Wir haben die Knochengruben von Kalkriese. Die Knochen lagen mehrere Jahre unbestattet an der Erdoberfläche. und kamen, teils mit Spuren von Tierfraß, losgelöst vom anatomischen Verbund unter die Erde. Eine Ausnahme bildeten einige Mittelhandknochen, die offensichtlich zusammengehörig in eine Knochengrube kamen. Achim Rost hat vorgeschlagen, dass sie einem Verwundeten gehörten, der noch von Ärzten oder Kameraden medizinisch versorgt worden war, bevor er dann doch verstarb. Durch die Textilien des Verbandes, die vermutlich mit Harz oder Pech getränkt zusammengehalten wurden, kamen die Handwurzelknochen, deren einzelnes Auffinden sonst eher höchst unwahrscheinlich gewesen wäre, dann doch in die Knochengrube.
Naja, aber das mit der notdürftigen Verarztung klingt sicherlich nicht unplausibel, nur ist das, wie ich dass sehe kein nachweis wann die verarztete Verletzung aufgetreten ist.
Wir unterhalten uns über wahrscheinlich irgendwas von 10.000-15.000 Mann, die bei wahrscheinlich nicht mehr ganz einfachen Witterungebedingungenn durch ihnen nicht so gutes und für diesen Zweck nicht ausgebautes Gelände stolperten.
Es wäre eigentlich höchst verwunderlich, wäre es dabei nicht auch zum einen oder anderen Unfall gekommen, der nicht unbedingt ursächlich auf die Kampfhandlungen der Varusschlacht zurückgeht.
So gesehen, könnte es sich auch um eine bereits vorher verletzte und verarztete Person gehandelt haben, die man mit dabei hatte, als es losging.
Es ist schon mal - um Germanicus aus Kalkriese als Besucher des Varusschlachtfeldes zu entfernen - argumentiert worden, Römer hätten Brandbestattung betrieben. Das ist global betrachtet gesehen korrekt. Das machte man aber vor allem auch aus hygienischen Gründen und es gibt Zeugnisse aus Köln und anderswo, dass es auch zu augusteischer Zeit Körperbestattungen gab und Cicero berichtet, dass die Cornelier an der von ihm als traditioneller beschriebenen Körperbestattung festhielten. Wenn es also keinen Grund mehr gab, die Leichen zu verbrennen, weil die Verwesung nach sechs Jahren an der Oberfläche schon vollzogen war und der Tumulus auseinandergeworfen, was erwartest du noch? Die Römer bestatteten in augusteischer Zeit eher beigabenarm, sie errichteten ihren Toten (oder sich selbst) opulente Grabdenkmale, wenn sie konnten, aber als Beigaben mL zwei Kännchen mit Ölen, aber mehr nicht. Die dürfte man bei einem ungeplanten und spontanen Schlachtfeldbesuch nach mehreren Tagen oder vielleicht auch Wochen Aufenthalt im Barbaricum nicht zur Hand gehabt haben.
Brandbestattung halte ich persönlich auch für Unsinn. Nicht nur weil der Verwesungsprozess im Wesentlichen bereits abgeschlossen gewesen sein würde, sondern auch, weil es wahrscheinlich schlicht nicht möglich gewesen wäre auf die Schnelle genügend Feuerholz für die Verbrennung der Skelette von potentiell über 10.000 Mann heran zu schaffen.
Selbst wenn man das Holz direkt vor Ort geschlagen hätte, allein das in entsprechendem Ausmaß zu tun und das ganze Zeug zu trocknen, hätte vermutlich selbst wenn reichlich Manpower vor Ort gewesen wäre, Wochen gedauert.
Damit hätte mann sich kaum aufgehalten.
Ich erwarte auch sicherlich nicht, dass man irgendwo in der germanischen Wildnis für Tote, die man zum großen Teil nicht mal mehr identifizieren konnte irgendwelche oppulenten Grabmähler errichtet hätte.
Was ich mir aber durchaus vorstellen
könnte wäre, wenn man sich das Schlachtfeld so detailliert zeigen und beschreiben ließ, dass man möglicherweise irgendeine Art von Ehrenbeezeeugung an der Stelle zurückgelassen hätte, an der Varus, der Beschreibung nach, das Zeitliche segnete.
Das erschiene mir nicht zu weit hergeholt und würde wahrscheinlich, mit entsprechender Manpower in relativ kurzer zeit zu leisten gewesen sein, ohne dass man sich allzu lange damit hätte auhalten müssen.
Nein, ich erwarte sicher nicht, dass man da Anstalten gemacht hätte mitten in tendenziell mal mindestens gefährlichem Terrain eine ganze Armee zu bestatten.
Aber eine bescheidene Ehrenbezeugung für den Befehlshaber? Halte ich nicht für ausgeschlossen.
Um das hier auch klarzustellen, ich möchte überhaupt nicht Germanicus als Besucher des Schlachtfeldes entfernen, wozu denn? Weiß ich ob der jemals da gewesen ist?
Für mich gibt es genau so wenig klare Beweise dafür, dass er anwesend war, wie es irgendwelche dafür gibt, dass er es nicht war.
Die Begehung des Schlachtfeldes ist von dem her eine nicht gänzlich unwahrscheinliche Hypothese, die sie aber nicht definitiv beweisen lässt.
Entsprechend würde ich sie gerne behandeln, wenn man sich darüber auslässt, wie es denn zu diesem Besuch gekommen sein mag.