Seefestung Helgoland

Es gibt Neuigkeiten von der "Hochseefestung": die Zivilschutzanlage auf dem Oberland, hauptsächlich ein langer Stollen tief im Fels mit ein paar Seitenräumen, ist begehbar - eine so genannte Bunkerführung (ca 2h, schon seit Jahren eine der touristischen Attraktionen auf Helgoland!) lohnt sich sehr. Die Neuigkeit ist: man hat einen weiteren solchen Stollen freigelegt, im kommenden Jahr wird dieser in die Bunkerführung integriert.

In den nächsten Tagen einige Fotos von Festungsresten und - Heureka! - ein paar kleinen erhaltenen (sic! trotz Bombardement 1945 und "big bang" Sprengung 1947) Festungsteilen - der Festungsfreak wäre keiner, wenn er nicht fündig würde :) Damit wäre angedroht, dass ich diesen Faden vorübergehend okkupiere und berichte, ohne Rücksicht darauf, ob das interessiert oder nicht ;)
 
Vier Aspekte sind mysteriös an der eher kurzen Geschichte (1891-1918/22 & 1933-45/47) der "Hochseefestung" Helgoland:
1. der im Festungsbau ansonsten nirgendwo gebräuchliche Begriff Raumanlage
2. der Verbleib der monströsen Haubitzbatterie ungefähr in der linksseitigen Mitte des Oberlands
3. wie gründlich war die Entfestigung von 1918/20-22 tatsächlich?
4. was an Festungsanlagen befand sich auf der Nachbarinsel Düne und wurde das alles restlos beseitigt?

1. "Raumanlage"
Es ist nicht ungewöhnlich, sondern völlig üblich im Festungsbau, dass unterirdische Konterminen und Horchgalerien, bombensichere unterirdische Verbindungsstollen und Lagerräume angelegt werden, sofern das Gelände bzw. der Untergrund dies zulässt. Unterirdische Anlagen in Bergfestungen wie Gibraltar, Istein, Luxemburg, konnten enorme Ausmaße erreichen, zu schweigen von den Schweizer Bergfestungen. Ganz ins Extrem gehen dann unterirdische Fabriken etc, wie sie im 20. Jh. in Allgäu, Voralpen & Alpen angelegt wurden. Eine besondere Vokabel für diese prinzipiell bergmännisch geschaffenen Kavernen und Stollensystemen ist mir noch nirgendwo aufgefallen, mit Ausnahme der Formulierung "(so genannte) Raumanlage" auf Helgoland.
Ab 1890 wurde auf der Südspitze (Süd-Südost genau genommen) ein massives Panzerwerk angelegt, dessen mindestens unteres Geschoss in den Sandsteinfels eingelassen war, die "Süd Gruppe":
Helgoland 6.png

hier noch detaillierter das Panzerwerk selber:
Helgoland 9.png

Zu erwähnen ist, dass das (bei Sturmflut hochwassergefährdete) Unterland vor der immensen Landgewinnung im Dritten Reich lediglich die Fläche der heutigen Unterlandortschaft umfasste sowie die Hafenanlagen. Den heutigen Kurpark und Sportplatz, also das Gelände vom Nordosthafen bis zum Ende des Nordostdeichs, gab es nicht.
Helgoland 11.png

Unter dem großen Panzerwerk "Süd Gruppe" wurden vom Unterland her bergmännisch Stollen in den Fels getrieben, es entstand quasi unter der Südgruppe und dem Untertretstand ein mehrgeschossiges Stollensystem mit Lagerräumen für Munition und sonstiges "Equipment", es wurden Verbindungsstollen zu den "Kellergeschossen" der Süd Gruppe gebaut, des weiteren ein unterirdischer Verbindungsgang von der Süd Gruppe zur Haubitzbatterie bis zur Nord Gruppe (also quasi durch das ganze Oberland hindurch) und ein parallel angelegter Verbindungs/Versorgungstunnel zwischen Unter- und Oberland. Das Stollensystem unter Süd Gruppe mit befestigtem Eingang erhielt die Bezeichnung Raumanlage:
Helgoland 10.png

