Kriegerinnen unter den Wikingern

*) Kriemhild als die Nebenfrau Ildico Attilas Ildico – Wikipedia die dann im Norden Gudrun heißt...
Ildico - Hildchen
Du hast Chimnechild vergessen! Die Frau Sigiberts III.!

Brunichild - Namensähnlichkeit mit Brynhild, allerdings das Ende der westgotischen Merowingerin (bei Gregor) ist alles andere als glanzvoll oder gar heroisch und scheidet als quasi "Walkürenvorbild" aus.

Wir wissen doch, wie sehr sich Geschichten verändern. Nehmen wir Brünhild, die sitzt im Nibelungenlied auf Island (weit weg, exotisch), in der Thidreks-Saga von Fenedi (Venedig) aus gesehen jenseits der Berge in Svava (Schwaben?) in einer Burg auf einer Insel in einem See (Bodensee?).
Nehmen wir das Rolandslied. Der historische Roland kommt in zwei Quellen vor. Als Zeuge bei einem Rechtsakt als Rotholandus, und als überfallener und getöteter Anführer der Nachhut Karls des Großen in der fränkischen Reichsannalen als Hruodland.
Wir wissen historisch, dass es bei dem Feldzug gegen a) die Mauren und b) die Basken ging.
Was macht das Rolandslied daraus? Einen Feldzug gegen Zaragoza mit Intrigen im fränkischen Heerlager. Der fiktive Bischof Turpin, der im Rolandslied auftaucht, bekommt später eine Biographie, und ihm wird eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela angedichtet. In Spanien wird der Rolandsepos um Bernaldo del Carpio erweitert, denn Roland avanciert zum Antihelden (wahrscheinlich, weil Alfonso VI. seine Töchter mit französischen Adeligen vermählte [Urraca mit Raymond de Bourgogne, Teresa mit Henri de Bourgogne, Henri und Raymond waren Cousins] und sich die kastilisch-leonesischen Adeligen zurückgewiesen fühlten und man dem damals am Königshof populären - französischen - Helden Roland einen kastilischen Gegenhelden gegenüberstellen wollte. Dieser fiktive Bernaldo de Carpio hat sogar seit dem SpätMA ein eigenes Grab.

Dass also die Geschichten um Brunhild, Siegfried, die Burgunder und Attila gegenüber der Historie völlig verdreht sind, ist doch überhaupt nicht weiter ungewöhnlich, wenn man sich das im Vergleich mit anderen Epen ansieht.

Die Ermordung Sigiberts I. geschieht natürlich anders, als die Siegfrieds im Nibelungenlied, aber gemeinsam ist beiden Ermordungen doch, dass sie hinterrücks erstochen werden. Durch Leitsilbenkontinuität und der Popularität des Sigi-Namens in verschiedenen germanischen Völkern konnten verschiedene Sigi-s zum Siegfried des Nibelungenlieds oder der nordischen Sage verschmelzen. Außerdem ist Sigibert austrischer König und somit auch Herr Xantens (ze Santen)
Do wuohs in niderlanden | eins vil edelen kvneges kint
des vater der hiez sigemvnt | sin mvoter sigelint
in einer richen bverge | witen wol bechant
nidene bi dem rine | div was ze santen genant
sivrit was geheizen


Und Sigiberts Verbündeter Guntram I. (Bruder durch beide Eltern) kann gut mit dem Burgunderkönig Gundahar zum Nibelungenkönig Gunther verschmolzen sein. Das Wechselbad zwischen Brüdern als Verbündete und Gegner findet sich ja auch im Nibelungenlied wieder. Gunther will seinen Schwager ja zunächst nicht töten lassen, bis er dann schließlich doch davon überzeugt wird. Der historische Sigibert und sein Bruder Guntram sind zunächst verbündet.
Sigibert I. ist mit Brunichildis verheiratet.
Sigibert III. ist mit Chimnechild verheiratet.
Sigibert von Gembloux fand Sigibert III. so wichtig, dass er eine

Dass der skaldische Held Sigurd vom flugs abgemesserten merowingischen Sigibert (verheiratet mit Brunichild) inspiriert sein könnte, erscheint eher unwahrscheinlich.

So "flugs abgemessert" ist Sigibert I. gar nicht. Gregor berichtet von zwei Abwehrschlachten Sigiberts gegen die Hunnen. In Buch IV, Kapitel 23 wird Sigiberts Reich von den Hunnen angegriffen und während Sigibert die Hunnen vertreibt, erobert sein eigener Bruder Städte von ihm:

"Nam post mortem Chlothari regis Chuni Gallias appetunt, contra quos Sigyberthus exercitum dirigit, et gestum contra eos bellum, vicit atque fugavit. Sed postea rex eorum amicitias cum eodem per legatus meruit. Dum autem cum eis esset turbatus Sigyberthus, Chilpericus, frater eius, Remus pervadit et alias civitates, quae ad eum pertenebant, abstulit."
Aber Sigibert I. vertreibt nicht nur die Hunnen, sondern auch seinen Bruder Chilperich. Er ist also ein überaus erfolgreicher Feldherr, der einen Zweifrontenkrieg siegreich bestehen kann!

