Ortsnamenkunde

Vielleicht war Kempraten nicht das beste Beispiel

Ich halte auch Bernkastel für ein schlechtes Beispiel:

Aus einem Text von 1991 des Archäologen von Rudolf Fellmann ...
"Nehmen wir noch hinzu, dass der Name des Ortes Bernkastel an der Mosel, ebenfalls an einer grossen Flussschleife gelegen, im 8. Jahrhundert n.Chr. (beim sog. Geographen von Ravenna) als »Princastellum
« überliefert ist, so ergibt sich abermals eine interessante Parallele. Dass die dabei aufscheinende Umstellung von »prin-« zu »Bern-« nicht ohne Konsequenzen ist, sei nur am Rande vermerkt. Es ist hier weder
der Raum noch der Ort, auf diese heiklen Fragen weiter einzugehen."

Jetzt wirst du zu Recht einwenden, was denn mit Bernkastel-Kues sei, das als Prim(um) Castellum etymologisiert wird. Auch das ist relativ leicht zu erklären: Bernkastel-Kues liegt im Gebiet des Moselromanischen. Genau genommen sogar im Kerngebiet des Moselromanischen.
...
Hier wurde intervokalisches p-t-k tatsächlich zu b-d-g. Da diese Gegend erst im 11. Jhdt. deutschsprachig wurde, wurden natürlich die Ortsnamen von der deutschen Lautverschiebung (6. - 9. Jhdt.) nicht mehr tangiert.

So leicht zu erklären ist es auch wieder nicht, denn Bernkastel hat kein intervokalisches b.
Eine Umformung von Prin- zu Bern- passt weder zu den deutschen noch zu den romanischen Lautveränderungen. Hier muss zumindest mit der Möglichkeit einer Umbenennung gerechnet werden.

Bleibt die Frage offen, wie die Silbe Bern in Bernkastel zustande kommt. Vermutlich ist hier Graf Adalbero von Luxemburg anzuführen, dem die Bernkasteler Burg im Jahre 1017 gehörte.
Über verschiedenste Varianten von Berencastel bis Beronis castellum hat sich darauf im elften und zwölften Jahrhundert der Name Bernkastel gebildet.
Auf der Suche nach dem Bären
 
Eine Erklärung wäre, dass es auf dem gleichen linguistischen Wege erfolgte, auf dem der Brennstein zu Bernstein wurde.

Dann verfolgen wir doch mal diesen Weg:

Die Metathese bern- entstammt dem Niederdeutschen. Das Wort für 'brennen' lautet dort bernen (vgl. englisch burn). Die niederdeutsche Form Bernstein hat ab dem Spätmittelalter Eingang ins Hochdeutsche gefunden, die hochdeutsche Form wurde aber erst im 18. Jahrhundert endgültig von der niederdeutschen Form verdrängt.

Wie und wann soll sich nun der niederdeutsche Spracheinfluss auf den Ortsnamen Bern ereignet haben, ohne 'das niederdeutsche Bern allzuweit herzuholen'?

Es ist jedoch viel sparsamer anzunehmen, dass Brem- und Bern beide auf das überlieferte Breno- zurückgehen (siehe Brennus), als etwa einen Alemannen namens Bremo zu erfinden oder gar das niederdeutsche Brem allzu weit herzuholen.

Mein zweimaliges Nachhaken blieb ohne Ergebnis, offenbar sind die zahlreichen Hilfshypothesen noch nicht ausgereift, mit der sich die "sparsame" Annahme stützen ließe.

Auch der Hinweis auf die Gründung Berns blieb bislang unbeachtet, daher greife ich ihn noch einmal auf:

Der Name "Bern" ist (sehr wahrscheinlich) erst im Mittelalter entstanden und zwar im Rahmen der Stadtgründung durch Berchtold V von Zähringen. Der Name wurde dabei (auch sehr wahrscheinlich) einem literarischen Vorbild (Dietrichssage) entnommen - "Bern" als deutsche Übersetzung von "Verona". Das ist jedenfalls m.W. die akzeptierteste Erklärung.

Um das mal kurz zusammenzufassen: Sowohl die sprachlichen Schwierigkeiten wie auch die mangelnde Siedlungskontinuität sprechen gegen eine Ableitung des Ortsnamens Bern von einem gallischen Anführer Brenn-.


