die Nebenflüsse vorkeltische Namen tragen ("car une étymologie celtique pour un fleuve de cette importance devient problématique quand ses affluents portent des noms préceltices") und weist auf eine Wurzel *redh-/*rodh- hin, die er für zahlreiche Gewässernamen von Südfrankreich bis Russland annimmt. (Beispiele für Flussnamen aus Polen: Reda, Radunia, Radomka, Radęca)
So sehr ich Udolph schätze und so wenig ich ihm das Wasser reichen kann, habe ich manchmal den Eindruck, dass seine slawistische Ausbildung auch ein bisschen (wirklich nur ein bisschen) für eine Art "Tunnelblick" sorgt.
Mein Tunnelblick ist ja eher die romanistische Ausbildung in Hinblick auf hispanoarabische Etymologien und da verweise ich auf die Flussnamen auf der iberischen Halbinsel. Je weiter nach Süden man kommt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Flussnamen arabischen Ursprungs sind, desto weiter nach Norden, vorarabischen Ursprungs. Hin und wieder gibt es auch Hybridnamen, wie beim Guadiana (vorher Anas Flumen), Guadalupe (arab. wādī und roman. lupus, 'Wolf') oder Guadix (vom lateinischen Stadtnamen Acci mit vorangesetzten Wadi: Wādī ). Im System des Guadalquivir (vorarabisch Baetis, arabisch Wādī-l-kabīr) sind fast alle Flussnamen arabischen Ursprungs. Aber es gibt auch solche, die für romanisch oder vorrömisch gehalten werden. Etwa der Darro, der in Granada in den Genil fließt, einem Zufluss des Guadalquivir.
Beim Darro ist die traditionelle Erklärung, dass der Name von der Goldhaltigkeit des Flusses käme: Dat aurum. (Diese Erklärung ist allerdings schon 400 Jahre alt, wie valide sie ist, steht auf einem anderen Blatt, die Goldhaltigkeit des Darro gilt allerdings als sicher). Zum Genil gibt es mehrere Erklärungen: Die eine Erkläung führt den Namen auf Singilis zurück, das sei ein romanisierter turdetanisch-südiberischer Name, zu erkennen an dem -ili-. Ich habe an letzterem eher Zweifel, weil das iberische ili eigentlich eher als Vorsilbe auftaucht. Aber wenn Singilis irgendwo nachgewiesen ist (weiß ich grad nicht und habe ich auch nicht überprüft), dann ist die vorarabische Etymologie gesichert. Trotzdem will ich die arabistische Erklärung des Flussnamens - in arabischer Zeit schrieb man ihn Nahr(u) Šanīl - nicht unterschlagen: 1000-Nil. Nun ist ein solcher Name - 1000-Nil - für ein Flüsschen, wie den Genil kaum geeignet (naja gut, die Verniedlichung Flüsschen ist vielleicht, den Genil separiert betrachtet, unzulässig aber im Verleich mit dem echten Nil oder auch dem Guadalquivir gerechtfertigt).
Ähnliche Beispiele werden wir sicher in den Amerikas finden, wo wir zum Hudson oder East River oder zum Rio Grande etc. sicherlich Zuflüsse finden werden, deren Namen noch indianischen Ursprungs sind.

Udolph argumentiert im Grunde so: Je wichtiger ein Fluss ist, desto bekannter/verbreiteter ist i.d.R. sein Name und desto konservativer verhält sich die Namensgebung.
Das ist im Grunde genommen die opinio communis in der Hydronomie. Aber es gibt eben auch die Gegenbeispiele wie Guadalquivir < Genil < Darro oder auch San Joaquín River < Tuolumne River, wo der Hauptfluss eben einen jüngeren Namen hat als die unbedeutenden oder zumindest weniger bedeutenden Nebenflüsse.

Damit kommen wir dann auch endlich zum Ende dieses Exkurses: Es gibt Beispiele dafür, dass ein Hauptfluss (wahrscheinlich) einen jüngeren Namen trägt als seine Zuflüsse. In Analogie zu keltischen und präkeltischen Flussnamen sollten wir daher nicht dogmatisch und kategorisch ausschließen, was wir mangels schriftlicher Überlieferung nicht ausschließen können, zumal wir entsprechende Analogbeispiele heranziehen können, welche die Regel außer Kraft setzen.
 