Bei einem zweiten Hunneneinfall (IV, 29) ist Sigibert nicht ganz so erfolgreich, Gregor vernebelt hier etwas die Ereignisse. Es scheint so, als sei Sigiberts Heer geflohen und Sigibert in hunnische Gefangenschaft geraten, habe dann aber mit den Hunnen, mittels der Kunst des Schenkens, einen Friedensvertrag geschlossen und die Hunnen seien nie wieder gekommen. Gregor macht auch hier Sigibert zum Sieger (denn der Hunnenkönig gibt Sigibert vollkommen unmotiviert viele Geschenke), aber ich denke, man darf Gregor hier Geschichtsklitterung vorwerfen:

„Chuni vero iterum in Gallias venire conabantur. Adversum quos Sygiberthus cum exercitu dirigit, habens secum magnam multitudinem virorum fortium. Cumque confligere deberent, isti magicis artibus instructi, diversas eis fantasias ostendunt et eos valde superant. Fugiente autem exercitu Sigyberthi, ipsi inclusus a Chunis retenebatur, nisi postea, ut erat elegans et versutus, quos non potuit superare virtute proelii, superavit arte donandi. Nam, datis muneribus, foedus cum rege iniit, ut omnibus diebus vitae suae nulla inter se proelia commoverint; idque ei magis ad laudem quam ad aliquid pertinere opproprium iusta ratione pensatur. Sed et rex Chunorum multa munera regi Sigybertho dedit. Vocabatur enim gaganus. Omnes enim regis gentes illius hoc appellantur nomine.“
Ich will jetzt gar nicht die multa munera, die der rex Chunorum dem regi Sigybertho gab, zum Nibelungenhort aufbauschen, aber ganz grundsätzlich, dass der Großkhan seinen Gefangenen als gaganus (Khagan!) würdigte und ihn mit Geschenken entließ, muss auf die Zeitgenossen Eindruck geschunden haben (auch wenn der Hunne vielleicht ganz andere Absichten hegte).

Sigibert III. (der mit Chimnechild verheiratete), wurde 400 Jahre nach seinem Tod unverwest in seinem Grab aufgefunden (wir müssen uns nicht um den Wahrheitsgehalt streiten)

In den Siegfried mag aber auch der Vorfahrt Mathildes von Tuszien Sigifredo eingeflossen sein. Immerhin kann man das deutsche Nibelungenlied auch als tagespolitisch vor der Folie des Investiturstreits lesen und am Stratordienst, den Siegfried Gunther leistet, bemisst Brünhild Siegfrieds, Gunther untergeordneten Rang (was ja ein von Gunther und Siegfried absichtsvoll herbeigeführter Irrtum ist).
Mathilde von Tuszien übernahm während des Investiturstreits eine wichtige Rolle im Konflikt zwischen päpstlicher und kaiserlicher Partei.

Die Kriegszüge, Eroberungen, Reichsteilungen usw. der Merowinger: nichts davon taucht im codex regius auf.
Zuletzt bleibt auch die Frage: woher hätten die Skalden des 13. Jhs. (und später) im Norden Kenntnisse über die 700 Jahre "entfernten" Merowinger haben sollen? Gregor von Tours etc war nun nicht gerade die Schullektüre der Nordmänner ;)
Sie kannten ja auch Theoderich den Großen und die Rabenschlacht (< Schlacht von Ravenna), das althochdeutsche Hildebrandtslied ist ein Fragment aus dem Dietrichssagenkreis, wo der Konflikt zwischen Theoderich und Odoaker thematisiert wird (her was Otachre ummet tirri,
degano dechisto miti Deotrichhe.) . Diese Stoffe waren also offenbar virulent und gingen um. Nur in den skaldischen Varianten wird Theoderichs Zeitgenosse und historischer Feind Odoaker durch Theoderichs Vorfahren "Jörmunrek" (Ermanarich) ersetzt. Da will also plötzlich Theoderichs Urururgroßonkel Ermanarich (+376) seinem Urururgroßneffen (die Ur-s habe ich jeweils nicht gezählt, sie sind also in der Menge nicht wörtlich zu nehmen) Theoderich (*45x) ans Leder...
 
So "flugs abgemessert" ist Sigibert I. gar nicht. Gregor berichtet von zwei Abwehrschlachten Sigiberts gegen die Hunnen.
einigen wir uns drauf, dass der Sigibert kein sooo mächtiges Kaliber (als Merowingerkönig) war wie Chlodwig, der in keinen Epen, Sagas etc auftaucht, und dass Gregors "Hunnen" die Awaren waren? Erstaunlich, dass nicht der große König, sondern ein späterer kleinerer Teilkönig zur prominenten Sagengestalt geworden sein soll.
(die Hunnen Attilas hatten wohl nachhaltigen Eindruck gemacht, die Bezeichnung "Hunnen" (als ziemlich schreckliche Gegner) wurde dann auf Awaren und später Ungarn übertragen)
Wir wissen doch, wie sehr sich Geschichten verändern. Nehmen wir Brünhild, die sitzt im Nibelungenlied auf Island (weit weg, exotisch), in der Thidreks-Saga von Fenedi (Venedig) aus gesehen jenseits der Berge in Svava (Schwaben?) in einer Burg auf einer Insel in einem See (Bodensee?).
schon klar - aber das belegt trotzdem nicht, dass Westgotin Brunichild (Merowingerkönigin) das Vorbild der Brünhild im Nibelungenlied und später der skaldischen Brynhildr ist.

was spricht gegen die Überlegung, dass die Sagenstoffe (Dietrich von Bern, Ermanarich, Siegfried, Kriemhild usw.) erst im Mittelalter gen Norden gelangt sind, wo sie abgewandelt wurden?
 