... dass es auch in Deutschland einen kleinen Ort namens Bremgarten gibt

... und der die Schwierigkeiten weiter vergrößert, eine parallele Entwicklung des hypothetischen keltischen Namens zu erklären. Denn die oberrheinische Tiefebene wurde bereits früh germanisiert. Romaneninseln bestanden in Teilen des Schwarzwalds und eventuell am unteren Neckar.
Wie weit die frühe Germanisierung den Schwarzwald erfasst hat, zeigt das ofterwähnte Beispiel Zarten (aus Tarodunum), Belege für die Germanisierung der Ebene um Bremgarten bilden die -ach-Namen wie Breisach (aus Brisiacum), Lörrach etc. und die in der Region dicht gesäten -ingen- und -heim-Ortsnamen:

"Charakteristisch für die Topographie dieser Namen ist ihre Lage im Altsiedelland. In den siedlungsgünstigen Zonen der Ebene und besonders der Lößgebiete sind sie meist vergesellschaftet mit Ortsnamentypen der Landnahmezeit und des frühen Landesausbaus (-ingen, heim etc.). Es muß vorausgesetzt werden, daß die Flußnamen, ebenso wie die genannten Bergnamen und Ortsnamen, von den Alemannen zwischen ca. 500-700 n. Chr. in ihre Sprache integriert wurden." (Wolfgang Kleiber / Max Pfister, Aspekte und Probleme der römisch-germanischen Kontinuität, Stuttgart 1992)

Das badische Bremgarten wird 1256 erstmals erwähnt; der Name wird auf den Brombeerstrauch zurückgeführt:
Worauf auch sonst...
 
Damit wollte ich nur andeuten, dass es eine gewisse Bevölkerungskontinuität seit der La-Tène-Zeit gab, alte Namen somit tradiert werden konnten.

Was mich in dem Zusammenhang des Garten am meisten interessiert: Gab es einen gallischen Kognaten [nicht Kognomen] zum germanischen Garten? Im heutigen Irisch ist gort ein kleines Feld, aber das könnte natürlich auch ein Lehnwort aus dem Westgermanischen sein.....

Bei Heinrich Tirschner findet sich für "Garten, Gehege" der keltische Begriff gortos:
idg. *gʰordʰos, *ƺʰortos 'Gehege'
griech. χόρτος kʰórtos 'Gehege, Hof, Weideplatz'
alban. garth 'Hecke'
lat. hortus 'Garten'
> ahd. orzôn 'bebauen, pflegen
lat. cohors 'eingezäunter Hof, Gruppe, Kohorte'
kelt. *gortos 'Gehege'
gall. gort-, gortia 'Hecke'
air. gort 'Feld'
ir. gort 'Feld', gael. gort 'Gehege, Feld, Getreidefeld'
cymr. garth 'Pferch, Hürde, Gehege', bret. garz 'Hecke, Zaun
Ableitung: *lubo-gortos 'Kräutergarten'
germ. *ḡardaż 'Gehege'

Allerdings: ob in der Oppidakultur Gartenbau betrieben wurde, darüber wird wissenschaftlich gestritten:
im Ausstellungsband "Die Welt der Kelten" von 2012 finden sich in kurzen Artikeln beide Positionen,
eher skeptisch Angela Kreuz (Von Ackerbau und Viehzucht, S.78), ""Die Kelten wussten also vom Gartenbau, waren offenbar nicht bereit, selbst Gartenbau zu betreiben" und befürwortend Manfred Rösch und Elske Fischer "Fruchtfolge und Artenvielfalt" S.109: "Die Kelten hatten auch bereits Gärten, sowohl für Gemüse und Gewürzpflanzen als auch für Obstbäume und Beerensträucher. Gegenüber der Römerzeit und dem Mittelalter ist das Inventar allerdings bescheiden: Dill, Petersilie, Sellerie und Gartenmelde sowie Birne, Süßkirsche und Feige wurden bisher gefunden."
 
