Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

Dieses Thema im Forum "Völkerwanderung und Germanen" wurde erstellt von Sepiola, 24. Februar 2020.

  1. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Zu den Mischnamen siehe folgende Beiträge:
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter
    Deutsch oder romanisch: Der Fall ursus > Irschenberg
    Deutsch oder romanisch: Der Fall ursus > Irschenberg
    Deutsch oder romanisch: Der Fall ursus > Irschenberg
    Deutsch oder romanisch: Der Fall ursus > Irschenberg

    Zur Salzburger Romania (Gfalls, Gamp, Gois, Vigaun usw.) siehe folgende Beiträge:
    Das Reitergrab von Nordendorf - wie ist der Bestattete anzusprechen?
    Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"
    Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"
    Mit einem Einzelbeispiel auf bayerischem Gebiet:
    Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"

    Zu Augsburg/Augusta Vindelicum siehe (aus anderen Threads):
    Ortsnamenkunde (schön öfter verlinkt bzw. zitiert)
    Das Reitergrab von Nordendorf - wie ist der Bestattete anzusprechen?

    Zu Foetes/Füssen siehe:
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

    Zu Quintana/Künzing siehe:
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

    Weitere Ortsnamen suche ich nicht zusammen, vielleicht einen noch (Epfach):
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

    Zum Verhältnis zwischen romanischen germanischen Ortsnamen des Frühmittelalters siehe folgende Beiträge:
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter
    Wo lagen "Ad pontes Tesseninos"
     
  2. Erich

    Erich Aktives Mitglied

    Das Ganze hat El Quijote kürzer und prägnanter zusammen gefasst:
    und damit sind wir beim Thema "Sprachgrenze"
    … wobei die Aufzählung weitere Orts- und Flurnamen insbesondere im Bereich der alten römischen Straßen (die ja auch nach dem Rückzug der Römer weiter genutzt wurden) nicht ausschließt.
     
  3. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Sprachgrenze ist zu statisch.
    Nehmen wir doch mal Zürich.
    In römischer Zeit hieß Zürich Toriacum. Toriacum ist ein einwandfrei keltischer Ortsname. Der heutige Name Zürich geht direkt auf Toriac|um zurück, der Lautwandel ist aber ein "germanischer", nämlich die hochdeutsche Lautverschiebung mitmachender, mit Wandel von germanischem [t] zu deutschem [ts] und der im deutschen typischen regressiven i-Umlautung (sprich: Das -i- der späteren Silbe wirkt auf den Vokalismus umlautend ein [u ]/[o] > [ü]. Und natürlich der typische Wegfall der "lateinischen" Deklinationsendung. Wir haben hier also einen klaren Fall von Namenskontinuität, über den Bevölkerungs- bzw. Sprachwechsel hinweg.

    Man muss natürlich einen Unterschied zwischen großen Städten mit überregionaler Strahlkraft und kleinen Weilern, die außer den eigenen Bewohnern keiner kennt, machen.

    Rein hypothetisch: Zürich könnte einen hundertprozentigen Bevölkerungswechsel erlebt haben, seine Strahlkraft war so groß, dass es den Namen hätte behalten können. Bei einem Weiler, der seinen romanischen Namen behält, käme man in Erklärungsnot.

    Wenn z.B. Gfalls bei Salzburg wirklich auf cavallus zurückgeht (die These klingt für mich erst mal absolut plausibel), dann spricht das für eine romanische Bevölkerung hier. Allerdings liegt Gfalls auf dem Berg und Salzburg im Tal. Das entspricht der (eigentlich für die Alemannen) durchaus gängigen Theorie, dass die Germanen im alpinen Raum in den Tälern vordrangen, während in den unzugänglichen Gebieten noch Romanen lebten. Scheint aber bei den Baiuwaren durchaus ähnlich gewesen sein. Aus Iuvavum wird Salzburg, aber aus (Mons?) Cavallus Gfells (und ggf. als Dublette Hengstberg).
     
  4. Erich

    Erich Aktives Mitglied

    man kann u.U. sogar auf den Zeitraum der "Romanisierung" (Korrektur: "Germanisierung") schließen. Heitmeier (in "Die Anfänge Bayerns …" S. 463 (492) ff) schreibt dazu:
    der Umkehrschluss würde doch dann bedeuten, dass Orte ohne die 2. Lautverschiebung erst danach ins Bairische integriert wurden?
     