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2) die Gleichsetzung Brunichildis-Brünhilde-Brynhildr bleibt spekulativ
schon klar - aber das belegt trotzdem nicht, dass Westgotin Brunichild (Merowingerkönigin) das Vorbild der Brünhild im Nibelungenlied und später der skaldischen Brynhildr ist.
Du igonierst hier einfach den Forschungsstand! Dass ein Zusammenhang zwischen der Nibelungensage und dem merowingischen Bruderkrieg (Fredegunde vs. Brunichildis) besteht, ist aktuelle Lehrmeinung in der Literaturwissenschaft.
Wenn Wikipedia deine Quelle dafür ist, dass das nur Spekulation sein soll, rate ich dir zu anderen Quellen.

Um mal ein Standardwerk zu zitieren:
Das Nieblungenlied in der Reihe C.H. Beck Wissen schrieb:
Diese mörderische Geschichte, eingeschlossen die abgrundtiefe Feindschaft zwischen BRUNICHILD und FREDEGUNDE sowie zwischen dieser und AUDOVERA, der ersten Gemahlin CHILPERICHS, die auf FREDEGUNDES Befehl ermordert wurde (Hartmann 2003, S. 41 ff.) bildet den im Detail nicht mehr rekonstruierbaren Hintergrund des fränkischen Nibelungenprojekts.
S. 15, 16
Ehrismann, Otfrid (2005): Das Nibelungenlied, Verlag C.H. Beck, München. (1. Ausgabe)

Balthild taucht im codex regius nicht auf (dabei hatte die einige Bischöfe killen lassen) und das trotz ihres sehr kriegerischen Namens
Etymologisch könnte ein Zusammenhang zwischen Balthild von Chelles und der Bödvild im Völund-Lied bestehen. Bödvild lässt sich hier von Völand, dem Mörder ihrer Brüder schwängern. Eigentlich ähnelt dieser Plot aber eher der Paarung zwischen Quinotaurus und Chlodio in der Fredegar-Chronik. Im Codex Regius bekommt eben statt dem kretischen Monster Minotaurus der griechische Labyrinth-Bauer Daedalus die Prinzessin.
 
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einigen wir uns drauf, dass der Sigibert kein sooo mächtiges Kaliber (als Merowingerkönig) war wie Chlodwig, der in keinen Epen, Sagas etc auftaucht
Das ist ja nicht wirklich der Punkt. In SigurdR/Siegfried wurden eine Mene an Personen verschmolzen, welche die Sig-Silbe im Namen hatten. Das ist die These, die ich vertrete. U.a. der Heilige Sigibert (III.) und Sigibert I., die jeweils mit Chimnechild und Brunichildis (Krimhild und Brünhild) verheiratet waren. Aber sicherlich ist auch

kein sooo mächtiges Kaliber (als Merowingerkönig) war wie Chlodwig, der in keinen Epen, Sagas etc auftaucht
Im Nibelungenlied ist am Hofe Etzels der Thüringer Iring anwesend. Dank Widukind von Corvey wissen wir, dass es einen Epos über diesen Iring gab, was wohl dann auch eine der Quellen des Nibelungenliedes war. Nur hat sich dieser Epos nicht erhalten. Widukind zitiert aus diesem Epos und endet mit den Worten:

"Si qua fides his dictis adhibeatur, penes lectorem est - Ob dem Gesagten Vertrauen entgegen zu bringen ist, liegt beim Leser."​
 
@Maglor was ist das "fränkische Nibelungenprojekt" im Zitat? Kann es sein, dass damit (sagen- bzw motivgeschichtlich) einfach nur eine hypothetische Vorform oder Vorstufe (hypothetische fränkische Siegfriedsage etc) des Nibelungenstoffs gemeint ist?
(bei weitem nicht restlos alles, aber einiges aus der Sekundärlit. ist mir bekannt - du verzeihst, wenn dennoch ab und zu Tante Wiki anführe? ist einfacher und schneller, als Bücher wälzen: aus dem Wolfram zu zitieren hat mich ganze 30min gekostet...)
 
Um mal ein Standardwerk zu zitieren:
Ich bin ja inhaltlich bei dir, aber bei der Reihe C.H.Beck Wissen von Standardwerken zu schreiben - so sehr ich diese Reihe schätze - finde ich etwas grenzwertig. Z.B. gibt es einen Band aus dieser Reihe, der zu einem Thema verfasst ist, das mich sehr interessiert. Es ist verfasst von einem Sprachwissenschaftler, obwohl das Buch eigentlich ein historisches und kein sprachwissenschaftliches ist. Dieser Sprachwissenschaftler beginnt sein Buch mit einer Behauptung, die aus meiner Sicht falsch ist. Er stellt da seine Meinung als Forschungsstand dar. Witzigerweise schätze ich diesen Sprachwissenschaftler für eines seiner eher literaturwissenschaftlichen Bücher, aber für diese eine seiner sprachwissenschaftlichen Behauptungen, überhaupt nicht. Die ist nämlich schlecht, teilweise naiv oder gar seinen eigenen Anforderungen widersprechend begründet. Er nutzt dann die Gelegenheit dieses historische Buch in dieser prominenten Reihe zu veröffentlichen, um seine schlecht begründete, seinen eigenen Anforderungen widersprechende These, die er anderswo ausführlich dargelegt hat, hier in aller Kürze als Faktum zu präsentieren. Wenn man vor diesem Hintergrund behauptet, das sei ja ein Standardwerk (und auch die sind nun nicht sakrosankt!) und deshalb korrekt, dann ist das argumentativ Kokolores. Sorry, aber auch wenn ich inhaltlich bei dir bin, diese Argumentation trage ich nicht mit.
 