Aber was dann? Was kann auf Deutsch "Garten" werden, das zuvor Latein gewesen war? Es dauerte einige Stunden, bis ich auf "Cardo" kam — der Begriff mit dem die Römer bekanntlich die im rechten Winkel zum Decumanus stehenden Linien bezeichneten, der aber auch Türangel oder Wendepunkt bedeuten kann.
Jaja, lateinisch C wird im Deutschen normalerweise zu G, deshalb wurde der lateinische carcer im Deutschen zum Gerger, der caupo zum Gaufmann und der catillus zum Gessel.
Andererseits wird lateinisches inlautendes D im Deutschen zu T, daher wird aus dem ordo der Orten.
Und der Cardinalis presbyter (die Bezeichnung kommt tatsächlich vom cardo - 'Angelpunkt') heißt daher im Deutschen Gartinal.

Mal im Ernst: Es kommt schon vor, dass Ortsnamen nicht nach lautgesetzlichen Regeln weitergegeben werden, dass sie verballhornt wurden, durch eine Volksetymologie umgeformt oder von schreibkundigen, aber ortsunkundigen Beamten "korrigiert" werden. Wenn man allerdings entgegen der Lautgesetze etymologisiert, sollte man Begründungen liefern, die sich auch belegen lassen. (Also hier in diesem Fall z. B. anhand lateinischer Ortsnamen, die tatsächlich mit cardo gebildet wurden.) Sonst ist das nur Unfug.
 
Jaja, lateinisch C wird im Deutschen normalerweise zu G,
Normalerweise gilt aber nicht in einer Gegend, in der erstens die Zweite Lautverschiebung schon sehr früh abgeschlossen war und zweitens im frühen Mittelalter immer noch Romanen lebten, besonders in den alten gallo-römischen Städten.

Etwa 20 km westlich von Bern liegt Galmiz, zu römischer Zeit eine große Villa direkt an der Straße Aventicum—Petinesca. Die frühesten Nennungen des Ortsnamens lauten 1242 Chalmitis, 1340 Charmey — letzteres ist auch der heutige französische Name. Abgeleitet ist dieser Ortsname offenbar vom lateinischen calma, Ödland.
Andererseits wird lateinisches inlautendes D im Deutschen zu T,

Es gibt da zwei Orte von denen Du sicher noch nie gehört hast, die heißen heute Solothurn und Winterthur, zur Römerzeit Salodurum und Vitudurum.

Bümpliz ist auch schön: 1016 Pimpenymgis, 1235 Bimplitz.

Wir haben also Beispiele sowohl für C → G, als auch für D → T und P → B, alle aus dem Umkreis beider Schweizer Bremgarten.
 
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Normalerweise gilt aber nicht in einer Gegend, in der erstens die Zweite Lautverschiebung schon sehr früh abgeschlossen war und zweitens im frühen Mittelalter immer noch Romanen lebten, besonders in den alten gallo-römischen Städten.

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Ortsnamenkunde

Wie willst Du das badische Bremgarten erklären, ohne den Romanen-Joker zu ziehen?
 
Etwa 20 km westlich von Bern liegt Galmiz, zu römischer Zeit eine große Villa direkt an der Straße Aventicum—Petinesca. Die frühesten Nennungen des Ortsnamens lauten 1242 Chalmitis, 1340 Charmey — letzteres ist auch der heutige französische Name. Abgeleitet ist dieser Ortsname offenbar vom lateinischen calma, Ödland.
Lateinisch [k] (c-) vor -a- wird regelmäßig zu frz. [ʃ]: castellum ['kastelum] > château [ʃɑto], cantio, -nis > chanson [ʃɑ̃ˈsɔ̃], cattus/catta > chat/chatte [ʃa/ʃat], Carnutum > Chartres [ʃaʀtʀ], incantare > incantatus > enchanté [ɑ͂ʃɑ͂te]...
Die Lautung Galmiz muss sich also nicht aus dem antiken Vulgärlatein durch die zweite deutsche Lautverschiebung erklären, sondern aus dem mittelalterlichen romanischen Dialekt auf das bereits lautverschobene (Schweizer-)Deutsche.
 
Die Lautung Galmiz muss sich also nicht aus dem antiken Vulgärlatein durch die zweite deutsche Lautverschiebung erklären, sondern aus dem mittelalterlichen romanischen Dialekt auf das bereits lautverschobene (Schweizer-)Deutsche.