Im folgenden Plan die Nr.7 zeigt die Raumanlage und ihre Ausrichtung sowie die Südgruppe detaillierter:
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Eine weitere, nun deutlich größere Raumanlage wurde nach der Entfestigung 1918-22 ab 1936 an derselben Stelle gebaut, und was vor der Entfestigung die Süd Gruppe war, das nannte sich nun Batterie Jacobson und Flak Batterie Falm:
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Verräterisch auffallend ist, dass der Eingang in die Raumanlage ab 1936 (Nr.7) doch nahezu identisch mit dem Eingang der kaiserzeitlichen ist, auch der Stahlbeton-Untertretraum hat sich nicht verändert...
Bei der Sprengung "big bang" 1947 wurden die Raumanlage sowie die Hohlräume der Batterie Jacobsen mit Munition und Sprengstoff gefüllt (wie auch die anderen Bunkeranlagen, z.B. der Uboot Bunker) und in die Luft gejagt. So entstanden die heute Mittelland genannten beiden gigantischen Sprengtrichter, in einem von beiden ist heute das Helgoländer Krankenhaus samt Nebengebäuden. Unten am Wasser Richtung Bakenhorn liegen massive Trümmer der schweren Batterie Jakobsen und der Flak Batterie Falm.
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(oben das durch die Sprengung gut 20m abgetiefte Mittelland Gelände, gesprengte Raumanlage und Batterie Jacobsen)
 
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Kurze Unterbrechung:
Wie Gibraltar und Königstein ist Helgoland als Defensivposition begünstigt: von Natur aus quasi sturmfrei! Das Felswatt (Felssockel) sowie die im Durchschnitt 40-50m hohen steilen Felsen machen es Sturmtruppen unmöglich, zu landen und aufs Oberland (Felsplateau) zu klimmen. Aus diesem Grund finden sich die sonst ausgeklügelten bestrichenen Grabensysteme mit Grabenstreichen, Stacheldrahtzonen etc nicht. Die Festungswerke (Batterien, Stellungen) sind quasi in Reinform in und auf den Fels gebaut. Das erklärt den sichtbaren Unterschied auf den Plänen im Vergleich zu KW II.
 
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2. der Verbleib der monströsen Haubitzbatterie ungefähr in der linksseitigen Mitte des Oberlands
ist schnell geklärt: die wurde 1920-22 desarmiert, entbeint und gesprengt, also gründlich "entfestigt". Der angeblich von 1936 stammende Plan in Festung Helgoland (festungsbauten.de) zeigt verblüffenderweise den Ausbaustand der Festung vor dem ErstenWeltkrieg. Hier Zeitschrift für Bauwesen (Public Domain) Ausgabe 74.1924 (Public Domain) - Digitale Landesbibliothek Berlin (zlb.de) finden sich Fotos vom entfestigen der ehemals mächtigen Haubitzbatterie mit ihren acht (!) Geschütztrichtern.
Dieser Planausschnitt zeigt die Nord-Gruppe und die Haubitzbatterie:
Helgoland 5.png

im Luftbild sieht das monströse Festungswerk so aus:
Helgoland 3.png

(die Diskrepanz zw. Plan und Luftbild: das Bild ist jünger und weist ab 1912 oder später weitere Flugabwehr-Geschützstände auf)
Auch der NDR Helgoland gestern und heute | NDR.de - Geschichte - Orte irrt sich bei einem Luftbild, denn es soll aus den 30er Jahren sein, zeigt aber die intakte Haubitzbatterie, welche ja seit 1922 nicht mehr existierte:
Helgoland 18.png


Tatsächlich befanden sich ab 1936 auf dem zerwühlten Gelände der Haubitzbatterie nur ein paar Flak-Geschützbettungen:
Helgoland 13.png

Deutlich erkennbar links "Batterie von Schröder", rechts "Batterie Jacobsen" - dazwischen, also in der Mitte, ein paar 10,5cm Flak Geschütze ("Flak Batterie Westklippe" genannt) auf dem Gelände der ehemaligen Haubitzbatterie.