In SigurdR/Siegfried wurden eine Mene an Personen verschmolzen, welche die Sig-Silbe im Namen hatten.
klingt plausibel - und je mehr Sig/Sigi-Namen da hineingeschmolzen sind, umso weniger kenntlich wird der (verloren gegangene) Ursprung.
denkbar, dass dergleichen auch mit (...)hild/ildis-Namen geschehen ist.

Allerdings hilft uns bei der Frage, ob die Sagengestalten der Edda, der Skalden, der Sagas - Walküren, Nornen, Schwanenfrauen usw. - Hinweise auf reale "Kriegerinnen" beinhalten, die Diskussion um den historischen Kern der Figuren des Nibelungenlieds eigentlich nicht. Zuerst ist ohnehin fraglich, ob die "Nordleute" (Wikinger) an das glaubten, was im 13. Jh. verfasst oder erfunden wurde. Sodann ist fragwürdig, ob Begriffe aus der späteren Skaldik auf das mittelalterliche Nibelungenlied passen (Brünhild auf Island als "walkürenhaft"). Und wie man bei Beck eindeutig nachlesen kann, sagt uns die Spange mit Ailrun nichts dazu (man kann nur die Eigennamen der Runeninschrift konstatieren)
 
Allerdings hilft uns ... die Diskussion um den historischen Kern der Figuren des Nibelungenlieds eigentlich nicht.
Wir haben es hier im Forum ja nun häufig genug mit Leuten zu tun, die sich an so Glaubenssätze klammern wie

"Jede Sage hat einen historischen Kern"​

und dann meinen, man müsse nur eine Methode finden, um "den historischen Kern" freizulegen.
Aber das ist nun mal unmöglich, den historischen Kern - oder, um bei den Nibelungen zu bleiben: Die historischen Kerne - sind nur dann zu erkennen - wenn man sie kennt.
Beim Nibelungenlied haben wir dann ein Nebeneinander von völkerwanderungszeitlichen, merowingischen und hochmittalterlichen (zur Verfassungszeit tagespolitischen) Elementen, die miteinander verwoben sind, die wir teilweise noch erkennen können. Teilweise aber auch nicht.

Man muss sich das wie mit einem digitalen Bild vorstellen. Man hat ein digitales Bild und das hat viele Milliarden Pixel. Nur ist es leider einen Gigbyte groß, kann man nicht per Mail verschicken. Oder als Avatar hochladen. Oder was auch immer man damit vor hat. Also rechnet man das Bild klein. Am Ende hat es nur noch ein paar Millionen Pixel und man wird aus dem kleingerechneten Bild nicht mehr die vielen Milliarden Pixel, die es mal hatte, rekonstruieren können. Die sind weg. Das Bild, womit man vorher eine Fototapete hätte drucken können, eignet sich nur noch als Thumbnail. Und so ist das eben auch mit historischen Kernen und Sagen. Je weiter die Sage sich vom historischen Kern entfernt hat, desto mehr ist sie nur noch Thumbnail (und wahrscheinlich hat sie als .jpg-Datei auch nur noch 256 Farben und nicht wie im Original zigtausende Farben).
 
Also das Amazonenmotiv besagt eher gar nichts.
Ich bin da anderer Meinung. Das Amazonenmotiv sagt sehr viel aus.
An der Konstruktion der Heldensage waren sicherlich Personen beteiligt, die die klassisch griechisch-römischen Sagen bzw. Vergil, Ovid und Co gekannt haben. Zumindest sind in den Niederschriften durch Kleriker wie Paulus Diaconus, Saxo Grammaticus und Snorri Sturluson sind zahlreiche Anspielungen und Zitate aus der griechisch-römischen Sagenwelt vorhanden. Und auch jene Person, die das Runenkästchen von Aouzon gemacht hat, kannte offensichtlich römische Sagen.
Achilles und Herakles lieferten sich in der griechisch-römischen Sagenwelt heroische Kämpfe mit den Amazonenköniginen Penthesilea und Hippolythe. Dies mag auch einen Einfluss auf die Vorstellung vom Zweikampf zwischen Lamissio und der Amazone oder dem unfairen "Zweikampf" Gunthers mit Brunhild ausgeübt haben.
Geht die Vorstellung der Schildmaid in der nordischen Mythologie etwa auf die griechischen Amazonen zurück? Es spricht eigentlich gar nichts dagegen.