    Zuletzt bearbeitet: 30. Juli 2020
  5. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    In aller Regel: ja.
    Die lautverschobenen Namen ziehen sich bis in den Tiroler Raum:
    Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter
    Dort ist aber noch mit längerer Zweisprachigkeit zu rechnen, das bezeugen romanische (unverschobene) Orts- und insbesondere Flurnamen (Planiz etc.)

    Dagegen ist im Voralpengebiet so gut wie alles lautverschoben, mit Ausnahme der ofterwähnten Salzburger Romania und eines ebenfalls schon erwähnten Ortes:
     
  6. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

     
  7. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ich habe den leisen Verdacht, dass das auf eine der vielen Schnapsideen Freutsmiedls zurückgeht:
    Bayerns Sprung in die Geschichte
    Das treibt (nicht nur) dem Lateiner die Tränen in die Augen...

    Zu Freutsmiedls teilweiser Entlastung muss ich allerdings sagen, dass er sich nicht den kompletten Bullshit ausgedacht hat, einige der gröbsten Klopper hat er treuherzig bei Resch-Rauter abgeschrieben.

     
  8. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Da bin ich mit Zürich und Zülpich (Tolbiacum) durcheinandergeraten.
     
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  9. Erich

    Erich Aktives Mitglied

    Gerade lese ich
    https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/34352/437227.pdf?sequence=1

    Da sind einige Fragen angesprochen, die wir hier auch schon diskutiert haben. S. 70 ff
    S. 87 ff
    Auf Seite 254 ff wird unter anderem auf die römischen Siedlungsweise eingegangen:
    Auf Seite 305 ff wird über die Entwicklung der romanisch-germanischen Sprachgrenze im Alpenraum geschrieben. Ab S. 309 geht es auch um Scharnitz und den Wallgau/Walchensee
    Das nur als Kostprobe. Das komplette Buch ist im Internet aufrufbar.
     
    Zuletzt bearbeitet: 31. Juli 2020
  10. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    In einer anderen Diskussion habe ich weitere Beispiele aus dem norischen Bereich zusammengetragen:

    Wallfahrtsort, ein Jahrtausende altes Kontinuum?


    Annehmen kann man ja viel, aber solitudo bedeutet 'Einöde, Einsamkeit, Menschenleere' und desertus bedeutet 'verlassen, leer, unbewohnt, einsam'. Und es fehlt mir hier an einer nachvollziehbaren Begründung, warum das Gegenteil dessen der Fall gewesen sein soll, was die Urkunden bezeugen.
    Noch bis ins 15. Jahrhundert war Scarinza/Scherncz/Schernitz die Bezeichnung für ein Waldgebiet ("silva Scarinza", "wald genant Schernitz").
     
  11. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Es findet sich auch im Schwäbisch-Alemannischen. Hubert Klausmann und Thomas Krefeld (Sprachliche Indizien einer spätantik-mittelalterlichen Siedlungskontinuität im Allgäu) haben versucht, aus einem Bündel Reliktwörter Schlüsse auf romanische Restbevölkerung zu ziehen, die sie an der oberen Iller lokalisieren:
    Auch wenn bei manchen der genannten Wortbeispiele eine "Fernentlehnung"oder eine "Reliktverlagerung" nicht auszuschließen ist, so ist bei einer Anzahl von 30 Fällen, die hier als echte Reliktwörter (4.1-4.3) behandelt wurden, genügend "Beweismaterial" für die deutlich in alemannische Zeit hineinreichende Kontinuität romanischer Restbevölkerung vorhanden. Die diatopische Konstellation, nämlich die klar gestaffelte, nach Süden zunehmende Häufigkeit der Relikte, legt es nahe, die zuletzt erloschenen (d.h. assimilierten) Siedlungen im oberen Illertal zu lokalisieren. [...] Ausgerechnet im Gebiet der oberen Iller fehlen (einstweilen) provinzialrömische Funde. Darin sollte man keinen Widerspruch, sondern - ganz im Gegenteil - eine Bestätigung sehen. Die mutmaßlichen Reste romanischer Bevölkerung im oberen Illertal stehen gerade nicht in der Kontinuität der spätantiken urbanen oder zumindest stadtnahen Siedlung; sie stehen auch nicht primär in der Kontinuität der an den großen römischen Verkehrsachsen (Via Claudia Augusta) und an der Verbindung Bregenz-Kempten-Epfach gelegenen Orte (wie etwa Füssen). Das obere Illergebiet stellt sich dagegen als geradezu ideales, eben abseits der Durchgangsstraßen gelegenes Rückzugs-und Fluchtgebiet dar (vgl. Abb. 14). Die fehlenden Bodenfunde mögen also nicht nur mit der für archäologische Auswertung eher ungünstigen Beschaffenheit des Untergrunds zu tun haben; sie könnten vielmehr im Zusammenhang mit der radikal veränderten Lebensweise einer romanischen Restbevölkerung zusammenhängen, die ohne die Annehmlichkeiten der spätantiken, mehr oder weniger urbanen Infrastruktur ihr Dasein fristen mußte.
    https://www.romanistik.uni-muenchen...erzeichnis/indizien_siedlungskontinuitaet.pdf
     
