Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter


Damit haben wir zweifellos die beiden wichtigsten Fernstraßen im Bereich Wannweil / Weilimdorf / Weil der Stadt / Weil im Schönbuch.

Und zweifellos liegt keiner dieser Orte direkt an der Straße. Um einen Abstecher in diese Orte zu machen, war man zu Fuß oder mit bepacktem Maultier jeweils mindestens eine Stunde unterwegs.
Warum versteifst Du Dich auf Fernstraßen?
Und was bringt Dich zur Annahme, dass es nur zwei wichtige Ferntstraßen gegeben haben soll? Auch Regionalstraßen dürften entsprechende Straßenstationen gehabt haben.


Ein römisches Landgut (villa rustica) diente auch und gerade der Versorgung mit Lebensmitteln, die auch abtransportert werden mussten. Daher sind entsprechende Landgüter mit Sicherheit im Bereich von Straßen gelegen.
Mir fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung, warum Bestattungsbeigaben in Gräbern ein und desselben Friedhofs (!) Auskunft über die bevorzugte Sprache des einzelnen Individuums geben könnten.
....
das hatten wir doch schon geklärt; die Nekropolen weisen eine zunehmende Änderung der Bestattungsbeigaben aus, was eine zunehmende "Germanisierung" - auch durch einen Wandel in der Bevölkerungszusammensetzung - belegen könnte:
  • z.B. aus dem Grabungsbericht der Nekropole Sindelsdorf, S. 17 f:
    .. Vor allem die eher reduziert ausgestatteten frühen Gräber und das Auftreten von Fibeln bzw. Spatha, Schild und Lanze erst im fortgeschrittenen 6. Jh., ferner das Fehlen von Pferdegräbern sprechen für einen überwiegend an römischen Vorbildern orientierten BEstattungsbrauchtum der Bevölkerung von Sindelsdorf
  • ergänzend nun aus Wiesinger/Greule "Baiern und Romanen" S. 15 ff (21)
    … Besonders aussagekräftig erwiesen sich hier die neu entdeckten, zum Teil kontinuierlich, vom 4. bis 7. Jh. belegten Gräberfelder …. Rettner aber zeigt, dass in den neu entdeckten Gräberfeldern von St. Ulrich und Afra in Augsburg, am Lorenzberg in Epfach am Lech …sowie im barischen Alternerding die romanische Bestattungsweise mit geringen Beigaben dominiert und germanisches Totenbrauchtum mit Waffenbeigaben bei Männern und etwa mit Amutlettgähängen und als "Vierfibeltracht" bei den Frauen starkt zurücktreten oder überhaupt fehlen ... So fehlt etwa in Männergräbern südlich der Donau die nördliche Mitbestattung von Reitzubehör und Pferden und in Frauengräbern vielfach die nördliche Beigabe von Webschwertern, und in beiden Fällen sind Speisebeigaben geringer als im Norden .... (Anm. sowie S. 24) .... während nämlich nördlich germanische Brandbestattung üblich war, herrschte auf römischem Boden seit der Mitte des 5. Jh. Körperbestattung in Reihengräbern. Sie aber waren keine mitgebrachte Sitte, sondern eine Neuerung. Ebensowenig sind die Beigaben von Waffen und Fibeln ein bairisches Charakteristikum, sondern sie … begegnen uns auch in alemannischen Reihengräbern in Würrtemberg und am Rhein sowie im westfränkischen Nordgallien (Anm.: also in germanischen Grabstätten)
….
Das einzige, was uns irgendeinen Hinweis auf die Sprache der in Sindelsdorf Bestatteten liefern kann, ist der Ortsname mit dem deutschen Grundwort Dorf und dem deutschen Namen Sindolf - mit deutschem Genitiv -(e)s - als Bestimmungswort.
das habe ich auch schon geschrieben:
....
als Villa bezeichnet, also als "(Hof-)Gut" - und eben nicht als Vicus (Dorf). … Ich muss also etwas mehr begründen.
....
Und genauso haben wir dann auch die erste urkundliche Benennung (763) von Sindelsdorf zu lesen:
"In Villa quae dicitur (im Hofgut, das genannt wird) Sindoluesdorf" bedeutet nichts anders, also eine Konkretisierung dieses Hofgutes, etwa im Unterschied zu Groß-/Kleinweil - "Sindolfs Hofgut"...
und natürlich auch im Unterschied zu Antdorf und Iffeldorf - den anderen Hof- oder Landgütern in der unmittelbaren Umgebung, die wohl alle miteinander aus herzoglichem Eigentum hervor gegangen sind, worauf schon der "Königsberg" zwischen Sindelsdorf, Großweil und Murnau verweist. Und dass die ursprüngliche Bezeichnung "villa" im "Weilberg" (Flurname) unmittelbar südlich von Sindelsdorf aufscheinen könnte, hatte ich auch schon mehrfach geschrieben.



 
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Warum versteifst Du Dich auf Fernstraßen?
Ich versteife mich nicht auf "Fernstraßen", sondern auf wichtige Straßen und deren Knotenpunkte. Das war doch die Behauptung, oder nicht?
Selbstverständlich war auch die Nahverbindungen zwischen den bedeutendsten Orten wichtig (z. B. Rottenburg - Köngen - Cannstatt) wichtig, und die wichtigen Verkehrsknotenpunkte sind in Köngen und Cannstatt zu suchen. Und die vier Weil-Orte (vielen Dank für den Hinweis auf Wannweil) liegen jeweils abseits.
Ein römisches Landgut (villa rustica) diente auch und gerade der Versorgung mit Lebensmitteln, die auch abtransportert werden mussten. Daher sind entsprechende Landgüter mit Sicherheit im Bereich von Straßen gelegen.
Der mittlere Neckarraum war voll mit Landgütern*, die hatten natürlich ihre Zugangswege zu den größeren Straßen. Nun ist aber nicht jede Abzweigung zu einem Gutshof eine "wichtige Verkehrskreuzung". Da fuhr halt jede Woche mal ein Lastwagen durch.




das hatten wir doch schon geklärt; die Nekropolen weisen eine zunehmende Änderung der Bestattungsbeigaben aus
Da Bestattungsbeigaben nichts über die Sprache der Bestatteten aussagen, sagen Änderungen der Bestattungsbeigaben auch nichts über Änderungen der Sprache im fraglichen Dorf aus.
das habe ich auch schon geschrieben:
Ich weiß, das schreibst Du immer wieder, es wird aber durch die beständige Wiederholung nicht richtiger. Wie ich nachgewiesen habe, wird das Wort villa bereits im spätantiken Latein für das 'Dorf' verwendet, und in dieser Bedeutung wird es im gesamten Mittelalter auch in mittellateinischen Quellen verwendet. Daher ist die Formulierung
.... als Villa bezeichnet, also als "(Hof-)Gut" - und eben nicht als Vicus (Dorf)
Wiesinger/Greule schrieb:
Besonders aussagekräftig erwiesen sich hier die neu entdeckten, zum Teil kontinuierlich, vom 4. bis 7. Jh. belegten Gräberfelder ….
Die Aussage hast Du leider weggelassen: "Hier zeigte sich nicht nur, dass bereits zur Römerzeit seit dem 4. Jh. Germanen als Föderaten angesiedelt wurden, sondern es gelang auch der archäologische Nachweis einer Verbindung mit Böhmen..."
Nun sind ja ethnische Interpretationen von archäologischen Befunden immer eine heikle Sache, und sprachliche Interpretationen gänzlich unmöglich, deshalb greifen ja Rettner und Wührer zum Rettungsseil der vermeintlich "romanischen" Ortsnamen, da ist halt im Fall Sindelsdorf gar nichts zu holen.