...aber was sollen jetzt die Langobarden hier? Und was ist an der amüsanten (genau so - amüsant - erzählt Paulus Diaconus davon) Legende mit den Bärten "rituelle"???? (wer denkt da nicht an Brian und die Steinigung, "kann es sein, dass Weibsvolk anwesend ist?") -- Spaß beiseite: ich verstehe nicht, warum du das als "rituell" bezeichnest.
In der Sage wird doch ganz eindeutig Cross-Dressing im Rahmen eines Rituals beschrieben. Die Frauen formen sich aus ihren Haare Bärte und verkleiden sich so als Männer bzw. Krieger, um den Gott Godan zu beeindrucken. Als Krieger kommen diese Frauen nicht zum Einsatz, es ist eben nur eine rituelle Verkleidung. Diese Sage gibt vielleicht ein Hinweis darauf, wie sich rituelles Cross-Gender in heidnischer Zeit abgespielt haben mag und welchem rituellen Zweck es dient, Frauen als Krieger zu verkleiden.

da sind wir uns einig! :)
ich ergänze noch: zudem wissen wir nicht, ob die per Boot sowie mit Axt und Schwert marodierenden Nordleute ("Wikinger") an die im 13. Jh. erfundenen Fabelwesen wie Walküren und Nornen glaubten.
Hinweise auf die wikingerzeitliche Vorstellung gibt der Runenstein von Rök. Die Inschrift stammt aus dem Schweden der frühen Wikingerzeit 8 (ca. 800). Die Inschrift zeigt nicht nur, dass die wikingerzeitlichen Schweden schon ein Version der Sage vom Gotenkönig Thridrek/Dietrich/Theoderich kannten, sondern auch eine Sagengestallt namens Gunnar.
Laut der Inschrift auf dem Rökstein, gibt es eine Sage, dass Gunnars Pferd auf einem Schlachtfeld mit 20 toten Königen Futter findet.
Gunnr ist die der Völupsa ein Walkürennamen. "Gunnrs Pferd" ist ein Kenning für den Wolf.
Ob Gunnr jetzt ihr Pferd oder ihren Wolf mit Leichen füttert, kann mir auch egal sein. Deutlich ist jedoch, dass es sich bei dieser Walküre noch um eine furchtbare Todesdämonin handelt und eben nicht um eine liebreizende Schildmaid.

Jedenfalls ist klar, dass sich in der germanischen Heldendichtung die Vorstellung der fränkischen Regentinnen und die Vorstellung dieser dämonhaften Walküren über Jahrhunderte stark verändert hat. Am Ende sind in den nordischen Handschriften beide Schildmaiden. Hervör und die Brunhild in der Edda sind sowohl Walküren als auch fränkische/burgundische/gotische Königstöchter und haben gleichzeitig nur noch sehr wenig mit den historischen Regentinnen der Völkerwanderungszeit und den Dämonenvorstellungen der frühen Wikingerzeit zu tun.
 
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In der Sage wird doch ganz eindeutig Cross-Dressing im Rahmen eines Rituals beschrieben. Die Frauen formen sich aus ihren Haare Bärte und verkleiden sich so als Männer bzw. Krieger, um den Gott Godan zu beeindrucken. Als Krieger kommen diese Frauen nicht zum Einsatz, es ist eben nur eine rituelle Verkleidung. Diese Sage gibt vielleicht ein Hinweis darauf, wie sich rituelles Cross-Gender in heidnischer Zeit abgespielt haben mag und welchem rituellen Zweck es dient, Frauen als Krieger zu verkleiden.
möglicherweise bin ich zu begriffsstutzig, denn ich erkenne immer noch nicht:
a) welches Ritual beschreibt Paulus Diaconus? (ist das bissel satir. wirkender Mummenschanz mit den vors Gesicht gehaltenen Haaren als Bärten ein Ritual? welche dezidiert langobardischen Rituale kennen wir und was wissen wir über diese?)
b) "rituelles Cross-Gender in heidnischer Zeit": du benennst das so gewiß, so sicher - was weiß man über die festlandgerman. und nordgerman. Heiden und speziell über deren Riten, Rituale? ...sicher kannst du Quellen für "rituelles Cross-Gender in heidnischer Zeit" auflisten.
Nein, das überzugt mich nicht.
 
Die Inschrift zeigt nicht nur, dass die wikingerzeitlichen Schweden schon ein Version der Sage vom Gotenkönig Thridrek/Dietrich/Theoderich kannten, sondern auch eine Sagengestallt namens Gunnar.
und dieser Thidrek ist auf dem Runenstein Fürst der Seekrieger, Herrscher über den Strand des Hreidmeers und evtl. König der Hreidgoten (?) - eine Walküre nennt der Text des Runensteins nicht:
"Réð Þjóðríkr hinn þormóði, stillir flotna, ströndu Hreiðmarar. Sitr nú görr á gota sínum, skildi umb fatlaðr, skati Mæringa. Þat sögum tolfta, hvar hestr sé Gunnar etu véttvangi á, konungar tveir tigir svát á liggja."
Die Übersetzung allerdings verzichtet auf "Gunnar":
"Es herrschte Theoderich, der Kühngemute, der Fürst der Seekrieger, über den Strand des Hreidmeers. Jetzt sitzt er gerüstet auf seinem gotischen Ross den Schild auf der Schulter, der Held der Märinge. Das sage ich als zwölftes, wo das Ross der Walküre Speise erblicken wird auf dem Schlachtfeld, zwanzig Könige, die da liegen."
---was von der Übersetzung zu halten ist, kann ich nicht beurteilen (ich bin kein Nordist)
(beides aus dem Wikipedia Artikel Runenstein von Rök – Wikipedia )
 
Hervör und die Brunhild in der Edda sind sowohl Walküren als auch (1) fränkische/burgundische/gotische Königstöchter und (2) haben gleichzeitig nur noch sehr wenig mit den historischen Regentinnen der Völkerwanderungszeit und den (3) Dämonenvorstellungen der frühen Wikingerzeit zu tun.
(1) das ist und bleibt spekulativ
(2) zu wenig, nahezu gar nichts
(3) was weiß man denn wirklich sicheres über "Dämonenvorstellungen der frühen Wikingerzeit"??
 