    Erich und Carolus gefällt das.
  12. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Auch wenn das, was folgt, im Prinzip die These ist, die ich schon mal hier im Forum angesprochen habe, nämlich dass romanische Sprachinseln vor allem in verkehrsgeographisch ungünstig gelegenen Gebieten überdauerten, so tue ich mich doch mit diesen beiden Sätzen schwer.
    Es ist natürlich immer schön, wenn sich linguistische und archäologische Befunde gegenseitig ergänzen und stützen. Aber notwendig ist das nicht unbedingt. Zwar kann ich einem Artefakt nicht ansehen, welche Sprache sein Benutzer sprach, aber zumindest kann ich ihm ansehen, welchem/n Kultureinflu(e)ss(en) er unterlag. Wenn ein Dorf die hochdeutsche Lautverschiebung nicht mitgemacht hat, dann ist das aber erstmal Beleg genug. dazu benötige ich keine Archäologie. In dem Fehlen archäologischer Befunde aber eine Bestätigung zu sehen (außer dafür, dass eine Gegend einigermaßen unbesiedelt war) halte ich für arguentativ ziemlich grenzwertig
     
  13. Erich

    Erich Aktives Mitglied

    DANKE

    Wenn man die Seite 63 anschaut, dann findet man dort das Wort "Tas oder Tachs" - in der bayerischen Abart "Dax" mit kleinen Abweichungen auf die spätrömische Provinz innerhalb der Iller-Donau-Grenze beschränkt.

    Spannend finde ich auch die Geländebezeichnung "Tobel" (Schlucht), die auf S. 57 zu TUBUS (Rohr) gestellt wird, und - im Gegensatz zu Tierbezeichnungen - nicht aus dem Tierhandel verbreitet sein kann. Der Begriff ist mir auch außerhalb des Allgäu öfter "über den Weg gelaufen". Ich lass mal meine Augen offen ....
     
  14. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ich habe ja immer noch nicht verstanden, was Dir an diesem einzelnen Wort so wichtig ist. Wörter können sehr weit wandern, und die Verbreitung eines einzelnen Wortes besagt für sich rein gar nichts.

    Es ist im Schwäbisch-Alemannischen und im Bairischen großflächig verbreitet, es gibt es auch ein Dorf dieses Namens:
    Dobel - Altgemeinde~Teilort - Detailseite - LEO-BW
    Dobel – Wikipedia

    Tobelbäche, Dob(e)lbäche, Tobelgräben usw. gibt es auch jenseits des Limes, bis ins fränkische Dialektgebiet:
    Google Maps
     
  15. Heine

    Heine Aktives Mitglied

    Östlich von Elbe-Saale gibt es 'Döbern'-Ortsnamen, die slawisch erklärt werden und so viel wie Tal, Schlucht bedeuten: z.B. Döbern – Wikipedia
     
  16. Erich

    Erich Aktives Mitglied

    es ist nicht ein einzelnes Wort sondern ein Beispiel (!) für eine Bezeichnung, die in einem sehr begrenzten und klar umrissenen Gebiet aus dem römischen Sprachkreis kommt obwohl (!) es korrespondierende Bezeichnungen aus der germanischen Sprachenwelt gibt. Das lässt jedenfalls die Vermutung zu, dass der Begriff in diesem Gebiet weiter gegeben wurde.

    Wenn das von Dir genannte "Dobel"
    tatsächlich eine solche Rodungssiedlung ist, dann könnten die Pioniere diese Bezeichnung auch aus ihrer Heimat mitgebracht haben. Aber auch dieses "Dobel" liegt in einer Region im Nordschwarzwald, die als Rückzugsgebiet von Romanen bei der Rücknahme der römischen Provinzgrenzen an die Rhein-Iller-Donau-Linie in Frage kommen könnte.

