Keine Kelten in Irland?

Stimmt, das Reich was sie in Schottland gründteten hieß Dalriada (oder so ähnlich).

Hat nicht ER in seinem Buch " vom gallischem Krieg", davon gesprochen das die Briten sich die Urbewohner des Landes als Sklaven hielten? Das die keltischen Briten zwei - drei Generationen zuvor selbst als Eroberer aus Belgien kamen? Das würde doch passen.
 
askan schrieb:
Hat nicht ER in seinem Buch " vom gallischem Krieg", davon gesprochen das die Briten sich die Urbewohner des Landes als Sklaven hielten? Das die keltischen Briten zwei - drei Generationen zuvor selbst als Eroberer aus Belgien kamen? Das würde doch passen.

Das bestreitet auch keiner. Die Kelten haben sich vom Kontinent her ausgedehnt. Erst Britannien und dann Irland. Das sie dabei die "Urbevölkerung" assimilierten bzw. unterdrückten ist auch Faktum. Auch auf dem Kontinent kann es nicht soviele "reine" Kelten gegeben haben, um die Gebiete (Frankreich, Spanien, Deutschland, Tschechien, Ungarn,...) zu besetzen, d.h. die Kelten haben diese Gebiete im ersten Jhdt v.Chtr. erobert und sich dort seßhaft niedergelassen. Höchstwahrscheinlich bildeten sie die Adelsschicht und die Urbevölkerung ging im Volk auf. Selbst in Gallien gab es zu Cäsars Zeiten noch Stämme, die man eigentlich nicht als Kelten bezeichnen konnte.

Da aber die Römer darauf hinwiesen, daß es regen Kontakt zwischen West-Britannien und Ost-Irland gab, kann man nur davon ausgehen, daß dort auch Kelten waren. Höchstwahrscheinlich war nicht ganz Irland von Kelten besetzt, aber es waren Kelten da! Das wird auch durch die Funde bestätigt. :)
 
Nu ja, damit kann ich leben. Es könnte so gewesen sein, mit der Betonung auf könnte.

Das wird auch durch die Funde bestätigt.

Und genau daran hakt es. Die Funde die man gemacht hat sind einfach sehr wenige, zu wenige und dazu fast immer wiedersprüchlich. Der derzeitige Lehrstuhlinhaber für Keltololgie in Wien: "Wir wissen heute nicht so recht, wie keltische Sprache und Kultur überhaupt nach Irland gekommen sind, es gibt da sehr viele Moeglichkeiten. Dass gerade ein `Invasion` oder Einwanderung dafuer verantwortlich sein sollen, dafuer fehlen weitgehend alle Hinweise. "

Wie gesagt, man weiß es schlicht und einfach auch nicht. Daher kann ich dir insofern zustimmen, als das es in Teilen Irlands womöglich schon in der Antike Kelten gegeben hat die von England aus dorthin eingwandert sein könnten.

Die Frage ist halt, wie viele das waren. Und die Frage ist, ob sich das Gälische als keltische Sprache nicht erst später gebildet hat, in nachchristlicher Zeit. Schlicht und einfach ist meine Behauptung: Es ist nicht so klar und eindeutig wie du es darstellst.

Zur Einwanderung von Kelten nach England:

im heutigen Frankreich bildete sich ja in der Folge der Ausdehnung der La Tene Kultur im Marne Gebiet ein absolutes Zentrum des La Tene heraus.
Man könnte schon fast von einer Marne Kultur als einer Abart des klassischen Anfangs La Tene vom Fundgut her sprechen.

Man war nun lange der Meinung, daß Stämme die zu dieser Marnekultur gehörten dann den Kanal überquerten und den Süden von England kolonisierten. Dann drangen sie nach Norden bis in die Gegend von Yorkshire vor.