Ja eben, die Lautverschiebung hat damit gar nicht zu tun.

Wir können uns die Diskussion ohnehin sparen, da Bremgarten bei Bern im Jahre 1180 als Bremecart zum ersten Mal erwähnt wird.

(Primo cardo)? → Bremecart → Bremgarten

Ich sehe da kein Problem.
 
Bremgarten ist ein deutscher Name, der Sinn ergibt. Es ergibt keinen Sinn aus deinem Phantasienamen *Primo Cardo - was soll das überhaupt für ein Name sein?!?!?!?! - einen Ortsnamen zu machen. Selbst wenn es einen Begriff *primo cardo gäbe, wäre dieser völlig ungeeignet, einen Punkt auf der gedachten Linie zu definieren. Setzen wir Occams Messer an, brauchen wir streng genommen nicht einmal die Linguistik zu bemühen, um diese These zu verwerfen.

Darüber hinaus wissen wir aber, dass p zu pf oder f nicht zu b wird!

Also sowohl linguistische als auch außerlinguistische Gründe sprechen gegen deine Ortsnamenetymologisierung.

Nur weil du, der du versuchst linguistisch-radebrechenede Hilfshypothesen (ich wiederhole, was ich schon häufig unterstrichen habe: Hilfshypothesen sind per se unwissenschaftlich) als Stütze für deine Hypothesen heranzuziehen, "da kein Problem" siehst, heißt es nicht, dass es nicht da ist.
 
Bremgarten ist ein deutscher Name, der Sinn ergibt.
Auch Küssnacht und Winterthur ergeben auf Deutsch einen Sinn (im benachbarten Thurgau fließt die Thur).
Selbst wenn es einen Begriff *primo cardo gäbe, wäre dieser völlig ungeeignet, einen Punkt auf der gedachten Linie zu definieren.
Beide schweizerischen Bremgarten liegen jeweils auf einem Cardo des Decumanus Petinesca—Vindonissa, und zwar jeweils auf dem ersten Cardo (je nach Blickrichtung), im Falle des bernischen Bremgarten der Cardo von Petinesca, im Fall von Bremgarten AG der Cardo von Vindonissa.

Welcher Name könnte also passender sein als ein spätantikes primo cardo?
Darüber hinaus wissen wir aber, dass p zu pf oder f nicht zu b wird!
So, wie in Bümpliz, gute 3 km von Bremgarten entfernt? 1016 Pimpenymgis, 1235 Bimplitz. Deswegen sehe ich
"da kein Problem"
 
Beide schweizerischen Bremgarten liegen jeweils auf einem Cardo des Decumanus Petinesca—Vindonissa, und zwar jeweils auf dem ersten Cardo (je nach Blickrichtung), im Falle des bernischen Bremgarten der Cardo von Petinesca, im Fall von Bremgarten AG der Cardo von Vindonissa.

Welcher Name könnte also passender sein als ein spätantikes primo cardo?

Du musst die Dinge, die du behauptest, auch mal zu Ende denken.
a) du erfindest einen Begriff *primo cardo.
b) dieser Begriff bezeichnet einen *decumanus maximus (decumanus ≠ cardo), okay, Bremgarten definierst du als Kreuzungsort, danach hast du dann einen cardo - warum das der erste Cardo sein soll, bleibt unklar, ist ja mittendrin. Zumal *primo cardo grammatikalisch gar nicht geht! Es müsste korrekt *primus cardo oder aber *primo cardini heißen (aber auch darauf wirst du sicher eine Hilfshypothese finden).
c) irgendwie haben Romanen und Germanen dann wohl Teilemann und Söhne gemacht, denn der Erstbestandteil des Namens macht die westromanische Lenisierung/Sonorisierung mit, wohingegen der zweite Teil die zweite bzw. deutsche Lautverschiebung mitmacht. Auch interessant.
d) sowohl decumanus als auch cardo sind gedachte Linien, in der Landschaft eigentlich - außer mit modernem Kartenmaterial nicht erkennbar. Aber römische Bauern und germanische Siedler wissen 500 Jahre nach der hypothetischen Anlage dieser gedachten Linien noch darum und haben nichts besseres zu tun, als einen Punkt auf einer Geraden als pars pro toto für die gesamte Gerade zu benennen. Vollkommen logisch.
 