* "... eine der typischen provinzialrömischen "Villae Rusticae", von denen im Raum Baden-Württemberg über 1.500 bekannt sind", lese ich hier: Einführung
 
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Ich versteife mich nicht auf "Fernstraßen", sondern auf wichtige Straßen und deren Knotenpunkte. Das war doch die Behauptung, oder nicht?
Selbstverständlich war auch die Nahverbindungen zwischen den bedeutendsten Orten wichtig (z. B. Rottenburg - Köngen - Cannstatt) wichtig, und die wichtigen Verkehrsknotenpunkte sind in Köngen und Cannstatt zu suchen. Und die vier Weil-Orte (vielen Dank für den Hinweis auf Wannweil) liegen jeweils abseits.
Ich bleibe dabei, dass noch nicht alle römischen Straßen archäologisch erfasst sind und dass Straßenstationen nicht nur auf "Fernstraßen" zu finden waren. Und dass die "villa" etwas abseits lagen, wird in der neueren Literatur durchwegs bestätigt, z.B. von Zagelmann in "Gründerzeit …" S. 476 ff mit der Situation um Schöngeising und Gilching dokumentiert:
Eine bedeutenede Siedlung ist Weßling "Frauenwiese", ein weilerartiger landwirtschaftlicher Komplex, der aber wohl zumindest teilweise unter staatlicher Kontrolle stand. … Vergleichbar den typischen Gutshöfen hält Weßling etwas Abstand zur Hauptstraße, verfügte aber wohl über einen Anschlusse an diese ….
..
Im Kartenild erkennt man scheinbar isolierte Grabgruupen spätantiker Zeit. Sie halten regelhaft Abstand zu den großen Fernstraßen, ihre zugehörigen Siedlungen werden aber durch Wege an diese Anschluss gehabt habe.
und nu?

Da Bestattungsbeigaben nichts über die Sprache der Bestatteten aussagen, sagen Änderungen der Bestattungsbeigaben auch nichts über Änderungen der Sprache im fraglichen Dorf aus.
Damit widersprichst Du den Archäologen, deren Aussagen auch durch genetischen Untersuchungen der Skelettfunde (z.B. der Zähne) bestätigt werden.

Ich weiß, das schreibst Du immer wieder, es wird aber durch die beständige Wiederholung nicht richtiger. Wie ich nachgewiesen habe, wird das Wort villa bereits im spätantiken Latein für das 'Dorf' verwendet, und in dieser Bedeutung wird es im gesamten Mittelalter auch in mittellateinischen Quellen verwendet. Daher ist die Formulierung
.... als Villa bezeichnet, also als "(Hof-)Gut" - und eben nicht als Vicus (Dorf)
zumindest eine gleichwertige Interpretation, wenn nicht sogar absolut richtig. Dazu
In einem Punkt muss ich mich korrigieren und Erich Recht geben. Bzgl. der Bedeutungen von villa. Ich hatte geschrieben, dass villa m mittelalterlichen und Kirchen-Latein das 'Dorf' und nicht mehr das 'Landgut' sei. Nun habe ich mir einige relevante Texte angesehen, nämlich Markus- und Matthäus-Evangelium und Isidor von Sevillas Etymologien. Also zwei Bücher des NT als pars pro toto der Vulgata und somit den verbreitetsten Text des Mittelalters und die Etymologien als den zweitmeist verbreiteten Text des MAs. In beiden Texten erscheint villa tatsächlich eher als Landgut im Sinne eines landwirtschaftlichen Betriebs, so dass im MA diese Bedeutung des Wortes immer präsent gewesen sein dürfte. Somit ist meine Behauptung, dass diese Bedeutung nicht mehr präsent gewesen und rein klassisch gewesen sei, falsch.
Die Aussage hast Du leider weggelassen: "Hier zeigte sich nicht nur, dass bereits zur Römerzeit seit dem 4. Jh. Germanen als Föderaten angesiedelt wurden, sondern es gelang auch der archäologische Nachweis einer Verbindung mit Böhmen..."
Nun sind ja ethnische Interpretationen von archäologischen Befunden immer eine heikle Sache, und sprachliche Interpretationen gänzlich unmöglich, deshalb greifen ja Rettner und Wührer zum Rettungsseil der vermeintlich "romanischen" Ortsnamen, da ist halt im Fall Sindelsdorf gar nichts zu holen.
Du spielst auf die Keramik "Friedenhaim - Prest'ovie an? Dazu Wiesinger / Greule, S. 23 a.a.O.
Gerade diese an beiden Orten gerfundene und übereinstimmende Feinkeramik schien ja die These einer Einwanderung zumindest eines Teils der Baiern zu bestätigen. Sie wird aber nicht nur dadurch in Frage gestellt, dass diese Feinkeramik nur an wenigen südböhmischen Fundplätzen vorkommt, was die Einwanderung größerer Volksgruppen fraglich macht, sondern sie tritt in Variationen sowohl im Barbaricum des 3.-6. Jhs. als auch überhaupt in ganz Süddeutschland auf und ist nicht an germanischen, sondern an römischen Mustern orientiert.
die entsprechende Keramik wird dann mit "Werkstattunterschiede" weiter gekennzeichnet. [/quote] vgl. dazu auch Haberstroh in "Die Anfänge Bayerns" S. 125 ff
 
Damit widersprichst Du den Archäologen, deren Aussagen auch durch genetischen Untersuchungen der Skelettfunde (z.B. der Zähne) bestätigt werden.

Ich sehe da keinen Widerspruch. Sepiola hat Recht: Eine Änderung der Grabsitten sagt nichts über eine Änderung der Sprache aus, sie kann - muss aber nicht - Indizien liefern. In der Spätantike gehen Heiden, Römer wie Germanen flächendeckend von der vorherrschenden Brandbestattung zur Körpersbestattung über. Das ist eine Änderung der Grabsitten. Betrifft aber Romanen wie Germanen gleichermaßen. Auch wenn es durchaus immer auch Körperbestattungen gab, wenn diese auch in der Eisenzeit eher die Ausnahme als die Regel war.