Neuere Forschungen haben aber ergeben, daß es de facto kaum Hinweise für eine Einwanderung nach Südengland gibt, zwar hatte der Südosten von England schon lange Zeit engen Kontakt zum Festland, aber nichts läßt auf eine Einwanderung schließen. Die typischen Unterschiede zwischen den beiden Gebieten blieben bestehen und die für das Festland typischen Formen tauchen einfach nicht auf. Mit einer Ausnahme:

Dem Gebiet von Yorkshire ! Ausgerechnet dort läßt sich archäologisch eine keltische Einwanderung nachweisen. Und zwar im Bereich des späten 5 oder frühen 4 Jahrhundert.

Dann Irland noch mal: dort tauchen keltische Funde erst im Verlauf der nachchristlichen Zeit auf, und trotzdem rechfertigen sie nicht eine größere Einwanderung.

Daher meine Theorie: Erst unter dem Druck der Römer und der römischen Invasion sind Gruppen von Kelten nach Irland gezogen. Und erst in der Folge dessen breitete sich dann die keltische Sprache dort aus.
 
Ich bin mir nicht sicher in welchem Masse vorhin auf die Unterschiede zwischen dem Englischen und den anderen Britischen Sprachen eingegangen wurde.

Also ersteinmal entstand grob gesagt das Englische aus einem Gemisch von Nordseegermanischen Dialekten (oder nennt es ruhig Sprachen) nämlich Sächsisch (nichts mit den heutigen Sachsen im Freistaat zu tun, sondern mit den Niedersachsen also Plattdeutschen), dem Angelischen (verwandt mit den Sachsen, kriegerischer, zeitweise Führungsschicht im alten Thüringerreich), dem Friesischen und dem Jütischen.

Später bekam das Englische seine ach so ungermanische einfärbung durch die Eroberung der francophonen Normannen unter Guillaume (oder William, wie ihr wollt) 1066.

So und nun erstmal zu den anderen Sprachen:

Die anderen Sprachen haben, so sie vereinzelt germanische Wörter aufgenommen haben (und ich spreche nicht vom "Schottische" den das ist heute wirklich nur noch ein Dialekt - sondern vom Walisischen, Gälischen und Pictisch), diese durch die Norweger bzw. Wikinger erhalten.
So wurde Dublin ja auch von Wikingern gegründet.

Jedoch sind es alles keine germanischen Sprachen, nun gut, das heisst noch nicht dass sie keltische sind.

Weiter also:

Um 800 v. Chr. fallen die keltischen Goidelen (Gälen) nach Britannien und Irland ein und unterwerfen die dort ansässige mediterrane bzw. noch aus dem Neolithicum ansässige Bevölkerung.
Die Brythonen und Kymrer, Belgische Kelten fallen später in Britannien ein, lassen aber Irland weitgehend unberührt.
In Britannien kommt es wiederum zu Kämpfen zwischen Goidilen und der Urbevölkerung gegen die einfallenden Brythonen und Kymrer (Kymrer kommt von Combrox=Gefährte).

Die Goidilen werden von den Belgern ins schottische Hochland abgedrängt (und leben ebenso noch in Irland).
Die Kelten stiessen bei ihrer Besiedlung Irlands auf eine mutterrechtliche Bevölkerung, wie sie an der gesammten atlantischen Küste verbreitet war (keine Angst ich rede nicht von Atlantis *grins*).
Dies wird erkennbar aus vielen alten irischen Sagen, wo es nicht ungewöhnlich ist, wenn eine Frau sich einen oder mehrere Männer aussucht.
Auch waren die sogenannten Tuatha De Danann ja die Kinder der Danu - also einer Muttergöttin oder Stammesgründerin.

Auch wurde hier einmal geschrieben, die Kelten hätten die Urbevölkerung vernichtet.
Zwar liest sich die Erzählung, in welcher es heisst und sie (die Tuatha De Danann) beherrschten nun die Welt unter der Erde, wie ein Euphemismus eines Völkermordes, jedoch weist nichts, weder Archäologische Funde, noch die Genetik darauf hin, dass es zu Völkermord in einem solchen Ausmasse kam.
Sicher starben viele, die sich den Eroberern entgegenstellten und vielleicht sogar alle Männer, aber die Frauen vermischten sich ja mit den Eroberern und so entstand das irische Volk.
Niemand kann sagen sie sind Kelten oder sie sind keine.
Ja, ihre Sprache ist teilweise Keltisch, ja ihre Abstammung ist teilweise Keltisch, aber sicher nicht mehr als bei jedem Süddeutschen auch.