So, wie in Bümpliz, gute 3 km von Bremgarten entfernt? 1016 Pimpenymgis, 1235 Bimplitz. Deswegen sehe ich
Der Name des als curtis regia bezeichneten Pimpenymgis stammt aus einer burgundischen Urkunde. Dass der noch über Jahrhunderte Anlaut alterniert, ist auch an dem im Berner Archiv einsichtigen Willometplan von 1688 ersichtlich, wo der Ort Pinpliz genannt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
a) du erfindest einen Begriff *primo cardo.

Von mir aus. Rekonstruieren statt Erfinden würde mir besser gefallen.

b) dieser Begriff bezeichnet einen *decumanus maximus (decumanus ≠ cardo), okay,

Gar nicht okay, Du merktest es ja selber: decumanus ≠ cardo.

Noch einmal: Zwischen Studen (Petinesca) und Windisch (Vindonissa) verlief die längst nicht erst von mir vermutete Haupt(vermessung-)Linie, hier Decumanus maximus genannt, der die Straße von Studen nach Windisch so gut es eben ging folgte.

Ein Cardo ist im Prinzip jede Linie, die einen Decumanus im Winkel von 90° schneidet — das ist soweit Konsens (hoffe ich).

Wenn wir nun von den jeweiligen Startpunkten des Decumanus maximus Lote nach Südosten fällen (also Cardi erstellen), so schneidet das Lot von Studen Bremgarten bei Bern. Das von Windisch gefällte Lot schneidet Bremgarten im Aargau.

Hier die Karte, die das am besten verdeutlicht:

bremgarten_cardo_02.jpg

Bremgarten definierst du als Kreuzungsort,
Nein, die Kreuzungspunkte liegen auf dem Decumanus: Studen und Windisch.
*primo cardo grammatikalisch gar nicht geht! Es müsste korrekt *primus cardo oder aber *primo cardini heißen
Und wie würde sich etwa *primus cardo im spätantiken Latein und dem daraus entwickelnden frankoprovenzalischen Patois weiterentwickelt haben? Die auslautenden Vokale hätten wohl dran glauben müssen, also müssen wir über klassisches primus und spätantikes *primo nicht streiten.
c) irgendwie haben Romanen und Germanen dann wohl Teilemann und Söhne gemacht, denn der Erstbestandteil des Namens macht die westromanische Lenisierung/Sonorisierung mit, wohingegen der zweite Teil die zweite bzw. deutsche Lautverschiebung mitmacht.
Wo siehst Du beim Wechsel von Bremecart (1180 ) zu Bremegarten (1236) noch eine Lautverschiebung im Spiel? Es wird eingedeutscht im Hochmittelalter, und da entsteht dann auch mal ein Kehrsatz, der eigentlich ganz ungermanisch ist, obgleich das Wort wie ein germanistischer Fachbegriff anmutet. ;)
d) sowohl decumanus als auch cardo sind gedachte Linien, in der Landschaft eigentlich - außer mit modernem Kartenmaterial nicht erkennbar. Aber römische Bauern und germanische Siedler wissen 500 Jahre nach der hypothetischen Anlage dieser gedachten Linien noch darum und haben nichts besseres zu tun
Das Limitationsraster hat sich doch offenbar bis heute in Flurgrenzen erhalten, im Markgräfler Land sogar erstaunlich gut. Ein gallo-römischer Bauer wird sehr wohl gewusst haben, was ein Cardo ist, da es um die Grenzen seines Grundes ging. Und die alemannischen Neusiedler werden es auch schnell gelernt haben.

Dass es in dieser Gegend auch nach dem "Alemannensturm" eine gewisse Bevölkerungskontinuität gegeben hat sieht man auch daran, dass das nahe Badenweiler seinen alten lateinischen Namen Aquae villae in eingedeutschter Form behielt.
 
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Der Name des als curtis regia bezeichneten Pimpenymgis stammt aus einer burgundischen Urkunde. Dass der noch über Jahrhunderte Anlaut alterniert, ist auch an dem im Berner Archiv einsichtigen Willometplan von 1688 ersichtlich, wo der Ort Pinpliz genannt wird.