Ich denke mal bei den Zähnen wird es sich nicht um genetische Untersuchungen gehandelt haben, sondern um Strontium-Isotopen-Analysen. Damit kann man nachweisen, wo jemand in seine Jugend verbracht hat. Mit DNA hat das nicht zu tun, aber man kann damit nachweisen, dass jemand standortgebunden war oder migriert ist.
 
Und dass die "villa" etwas abseits lagen
... ist mir längst bekannt.
Ich widerspreche nicht der These, dass die Weil-Namen einen Zusammenhang mit römischer Bebauung haben, das werden im Regelfall die Ruinen ehemaliger villae gewesen sein. (Als eklatante Ausnahme wäre hier Rottweil zu nennen).
Ich widerspreche der These, dass die Weil-Namen "wichtige Verkehrslagen an Straßen oder Straßenkreuzungen" bezeichnen, genau das ist nämlich in den eben besprochenen Fällen nicht der Fall. Über Nebenstrecken, Schleichwege und Stichstraßen zu etwas abseits gelegenen Gutshöfen brauchen wir hier kein Wort zu verlieren.​

Damit widersprichst Du den Archäologen
Ich widerspreche Thesen, die innerhalb der Archäologie mit gutem Grund umstritten sind. In diesem Zusammenhang zitiere ich gern mal Hubert Fehr, Friedhöfe der frühen Merowingerzeit in Baiern:

Zudem blendet die genannte Karte [Rettners in demselben Band] den Befund gänzlich aus, der im Hinblick auf die Frage des germanischen Charakters der merowingerzeitlichen Waffenbeigabe entscheidend ist: Die Tatsache, dass die Waffenbeigabe bei den eigentlichen Germanen, d. h. den Bewohnern der Germania, weitgehend unbekannt war. In den mitteleuropäischen Teilen der Germania, die westlich bzw. nördlich an das Reihengräbergebiet angrenzen, fehlt sie im Grunde vollständig.
[...]
Geographisch gesehen sind die Wurzeln der Waffenbeigabe der frühen Merowingerzeit nicht im germanischen Bereich, sondern in den ehemals römischen Grenzgebieten entlang des Rheins und in Nordgallien zu suchen.
[...]
Nicht nur für die Waffenbeigabe gilt die Tatsache, dass sie nicht aus der Germania herzuleiten ist und deshalb auch nicht als germanisch gelten kann. Dies trifft auch auf die zweite vermentiliche Hauptstütze des germanischen Charakters der Reihengräberfelder zu, die frühmerowingerzeitlichen Kleidung mit vier Fibeln.
Vielen Dank noch für den Hinweis:
Für diesen Thread von größerem Interesse scheint mir Fehr ("Die Anfänge Bayerns, St. Ottilien 2014 S. 311 ff




zumindest eine gleichwertige Interpretation
Wie lange willst Du auf dem toten Pferd noch herumreiten?​
Diese Behauptung lässt sich leicht widerlegen. Zum Beispiel werden 845 in einem Vertrag zwischen dem Adligen Hitto und Bischof Erchanbert von Freising zwei solcher Höfe (ein curtis cum domo und ein curtifer) "im Dorf namens Günzenhausen nahe dem Fluss Moosach" (in villa quae dicitur Cuncinhusir prope fluvio Mosaha) erwähnt.
Digitale Bibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum

Hier ist klar, dass "villa" (Dorf) und "curtis/curtifer" (Hofgut, Hofstatt) gar nicht miteinander identisch sein können.

Und dieselbe Formulierung "in villa quae dicitur" haben wir auch im Fall Sindelsdorf: "in villa quae dicitur Sindoluesdorf" - es handelt sich um Güter "in Sindolfsdorf", ganz sicher nicht um das "Gut namens Sindolfsdorf".
 
...
Ich denke mal bei den Zähnen wird es sich nicht um genetische Untersuchungen gehandelt haben, sondern um Strontium-Isotopen-Analysen. Damit kann man nachweisen, wo jemand in seine Jugend verbracht hat. Mit DNA hat das nicht zu tun, aber man kann damit nachweisen, dass jemand standortgebunden war oder migriert ist.
das ist richtig.
Mit den Zahnanalysen konnte z.B. festgestellt werden, dass vor allem Frauen schon in vorhistorischer Zeit teilweise sehr weit von ihrer Heimat entfernt bestattet wurden, also sehr mobil waren.
Mit den Gen-Analysten ist dagegen etwa die Verwandtschaft der Bestattungen konkret in Sindelsdorf untersucht worden.
Aber Du hast recht. Das sind zwei paar Stiefel, die ich nicht klar genug getrennt habe.

….. In diesem Zusammenhang zitiere ich gern mal Hubert Fehr, Friedhöfe der frühen Merowingerzeit in Baiern:​

Zudem blendet die genannte Karte [Rettners in demselben Band] den Befund gänzlich aus, der im Hinblick auf die Frage des germanischen Charakters der merowingerzeitlichen Waffenbeigabe entscheidend ist: Die Tatsache, dass die Waffenbeigabe bei den eigentlichen Germanen, d. h. den Bewohnern der Germania, weitgehend unbekannt war. In den mitteleuropäischen Teilen der Germania, die westlich bzw. nördlich an das Reihengräbergebiet angrenzen, fehlt sie im Grunde vollständig.
[...]
Geographisch gesehen sind die Wurzeln der Waffenbeigabe der frühen Merowingerzeit nicht im germanischen Bereich, sondern in den ehemals römischen Grenzgebieten entlang des Rheins und in Nordgallien zu suchen.
[...]
Nicht nur für die Waffenbeigabe gilt die Tatsache, dass sie nicht aus der Germania herzuleiten ist und deshalb auch nicht als germanisch gelten kann. Dies trifft auch auf die zweite vermentiliche Hauptstütze des germanischen Charakters der Reihengräberfelder zu, die frühmerowingerzeitlichen Kleidung mit vier Fibeln.
Vielen Dank für den Hinweis: das würde also bedeuten, dass die Gräber mit Waffenbeigaben - u.a. in Sindelsdorf - nicht auf germanische Bestattungen sondern allenfalls auf Bestattungen im Kontext mit den römischen Grenzgebieten, also wohl auf Föderaten, hinweisen?

Aber wenn ich Fehn richtig lese (Du kannst mich gerne korrigieren) sieht er in diesen Waffenbeigaben eher ein Zeichen, dass Waffenbeigaben der "regionale Eliten in machtpolitisch peripheren Räumen …. dazu dienten, soziale Positionen im lokalen Umfeld zu stabilisieren, die angesichts der allgemeinen Umbruchsituation unsicher geworden waren" (Fehn unter Bezug auf Theuws und Alkemade) und wirft die Frage auf, ob es überhaupt eine Zuwanderung germanischer Gruppen im bairischen Raum gegeben habe.
 
