Römerforschung in der DDR

Der SED ging es nie um die Frage der Anwesenheit der Römer. Es ging ihr allein darum, die hochgradig der Froschperspektive beschuldigten und der Lächerlichkeit preisgegebenen DDR-Archäologen zu schützen. Wenn dazu noch der Verstoß gegen das Verbot von Westkontakten (Pflug war automatisch als Geheimnisträger eingestuft) kommt, war man zum Handeln gezwungen.
Eine Aufklärung ist nur durch Einsicht in Pflugs Stasiakte möglich. Als Nichtverwandter darf ich keinen Antrag stellen. Ob seine Tochter diesen gestellt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich werde auch nicht so pietätlos sein, bei ihr nachzufragen. Mancher wünscht, dass solche vergangenen Dinge nicht wieder aufgerührt werden. Ich höre deshalb an dieser Stelle auf.
Over and out!
 
Sicherlich mit einem IM in Vorlesung und Seminar (das gab es noch bis 1989), der darauf achtete, dass das Wort Römer tabu blieb.

Ein IM, der aufpassen musste, dass das Wort "Römer" nicht ausgesprochen wird? Wie absurd ist das denn? Oder ist das jetzt ein Satirebeitrag?

Der SED ging es nie um die Frage der Anwesenheit der Römer.
Selbstverständlich, wieso hätte sich die SED und insbesondere die Stasi für die Anwesenheit der Römer interessieren sollen?


Zur zeitlichen Einordnung (alles wurde eigentlich weiter oben schon besprochen) fasse ich nochmal die recherchierbaren Daten zusammen:

27. 6. 1956: Begehung der mittelalterlichen Wallanlagen bei Aken durch Pflug und den Archäologen Theodor Voigt (Halle, Landesmuseum für Vorgeschichte). Das Manuskript "Media in Germania" kann also zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig gewesen sein.

2. 9. 1957: Die Zeit berichtet über ein "Kolloquium, zu dem die Abteilung Geschichte des Altertums im Institut für Allgemeine Geschichte an der Leipziger Universität vor kurzem den Dr. Pflug eingeladen hatte" und meint unter Berufung auf den damaligen kommissarischen Direktor des Instituts, Helmut Thierfelder, die Veranstaltung sei "nicht sonderlich ergiebig" gewesen.

1957: In Detmold erscheint eine ausführliche Rezension von Karl Weerth: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde (offensichtlich zweite Jahreshälfte 1957; die Daten der dort abgedruckten Vereinschronik gehen bis Juli 1957. Der Band ist inzwischen online: Lippische Landesbibliothek / 26 (1957) [22] )

17. 2. 1958: Ein zweites Kolloquium findet statt, diesmal im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle; die Referate werden im Heft "Vorgeschichtliche Museumsarbeit und Bodendenkmalpflege Nr. 1/1958 veröffentlicht. Federführend ist Theodor Voigt; die Stellungnahme vom Standpunkt des Historikers verfasst Walter Langhammer.
Das persönliche Interesse Voigts, sich von Pflug zu distanzieren, kommt in diesem Heft auf S. 26 zum Ausdruck:
Der Referent war mit dem Verfasser am 27. 6. 1956 an Ort und Stelle (siehe W. Pflug, S. 23). Fundstücke als Beleg fehlen vom eigentlichen Wallkörper. Lediglich von dem kleinen Erdhügel "Thieleberg", im Nordwestteil dieser Wallanlage, liegen Materialien vor, die aber eindeutig auf das Mittelalter, 10.-12. Jahrhundert, hinweisen. Trotz meiner mündlichen Mitteilungen und Mahnung zur Vorsicht arbeitete der Autor mit solchen Unterlagen "Beweise" heraus für seine Hypothese, daß "das Königswaal" das Heerlager des Tiberius im Jahre 5 u. Z. gewesen sei.


Es ging ihr allein darum, die hochgradig der Froschperspektive beschuldigten und der Lächerlichkeit preisgegebenen DDR-Archäologen zu schützen.

Pflugs Attacken gehen nicht gegen die Archäologen. Der einzige in die Sache involvierte Archäologe, Theodor Voigt, wird von Pflug oft zitiert und nirgends in Misskredit gezogen. Lächerlich gemacht hat Pflug auf diesem Gebiet nur sich selber.