Das mag daran liegen, dass in der alemannischen Sprache zuweilen nicht sehr stark zwischen b und p differenziert wird.
 
Eine Verständnisfrage: warum sollen die Bremgarten Primo Cardo genannt worden sein, und andere Orte auf diesen Linien nicht? Warum fallen diese Linien in Südostrichtung? Sind Cardomessungen nicht immer Nord-Süd-Richtungsmessungen? Gibt es in anderen Provinzen auch Orte, die nach dem ersten Cardo benannt sind und warum? Etwa in der früh durch ein entwickeltes Katasterwesen geprägten Provence.
 
Von mir aus. Rekonstruieren statt Erfinden würde mir besser gefallen.
Was dir besser gefallen würde, ist irrelevant.

Gar nicht okay, Du merktest es ja selber: decumanus ≠ cardo.
Das okay war eigentlich ein Zugeständnis an dich. Wenn du nicht mal das merkst.

Durch stete Wiederholung wird eine Uralthypothese nicht richtiger.

Ein Cardo ist im Prinzip jede Linie, die einen Decumanus im Winkel von 90° schneidet — das ist soweit Konsens (hoffe ich).
Du musst nicht Dingen widersprechen, die nicht behauptet wurden. Es ging um
- die grammatikalisch unsinnige Form
- die Tatsache, dass eine von Behörden angeblich gedachte Linie Jahrhunderte später einen Ortsnamen ergeben soll
- die Frage, warum ausgerechnet ein x-beliebiger angeblicher Cardo der erste gewesen sein soll
- die Tatsache, dass man decumani und cardines i.d.R. In Städten findet.
Ich ergänze:
- romanische Begriffe leiten sich i.d.R. vom Akkusativ, nicht vom Nominativ ab.

Nein, die Kreuzungspunkte liegen auf dem Decumanus: Studen und Windisch.
Merkst du eigentlich nicht, dass du deine Idee vom *primo Cardo damit selber ad absurdum führst?

Und wie würde sich etwa *primus cardo im spätantiken Latein und dem daraus entwickelnden frankoprovenzalischen Patois weiterentwickelt haben?
Warum sollte man sich darüber Gedanken machen? Der Begriff ergibt ÜBERHAUPT KEINEN Sinn!!!!!

Wo siehst Du beim Wechsel von Bremecart (1180 ) zu Bremegarten (1236) noch eine Lautverschiebung im Spiel? Es wird eingedeutscht im Hochmittelalter, und da entsteht dann auch mal ein Kehrsatz, der eigentlich ganz ungermanisch ist, obgleich das Wort wie ein germanistischer Fachbegriff anmutet.

Noch mal Occams Rasiermesser: Bremgarten ist gut erklärt, Primo Cardo ist Unsinn. Das kann man bereits außerlinguistisch feststellen. Da bedarf es keiner Linguistik mehr. Aber auch linguistisch ist Bremgarten aus dem außerlinguistisch bereits sinnlosen Primo Cardo nicht zu halten. Das kann man einsehen oder man kann auf stur schalten. Du hast dich leider für letzteres entschieden.

Das Limitationsraster hat sich doch offenbar bis heute in Flurgrenzen erhalten, im Markgräfler Land sogar erstaunlich gut. Ein gallo-römischer Bauer wird sehr wohl gewusst haben, was ein Cardo ist, da es um die Grenzen seines Grundes ging. Und die alemannischen Neusiedler werden es auch schnell gelernt haben.
Noch mal: Ein cardo ist deiner These nach eine imaginäre Linie. Man benennt keinen Ort nach einer imaginären Linie. Das ist SINNLOS. Besonders sinnlos ist das aber, wenn schon die Linienbenennung völlig unsinnig ist. Es ist einfach nur stur auf einer doppelt sinnlosen Hypothese zu beharren und dritten immer wieder auf‘s Neue diese Diskussionen aufzudrängen.
 
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Ortsnamenkunde

Wie willst Du das badische Bremgarten erklären, ohne den Romanen-Joker zu ziehen?