Fazit: die gewaltige Haubitzbatterie war nach der Entfestigung 1918-22 in den ewigen Jagdgründen. Das Gelände sieht heute so aus:
Helgoland 17.png
 
3. wie gründlich war die Entfestigung von 1918/20-22 tatsächlich?
Die eingefügten Karten der vorangegangenen Festungsfreakbeiträge zeigen deutlich:
a) die Nord Gruppe 1891-1918 bildet das Gerüst der Batterie von Schröder 1936-45/47, die Anordnung der massiven Stahlbetonelemente ist nahezu identisch.
b) die Süd Gruppe bildet leicht verkleinert das Gerüst der Batterie Jacobsen.
c) Eingang samt Deckung sowie Stollenausrichtung der "Raumanlage" sind verdächtig ähnlich.
d) der Verbindungsstollen Süd-Haubitz-Nord bleibt unklar, vermutlich nach 1936 reaktiviert.
e) der große Tunnel Unter-Oberland problemlos reaktiviert

Offenbar waren unterirdische Anlagen 1920-22 nicht total zerstört worden, ebenso Nord und Süd Gruppe. Mein Verdacht: der gut sicht- und prüfbare große Tunnel wurde lediglich verengt, nicht ernsthaft gesprengt, ebenso dürften bei der Raumanlage wohl nur EingangsBereiche verfüllt und angesprengt worden sein, wie ein Demonstrationsobjekt wirkt die gründliche Zerstörung der monströsen Haubitzbatterie.
Fazit: Es wurde weniger gründlich entfestigt, als der Bericht von 1924 darstellt. Das betrifft vornehmlich die schwerer zugänglichen bzw einsehbaren Anlagen (Nord Süd Gruppe, Raumanlage, Verbindungsstollen) Freilich wurde die Armierung (Geschütze) komplett beseitigt, ebenso die kleineren Batterien der Hafenanlage (die waren ja offen sichtbar)

Das Grundgerüst der Wiederaufrüstung und Armierung ab 1936 konnte sich also in wesentlichen Teilen auf die drei stärksten, kaum zerstörten kaiserlichen Anlagen stützen und vorhandenes renovieren und verstärken.

Soweit zur Entfestigung 1918-22.

Die Verfüllung der Raumanlage und Batterie Schröder (ehemalige Südgruppe) ist bekannt genug: heutiges "Mittelland). Weniger bekannt ist, dass die massive Batterie von Schröder (Nordgruppe) ebenfalls mit Unmengen Munition verfüllt und gesprengt wurde 1947, wobei ein ebenfalls auffallend großer Sprengtrichter entstand, aber nicht so tief wie an der Südspitze:
Screenshot_20211108-105012_Gallery.jpg

Die Karte zeigt sehr deutlich den Standort der Batterie von Schröder und ihre abzweigenden unterirdischen Verbindungen zu Flak und Beobachtungsstellungen.
Heute:
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(das rote Türmchen ist militärischer Bereich, mitten im Sprengtrichter) ;)