Die Angriffe Pflugs gehen gegen die Geschichtswissenschaftler. Diese sind in dem Drama vertreten durch Helmut Thierfelder und Walter Langhammer. Beide Historiker begingen - im Gegensatz zu SED-Mitglied Pflug - kurz darauf (1958 bzw. 1959) "Republikflucht":
Geschichtswissenschaft in der DDR: Vor- und Frühgeschichte bis neueste Geschichte
Helmut Thierfelder – Wikipedia

Die SED hatte also ganz sicher alles andere im Sinn, als die Althistoriker "zu schützen"...



Pflugs Tochter stand den römischen Ergebnissen selbst kritisch gegenüber und hat auch nach der Wende weitere Veröffentlichungen seiner Bücher abgelehnt.
Sicher mit gutem Grund.

Was aber motiviert Dich, immer und immer wieder die peinlichste Seite von Pflugs Wirken ins Rampenlicht zu ziehen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Tastatur kaputt. Ich fange nochmal an. Ich lege das Thema Römerforschung in der DDR so aus, dass es um den Aufenthalt von Römern in Ostdeutschland gehen soll. Und da fällt mir für die DDR-Zeit nur der Name Dr.Pflug ein. Selbst heute wird er noch erwähnt, wenn neue Spuren dieses Aufenthalts gefunden werden. Pflug wurde ein Opfer der SED-Politik, das sollte jeder Leser wissen, denn er konnte weder in einem DDR-Verlag noch im Eigenverlag publizieren und war gezwungen, sich an den Klassenfeind zu wenden. Die Folgen waren unvermeidlich. Weerth hätte genügt, um die "Thesen" eines Fachfremden zu widerlegen. Die Konferenz war völlig überzogen, hat seinen Namen aber bis zum heutigen Tag in Erinnerung gehalten. Im Rahmen der Aufarbeitung der stalinistischen Periode in der DDR, welche offiziell erst 1963 begann, müssen auch solche Dinge ans Tageslicht gebracht werden.
Der "Antipflug" war schuld, dass seitens der hauptamtlichen Archäologen keine Römerforschung mehr betrieben wurde. Deshalb die AG media in germania, die keinen Reputationsverlust zu fürchten hatte.
 
Und da fällt mir für die DDR-Zeit nur der Name Dr. Pflug ein. Selbst heute wird er noch erwähnt, wenn neue Spuren dieses Aufenthalts gefunden werden.
Vor allem durch zwei Mitglieder des Geschichtsforums. Aber kannst du auch Publikationen von Fachleuten nennen, wo er zitiert wird?

Pflug wurde ein Opfer der SED-Politik, das sollte jeder Leser wissen, denn er konnte weder in einem DDR-Verlag noch im Eigenverlag publizieren und war gezwungen, sich an den Klassenfeind zu wenden.
Belege?

Weerth hätte genügt, um die "Thesen" eines Fachfremden zu widerlegen. Die Konferenz war völlig überzogen,
Nun konnten die Koloquiumsteilnehmer nichts dafür, das Weerth mit seiner Veröffentlichung schneller war. Langhammer weist am Ende seines Artikels auf Weerth hin, der zu weitgehend denselben Erkenntnissen wie er gekommen sei, den er aber erst nachträglich rezipieren konnte. Langhammer:

Die klaren gut fundierten Ausführungen von Karl Weerth [...] konnte ich nicht mehr auswerten, da mir die Schrift erst nach Fertigstellung der vorliegenden Arbeit zugänglich wurde. Die Ergebnisse beider Besprechungen sind aber im wesentlichen gleich.​

In dem Kolloquiumsband werden auch Dinge angesprochen, die bei Weerth keine Berücksichtigung finden. Da werden mitteldeutsche archäologische Funde besprochen (durch Thiel, der darauf hinweist, dass er mit Pflug Ortsbegehungen gemacht habe und diesen vor fehlerhaften Interpretationen gewarnt habe), da werden Ortsnamen besprochen, was weit über Weerth hinausgeht, da werden archäometrische Behauptungen Pflugs besprochen.

hat seinen Namen aber bis zum heutigen Tag in Erinnerung gehalten.
Ist das so? Mein Eindruck ist eher, dass Lokalpatrioten die Erinnerung an Pflugs Media in Germania aufrecht erhalten. Mittels dunstigen Erzählungen, ihm sei ein Unrecht getan worden. Wobei meine Frage nach Belegen wohl weiter unbeantwortet bleibt.