An der Konstruktion der Heldensage waren sicherlich Personen beteiligt, die die klassisch griechisch-römischen Sagen bzw. Vergil, Ovid und Co gekannt haben. Zumindest sind in den Niederschriften durch Kleriker wie Paulus Diaconus, Saxo Grammaticus und Snorri Sturluson sind zahlreiche Anspielungen und Zitate aus der griechisch-römischen Sagenwelt vorhanden. Und auch jene Person, die das Runenkästchen von Aouzon gemacht hat, kannte offensichtlich römische Sagen.
Ich möchte das unterstützen. Aus einem alten Beitrag:

Der Inhalt des Nibelungenliedes und des Dietrich-Sagenkreises sind klar um die Ostgoten und merowingischen Franken sowie Burgunderreich und rund um Attila geordnet. Dabei kann man in dem vorliegenden Sagenmaterial durchaus Entwicklungen und Widersprüche feststellen, auch Einflüsse aus der römischen Literatur. So halte ich z.B. die Säugung Sigurds durch eine Hirschkuh in der nordischen Thidrekssaga für eine Übernahme aus Vergil und der Säugung von Romulus und Remus durch die Wölfin. Die Sagen kennen einige Widersprüche (beispielsweise ist die Handlungsweise der Figur Krimhild/Gudrun, als sie ihre Brüder an Atlis/Etzels Hof holt, in den verschiedenen Texten mal wohlwollend, mal übelwollend, aber immer mit dem gleichen tragischen Resultat) und sie springen durch die Zeit, Attila und Theoderich waren beispielsweise keine Zeitgenossen. Hinzu kommen gerade im deutschen Nibelungenlied noch Ausgestaltungen, die natürlich keinen völkerwanderungszeitlichen Kontext haben und ins höfische Milieu des Hochmittelalters gehören und z.T. von Mediävisten auch als zeithistorische Kritik gelesen werden. Die verschiedenen ereignishistorischen Figuren aus dem 4. bis 6. Jhdt., die - ereignishistorisch unmöglich - in der Fiktion zusammenwirken, handeln also im Nibelungenlied in einer Welt des 12./13. Jhdts. in der Thidrekssaga af Bern in einer Welt des 13. Jhdts.
 
An der Konstruktion der Heldensage waren sicherlich Personen beteiligt, die die klassisch griechisch-römischen Sagen bzw. Vergil, Ovid und Co gekannt haben.
Ein ritter sô gelêret was daz er an den buochen las
Hartmann von Aue, der arme Heinrich
dort, wo die Heldensagen literarisch verarbeitet und womöglich dann in künstlerischer Form verbreitet wurden, sowie dort, wo gelehrte Chronisten (überwiegend Kleriker) Motive der Heldensagen erwähnten - da gilt auf jeden Fall, dass diese Autoren über einige Kenntnisse der griech.-röm. Überlieferungen und der klass. rhetor. Techniken verfügten!
 
möglicherweise bin ich zu begriffsstutzig, denn ich erkenne immer noch nicht:
a) welches Ritual beschreibt Paulus Diaconus? (ist das bissel satir. wirkender Mummenschanz mit den vors Gesicht gehaltenen Haaren als Bärten ein Ritual? welche dezidiert langobardischen Rituale kennen wir und was wissen wir über diese?)
Was ist denn ein Ritual? Eine symbolische Handlung, die irgendeinem Ritus folgt. Die Regel für diesen Mummenschanz hat laut Paulus Diaconus eine Frau namens Gambara vorgegeben. Die Ritual ist offensichtlich an Godan adressiert. Die Frauen machen sich Bärte, um wie männliche Krieger auszusehen. In der Sage haben diese Frauen nicht gekämpft. Ihr Auftritt mit falschem Bart bleibt rein symbolisch, ist eben nur ein Ritual, um den Gott Godan zu beeindrucken.

Die Geschichte um Gambara magst du satirisch finden. Ich gehe aber davon aus, dass diese haarige Geschichte vom Bart-Trick der Gambara durchaus ernst gemeint war.
Natürlich ist jetzt nicht mehr zu ermitteln, wie Paulus Diaconus auf diese Geschichte gekommen ist. Da Paulus Diaconus auch ungefähr die erste und einzige Quellen für langobardische Sagen ist, wird man nie nachvolziehen können, ob die Sage auf irgendeiner Überlieferung beruht. Anders als den Zweikampf mit der Amazone kann Paulus Diaconus das Motiv der Frauen mit falschen Bärten nicht bei Vergil und Co entlehnt haben. Jedenfalls kenne keine derartigen Geschichten aus der griechisch-römischen Mythologie. Die Griechen haben ihren Amazonen zumindest keine falschen Bärte nachgesagt.
Entweder basiert die Geschichte vom falschen Bart der langobardischen Frauen auf mündlicher Überlieferung oder Paulus Diaconus hat sie frei erfunden, um die Etymologie des Stammesnamens Langobarden zu erklären.