Hallo Divico, entweder hast Du den Beitrag immer noch nicht gelesen oder Du hast nichts davon verstanden. Auch bei meinen anderen Beiträgen hier im Thread "Ortsnamenkunde" habe ich den Eindruck, dass Du außer den ironisch gemeinten Stellen nichts wahrgenommen hast. Auf der einen Seite rennst Du offene Türen ein, auf der anderen Seite klammerst Du die eigentliche Problematik aus.

Oben habe ich einige Stichworte geliefert, wie sich ein Namen - entgegen den sonstigen Regeln der Sprachentwicklung - verändern kann. Das sind Umbenennungen, Volksetymologien, vermeintlich "korrigierte" Schreibweisen und dergleichen.

Ein paar Punkte, von denen ich hoffe, dass Du diesmal wenigstens versuchst, sie zu verstehen:

1. "Sinnvolle Ortsnamen": Ortsnamen, bei denen sich der Sinn der Ortsbenennung ohne weitere Gedankensprünge erschließt. Warum ein Flurname "Oberacker", warum ein kleines Fließgewässer "Kieselbach", warum eine von Bischof Heinrich III. Sorbon gegründete befestigte Siedlung "Bischofsburg" heißt, ein von König Wilhelm I. gegründete Hafenstadt "Wilhelmshaven" oder eine Siedlung, die an einer Brücke über den Inn angelegt wurde, "Innsbruck" heißt, bedarf in aller Regel keiner tiefschürfenden Hypothesen. Auf der anderen Seite gibt es Namen, die als Bezeichnung für einen Ort wenig oder keinen Sinn machen - das schöne Beispiel "Küs(s)nacht" hast Du ja schon genannt. In einem solchen Fall liegt der Verdacht nahe, dass etwas anderes dahintersteckt.
Da neugegründete Siedlungen oft nach bereits vorhandenen Toponymen benannt werden, muss der Ortsname nicht unbedingt als Siedlungsname sinnvoll sein. So kann der Flurname "Oberacker" ohne weiteres zum Namen einer Siedlung werden.

2. Verballhornungen, Volksetymologien etc.: Wenn Ortsnamen aus alter Zeit nicht mehr verstanden werden, der ursprüngliche Sinn im Bewusstsein der Einwohner verlorgengegangen ist, kann es zu Verballhornungen kommen: Unverstandene Wörter oder Wortbestandteile werden durch ähnlich klingende Wörter oder Wortbestandteile ersetzt, so dass sich ein scheinbarer Sinn ergibt. "Winterthur" wäre so ein Beispiel. (Ein wirklich sinnvoller Ortsname ist das nicht, denn die Thur fließt an dieser Stelle nicht nur im Winter.) Manche Verballhornungen können sogar absichtlich in scherzhafter Weise entstehen. (So wird z. B. das Dorf Baltmannsweiler zu seinem Spitznamenohnern mitunter "Baltimore" genannt.

3. Schreibweisen: Der Katasterbeamte, der einen bislang nur mündlich gebrauchten Flurnamen erstmals aktenkundig macht, muss sich auf eine Schreibweise festlegen. Dabei kann es auch zu Verballhornungen kommen, insbesondere, wenn er mit dem örtlichen Dialekt nicht vertraut ist. In früheren Jahrhunderten gab es keine allgemein verbindlichen Rechtschreibregeln, jeder schrieb nach seiner Gewohnheit und nach seinem Dialekt (oder nach seinen Kenntnissen der Hochsprache). Der Ortsname Innsbruck erscheint so in den ältesten Schriften in verschiedensten Varianten wie Inspruk, Insbrugge, Insprucge, Insprugk usw. Daraus kann aber weder geschlossen werden, dass die Aussprache sich im Mund der Einwohner rasant gewandelt hat noch dass die Einwohner jener Zeit keinen Unterschied zwischen k und g, zwischen b und p gemacht hätten.
 
Dass es in dieser Gegend auch nach dem "Alemannensturm" eine gewisse Bevölkerungskontinuität gegeben hat sieht man auch daran, dass das nahe Badenweiler seinen alten lateinischen Namen Aquae villae in eingedeutschter Form behielt.

In welcher alten Inschrift hast Du den "alten lateinischen Namen Aquae villae" gefunden? Meines Wissens ist der Name eine moderne Erfindung, um den namenlosen archäologischen Relikten einen feinen lateinischen Namen zu verleihen.
 
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