Der "Antipflug" war schuld, dass seitens der hauptamtlichen Archäologen keine Römerforschung mehr betrieben wurde. Deshalb die AG media in germania, die keinen Reputationsverlust zu fürchten hatte.
Auch dafür fehlt nach wie vor jeder Beleg wie auch jede plausible Begründung.

Ich habe mir heute in der Bibliothek sowohl den Pflug als auch den von dir so plakativ als „Antipflug“ oder „Anti-Pflug“ angetan. 160 Seiten. Du hast irgendwo mal behauptet, im von dir als „Antipflug“ bezeichneten Werk sei mit Pflug rabiat umgegangen worden. Ich kann dergleichen nicht feststellen. Könntest du mal Zitate dafür bringen?

Ich habe umgekehrt bei Pflug Spuren von Arroganz gefunden: er erklärt alle Historiker, die sich vor und nach Mommsen mit der Varusschlacht befasst haben, für unfähig, die aus Nationalismus heraus nicht einsehen wollten, dass die Varusschlacht a) eine unwichtige Episode gewesen sei (wogegen schon ihr Niederschlag in den römischen Quellen spricht), die keinerlei Relevanz für die Besatzung Germaniens zwischen Rhein und Elbe gehabt habe. Er wirft ihnen die Unfähigkeit vor, zu erkennen, dass das Varusschlachtfeld an der Elbe gelegen habe - macht also b) genau das, was er den Historikern vorgeworfen hat! Nämlich die Varusschlacht für so wichtig zu erachten, dass es einer Lokalisierung bedürfe. Er allein blickt demnach also durch, wo alle anderen scheitern. Wenn jemand so ein Bild von sich hat, dann darf man auch süffisant auf Übersetzungsfehler und sonstige Beugungen hinweisen.
 
Du solltest dich mal langsam davon lösen, dass heute buchstäblich alles in geschriebener Form verfügbar ist und als Beweis dienen kann. Die personenbezogenen Stasiakten sind es nämlich nicht. Es gibt auch kein Gründungsprotokoll der AG media in germania, in welchem die wahre Ursache für die Loslösung von der AG Archäologie und Vorgeschichte begründet wird. Es gibt nur eine Unmenge an mündlicher Überlieferung, deren Quellen teilweise längst verstorben sind. Und es gibt so etwas, wie den gesunden Menschenverstand. Wenn ein Laie, wie Pflug, für eine laienhafte Veröffentlichung mit geballter Ladung bekannter wissenschaftlicher Koryphäen widerlegt wird, so hätte sich ein sensibler Mensch zeitlebens nicht wieder unterm Tisch hervor gewagt. In diesem Fall traf das aber nicht zu. Er wechselte nur das Thema. Nach nochmaligem Lesen des Antipflug fand ich sogar eine Stelle, wo seine Argumentation über den alten Elbübergang zu Unrecht verrissen wird.
Die AG media in germania existiert nicht mehr. Wenn Pflugs Name bei Neuentdeckungen immer wieder genannt wird, so erfolgt dies durch Journalisten.
 