Ich habe mein Pulver noch nicht verschossen und hoffe auf reichlich Einwände oder konstruktive Kritik...
 
Die Gälen fallen in Britannien und Irland ein und vernichten die dort ansässige "mediterrane" (???) Bevölkerung.
Bitte um Aufklärung
 
Ja, damit sind sowas wie die Ligurer gemeint. Menschen nach mediterranem Typus. Selbst in den irischen Mythen wird oft die verbindung nach Spanien gemacht. Sie erklären so mythologisch das Vorhandensein zweier Typen in Irland, einmal Rot (roter Haare und blaue Augen) und Schwarz (schwarze Haare und Augen) .
In den Sagen wird oft prophezeit das erst Frieden in Irland herrscht wenn das rote Volk sich mit dem schwarzen Volk vereinigt hat. Aus dem Grund nannte man früher Menschen mit schwarzem HAar und blauen Augen: königliche Augen. So heisst es jedenfalls in der Überlieferung.
 
Lieber Enkidu,

falls Du derselbe Enkidu wie der aus dem alten Forum bist, freue ich mich über unser Wiedersehen.
Ein paar Einwände und Ergänzungen habe ich natürlich:

Enkidu schrieb:
Die anderen Sprachen haben, so sie vereinzelt germanische Wörter aufgenommen haben (und ich spreche nicht vom "Schottische" den das ist heute wirklich nur noch ein Dialekt - sondern vom Walisischen, Gälischen und Pictisch), diese durch die Norweger bzw. Wikinger erhalten.
[...]
Jedoch sind es alles keine germanischen Sprachen, nun gut, das heisst noch nicht dass sie keltische sind.

Das "Schottische" gibt es nicht; es gibt nur schottisches Gälisch und schottisches Englisch. Walisisch und Gälisch sind zweifellos keltische Sprachen, vom Piktischen weiß man so gut wie nichts.
Heute werden auf den britischen Inseln die folgenden keltischen Sprachen gesprochen
- Schottisches Gälisch (von einer Minderheit in Schottland)
- Irisches Gälisch (von einer Minderheit in Irland)
- Walisisch (von einer Minderheit in Wales)
- Kornisch (von einigen Kornisch-Fans, die sich zum Ziel gesetzt haben, die bereits ausgestorbene Sprache wiederzubeleben)
Die Mehrheit in allen Gebieten spricht Englisch bzw. die regionalen Dialekte des Englischen.
(Vgl. http://www.weikopf.de/body_keltisch.html)

Enkidu schrieb:
Die Kelten stiessen bei ihrer Besiedlung Irlands auf eine mutterrechtliche Bevölkerung, wie sie an der gesammten atlantischen Küste verbreitet war (keine Angst ich rede nicht von Atlantis *grins*).
Mit der "mutterrechtlichen Bevölkerung" ist es so ähnlich wie mit Atlantis: Überall dort, wo man nichts Genaues weiß, kommt alsbald jemand angeflattert und verkündet, es handle sich um eine mutterrechtliche Gesellschaft.
Woher weiß man denn wirklich von mutterrechtlichen Strukturen an der portugiesischen Küste? Woher von mutterrechtlichen Strukturen an der bretonischen Küste?