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Aber wenn ich Fehn richtig lese (Du kannst mich gerne korrigieren) sieht er in diesen Waffenbeigaben eher ein Zeichen, dass Waffenbeigaben der "regionale Eliten in machtpolitisch peripheren Räumen …. dazu dienten, soziale Positionen im lokalen Umfeld zu stabilisieren, die angesichts der allgemeinen Umbruchsituation unsicher geworden waren" (Fehn unter Bezug auf Theuws und Alkemade) und wirft die Frage auf, ob es überhaupt eine Zuwanderung germanischer Gruppen im bairischen Raum gegeben habe.

Genau so ist es. Die Deutung, die Du zitierst, klingt durchaus vernünftig. Sie verträgt sich auch sehr gut mit meiner Überzeugung, dass eine vorhandene oder fehlende Waffenbeigabe in einem Grab eigentlich nichts über die Sprache des Bestatteten aussagt.

Die Frage, ob es eine Zuwanderung germanischer Gruppen im bairischen Raum gegeben hat, kann man stellen. Und man kann sie auch klar und eindeutig beantworten: Es muss eine Zuwanderung germanischer Gruppen in den bairischen Raum gegeben haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass z. B. in Altbayern seit dem Mittelalter deutsch gesprochen wird.

Was in der Tat diskutiert werden kann, ist die Frage der "Einwanderung einer baiovarischen Kerngruppe"; d. h. ob eine Gruppe, die sich selber als "Baiovaren" bezeichnet hat, die Donau Richtung Süden überschritten hat - oder ob die Bezeichnung erst aufgekommen ist, als sich die germanischen Gruppen bereits südlich der Donau etabliert hatten. Woher die Bezeichnung kommt, darüber gibt es mehrere Hypothesen. Rundum überzeugend finde ich keine davon.
 
In dem Kontext darf ich Dir vielleicht Wiesinger/Greule "Baiern und Romanen - Zum Verhältnis der frühmittelalterlichen Ethnien aus der Sicht der Sprachwissenschaft und Namensforschung" empfehlen.

Zunächst werden die einzelnen Theorien über die Herkunft der Baiern erläutert und dargestellt, mit einer interessanten These (S. 33), wonach sich die an der Reichsgrenze auftretenden Germanengruppen mit dem Grundwort -warjoz / -varii als Wehrmänner, Schützer, Verteidiger bezeichnen und die Baiern ursprünglich (im Bereich des Ufernoricums, also der römischen Donaugrenze) als Baiowarjoz / Baiovarii bezeichnet wurden.
(vgl. Paulus Diaonus in seiner "Langobardengeschichte" um 790 "nach eine Quelle aus der Zeit um 600" und die dort III,30 enthaltende Gleichsetzung von Baiern mit Noricum).
Und ich bin mir gar nicht sicher, ob der Bezug auf "Baio" wirklich das spätere Böhmen (Boiohaemum) meint, weil der keltische Stamm der Boier (nach Wikipedia) von Italien bis Böhmen verbreitet war - warum also nicht auch im Voralpengebiet, in dem sich dann die Stammesbildung der Baiuwaren vollzog? Könnte sich da nicht auch eine Region mit dem Namen der Boier erhalten haben
Caesar schrieb, dass die Boier, kurz bevor sie sich den Helvetiern mit 32.000 Köpfen bei deren Auswanderung anschlossen, Noreia belagert haben. Das lässt darauf schließen, dass sie sich im Ostalpenraum bis in die Steiermark und das südliche Burgenland, vielleicht sogar auf Teile Kärntens und Salzburgs ausgebreitet hatten -
Während des Alpenfeldzuges des Tiberius wurden die Boier, neben weiteren 45 Stämmen im rätischen Teil des heutigen Baiern, als einer der letzten unterworfenen Stämme erwähnt. Der Name eines Limes-Grenzers um 278 n. Chr. lautet Boius, was schlicht der Boier bedeutet
a
us Wikipedia - dazu auch der römische Name des Kastells bei Passau
Im ersten nachchristlichen Jahrhundert entstand als Teil der römischen Provinz Raetia am rechtsseitigen Innufer das Kastell Boiodurum, das bis nach einem Germaneneinfall in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts Bestand hatte. Seine Aufgaben wurden durch das in der Spätantike innaufwärts in der römischen Provinz Noricum errichteten Kastell Boiotro übernommen, das bis zum Abzug der Romanen Bestand hatte.
Wikipedia

Bereits vorher (S. 16) wird bei Wiesinger/Greule auf die Ausstellung von Mattsee verwiesen, wonach im frühen 6. Jh. ca. 25 % Alemannen, ca. 25 % Langobarden, ca. 10 % Thüringer (insgesamt also 60 % Elbgermanen) neben Ostogten, Gepiden, Herulern und Rugieren die "Zuwanderer" in den römischen Provinzen Noricum und Raetien stellten.

Allerdings meine ich, dass die Romanen auch in der Alltagssprache, im Dialekt, deutliche Spuren hinterlassen haben. Ich denke nicht an die im gesamten deutschen Bereich aufgenommenen Wörter (wie Fenster, Mauer, Weiler usw.) sondern an altbayerische Spezifika wie die "Daxen" für Tannenreisig - von "daksia" (Eibe) (so Reitzenstein, Bayer. Ortsnamen S. 18 f zu Andechs).
 
In dem Kontext darf ich Dir vielleicht Wiesinger/Greule "Baiern und Romanen - Zum Verhältnis der frühmittelalterlichen Ethnien aus der Sicht der Sprachwissenschaft und Namensforschung" empfehlen.
Wem? Mir?
Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich Dich zu Beginn der "pontes-Tesseninos"-Diskussion auf das Buch hingewiesen.
Da wird resümiert:
Bezüglich der Herkunft des Baiernnamens und der Identitätsbildung der Baiern stehen sich die "Böhmen-", die "Romanen-" und die "Norikertheorie" gegenüber, die in allen drei beteiligten Disziplinen, der Sprachwissenschaft, der Archäologie und der Geschichtswissenschaft, jeweils Vertreter haben.


Bereits vorher (S. 16) wird bei Wiesinger/Greule auf die Ausstellung von Mattsee verwiesen, wonach im frühen 6. Jh. ca. 25 % Alemannen, ca. 25 % Langobarden, ca. 10 % Thüringer (insgesamt also 60 % Elbgermanen) neben Ostogten, Gepiden, Herulern und Rugieren die "Zuwanderer" in den römischen Provinzen Noricum und Raetien stellten.
Bei solchen Zahlen ist größte Skepsis geboten. Mit welchen Methoden lassen sich denn "Alemannen, "Langobarden", "Thüringer" etc. zweifelsfrei identifizieren?
 
Da bin ich auch gerade noch drüber gestolpert:
Dieses Escone liegt nach TP 18 Meilen von Kempten (ca. 28 km) und 15 (24 km) vom Epfach. Diese Angaben können so nicht ganz stimmen, aber wenn sie auch nur annähernd korrekt sind, also man davon ausgeht, dass da nur wenige Meilen fehlen und nicht gleich ein X oder V verloren geganngen ist, dann muss Escone auf ziemlich gerader Linie zwischen Kempten und Epfach gelegen haben. Oder eben, wir nehmen an, dass hier in der TP ein grober Schnitzer vorliegt. Das wäre nicht einmal abwegig.