Die Sage von den Langobardinnnen mit den falschen Bärten scheint mir angesichts der zahlreichen anderen Geschichten um Haar- und Bartsymbolik in der Völkerwanderungszeit sogar ganz gut ins Gesamtsbild zu passen.
Ein guten (aber keineswegs vollkständigen) Überblick über die Haar- und Bartsymbolik bei den Germanen findest du hier: Jörg Sonntag (2021): Von langen Bärten und geschorenen Köpfen. Das kulturelle Potenzial des menschlichen Haares im Frühmittelalter

Über vielfältige Rituale mit Haaren bei den Langobarden wissen wir eigentlich dank des langobardischen Volksrechts sogar relativ viel. So schwörten z. B. Frauen im Rechtsstreit auf ihrem Zopf und und ihre Haare konnten als Ehrenstrafe abgeschnitten werden. Laut Luitbrand von Cremona wurden langobardischen Frauen, die widerrechtlich bewaffnete Überfälle durchführten, zur Strafe geschoren und ausgepeitscht. Zusätzlich mussten ihre Männer noch Wergeld zahlen, denn für Luitprand ist es selbstverständich, dass die Männer schuld daran sind, dass ihre Frauen den Nachbarhof überfallen. Zumindest im 10. Jahrhundert waren kriegerische Frauen bei Langobarden offensichtlich unerwünscht.

b) "rituelles Cross-Gender in heidnischer Zeit": du benennst das so gewiß, so sicher - was weiß man über die festlandgerman. und nordgerman. Heiden und speziell über deren Riten, Rituale? ...sicher kannst du Quellen für "rituelles Cross-Gender in heidnischer Zeit" auflisten.
Nein, das überzugt mich nicht.
Die bekannteste Quelle ist natürlich wie immer Tacitus Germania. In Kapitel 43,3 wird der Priester der Alcis beschrieben. Es handelt sich um einen Mann in Frauenkleidung. Es handelt sich ganz offensichtlich um einen rituellen Cross-Dresser bzw. einen Kultransvestit. Warum der Priester Frauenkleidung trägt, ist mir jetzt auch egal. Tacitus erklärt die Gründe dafür nicht. Aus dem Kontext ist aber ersichtlich, dass das sicherlich rituelle Gründe hat.
Das Thema Männer in Frauenkleidern bei den Germanen hat Andreas Mohr in seinem Buch "Eheleute, Männerbünde und Kulttransvestiten. Zur Geschlechtergeschichte germanischsprachiger gentes des ersten bis siebten Jahrhunderts", 2009 erschienen im Verlag Lang, ausführlich beschrieben.
Das Thema Frauen in Männerkleidern wird von Andreas Mohr allerdings nicht behandelt. Die Quellenlage ist hierzu ist viel dünner als zu den Männern, weil die Germaninnnen ohnehin nicht so häufig Thema der römischen Geschichtsschreibung sind. Da Andreas Mohrs Untersuchungszeitraum im 7. Jahrhundert endet, hat er Paulus Diaconus Geschihten über falsche Bärte schon ausgeklammert und kommt zu dem Schluss, dass es im Untersuchungszeitraum keine Hinweise auf Kulttransvestitinnen gibt.

---was von der Übersetzung zu halten ist, kann ich nicht beurteilen (ich bin kein Nordist)
(beides aus dem Wikipedia Artikel Runenstein von Rök – Wikipedia )
Dort wird "Gunnar" ganz einfach mit Walküre übersetzt. Das macht die Übersetzung leicht verständlich, ist aber eigentlich schon Interpretation. Gunnr ist nur als Walkürenname aus der Edda bekannt ist, mit "Gunnar" auf dem Stein von Rök ist wahrscheinlich genau diese Walküre Gunnr gemeint. Gunnrs Pferd ist ein bekannter Kenning für Wolf, weil es mal die Vorstellung gab, dass Walküren auf Wölfen reiten.

(3) was weiß man denn wirklich sicheres über "Dämonenvorstellungen der frühen Wikingerzeit"??
Die Runen- und Bildsteine der Wikingerzeit liefern durchaus Inhalte, sie sind natürlich nur schwer zu interpretieren.
Der Bildstein Nr. 4 von Hunnestad zeigt eine Frau, die Wolf reitet und Schlangen in der Hand hält.
Jetzt kann man natürlich darüber fabulieren, wer das sein soll. Dass es sich um eine mythologische Szene handelt, liegt, denke ich mal, auf der Hand, weil die Naturgesetze es nicht zulassen, dass Frauen auf Wölfen reiten. Frauen, die auf Wölfen reiten, werden in der Edda (also in der hochmittelalten Niederschrift einer älteren münlichen Überlieferung) mehrfach erwähnt: die Riesin Hyrokkin, die Riesin Hyndla, die Walküre Gunnr oder die Fylgja von Helgi Hjörvardson. Eine genaue Festlegung ist sicherlich nicht mögich, da keine Inschrift dazu vorhanden ist. Mit der Wolfreiterin auf dem Bildstein kann theoretisch auch irgendeine andere Trollfrau, Walküre, Riesin etc. gemeint sein, die in Edda nicht beschrieben wird, aber das wäre schon wirklich Sekulation. Ganz große Spekulation wäre die Behauptung, dass diese Abbildung rein gar nichts mit den bekannten Sagenfiguren der Edda zu tun habe.
Dass diese Wolfreiterin auf dem Bildstein im Zusammenhang mit irgendeiner wikingerzeitlichen Dämoninnenvorstellung zusammenhängt, kann man nicht ernsthaft abstreiten.
Man muss aufgrund dieses Bildsteins annehmen, dass es in der Wikingerzeit bereits die Vorstellung einer übernatürlichen Frau gab, die auf einem Wolf reitet.
 