Enkidu schrieb:
Niemand kann sagen sie sind Kelten oder sie sind keine.
Ja, ihre Sprache ist teilweise Keltisch, ja ihre Abstammung ist teilweise Keltisch, aber sicher nicht mehr als bei jedem Süddeutschen auch.
Doch, sie selber. Solange es Leute gibt, die sich als Kelten bezeichnen, gibt es Kelten - und mögen sie hottentottischer Abstammung sein. Erst wenn niemand da ist, der sich als Kelte bezeichnet, gibt es auch keine Kelten.
Wenn wir das nicht gelten lassen, gibt es nur noch eine halbwegs objektive Definitionsmöglichkeit: Wer keltisch spricht, ist Kelte. Dann muß man sagen, daß es auf den britischen Inseln eine Menge alteingesessener Kelten gibt, in Süddeutschland aber nicht.
 
hyokkose schrieb:
Heute werden auf den britischen Inseln die folgenden keltischen Sprachen gesprochen
- Schottisches Gälisch (von einer Minderheit in Schottland)
- Irisches Gälisch (von einer Minderheit in Irland)
- Walisisch (von einer Minderheit in Wales)
- Kornisch (von einigen Kornisch-Fans, die sich zum Ziel gesetzt haben, die bereits ausgestorbene Sprache wiederzubeleben)
Da du auch Cornisch mit aufzählst, solltest du allerdings auch Manx nicht vergessen. :teach:

- Manx (seit 1974 als Erstsprache ausgestorben, als Zweitsprache im 20. Jahrhundert wiederbelebt und von einigen Hundert Bewohnern der Isle of Man gesprochen)
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Manx_(Sprache).html
 
Ja, ich bin derselbe, hab aber leider mein EU2 zerschossen und komm nicht mehr dran (grins-heul).

Deine Einwände stimmen, natürlich meinte ich mit dem Dialekt "Schottisch" die jeweiligen Idiome Englischer und Gälischer Prägung.

Zu einem anderen Punkt ich sprach nicht von der Vernichtung der mediterranen Bevölkerung durch die Goilen - ich sprach von einer Unterwerfung und teilweisen Vernichtung.

Des weiteren gebe ich dir recht, dass man eine mutterrechtliche Organisation nur vermuten kann.
Jedoch weist die Tatsache, dass bspw. im Okzitanischen Raum (Pyrenäen) der Mann in das Haus (und somit in die Familie) der Frau einzog noch auf eine mutterrechtliche Organisation im Vorkeltischen Westeuropa hin.

Als Quellen kann ich unter anderem angeben: Montaillou, Ein Dorf vor dem Inquisator von Emmanuel Le Roy Ladurie, wo im Anhang eingehend auf diesen Punkt eingegangen wird.
Des weiteren : Erinn, Keltische Sagen aus Irland von Martin Löpelmann, wo auch hier der Anhang sehr tief in die Materie einsteigt.

Sollte ich noch etwas vergessen haben...
Manx und Cornish sind natürlich auch zu nennen - klar :)

Des weiteren zum Pictischen:

Der Angelsachse Beda nannte im 8. Jahrhunder n. Chr. einen Stamm, welcher zwischen Nith und Loch Ryan wohnten Pikten.

Sie wurden auch Niduari oder Männer vom Nith genannt, gewöhnlich aber die Pikten von Galloway.

Es ist auch überliefert, dass Aberdeen auf dem Land gegründet wurde (als Abtei Deen), welches der Pikte (!) Béde dem heiligen Columcille und seinem Schüler Drostan schenkte.

Die Pikten von Fortrenn mit ihrem Hauptwohnsitz Fortviot am Earn nannten den alten Römerwall Penn fahel (Walls Ende).
Im Goilischen also Gälischen hätte es cenn oder Kopf geheissen.
Der Anlaut p anstatt eines c lässt auf eine Vermischung (zumindest Sprachlich) mit den kymrischen Kelten schliessen (Quelle: Rhys, Preceltic Britain S. 196).

Dabei fällt mir auf, aber das nur am Rande, dass auch im Friesischen häufig P als Anlaut verwendet wird, wohingegen es in anderen germanischen Sprache ursprünglich gar nicht in Namen auftaucht. Das lässt wiederum auf eine Nähe der Friesen zu ihren keltisch belgischen Nachbarn schliessen.