Spaziert man auf dem spektakulären Klippenweg rund ums Oberland, sieht man immer wieder auf ca halber bis dreiviertel Höhe der Felswand gemauerte Tunnelöffnungen: es sind Entlüftungsstollen der Festung! Da das Hochplateau (Oberland) durchschnittlich 50m hoch ist, mussten die unterirdischen Anlagen nicht nach einzig oben be- und entlüftet werden, sondern günstiger auch seitwärts (lüftet besser) Diese Entlüftungs- & Entwässerungsstollen waren zugleich auch Verpuffungsstollen (leiten Druckwellen bei Bombardierung ab) Da sie rund im die Insel zu finden sind, kann man davon ausgehen, dass das unterirdische Stollensystem größer war, als die vorhandenen Karten zeigen. Gebaut wurden die Raumanlage und das Verbindungs- & Entlüftungssystem von einer Bergbaufirma aus dem Erzgebirge innerhalb kurzer Zeit (Sandstein ist weicher als Granit) noch ein Foto eines solchen nach außen führenden Stollens:
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In den nächsten Tagen einige Fotos von Festungsresten und - Heureka! - ein paar kleinen erhaltenen (sic! trotz Bombardement 1945 und "big bang" Sprengung 1947) Festungsteilen - der Festungsfreak wäre keiner, wenn er nicht fündig würde :)
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unzerstörter kleiner Beobachtungsstand, unweit der Flak Batterie (ehemals Haubitzbatterie)
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Kleiner Beobachtungsstand oberhalb Jugendherberge /Sportplatz

Bekannt und oft abgelichtet:
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Ein rostender Rest vom Projekt Hummerschere (siehe Wikipedia)

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Während der Bunkerführung (Luftschutzstollen für Zivilbevölkerung)

...zur Düne: das dauert noch, ist unübersichtlich...
 
Nachträglich noch ein Foto der Batterie Jacobsen (also ehemalige Süd Gruppe)
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erkennbar sind die beiden monströsen Geschütze, aber auch die Lorenbahn mit der Einfahrt in den Tunnel zum Unterland und eine abzweigende Lorenbahn zur Versorgung des Festungswerks.

Bevor ich das leider geringe und obendrein unklare Material zur Befestigung der Düne darstellen kann, noch zu den Hafenanlagen, die militärisch stark befestigt und angeblich für die Flotte relevant waren (Schutz und Versorgung) 1892-1918 gab es mehrere betonierte kleinere Batterien auf den Molen und schon einen U Boot Hafen. Die kaiserliche "Raumanlage" lagerte Munition (Torpedos) für die U Boote. Nach 1936 wurde ein großer U Boot Bunker gebaut (wie wir das aus Petersens Film "das Boot" kennen) dieser wurde allerdings genauso gründlich weggesprengt wie Raumanlage & Batterie Jacobsen.
Screenshot_20211111-203422_Gallery.jpg


Screenshot_20211111-203636_Gallery.jpg
 
zum nachschlagen:
Uferanlagen der Insel Helgoland seit PDF Free Download (docplayer.org)
Luftbilder von Helgoland (welkoam-iip-lunn.de)
Die Küste, 49 (1990), Helgoland, 141-185 (baw.de) (hier auf S.178 ein Foto vom Inneren des U Boot Bunkers)
zusätzlich Zeitschrift für Bauwesen (Public Domain) Ausgabe 74.1924 (Public Domain) - Digitale Landesbibliothek Berlin (zlb.de) nochmals mit bestem Dank an @silesia
Fröhle, Kühn: Hochseefestung Helgoland Teil I und Teil II


...die "Düne" ist eine sehr wandelbare Insel...
Abb.1
Düne 3.png


Abb.2
Düne 4.png


Abb.3 heute (google earth)
Düne 6.png


Diese Karten samt neuem Luftbild zeigen, wie sehr sich die "Düne" im Lauf weniger Jahrzehnte verändert hat. Besonders auffällig ist, dass vor den Landaufspülungen ab 1938 die Düne deutlich kleiner war, langgestreckt und etwas südlicher gelegen. Nicht weniger auffällig ist die Lage des heutigen (kleinen) Flughafens im Vergleich zu Luftaufnahmen um 1947 und davor:
Abb.4 (evtl 1945, brit. Bombenangriff)
Düne 2 evtl 1945.png

Hier ist der Unterschied der beiden gekreuzt angelegten Start/Landebahnen und ihre Dimension auffallend. Im Vergleich hierzu eine Karte von 1924 (Entfestigung) von der Düne:
Abb.5
Düne 1 ca 1922.png

Und da stellt sich die Frage, ob und was auf dem kleinen, flachen, sozusagen nicht sonderlich "ortsfesten" Eiland im Zuge der Fortifizierung 1892-1914 und 19(34)36-45 projektiert und tatsächlich gebaut worden war.