    Wörter können weit wandern, stimmt, etwa Tierbezeichnungen mit dem Viehhandel. Daher gewichte ich Flur- und Ortsbezeichnungen oder auch so wertloses Zeug wie Tannenreisig mehr als Tierbezeichnungen wie "Bunzel", "Mens" oder "Schump" (im oberbayrischen "Koim(a)").
    jetzt können wir natürlich wieder über eine vaskonische Ursprache oder indogermanische Ursprünge diskutieren ....
     
    Zuletzt bearbeitet: 5. August 2020
  17. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    In den vergangenen Tagen hat jemand (A) bekannt, dass er zwar kein Latein könne, aber es für fragwürdig halte, dass bellum 'Krieg' sei. Als sich jemand anderes (B) darüber lustig machte, behauptete A indirekt, dass er dies von romanischen Sprachen ableite (die konkrete Aussage A's* war "eine Sprache hat meist verwandte Sprachen", was natürlich nur implizit nicht explizit ist). Ich habe daraufhin über das in allen romanischen Sprachen (außer dem Rumänischen) vorkommende guerra/e/verra geschrieben, ein Germanismus (vgl. dt. Wirren, engl. war) welcher sich auch in den Inselromania Korsisch und Sardisch durchgesetzt hat. Gegenüber bellum, das nur noch im Adjektivbestand mit Derivationssuffix zu finden ist. Nun kann man beim Französischen (Franken, Burgunder), beim Italienischen (Ostgoten. Langobarden), beim Spanischen, Katalanischen und Portugiesischen etc. (Sueben, Westgoten, (Vandalen)) natürlich annehmen, dass die Anwesenheit von Germanenvölkern auf ehemals römischem Territorium, welche eine Kriegerelite darstellten, das Wort bellum nachhaltig durch guerre/a ersetzt hat. Schwieriger wird es, das bei den Sarden (gherra) und Korsen (guerra/verra) zu erklären. Das ursprünglich germanische Wort muss sich also schon vor dem Zusammenbruch des Reiches im Vulgärlateinischen so nachhaltig verbreitet haben, dass es zur Grundlage des 'Kriegs'-Wortes in allen romanischen Sprachen außer dem Rumänischen wurde und bellum ersetzen konnte.

    ...obwohl es korrepsondierende Bezeichnungen in der Zielsprache gibt... ist also kein hinreichendes Argument gegen die Luxusentlehnung. Luxusentlehnnungen sind Entlehungen, die nicht notwendig sind, weil ein korrespondierendes Wort in der Zielsprache eigentlich bereits existiert. Manchmal sind sie sogar regelrecht schräg, wie etwa das Wort Bodybag, welches vor einigen Jahren ein deutscher Hersteller für seine Rucksäcke einzuführen versuchte:
    1.) ist das Wort Rucksack im anglophonen Sprachraum durchaus etabliert
    2.) bedeutet bodybag 'Leichensack'
    Eine semantisch sehr fragwürdige Luxusentlehnung, aber eine Luxusentlehnung.


    *Das ist nicht als Deppenapostroph gedacht, sondern um zu kennzeichnen, dass es sich bei A um einen Buchstaben, keinen Namen handelt.
     
  18. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Und sofort ziehst Du aus einem anderen einzelnen Wort Fehlschlüsse:

    Die "Heimat der Pioniere" war offensichtlich der alemannische Sprachraum, denn hier handelt es sich um ein Wort, das im gesamten alemannischen Sprachraum (und darüber hinaus) verbreitet war.
    Der Nordschwarzwald gehörte nicht zur Schwarzwaldromania an, und das Ende der Schwarzwaldromania ist (optimistisch geschätzt) im 10. Jahrhundert anzusetzen.

    Lehnwörter (aus romanischen Sprachen) für wertloses Zeug wie Krempel, Ramsch, Firlefanz haben sich im ganzen deutschen Sprachgebiet verbreitet.
    Warum sollte man denen ein besonderes Gewicht zur Rekonstruktion einstiger Sprachgrenzen zumessen?
     