Ich bin diese David gegen Goliath- Erzählung, die uns hier auftischst, langsam leid. Du variierst deine Erzählung andauernd, unterschlägst, dass Pflug die Historiker alle für doof erklärt hat und machst aus ihm ein Opfer einer „geballte[n] Ladung wissenschaftlicher Koryphäen“. An der Kritischen Stellungnahme von W. Pflug: MEDIA IN GERMANIA „Die Römer mitten in Deutschland“ haben 5 (in Worten: fünf) Wissenschaftler mitgewirkt: die Historiker Langhammer und Müller, der Archäologe Voigt, der Linguist Wütschke und der Chemiker Schwarze. Das ist deine „geballte Ladung“.
Vorgestern hieß es noch, Pflug habe daraufhin ein Publikationsverbot gehabt. Belege dafür 0, aber wir wissen mittlerweile, dass er 1959 (also ein Jahr nach der Veröffentlichung der Kritik durch die „geballte Ladung wissenschaftlicher Koryphäen) bereits wieder etwas publizierte, und 1960 etc. wieder.
Gestern hieß es dann: ja, er habe nur noch zur Heimatgeschichte publizieren dürfen. Dass er zeitlebens zu wahrscheinlich nichts anderem publiziert hat, widerlegt auch diese Behauptung.
Jetzt wird er als starker Charakter präsentiert... jeder Absolvent musste seine Magister- oder Diplomarbeit verteidigen, jeder Promovent muss sich einer Prüfungskommission stellen, die seine Dissertation und ihre Thesen auf Herz und Nieren prüft. Dasselbe passiert bei Habilitationen. Aber bei Dr. Pflug reicht dieses im akademischen Betrieb völlig normale und qualitätssichernde Prozedere aus, um ihn zum Opfer einer sinistren Wissenschaft zu machen?

Weißt du, ich bräuchte gar keinen Beleg für einen Befehl, dass die DDR/SED-Führung irgendetwas sinistres vorhatte. Aber eine plausible Begründung. Und die lieferst du nicht. Und eine Zäsur. Aber auch eine Zäsur ist nicht zu erkennen. Pflug bleibt bis 58 Dozent, er publiziert fleißig weiter. Nix, was irgendwie plausibel machen würde, er sei verfolgt worden.
 
Es gibt nur eine Unmenge an mündlicher Überlieferung, deren Quellen teilweise längst verstorben sind.
Und wenn keine Überprüfung stattfindet, sondern diese Überlieferungen immer weiter miteinander verwoben und ausgeschmückt werden, bis sie groteske Blüten treiben, spricht man von Legendenbildung.

Und es gibt so etwas, wie den gesunden Menschenverstand.
Genau dieser meldet sich zu Wort, wenn die die Erzählungen absurde Züge annehmen. Wenn z. B. Stasi-Mitarbeiter erfunden werden, die darüber wachen sollen, dass das Wort "Römer" nicht ausgesprochen wird. Und auf der anderen Seite sogar erwiesenen Opfern des DDR-Regimes exakt dieselbe Römerphobie unterstellt wird.

Wenn Pflugs Name bei Neuentdeckungen immer wieder genannt wird, so erfolgt dies durch Journalisten.
Und Journalisten müssen jeden Tag neue Themen beackern, ohne die Zeit zu haben, sich jeweils gründlich einzulesen. Man kann von einem Journalisten nicht erwarten, dass er sich in die Bibliothek begibt, um 50 Jahre alte Broschüren und Fachartikel per Fernleihe zu bestellen. Wir haben das ja alles schon mal durchexerziert:

Es wird wohl wie im zuletzt diskutierten journalistischen Artikel sein:
Der Journalist hat sich auf die Schnelle etwas angelesen, Leute befragt, Notizen gemacht, da kann es schon vorkommen, dass man hinterher etwas falsch zusammenbastelt.
[...]
Und dann wird das alles zu einem Satz verwurstet, der dann lautet: "Am Ufer eines Flusses namens Salas schlug der römische Kaiser Tiberius im Jahr 5 nach Christus seine Zelte auf, ehe er gegen den Markomannen Marbod in die Schlacht zog."

(Im übernächsten Absatz verrät der Journalist unfreiwilligerweise, dass er bei seinen Recherchen nicht nur an Fachleute geraten ist, sondern sich wohl von mindestens einem Dummschwätzer einen Bären hat aufbinden lassen...)

Damit will ich kein Journalisten-Bashing betreiben. Die MZ ist keine historische Fachzeitschrift, und dass der Journalist kein Fachmann für Alte Geschichte ist, wird ihm niemand zum Vorwurf machen.
 