Camboduno. XX . Escone. XVIII. Abodiaco.

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Von Kempten bis Escone sind es 20 Meilen, von Escone bis Epfach 18.
Macht 57 Kilometer. Das passt ziemlich gut:

Wenn ich die Strecke - wo immer möglich, entlang der im Bayern-Atlas ausgewiesenen Römerstraße - messe, lande ich bei etwas mehr als 55 km.

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BayernAtlas
 
Mancherorts waren fruchtbare Landstriche tatsächlich verlassen (z. B. der Gäuboden), andernorts bestand eine stark reduzierte dünne Besiedlung ("Streusiedlungen") weiter.
[...]
"Die Ereignisse um die Jahre 357/358 bedeuten faktisch das Ende der Besiedlung im offenen Gäuboden. [...] Im Gäuboden sind erste Siedlungen auf dem flachen Land wieder für die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts feststellbar." (Günther Moosbauer, Die ländliche Besiedlung im östlichen Raetien während der römischen Kaiserzeit, Espelkamp 1997)

Dabei war der bayerische Teil Raetiens südlich der Donau (vom Gäuboden abgesehen) schon vorher relativ dünn besiedelt, wie die Verteilung der villae rusticae zeigt:

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Futter für das Heer. Villae rusticae, ländliche Siedlungsstellen und die Versorgung der römischen Soldaten in Raetien. In: A. Zeeb-Lanz / R. Stupperich (Hrsg.), Palatinus Illustrandus. Festschrift für Helmut Bernhard zum 65. Geburtstag. Mentor 5,

Zusammenfassung
Die Verbreitung der Villae rusticae und ähnlicher Siedlungen im transalpinen Raetien zeigt südlich der Donau weite Bereiche, die weitgehend leer sind und nördlich der Donau bis zum Limes eine Verdichtung derart, dass auf etwa einem Sechstel der Fläche sich fast die Hälfte aller bekannten Siedlungsstellen konzentriert. Dies hängt einerseits mit dem Vorkommen siedlungsgünstiger Flächen (Topographie und Böden) dort zusammen, andererseits aber mit der Zielsetzung, die Soldaten möglichst aus dem Umfeld ihrer Standorte zu versorgen. Das ergibt sich aus der Feststellung, dass die meisten der besser bekannten Anlagen etwa gleichzeitig mit der Besetzung des transdanubischen Raums im frühen 2. Jhd.n. Chr. beginnen. Es wird argumentiert, dass das Ausgreifen der römischen Macht über die Donau hinweg, ausgehend von der Verkürzung der Straßenverbindung zwischen den Donau- und den Rheinprovinzen mit den Kastellen Urspring, Faimingen, Eislingen und Heidenheim, im Grunde ausschließlich der Sicherstellung der Versorgung der für Raetien als notwendig erachteten und daher hier zu stationierenden Truppen diente
 
Dazu aber auch
Bernd Steidl, Einige Aspekte zur Verkehrsinfrastruktur und zu den Vici in Raetien. In: Römische Vici und Verkehrsinfrastruktur in Raetien und Noricum. Colloquium Bedaium Seebruck, 26.-28. März 2015. Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege:
Die kürzlich von W. Czysz vorgelegte Kartierung der archäologisch nachgewiesenen Vici in Raetien zeigt ein ganz ungleiches Verteilungsmuster (Abb. 7). Während das Limesgebiet und die Donaulinie mit 47 Punkten stark besetzt sind, ist der sonstige süddanubische Teil mit 17 Orten (einschließlich Augsburg) nur von einer schütteren Verteilung gekennzeichnet. Zu dieser Asymmetrie tragen in hohem Maß die Kastellvici bei, die neben jedem Militärposten ab „Numerusgröße“ lagen und die durch die konzentrierte Erforschung der Kastelle der Donaulinie und des Limesgebietes bekannt geworden sind. Ganz anders stellen sich die Verhältnisse dar, wenn man die Zahlen der Stationsorte in den Itinerarien – dem Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingerina – betrachtet. Zwar wurden weder alle Stationen an den Strecken noch alle vorhandenen Straßen verzeichnet. Aber man kann immerhin davon ausgehen, dass sich hinter den überlieferten Stationen nicht nur ein-zeln stehende Rasthäuser, sondern in der Regel tatsächlich Vici verbergen. Zumindest in den zahlreichen überprüfbaren Fällen ist dies gegeben. Die beiden Itinerarien zusammen genommen verzeichnen für Raetien 62 verschiedene Orte (siehe Tabelle 78–80). Davon sind aber nur 23 in der Limeszone einschließlich der Donaulinie gelegen. Die Ver-hältnisse kehren sich hier also gegenüber der Kartierung von Czysz um. Vergleicht man die Listen, so stellt man fest, dass 34 Orte der Itinerarien bei Czysz nicht eingetragen sind, darunter aber nur fünf aus der Limeszone. Aus dieser Betrachtung resultiert, dass südlich der Donau mit einer erheblichen Dunkelziffer an bisher nicht aufgefundenen Vici zu rechnen ist. Ohne Frage werden es noch deutlich mehr sein als die vermissten 34 Stationsorte der Itinerarien. Nicht eine schüttere Besiedlung ist demnach für das scheinbar weitmaschige Siedlungsnetz verantwortlich, sondern ein ungenügender Forschungsstand.

Die Erklärung kann nur in unterschiedlichen Kulturverhältnissen zwischen dem nord- und dem süddanubischen Raum liegen. Wie vom Verfasser an anderer Stelle gezeigt, hat sich in der Limeszone vorzugsweise auf Grundlage des Militärs und seiner Veteranen eine stärker durchmischte und von vielfältigen auswärtigen Einflüssen geprägte Gesellschaft herausgebildet, deren Charakter den obergermanischen und ostgallischen Verhältnissen näher als den süddanubischen war. Südlich der Donau hielt die Bevölkerung zäh an lokalen Traditionen fest. Dies äußert sich auch im Hausbau, wie beispielhaft die prähistorisch anmutenden Pfostenbauten der Vici von Rapis /Schwabmünchen und Biberwier zeigen. An beiden Orten fehlen auffallenderweise Schwellbalkenbauten vollständig. Das einzige Steingebäude in dem annähernd vollständig untersuchten Rapis ist eine kleine Therme. Solche Plätze entziehen sich leichter einem archäologischen Nachweis, wenn sie sich nicht gerade wie Schwabmünchen als Töpfereizentrum mit außerordentlich großen keramischen Fundmengen zu er-kennen geben. Trümmerhügel und Bauschuttfächer, die seit jeher den häufigsten Anlass für die Entdeckung römerzeitlicher Fundstellen gaben, sind an den meisten Plätzen zwischen Alpenrand und Donau nicht zu erwarten. Dies betrifft die Vici ebenso wie ländliche Siedlungsstellen.