  19. Erich

    Erich Aktives Mitglied

    @Sepiola:
    Du bringst zu der Aussage, " die Geländebezeichnung "Tobel" (Schlucht), die auf S. 57 (Anm.: eines von Dir verlinkten Berichtes) zu TUBUS (Rohr) gestellt wird", ein Beispiel aus dem Schwarzwald um Deine These zu untermauern, dass der Begriff nicht von Römern/Romanen stammen kann und begründest das wie folgt:
    Als Gegenthese dazu nochmal zwei Möglichkeiten, die ich beide in meinem Beitrag #276 angerissen hatte, und zu denen Du Dich nicht konkret äußerst:

    1)
    warum sollen weiter südlich lebende Alemannen diesen Begriff aus dem romanischen Sprachschatz nicht auch übernommen und dann einmal nach Norden mitgenommen haben?

    2)
    warum soll dieses "Dobel" nicht einen - vielleicht sogar in spätrömisch Zeiten zurückreichenden - Namen beibehalten haben?
    Ich zitiere zur Begründung aus Mischa Meier, "Geschichte der Völkerwanderung .... vom 3. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr." S. 320 zum Decumatenland:
    Die Provinzialen im ehemaligen Dekumatenland blieben also vielfach auch nach der Befestigung des Donau-Iller-Rhein-Limes als Restbevölkerung in Rückzugssiedlungen.
    Dass die Römer das Gebiet nicht vollends aufgegeben hatten zeigen auch die Feldzüge des Probus (277/78) am Oberrhein und in das "aufgegebene" Gebiet gegen die Alemannen. Die Römer versuchten im Übrigen, die Germanengruppen, mit denen sie nicht dauerhaft fertig wurden, innerhalb der Grenzen anzusiedeln, als Verbündete (Foederaten) zu gewinnen, und für die Reichsverteidigung einzusetzen.
    "Alles, was ich jenseits des Rheines erblicke, ist römisch"
    (Meier, a.a.O. S. 337 unter Bezug aufPanegyrik: Vgl. Paneg.Lat. 10 (2),5-7, das Zitat: 10 (2),7,7

    Wie "durchgriffig" die römische Herrschaft auf das Gebiet des Schwarzwalds immer noch war zeigt sich an der Episode um den alemannischen rex Vaomar(ius), der das Gebiet gegenüber von Kaiseraugst (contra Rauracos) mit seinen "Brisgavi", den Breisgau-Leuten beherrschte und 354 einen Bündnisvertrag mit den Römern schloss.
    Der Ursupator Julian lies den alemannischen König später erst nach Spanien bringen, aber schon 363 - 364 war der "rex" dann als Feldherr mit dem Titel "dux Phoenica" an der Ostgrenze für die Römer tätig. Er reiht sich damit nahtlos in die Reihe der germanischen (insbesondere fränkischen) Heerführer ein, die im römischen Heer Karriere machten oder als "duc" - woraus sich wohl der Begriff des "dux" (dtsch. Herzog) entwickelte - römische Hilfstruppen utner römischer Oberherrschaft befehligten.

    Die gesamte römische Westgrenze entlang lässt sich eine Koexistenz von Römern und Neuankömmlingen feststellen. Exemplarisch dazu die Nekropole von Krefeld-Gellep (Gelduba), die vom 1. bis ins ausgehende 7. Jh. durchgehend belegt war und über 6000 Gräber aufweist.

    Wieso nicht auch im Nordschwarzwald während und nach der sukzessiven Besiedlung des Gebietes mit Alemannen?
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. August 2020
  20. Divico

    Divico Aktives Mitglied

    Mir scheint, @Sepiola hat sich hier verrannt.

    Das Wort Tobel ist romanischen Ursprungs und kommt im südöstlichen alemannischen sowie im südwestlichen bairisch-österreichischen Sprachraum vor.[1][4]

    Der Schweizer Flurnamenforscher Paul Zinsli leitet in seinem Buch Ortsnamen das Wort von vulgärlateinisch tubale aus lateinisch tubus ‚Röhre‘ ab. Die alemannischen Einwanderer haben das Gattungswort damit von der ansässigen romanischen Bevölkerung als Lehnwort übernommen.[5] Die Übernahme aus einer vorgängig dort gesprochenen Sprache zeigt sich auch darin, dass der Begriff Tobel in so unterschiedlichen Mundarten wie dem östlichen Hochalemannisch, dem Mittelalemannischen, dem östlichen Höchstalemannisch und den westlichsten südbairischen Dialekten bekannt ist. Auf Rätoromanisch wird der Tobel auch als Tavon bezeichnet, woher sich der Name Montafon für eine große Talschaft in Vorarlberg ableitet.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Tobel
     

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