Sepiola hatte schon darauf hingewiesen, dass Langhammer in den Westen gegangen ist. Ich weiß nicht, wann genau er gegangen ist, ob gemeinsam mit seiner Frau oder vor dieser (ich habe nur ihre Nachruf gefunden, in den steht, dass sie ihrem Mann folgte - was beide Interpretationen zulässt - und am 26. Januar 1959 aus der DDR ausreiste - also wenige Monate nach der Kritischen Stellungnahme). Beide bekamen Anstellungen an der Uni Münster. Als Grund gab Langhammer nach der Wende politische Schwierigkeiten an, unter denen ihr Mann zu leiden hatte.
Liesedore Langhammer hatte im Übrigen 1958 an einem Kongress in Hamburg teilgenommen und dort auch einen Vortrag über Grabungsergebnisse in Leipzig gehalten. Hier haben Westkontakte offenbar keine Rolle gespielt.
https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&id_artikel=ART101286&uid=frei
 
Ich glaube, langsam langweilen sich die Leser. Und zig Jahre nach der Wende darf man die SED-Politik auch wieder ins rechte (oder linke) Licht rücken. Vor allem, wenn man, wie in diesem Fall, keinerlei Bezug zum örtlichen Geschehen hat. Also fassen wir zusammen:
Es gab nie Repressalien nach verbotenen Kontakten mit dem Klassenfeind in der übelsten (Nach)Stalin-Ära.
Es gab nie Kontrollen des Lehrpersonals in Vorlesungen und Seminaren auf Geradlinigkeit.
Es gab nie ein Parteiverfahren gegen Dr.Pflug, mit Einschränkungen seiner Tätigkeit.
Ich hoffe, damit sind alle zufrieden und verabschiede mich ohne Wiederkehr aus diesem Thread.
 
Dein Verhalten ist kindisch. Du schiebst Sepiola und mir die DDR verharmlosende Aussagen unter und machst auf weiteres einen auf „okay, ihr habt Recht und ich hab’ meine Ruhe.“
Du hast bisher weder plausible Gründe noch Belege für eine Verfolgung Pflugs durch die DDR gebracht.
Tätigkeitsverbot? Nein.
Behinderung seiner Forschungen und Publikationsverbot? Nein. Im Gegenteil, er publizierte munter weiter.
 
In seinem eigenen Buch geht Herr Schwarz aber sehr sachlich auf römische Vegetationsmarken ein.
Die Sachlichkeit zeigt sich auch insofern, als er klarstellt, dass in Sachsen-Anhalt keine römischen Marschlager nachgewiesen werden konnten. Das ist auch bis dato Stand der Wissenschaft. Auch zu Lödderitz legt er sich nicht fest und schreibt, die Spuren könnten von einem römisches Militärlager stammen - oder auch nicht.

Einen "Irrtum" kann man ihm also in diesem Fall nicht unterstellen.


Nach nochmaligem Lesen des Antipflug fand ich sogar eine Stelle, wo seine Argumentation über den alten Elbübergang zu Unrecht verrissen wird.
Hättest Du da noch eine Seitenzahl dazu?
 
Es gab, außer den Kirchlichen, weder Verlage noch Periodika, die nach dem Antipflug noch etwas über die Römer und die Varusschlacht in Ostdeutschland zu schreiben gewagt hätten.

Es gab hier das anerkannte Standardwerk "Die Germanen".
Hab mir das mal besorgt. Das kam allerdings nicht in einem kirchlichen Verlag heraus, sondern im Akademie-Verlag Berlin. Und da wird ja sogar Pflugs Varusschlachthypothese angemessen gewürdigt, in einer Fußnote auf S. 273:

Die meisten der etwa 30 (!) "Varus-Schlachtfelder" wurden zwischen Ems und Weser, aber auch in Hessen, Niedersachsen, ja sogar bei Merseburg (Saale), mit viel Scharfsinn, gewagten philologischen Schlüssen und lokalpatriotischem Eifer "aufgefunden".
 