Nicholson hingegen schreibt wiederum, dass das Piktische eine Mischsprache zwischen Goidelisch und dem Kymrischen ist.
Jedoch wird weitestgehend vermutet, dass die Pikten ursprünglich neolithische Urbevölkerung waren.

Jedoch widerspricht dieser These die Tatsache, dass der goidelisch sprechende Columban sich nicht mit den piktischen Bauern gegenüber der Insel Skye und am Ness nicht verständigen konnte.

Alte piktische Inschriften weisen Worte vorindoerupäischer Prägung auf wie zB.
brude=König pet=ein Stück Land (taucht noch im italienischen pezzo und französischem piece auf)
ond=Stein (vergleiche koptisch onr)

Die Pikten nannten sich selbst nicht Pikten.
Das taten die Römer (picti=Bemalte), weil die Pikten sich tätowierten und im Krieg bal bemalten)
jedoch heisst es auch "Scotti" solle "die Bemalten" (Rhys) bedeuten, andere meinen es heisse "die Plünderer (Macalister).

Andere wiederum halten es für unwahrscheinlich dass Picti vom lateinischen picti kommt und halten einen Ursprung des Namens von den Festlandskeltischen Pictones für wahrscheinlicher.

Also die Experten sind sich uneins und man darf annehmen, dass auch wir auf keinen grünen Zweig kommen werden *smile*.
 
Wie war das eigentlich mit der La-Tène-Kultur in Irland? Sind die Kelten archäologisch in Irland in der Eisenzeit greifbar?

Wikipedia schrieb:

La Tène "homeland"

From their homeland, La Tène culture expanded in the 4th century to more of modern France, Germany, and Central Europe, and beyond to Hispania, northern and central Italy, the Balkans, and even as far as Asia Minor, in the course of several major migrations. La Tène style artefacts start to appear in Britain around the same time, and Ireland rather later. The style of "Insular La Tène" art is somewhat different and the artefacts are initially found in some parts of the islands but not others. Migratory movements seem at best only partly responsible for the diffusion of La Tène culture there, and perhaps other parts of Europe,
Schon Britannien wird als Randgebiet bezeichnet, dass erst spät unter den Einfluss der La-Tène-Kultur geriet. Gleichzeitg ist aber auch schon von insularer Sonderentwicklung die Rede. Aber zum Thema Irland ist steht da wenig konkretes.


WIKIPEDIA schrieb:
LLa Tène styleDespite the importance of Ireland for Early Medieval Celtic art, the number of artefacts showing La Tène style found in Ireland is small, though they are often of very high quality. Some aspects of Hallstatt metalwork had appeared in Ireland, such as scabbard chapes, but the La Tène style is not found in Ireland before some point between 350-150 BC, and until the latter date is mostly found in modern Northern Ireland, notably in a series of engraved scabbard plates.
Also in einem kleinen Zeitfenster gibt es in einem Teil Irlands tatsächlich Fundstücke, die der La-Tène-Kultur zugeordnet werden können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja ich bin ja immer skeptisch was archäogenetik angeht...

aber hier stimmt sie eigentlich mit der traditionellen Archäologie überein... der eigentliche la Téne Horizont Irlands ist ziemlich knapp... archäologisch hat man bisher auch vermutet dass, falls es eine keltische Einwanderung gab, diese relativ dünn ausgefallen sein muss. Alternativ könnte sich die linguistische Verwandtschaft durch eine frühere Einwanderung von früh- oder Protokelten erklären, ... auch hier meine ich mal gelesen zu haben dass das q-keltische der Iren und Keltiberer eher archaisch ist, während das p-keltische der Britannier und Gallier vermutlich die modernere Variante darstellt.

sich selbst haben die alten Hiberner aber vermutlich nie als "Kelten" oder Gallier bezeichnet... "Gall" bedeutet heute noch "Ausländer".
 
... der eigentliche la Téne Horizont Irlands ist ziemlich knapp...
In seinem Handbuch-Beitrag [1] schreibt Barry Raftery, dass die anfängliche Welle der La-Tène-Expansion durch Europa zwar Britannien berührt haben mag, aber Irland – wegen der peripheren Lage? – wohl nicht erreichte. Ein direkter Kontakt sei erst um oder kurz vor 300 BC entstanden. Belege dafür fänden sich zuerst in Antrim, d.h. im Nordosten.