Wie wenig unser bisheriges Bild der Besiedlungsdichte den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, soll an einem Beispiel illustriert werden. Das Referenzgebiet liegt unmittelbar nordöstlich der Provinzhauptstadt Augusta Vindelicum, rechts des Lechs. ...

...

Intensive Prospektion ist, wie an diesem Beispiel gezeigt, in der Lage, den Kenntnisstand zu den Vici im süddanubischen Raetien erheblich zu verändern. Ein großer Teil der einst existierenden Straßensiedlungen ist bis heute archäologisch nicht zu fassen. Das betrifft nicht nur jene Plätze, die in den Itinerarien genannt und im Gelände noch nicht nachgewiesen sind. Hinzu treten vor allem Vici, die wie die beiden neuen des Lechtales in den Straßenverzeichnissen nicht erscheinen, weil die Straßen selbst nicht auf-geführt sind, oder auch, weil die Itinerarien nicht alle Orte an einer verzeichneten Strecke wiedergeben. Schon aus praktischen Gründen wird man mindestens in Abständen von einer Tagesreise mit dem Ochsenkarren (8 mp = 12 km) Rasthäuser – und damit in der Regel wohl wenigstens kleine Vici – voraussetzen dürfen. Das würde allein für das Hauptstraßennetz im süddanubischen Raetien, wie es auf Abbildung 1 eingetragen ist, bei etwa 3200 km Strecke rund 260 Straßensiedlungen bedeuten. Davon wären bisher namentlich aus den Itinerarien sowie archäologisch nur jeweils ein Viertel bekannt. Die Zahlen sprechen für sich und lassen nur einen Schluss zu: Die Erforschung der Siedlungsinfrastruktur entlang der Straßen steht in Raetien noch weitgehend am Anfang.
(was hier am Beispiel der vici gesagt wird, trifft m.E. auf die villa rustica erst recht zu)

Darüber hinaus sind nach meiner Kenntnis nicht alle Villa Rustica auf der Karte eingetragen. Ich erinnere an mein Posting im anderen Thread:
….

guggst Du hier Denkmalliste (ergänzend zu og Kochel):

D-1-8135-0004 Körpergräber der römischen Kaiserzeit

D-1-8135-0023 Körpergräber vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung

D-1-8135-0025 Körpergräber der frühen römischen Kaiserzeit (Heimstettener Gruppe).

D-1-8034-0023 Villa rustica der römischen Kaiserzeit


D-1-8034-0164 Villa rustica der römischen Kaiserzeit.


D-1-8135-0014 Körpergräber vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung.

D-1-8235-0016 Villa Rustica der römischen Kaiserzeit

D-1-8034-0008 Körpergräber der späten römischen Kaiserzeit.

D-1-8034-0051 Körpergräber vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung.

D-1-8035-0064 Siedlung vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung

D-1-8035-0115 Siedlung vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung.

(wobei in der Nähe von Gräbern wohl auch eine Siedlung, zumindest ein Landgut gelegen haben müsste )
 
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Wenn ich die Strecke - wo immer möglich, entlang der im Bayern-Atlas ausgewiesenen Römerstraße - messe, lande ich bei etwas mehr als 55 km.

Anhang anzeigen 19311

BayernAtlas
woher kommt der scharfe Knick bei Unterthingau?

Willst Du damit eine Straßenkreuzung andeuten, da sich ja etwas östlich davon
a) südlich von Marktoberdorf und
b) nördöstlich des Auerberges
entsprechende Bodendenkmäler von anderen Verkehrswegen befinden?
BayernAtlas
 
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Wem? Mir?
Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich Dich zu Beginn der "pontes-Tesseninos"-Diskussion auf das Buch hingewiesen....
sorry, daran hatte ich mich nicht mehr erinnert
Bei solchen Zahlen ist größte Skepsis geboten. Mit welchen Methoden lassen sich denn "Alemannen, "Langobarden", "Thüringer" etc. zweifelsfrei identifizieren?
die Aussage bezog sich auf die seinerzeitige Bajuwaren-Ausstellung in Mattsee; dort ist das wohl so vorgestellt worden.
Wie sich diese Zusammensetzung identifizieren lies kann ich nur vermuten, denkbar
- eine Auswertung von (mehr oder weniger eindeutigen) Grabfunden (einschl. DNA-Analysen)
- eine Auswertung der typisch bayerischen Dialektausdrücke und deren Herkunft
...?...
 
Ich habe da, wo die Karte keine Römerstraße verzeichnet, die nächstbeste moderne Straße genommen.
Die Römerstraße muss aber auch an dem Punkt, wo sie die Kirnach überquerte, einen Knick gemacht haben.
ja, das mach ich auch i.d.R. so ähnlich - weil sich die Kriterien für Straßenbau bis in die Neuzeit kaum verändert haben. Dazu versuche ich aber auch noch die alten Flurkarten und ältere Straßenführungen heran zu ziehen.

Hier nochmal zwei Straßen aus der römischen Kaiserzeit zwischen der VIA CLAUDIA und der sogenannten Allgäustraße - zwischen Burggen und dem Auerberg:
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Zur Karte vom Auerberg
DenkmalAtlas 2.0
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oder de Abzweig von der Via Claudia bei Burggen
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Da findet sich dann südlich der bekannten Höhensiedlung am Auerberg auch noch eine Villa Rustica der römischen Kaiserzeit
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Mit entsprechenden Markierungen der gesuchten Epoche (röm. Kaiserzeit - hohes Mittelalter …) kann man dann einen relativ guten Überblick z.B. im Bereich von Peiting erhalten
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Dazu kann man dann einzelne Strecken verbinden - "Lückenschluß" - und dabei die Streckenführung möglichst alter Wege orientiert an der der "Ideallinie" und an den Geländeverhältnissen führen lassen. Und "klassische" Ortsbezeichnungen wie "Straß", "Bruck" oder "Esbaum" ebenfalls einbeziehen.
 
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Eine wesentliche "Entvölkerung" ist wohl mit den Germaneneinfällen im 2. Jh. bis zum 3. Jh. eingetreten. Die Beruhigung brachte erst (ab 277) die Rücknahme der Reichsgrenze auf die Linie Rhein - Iller - Donau. Danach wurden sowohl Zuwanderer aus dem gesamten römischen Reichsgebiet wie Germanen als Föderaten angesiedelt (Haas-Gebhard, "Die Baiuvaren - Archäologie und Geschichte S. 57 ff.
Entgegen der Severin-Legende sind aber große Teile der römischen Bevölkerung auch nach dem "Exodus" im Land geblieben (Haas-Gebhard, a.a.O. S. 66 ff
Die Pollendiagramme aus der Raetia zeigen überwiegend keine Siedlungsunterbrechung nach dem Ende der Römerzeit, sondern lediglich einen Rückgang der Siedlungsdichte. … Ein Fortleben der spätrömischen Bevölkerung war also die Regel, sie war aber kleinräumig anscheinend sehr unterschiedlich intensiv

Eine "archäologishce Fundleere" lässt sich - wie schon in #234 angeklungen - auch mit der anderen "Bauweise" erklären. Das Material von Holzbauten verrottet nun mal - anders als Steingebäude. Und Pfostenlöcher werden all zu leicht übersehen, wenn mal wieder ein möglicherweise archäologisch interessantes Areal abgeräumt wird.