Ich hoffe, damit sind alle zufrieden und verabschiede mich ohne Wiederkehr aus diesem Thread.
Falls Du Dir es noch überlegen solltest - eine Sache wäre ja noch offen:

Es gab nie ein Parteiverfahren gegen Dr.Pflug
Wie Du weißt, hat das niemand behauptet.
Ich hatte allerdings die Frage gestellt, was bei diesem Parteiverfahren herausgekommen ist, ob eine Parteistrafe ausgesprochen wurde, und falls ja, welche. Ob man dazu notwendigerweise die Stasi-Unterlagen im Bundesarchiv einsehen, weiß ich nicht. Wenn ich zu dieser Causa faktenbasierte Aussagen machen wollte, würde ich erst einmal im Landesarchiv Sachsen-Anhalt recherchieren:

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/C5TY6UHPVKUH24KU6NRMCKELXTJCKLXD

P 516, 02.01. Parteikontrollkommissionen, 1945-1990 (Gliederungsgruppe)[Benutzungsort: Merseburg]

SED-Kreisleitung Dessau (Bestand) - Deutsche Digitale Bibliothek

Die personenbezogene Schutzfrist nach § 10 Abs. 3 Satz 2 ArchG LSA ist im Fall Walther Pflug seit 2015 abgelaufen.
 
Wie Du weißt, hat das niemand behauptet.
Ich hatte schon Zweifel an dem Parteiverfahren geäußert, zumindest, wenn es eines gab, dass es in mittelbarem Zusammenhang zum Inhalt seiner Publiktion stand. Denn dafür wurde nie ein plausibler Grund genannt. Das Werk widersprach schließlich in keinster Weise dem Marxismus-Leninismus noch beschädigte es die Freundschaft zur SU.
 
Da mir keine Beweise mehr zur Verfügung stehen, ist das Thema für mich tabu. Zeugen verstorben, personenbezogene Stasiakten nicht zugänglich. Und, was Du natürlich nicht wissen kannst, der Hauptteil des Aktenbestandes der SED-Kreisleitung gilt als verschollen. Ob diese zusammen mit mehreren LKW-Ladungen im Wald nördlich Großkühnaus verbrannt wurden, ist unbekannt. Andere Verdachtsmomente gehören nicht hier her.
Ein Parteiverfahren wurde in der Regel nach Verstößen gegen die SED-Richtlinien eröffnet. Fachliche Fehler waren unkritisch. Wohl aber das strikte Verbot der privaten Kontaktaufnahme zum Klassenfeind für jeden Genossen.
Sollte das SED-Archiv mal wieder auftauchen, bin ich gern bereit, mich kundig zu machen. Bis dahin nur noch zu fachlichen Fragen in den betreffenden anderen Strängen.
 
Und, was Du natürlich nicht wissen kannst, der Hauptteil des Aktenbestandes der SED-Kreisleitung gilt als verschollen.

Ich habe schon viel in Archivbeständen gearbeitet, die nur noch fragmentarisch überliefert sind. Fast immer bin ich zu meinem Forschungsgegenstand fündig geworden. Irgend etwas findet man immer, man muss halt suchen.
Dass die "normalen" Mitgliederunterlagen planmäßig vernichtet wurden, ist mir bekannt. Immerhin sollen noch Sitzungsprotokolle der Bezirksparteikontrollkommission aus den Jahren 1952 - 1987 und aus dem Jahr 1989 vorhanden sein. Der Bestand SED-Kreisleitung Dessau umfasst 25,7 laufende Meter.

Weiter oben hatte ich den Fall des linientreuen Genossen Rigobert Günther ("fraglos der wichtigste und einflußreichste Althistoriker im Hochschulwesen der DDR") erwähnt. Informationen über seine Parteistrafe finden sich im SAPMO. (Vgl. Legitimation eines neuen Staates: Parteiarbeiter an der historischen Front. Geschichtswissenschaft in der SBZ/DDR 1945 bis 1961 )
 