[1] Iron-age Ireland, in: Croinin (Ed.), A New History of Ireland, vol. 1 (2005), S. 134-181, hier S. 140 f. – Ausführliche Darstellung von demselben Verfasser: La Tène in Ireland (1984, Veröffentlichung des Vorgeschichtlichen Seminars Marburg; habe ich aber nicht gelesen).
 
Wie war das eigentlich mit der La-Tène-Kultur in Irland? Sind die Kelten archäologisch in Irland in der Eisenzeit greifbar?


Schon Britannien wird als Randgebiet bezeichnet, dass erst spät unter den Einfluss der La-Tène-Kultur geriet. Gleichzeitg ist aber auch schon von insularer Sonderentwicklung die Rede. Aber zum Thema Irland ist steht da wenig konkretes.



Also in einem kleinen Zeitfenster gibt es in einem Teil Irlands tatsächlich Fundstücke, die der La-Tène-Kultur zugeordnet werden können.

In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass es offenbar eine genetische Gemeinsamkeit (Y-Chromosom, also Vererbung in männlicher Linie) zwischen Iren, Waliser und Basken (bekanntlich die älteste, noch existitierende Sprache Europas) gibt, welche sich auf einen Zeitpunkt noch vor der Ankunft der ersten Ackerbauern in Europa zurückverfolgen lässt. Dies wäre jedenfalls ein zusätzliches Indiz für die These der Existenz einer vorkeltischen Bevölkerung Irlands, die nur oberflächlich von keltischer Einwanderung tangiert war. Allerdings betrifft das seltsamerweise nur die Männer.

DNA-Tests belegen: Waliser, Iren und Basken haben gemeinsame Vorfahren - bild der wissenschaft
 
Der verlinkte Artikel stammt vom 10.04.2001. Da gibt es bestimmt Neueres :winke:

Z.B. hier: http://www.pnas.org/content/113/2/368.abstract

Modern Europe has been shaped by two episodes in prehistory, the advent of agriculture and later metallurgy. These innovations brought not only massive cultural change but also, in certain parts of the continent, a change in genetic structure. The manner in which these transitions affected the islands of Ireland and Britain on the northwestern edge of the continent remains the subject of debate. The first ancient whole genomes from Ireland, including two at high coverage, demonstrate that large-scale genetic shifts accompanied both transitions. We also observe a strong signal of continuity between modern day Irish populations and the Bronze Age individuals, one of whom is a carrier for the C282Y hemochromatosis mutation, which has its highest frequencies in Ireland today.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dies wäre jedenfalls ein zusätzliches Indiz für die These der Existenz einer vorkeltischen Bevölkerung Irlands...
Wurde diese Existenz bestritten?

Jedenfalls sind sich irische Historiker sicher, dass die Insel schon 7.000 Jahre vor den Kelten besiedelt war [1]. Man weiß freilich sehr wenig über jene Leute und ihre Herkunft. (Noch etwas kühner ist die Hypothese, die erste Besiedlung habe schon zu der Zeit stattgefunden, als noch eine Landverbindung mit Britannien bestand.)

Jedenfalls wird behauptet, das große Ganggrab von Newgrange sei ungefähr so alt wie Stonehenge.

[1] z.B. Kenneth L. Campbell: Ireland's history (2014), S. 12
 
auch hier meine ich mal gelesen zu haben dass das q-keltische der Iren und Keltiberer eher archaisch ist, während das p-keltische der Britannier und Gallier vermutlich die modernere Variante darstellt.


Das q ist der ursprünglichere Laut, das p ist die Innovation. Im Deutschen ist das Z in "Zoll" erst mit der zweiten Lautverschiebung entstanden, das englische "toll" bewahrt den ursprünglichen Laut. Deswegen ist aber nicht das Deutsche die "modernere Variante" des "archaischen" Englisch.
 