Mario Bloier weist in "Archäologie im Dachauer Land 2008 – 2010" auf einige maßgebliche Punkte hin:
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4. Ländliche Besiedlung – vici und villae rusticae

Die Geschichte der römischen Besiedlung im Gebiet des heutigen Landkreises Dachau kann in Zusammenhang mit der ersten Okkupationsphase der augusteischenZeit gesehen werden. Während dieser ersten Zeit wurden vereinzelt, entlang der großenVerbindungsstraßen, villae rusticae ( Abb. 1 wie in #233) zur allgemeinen Versorgung angelegt.
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m Lauf der Zeit erhöhte sich auch hier langsam die Besiedlungsdichte, bis wohl im späten 2./Anfang 3. Jahrhundert der Höhepunkt erreicht wurde. Römische vici sind bisher aus dem Landkreis nicht bekannt; aufgrund einheitlicher Siedlungsstrukturen kannman auch für den Landkreis Dachau eine ähnliche besiedlungstopographische und architektonische Entwicklung wie in der gesamten Provinz Raetia annehmen.
Die Ansiedlungen im römischen Reich weisen eine gewisse hierarchische Struktur auf.Städte lateinischen und römischen Rechtes bilden den Kern römischer Siedlungstätigkeit, darunter kamen die vici und die villae rusticae. Einzeln stehende Wohn- und Wirtschaftsbauten, wie Straßenstationen, Raststätten, Heiligtümer und Einsiedeleien stellenSonderfälle der Besiedlung dar ; sie konnten später auch Kern eines Vicus oder einer kleineren Ansiedlung werden.
In den Gebieten nördlich der Alpen stellten vici Mittelpunktsiedlungen dar, die aufgrund der geringen Anzahl an Städten oft auch zentralörtliche Funktionen übernahmen und mitunter einen stadtähnlichen Charakter erreichen konnten.
Vici waren Mittelpunkt des Handels für umliegende Villen und Militäranlagen, meistwaren sie selbst auch Zentrum des Handwerks Für viele Ansiedlungen bedeutete derAbzug der Truppen, in dessen Schatten sie entstanden, nicht das Ende ihrer Existenz.In den meisten der bisher freigelegten vici konnten Hinweise auf Töpfer- und Metallhandwerk, aber auch Glaserzeugung und Metallverarbeitung sowie großangelegten Handel belegt werden. In einigen, wie z. B. Rapis oder Pons Aeni, erfolgte in späterer Zeiteine Spezialisierung nahezu des gesamten vicus, auf die Keramikerzeugung. Neben diesen handwerklichen Betrieben gehörten auch Gaststätten und Unterkünftezum Bild eines römischen vicus; kleinere Heiligtümer oder Tempel sind wahrscheinlich. Landwirtschaft konnte bisher in
vici nicht belegt werden. Das „Dorfbild“ kennzeichneten hölzerne Streifenhäuser, die im vorderen Teil, zur Straße hin, meist ein Geschäftslokal besaßen, im hinteren Teil befanden sich oft die Werkstätten ; im 1. Stock waren die Wohnräume. ….

Entscheidend für die Standortwahl römischer Gutshöfe, den villae rusticae warenKlima, Bodengüte, Vegetation, Nähe zu Wasser und eine gute Verkehrsanbindung. Vorraussetzungen, die seit den ersten bäuerlichen Siedlungen bis heute ihre Gültigkeit bewahrten. Eine weitere Gesetzesmäßigkeit zu römischer Zeit bezieht sich auf die Lagedes Gutshofes. Ein Vergleich der bekannten Villen zeigt, dass bei der Anlage meist die mittlere Hanglage bevorzugt wurde. Diese Grenzlage zwischen „einem trockenen unde inem feuchten Ökotrop“ ermöglichte die optimale Nutzung beider Bereiche: in derf euchten Tallage Grünlandwirtschaft, auf der Hochfläche Ackerwirtschaft. Neue Berechnungen für das Umland von Regensburg bis Eining gehen für diesen Raum von einer Mindestanzahl von 200
villae rusticae zur Versorgung des Militärs und der zivilen Bevölkerung aus; bisher sind etwa 50 % der im 2. und 3. Jh. existierenden Gutshöfe entdeckt (vgl. Abb. 1 wie in #233).

Man unterscheidet Streuhofanlagen, deren Umfassung ein unregelmäßiges Vieleckdarstellt und bei dem die Nebengebäude scheinbar planlos um das Hauptgebäude angeordnet sind und ›Axialhofanlagen‹. Die Umfassung bildet bei Letzterem ein Rechteck,wobei das Hauptgebäude prinzipiell der größten Hofeinfahrt gegenüber liegen sollte.
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Die Haupt- oder Wohngebäude der ersten Phase der römischen Besiedlung wurden als Einraum- bzw. Blockarchitektur (z. B. in Bergkirchen … ) konstruiert und waren wohl bis in die Mitte des 1. Jh. n. Chr. aus Holz, welches überall reichlich verfügbar war. Während dieser Phase ist noch von einem eigenständigen Baustil und nicht voneinem, nach italischen Vorbildern entstanden Typus auszugehen.
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Die römische Besiedlung des Landkreises Dachau lässt sich problemlos in das gezeichnete Gesamtbild der Provinz
Raetia einfügen. Das Land war ländlich geprägt. Zu den bisher drei bekannten Villenstandorten dürfen wohl mindestens acht weitere hinzu-gerechnet werden ; die bekannten Fundstellen deuten sogar auf mehr als zwölf. Es wäre auch naheliegend, eine kleinere Siedlung als Handels- und Marktplatz zu vermuten. Ein Straßennetz verband den heutigen Landkreis mit Augsburg, Kempten und Salzburg,aber auch Regensburg, Passau und Wels, an das die
villae rusticae netzartig angebunden waren.
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6. Von der Spätantike ins frühe Mittelalter
Ging die ältere Forschung noch von einem kompletten Abzug der Römer zu Beginn des 5. Jhs. und von einer Verödung Bayerns bis ans Ende des Jahrhunderts aus, hat sich in den letzten Jahrzehnten dieses Bild aufgrund der archäologischen Befunde deutlich verändert.
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So kann die restromanische Bevölkerung, die nach der Aufgabe der Grenzverteidigung in Raetien verblieb, lediglich indirekt nachgewiesen werden. Dieser Nachweis erfolgt meist über eine anders gestaltete Grabbeigabentradition, traditionell römischen Techniken bei der Keramikherstellung sowie über anthropologische Vergleichsstudien. Die Summe dieser Hinweise zeigt jedoch, dass mit einem weit größeren romanischen Anteil an der Bevölkerung des frühen Mittelalters zu rechnen ist, als dies bisher angenommen wurde. Einschränkend vermutet jedoch Fischer, dass „manche dieser ‘Romanen’ germanische Ahnen besessen haben“.
Zitiert aus
M. Bloier, Ländliche Besiedlung [im Landkreis Dachau] zur Römerzeit und Typologie der villae rusticae, Archäologie im Dachauer Land 2008-2010 (2011), 61-84.
 