Danke für die Hinweise, aber eine solche Recherche in Restbeständen überfordert meinen Zeitfonds, zumal es nicht mein eigentliches Interessengebiet handelt. Zur vorgenannten fachlichen Frage:
Johannes Wütschke, als Heimatkundler Autor zahlreicher Büchlein, konnte sich natürlich nicht mit Pflugs Ansichten (auch außerhalb der Römer )anfreunden.
,Im Antipflug schreibt er deshalb(S. 31):
"Siedlungsgeschichtlich ist es falsch, zu behaupten, dass die Bernburger Heerstraße, die Salzstraße, die Leipziger Straße, die Hohe Straße- die übrigens alle als mittelalterliche (!)Straßen nachgewiesen sind - sämtlich den alten Elbübergang zwischen Aken und Dessau zum Ziele hatten. Urkundlich ist ein solcher an dieser Stelle nirgends belegt. Vielmehr lag ein solcher im Winkel zwischen Elbe und Mulde ... auf ihm entstand Ende des 12. Jahrhunderts die Marktsiedlung Dissowe."
Aber die Burg Reina an Pflugs Elbübergang wurde lange vor der Stadtgründung Dessaus gebaut, vermutlich zwischen den Jahren 1050 und 1100, und war zeitweise bedeutender, als die Stadt Zerbst.
Die Straßen sind natürlich wesentlich älter, aber ihr Verlauf nutzte immer hochwasserfreies Gelände. Die Elbe nördlich von Dessau, wo die Mulde ständig wechselnde und häufig hochwasserführende Zuflüsse zeigte, und heute drei Brücken benötigt, war nach Pflug der denkbar schlechteste Ort für einen Übergang. Sein wahrer Übergang lag natürlich nicht direkt bei "seinem" Mosigkau, sondern genau nördlich davon, östlich von Brambach, wo eine Gesteinsschicht bei normalem Wasserstand sogar ein Durchwaten bzw. Durchfahren ermöglichte. Nach jedem Hochwasser führten sogenannte Wegebündel zur Elbe, je nach Zustand der einzelnen Furten. Und an dem genannten Übergang entstand zuerst eine slawische Wasserburg, aus der die spätere Hofburg Reina hervor ging. Diese wurde im 14. Jhd überflutet und dann verlassen. Östlich von Dessau gab es bei der Burg Waldeser einen weiteren Übergang, den das gleiche Schicksal ereilte. Aber der spielt hierbei keine Rolle. Dies nur als Vorbemerkung.
Auf S.30 schreibt Wütschke:
"Zur Lage des Ortes ist ferner festzustellen, dass die Ruinen von Reina , bei Niedrigwasser sichtbar, am Stromufer des heutigen Flusses liegen. Dieses heutige Flussbett wird aber erst seit Anfang des 14. Jahrhunderts benutzt, denn vorher ging der Hauptarm durch den südlicher gelegenen Kühnauer See. ..."
Ein Blick auf jedes Messtischblatt hätte ihn eines Besseren belehrt. Der ursprüngliche Verlauf der Elbe verliess das Kühnauer Seegebiet steil nach Norden und lenkte erst am Neekenschen Werder rechtwinklig nach Westen um, und zwar nordlich der Ruinen. Es gab dort drei große Inseln, auf einer dieser wurde wohl Burg Reina errichtet. Einen schiffbaren südlichen Verlauf hat es nie gegeben, sondern nur unbedeutende temporäre Nebenläufe, wie der kleine Rest westlich am See und die mäandergeformten Altwasser des Ober- und Untersees bezeugen. Sämtliche Befestigungen (Thieleburg, Schmachtenburg, Schlossbergburg) lagen nahe dem heutigen und nicht an einem fiktiven durchgängig südlichen Verlauf des Hauptstromes. Pflugs Skizze (Rätsel des alten Elbübergangs Seite 8) ist irreführend, aber 1953 hatte er seine Römer noch nicht entdeckt.
Die römische Flotte hätte also ggf. tatsächlich bis zur Untiefe fahren können. Und um sich östlich davon zu sammeln, hätten ja die Römer einen Umgehungs-Graben unmittelbar unter dem Steilufer des Neekenschen Werders gegraben (Pflug, unveröffentlicht), der natürlich nur ein Rest der alten Elbe ist und auch heute noch so heisst.
Lassen wir mal die unzutreffenden römerbezogenen Schlussfolgerungen Pflugs weg, so war er doch bezüglich der Vorgänge am uralten Elbübergang und der Schiffbarkeit der Elbe bis Reina auf der richtigen Fährte.
 
Der ursprüngliche Verlauf der Elbe

Was heißt in diesem Zusammenhang "der ursprüngliche Verlauf"? Die Elbe hat ihren Lauf mehrmals geändert. Weißt Du sicher, wie der Verlauf in römischer Zeit war?

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Elbe
 
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