... falls es eine keltische Einwanderung gab, diese relativ dünn ausgefallen sein muss.

Ich schrieb schon an anderer Stelle, dass das ein großes und bis heute ungelöstes Problem ist: Die Archäologen haben in Irland für Latène eine außerordentliche Fundleere, sodass man überrascht sein könnte, überhaupt Kelten in Irland zu finden.

Irgenwie muss aber die keltische Sprache nach Irland gelangt sein und somit gibt es u.a. folgende Hypothese: Danach war die Dominanz der autochthonen vorkeltischen Bevölkerung so stark und die keltische Einwandererschicht so dünn, dass sich eine keltische Kultur nicht in dem Maß entwickelt hat, wie das z.B. in Britannien der Fall war.

Dass die zahlenmäßg kleine keltische Einwandererschicht gegenüber den Autochthonen ihre Sprache durchsetzte, wird damit erklärt, dass die Kelten als Invasoren die Herrschaft ausübten und ihre Sprache der angestammten Bevölkerung aufzwangen. Ob diese Hypothese zutrifft, muss zweifelhaft bleiben, ist aber nicht ausgeschlossen. Dass die keltische Sprache allein durch Diffusion, d.h. Kultur- und Handelskontakte, nach Irland gelangt sein könnte, halten viele für unwahrscheinlich.

Woher die vorkeltische Bevölkerung einst kam, ist ungewiss. Die früheste Besiedlung wird nach Abschmelzen des Eisschildes etwa 7000 v. Chr. erfolgt sein. Besonders in Großbritannien nimmt ein Teil der Forschung an, dass es auch Verbindungen zu Spanien gibt. Das müssten dann möglicherweise die Glockenbecherleute gewesen sein, die um 2500 v. Chr. einen Teil der Bevölkerung stellten. Die Glockenbecherkultur ist in Britannien archäologisch nachgewiesen. Ein anderer Bevölkerungsteil könnte zur bandkeramischen Zeit im 5.-3. Jahrtausend v. Chr. vom europäischen Festland nach Irland eingewandert sein und die Kenntnis des Ackerbaus mitgebracht haben.

Von der Forschung allseits akzeptierte Erklärungen scheint es noch nicht zu geben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Archäologen haben in Irland für Latène eine außerordentliche Fundleere, sodass man überrascht sein könnte, überhaupt Kelten in Irland zu finden. ... dass die Kelten als Invasoren die Herrschaft ausübten und ihre Sprache der angestammten Bevölkerung aufzwangen.
In den Worten von Raftery (s.o., S. 145): Das über das Land vertreute La-Tène-Material ist so knapp, dass wir kaum von einer großen, schwungvollen Veränderung der Population [durch Kelten-Einwanderung] sprechen können.

Da drängt sich beinahe der Vergleich mit der Slawen-Diskussion (http://www.geschichtsforum.de/f40/slawisierung-und-das-byzantinische-reich-52587/) auf...;)
 
... genetische Gemeinsamkeit (Y-Chromosom, also Vererbung in männlicher Linie) zwischen Iren, Waliser und Basken ...
Dazu kann auch auf die Hypothese von Stephen Oppenheimer verwiesen werden [1]. Ich zitiere nur aus der Verlagsankündigung: Die Arbeit zeige,
dass die angelsächsischen Invasionen nur einen winzigen Bruchteil (5%) zum englischen Genpool beigetragen haben. Zwei Drittel des englischen Volkes zeigen eine ununterbrochene genetische Abstammung von Süd-West-Europäern, die lange vor den ersten Bauern ankamen. Der Großteil des verbleibenden Drittels kam zwischen 7.000 und 3.000 Jahren als Teil des langfristigen nordwesteuropäischen Handels und der Einwanderung, vor allem aus Skandinavien, an und kann mit ihnen die frühesten Formen der englischen Sprache gebracht haben.
[1] Entwickelt in: The Origins of the British (2006).
 
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