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Natürlich ist jetzt nicht mehr zu ermitteln, wie Paulus Diaconus auf diese Geschichte gekommen ist.
Er wird sie von seiner ca. hundert Jahre älteren Vorlage übernommen haben, der Origo Gentis Langobardorum.

Vor der Schlacht zwischen Winnilern und Wandalen bitten die Führer der Wandalen Godan, ihnen den Sieg zu schenken. Er sagt ihnen: "Wen ich bei Sonnenaufgang zuerst sehe, denen werde ich den Sieg schenken."
Die Anführer der Winniler wenden sich (mit ihrer Mutter) dagegen an Godans Ehefrau Frea, diese lässt die Winniler ebenfalls bei Sonnenaufgang antreten. Sie dreht aber das Bett ihres Mannes um, während er schläft, so dass er beim Aufwachen zuerst die Winniler erblicken muss.* Dann weckt sie ihn.

Das ist auch schon der ganze "Trick".

Die Sache mit den Frauen und ihren Scheinbärten ist hier eigentlich völlig überflüssig. Es ist auch nicht zu erkennen, zu welchem Zweck sie aufmarschieren. Hier wurde offensichtlich eine aitiologische Legende (erkennbar an dem Schlussatz "Von jener Zeit an wurden die Winniler Langobarden genannt") eingewoben.




* So die Origo Gentis Langobardorum. Bei Paulus Diaconus besteht der Trick darin, dass Frea den Winnilern verrät, zu welchem Fenster Godan morgens hinauszuschauen pflegt.
 
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Laut Luitbrand von Cremona wurden langobardischen Frauen, die widerrechtlich bewaffnete Überfälle durchführten, zur Strafe geschoren und ausgepeitscht. Zusätzlich mussten ihre Männer noch Wergeld zahlen, denn für Luitprand ist es selbstverständich, dass die Männer schuld daran sind, dass ihre Frauen den Nachbarhof überfallen. Zumindest im 10. Jahrhundert waren kriegerische Frauen bei Langobarden offensichtlich unerwünscht.
Mir ist das eine kleine Schlamperei unterlaufen. Ich habe den langobardischen Gelehrten Luitprand von Cremono mit dem langobardischen König Luitprand verwechselt. (Die Verschmelzung der beiden Luitprands wäre eigentlich schon eine gute Grundlage für die Heldendichtung.;))

Das Gesetz, dass für Frauen, die sich an gewaltsamen Überfällen beteiligen, eine Bestrafung an Haut und Haar vorschreibt, geht tatsächlich auf König Luitprand in der ersten Hälfe des 8. Jahrhunderts zurück. Diese Strafe für die Frauen ist ungewöhnlich hart. Männer, die ähnliche Verbrechen begehen, müssen nach langobardischem Recht nur Wergelder zahlen.
König Luitprand fügte dem langobardischen Recht einige Regelungen hinzu. So sollten Zauberer und Wahrsager verbannt werden, Opferhandlungen und anderer Aberglaube Handlungen unter Strafe gestellt werden.

Paulus Diaconus schreibt seine Version der Sage unter Zusatz der Frauen mit falschen Bärten nur Jahrzehnte nach Luitprands Rechtsreform auf.
Eine weitere Hinzufügung durch Paulus ist, dass er Gambara ausdrücklich als Seherin benennt. So ziemlich alles, was in dieser Sage beschrieben wird, wäre im Langobardenreich des 8. Jahrhunderts strafbar gewesen: Frauen in Kriegersymbolik, Wahrsagerei, Glaube an heidnische Götter ... Aber es sind schließlich ist es auch nur eine Sagen über die noch heidnischen Langobarden und ihre Sünden.
 
Mir ist das eine kleine Schlamperei unterlaufen. Ich habe den langobardischen Gelehrten Luitprand von Cremono mit dem langobardischen König Luitprand verwechselt. (Die Verschmelzung der beiden Luitprands wäre eigentlich schon eine gute Grundlage für die Heldendichtung.;))
dafür das "like" --- irgendwie schade um die neue Held(inn)endichtung :D
 
Das Thema Männer in Frauenkleidern bei den Germanen hat Andreas Mohr in seinem Buch "Eheleute, Männerbünde und Kulttransvestiten. Zur Geschlechtergeschichte germanischsprachiger gentes des ersten bis siebten Jahrhunderts", 2009 erschienen im Verlag Lang, ausführlich beschrieben.
Eheleute, Männerbünde, Kulttransvestiten: zur Geschlechtergeschichte ... - Andreas Mohr - Google Books und dort S.11-12 findet sich:
(...) Die Untersuchung konzentriert sich aufgrund der Quellenlage auf Phänomene, die "andersgeschlechtliches", "gleichgeschlechtliches" und "transvestitisches" Verhalten betreffen. Bei der Erschließung jener Geschlechterverhältnisse bei frühgeschichtlichen Völkern Mittel- und Nordwesteuropas arbeitet diese Studie vielfach mit Hypothesen. Zu spärlich sind die Berichte der griechischen und römischen Autoren, zu weit liegen sie oft zeitlich auseinander, als dass sich auf der Basis dieser Texte gänzlich gesicherte Aussagen treffen ließen.
...tja, klingt in Richtung nix genaues weiß man nicht...
 
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