So sehr ich Udolph schätze und so wenig ich ihm das Wasser reichen kann, habe ich manchmal den Eindruck, dass seine slawistische Ausbildung auch ein bisschen (wirklich nur ein bisschen) für eine Art "Tunnelblick" sorgt.

Ich bin mit meiner eigenen Formulierung hier nicht einverstanden, bzw. sie ist monovalent, wo sie ambivalent verstanden werden sollte. Denn gleichzeitig weitet die slawistische Ausbildung eben auch den Blick für etymologische Phänomene, die einem Nichtslawisten verborgen bleiben.
 
Pyrene

at Biturigos

"... der Istros kommt aus dem Lande der Kelten, von der Stadt Pyrene her und fließt mitten durch Europa. ..."

Mit Pyrene könnte der Ort Beuron gemeint sein, würde von der Geographie her passen, dh liegt in der Nähe des Mündungsgebietes der Donau (Istros).

In der alemannischen Schweiz gibt es ein paar Orte mit dem Namen Büron, Büren, das wird im Dialekt auch mit P gesprochen.
 
Hmm.. laut wiki ist die aelteste belegte schreibweise purron... da wird glaube ich kein schuh daraus. Selbst wenn wir eine hypothethische wurzel *puru oder *buru vorraussetzten... haette das ein hellenischer schreiber zu "pyrene" graecisiert?
 
at Biturigos

"... der Istros kommt aus dem Lande der Kelten, von der Stadt Pyrene her und fließt mitten durch Europa. ..."

Mit Pyrene könnte der Ort Beuron gemeint sein, würde von der Geographie her passen, dh liegt in der Nähe des Mündungsgebietes der Donau (Istros).

In der alemannischen Schweiz gibt es ein paar Orte mit dem Namen Büron, Büren, das wird im Dialekt auch mit P gesprochen.

Das ist nicht verwunderlich, dass Ortsnamen mit /b/ als [p] ausgesprochen werden. Denn das Deutsche hat b-d-g zu p-t-k verhärtet. Allerdings hat es auch /p/ und /t/ zu /pf/ und /ts/. Wenn der Ortsname also von Herodot richtig wiedergegeben wurde und bis in die Völkerwanderungszeit und darüber hinaus überlebt hat, dann wäre ein Ortsname mit /pf/ im Anlaut zu erwarten, keiner mit /b/ der evtl. auch mal - entsprechend der süddeutschen (gemeint ist hier das Sprachgebiet, nicht die nationale Zugehörigkeit) Neigung zur Verhärtung des /b/ - /p/ ausgesprochen würde.
 
ad "Pyrene"

Danke für die Antwort.

Es gab ja auch Meinung, dass "Pyrene" die Pyrenäen bedeutet. Unvorstellbar, dass die antiken Geographen nicht gewusst hätten, dass zwischen dem Tal des Istros (Danubios) und den dem Gebirge der Pyrenäen noch die Einzugsgebiete zweier grosser Flüsse, nämlich des Rheins und der Rhone, und weitere Gebirge, nämlich der Alpen und des Juras, lagen.

Wenn man nun annimmt, dass "Pyrene" eine Ortsbezeichnung ist, und die Endung -e (weibl.) weglässt, so erhält man "Pyren".

Ist dieses Wort (pyr-) keltischen Ursprungs? So viel ich weiss schon, und bedeutet wohl einen Ort, an dem gesiedelt und "Landwirtschaft" betrieben wird.

(... aber wie gesagt, meine Annahme ...)
 
Unvorstellbar, dass die antiken Geographen nicht gewusst hätten, dass zwischen dem Tal des Istros (Danubios) und den dem Gebirge der Pyrenäen noch die Einzugsgebiete zweier grosser Flüsse, nämlich des Rheins und der Rhone, und weitere Gebirge, nämlich der Alpen und des Juras, lagen.

Die Quellenstelle kommt aus dem 5. Jhdt. v. Chr. Damals war für die Griechen ein Großteil der der Welt jenseits der Küsten noch unbekanntes Terrain. Pytheas beispielsweise lebte erst 100 Jahre nach Herodot und der galt den antiken Geographen als unglaubwürdig.
 
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