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Das einzige, was uns irgendeinen Hinweis auf die Sprache der in Sindelsdorf Bestatteten liefern kann, ist der Ortsname mit dem deutschen Grundwort Dorf und dem deutschen Namen Sindolf - mit deutschem Genitiv -(e)s - als Bestimmungswort.
dazu habe ich jetzt eine interessante Mail erhalten, die ich nach Rücksprache mit dem Autor auch inhaltlich weitergeben darf:
Auch ich bin onomastisch nicht ganz unbeleckt, komme aber offenbar aus einer anderen wissenschaftlichen Ecke.

Meine Deutungen gehen auf Lautverschiebungen und Lexika von Altsprachen (arabisch als Basis für hamito-semitischen Ursprung, irisch als Basis für keltisch, russisch als Basis für slawisch und baskisch als Basis für die älteste europäische Sprache überhaupt, dem Vaskonischen). Das dürften die Hauptquellen für unsere heutigen Sprachen samt ihrer "Zwischenstufen" altgriechisch und latein sein.
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Vieles wird über die Bedeutung von einzelnen Ortsnamen geschrieben, auch von Herrn und Damen, die Doktorentiteln haben und von Laien als "Experten" angesehen werden ("die müssen das wissen, die haben es schließlich studiert"). Dabei hört man gerade von solchen sehr oft den größten Unsinn. Sindelsdorf Gründung eines Sindulfs, Pasing eines Paso, Penzberg eines Penzo etc. Auch Wikipedia ist da leider kaum besser. Die Benennungsmotivation für eine Stelle war früher ein unverwechselbares/unveränderbares Kennzeichen, aber keine "Mobilie" wie ein Mensch oder ein Tier: mal hier mal da dann wieder jahreszeitbedingt ganz weg...
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(und zu) Sindelsdorf: Ist Ihnen sicher bekannt, dass es ein vorrömisches Wort zenda gibt, welches sich noch heute im spanischen sendero bzw. frz. sentier weiterlebt (beides heißt Weg, Fußpfad). Ihnen ist ferner bekannt, dass das Wort "Dorf" aus einem vorrömischen "aterpe" entstanden ist. Dieses heißt nichts anderes als "sich treffen". Und Sie wissen sicher, dass Sindelsdorf im Kreuzungsbereich von drei prähistorischen Fernhandelswegen lag: Dem Bernsteinweg Ostsee-Florenz, dem Salzweg Salzkammergut-Schweiz und dem Zinnweg Südenglang Aquilea/Venedig heutiges Italien. Somit macht der Ortsname Sindelsdorf durchaus Sinn: Das Sich-Treffen von Wegen. Ich verweise auch auf meinen mehrfach gehaltenen Vortrag (...) mit dem Thema "Ausgewählte südbayerischere Ortsnamen und ihre möglichen Bedeutungen". Darin behandle ich u.a. Penzberg, Sindelsdorf, Starnberg etc.
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Wikipedia Beispiel: Sindbad (der Seefahrer): dort: arabisch-inoiranisch-persischen Ursprungs ... mit "Sindh ist dabei der Indus gemeint" Gemäß Google translator ist der Indus auf Hindi tatsächlich "Sindhu". Klingt somit plausibel.
Bekannt ist uns beiden aber das Beispiel der "false friends" das wort "Gift": Im Englischen meint es Geschenk, positiv, im Deutschen Gift, etwas vernichtendes. Will sagen/zeigen: gleiches Wort kann unterschiedliche Wurzeln haben: zinda = Weg Pfad kann für den Sindbad (als Reisenden) genauso stehen, wie der Fluss Indus, der in Europa wohl kaum bekannt war (trotz seiner Größe)

Ähnliche Beispiele gibt es viele.

Plausibilität ist natürlich subjektiv. klar.
ein "aterpe" aus dem "-dorf" wird mit der Bedeutung "sich treffen, zusammenkommen" ist für den Einen plausibel, für den anderen nicht
ein "haizpe" aus dem ein "-hausen" wird mit der Bedeutung "Wohnsitz mit festen Wänden" (= dauerhafter Wohnsitz) in der noch älteren Bedeutung "Wohnhöhle unter der Erde", klingt für den einen plausibel, für den anderen nicht. Interessant ist in diesem Zshang, dass Heimatforscher herausgefunden haben, dass die -hausen-Orte in Südbayern fast ausschließlich guten Boden zum Anbau von Getreide haben, während die -ing/-ingen-Orte überwiegend schlechte Böden haben, die nur zur Viehweide dienen. Getreideanbau = Aussaat + Ernte + Lagerung + Verarbeitung = dauerhafter Standort
ein "en-gune" aus dem ein "ing/ingen" wird mit der Bedeutung "Gebiet/Zone, die .... ist" (unser Wort "Zone" dürfte auch von diesem "gune" herrühren) klingt für einen plausibel, für den anderen nicht (Tutzing kommt auch in meinem Vortrag vor)
ein "puzu" aus dem ein "Putz/Butz-" wird (Putzbrunn etc.) mit der Bedeutung Quelle, klingt für den einen mit der Tautologie Quelle-Quelle für Putzbrunn plausibel, für den anderen nicht, der zieht lieber einen erfundenen Ortsgründer Puzo heran, der nirgends nachgewiesen ist.

Tautologien gibt es Ortsnamen ganz oft: Putzbrunn, Penzberg (derGuteBerg-Berg), aber auch in Sprichwörtern "von Tuten und Blasen" (Tuten = Blasen von Kindern in eine Kindertröte). Natürlich gibt es da Regeln: Tautologien: immer aus einer Altsprache kombiniert mit einer aktuell(er)en Sprache, Kombination nach den Grammatikregeln der aktuellen Sprache ob vorangestellt oder Hintangehängt (Lake Chiemsee, Mount Everest, Penz-Berg, die LaOla-Welle im Fußballstadion: Die aktuellen Menschen kennen die Bedeutung des Ausdrucks nicht (dass La ola spanisch ist und "die Welle" heißt) und sagen sich: Aha, Eigenname + Kombination aus der eigenen Sprache, was es ist = Tautologie. Die Welle-Welle, die Quelle-Quelle, der GuteBerg-Berg etc.

Wahrscheinlicheiten, Plausibilitäten muss jeder für sich selbst beurteilen.
 
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