Um auf dem kleinen Eiland Bautätigkeiten zu entfalten, muss man a) erstmal hinkommen und b) dort auch anlanden können, und zwar so, dass man nötige Baumaschinen und Baumaterialien hinschippern und dann transportieren kann. Den heutigen Hafen, der in den 30er Jahren errichtet und mehrmals saniert wurde, gab es noch nicht. Das Luftbild soll vor der Entfestigung, also vor 1920 aufgenommen sein:
Abb.6
Screenshot_20211115-110833_Gallery.jpg

Es ist keine Hafenanlage zu erkennen, bestenfalls der Ansatz einer Mohle - dafür aber vier betonierte Geschütztrichter. Dazu noch eine Karte:
Abb. 7
Screenshot_20211115-110946_Gallery.jpg

...so ganz stimmt die mit dem Luftbild nicht überein...
Ob der nachfolgende Entwurf in seiner vorliegenden Form realisiert wurde, kann man vermutlich nicht mehr feststellen:
Abb.8
Screenshot_20211115-110920_Gallery.jpg

Zum Ausmaß der Entfestigung der Düne schweigen sämtliche Quellen. Ob die betonierten Anlagen gesprengt oder nur mit Sand zugeschüttet wurden? Der Ausbau in der Nazizeit legt nahe, dass man die kaiserzeitlichen Anlagen renoviert, verstärkt und erweitert hatte.
(Fortsetzung folgt)
 
Fortsetzung Düne
Die Baumaßnahmen (Bunker, Stahlbetonbatterien, "Festungsbergbau" usw) auf Helgoland liefen längst auf Hochtouren, bis man 1937 begann, auch die Düne - wieder - militärisch zu nutzen. Das war für den Bäderbetrieb & Tourismus herb, denn damit wurde die vorübergehend wieder zur Badeinsel mutierte Düne zu militärischem Sperrgebiet.
Aufbauend auf den vermutlich bis höchstwahrscheinlich kaum entfestigten Anlagen der Kaiserzeit wurde eine Sperr- & Flakbatterie mit 4 betonierten Geschützständen errichtet ("Batterie Düne") sowie eine kleinere Flak Batterie ("Batterie Westkliff"), die sehr eindeutig am Platz der kaiserzeitlichen Anlagen lokalisiert sind (!). Eigens zum Bau dieser Anlagen wurde der Dünenhafen angelegt, der heutige befindet sich am selben Platz (und seine Kaimauern und Molen dürften als Fundamente bzw Grundgerüst den Hafen von 1937 haben) Ergänzt wurden diese beiden Batterien noch um MG Stände und verbunkerte Untertreträume, Munitionsräume. Diese Anlagen also auf der ursprünglichen kleinen Insel - darüber hinaus aber wurde die Insel durch Aufspülungen um ein mehrfaches vergrößert. Auf der neu angelegten großen Fläche wurde ein Flughafen gebaut (deutlich größer als der heutige! siehe Beitrag zuvor) und einzelne MG Nester sowie zwei Flak Ringstände flankierten den Flughafen. Zu allem Überfluss wurden auch noch große Wirtschafts- und Kasernengebäude in repräsentativem Stil errichtet (ungefähr dort, wo heute der Spielplatz ist, unweit vom Campingplatz)

Von den Militäranlagen ist, ausgenommen die Hafenstruktur, nichts übrig. Im Gegensatz zu den zahllosen Betontrümmern auf dem Oberland finden sich auf der Düne keine solchen. Ob evtl. unterm Sand der Dünen, zwischen Feriendorf und Flugplatz, Betonreste der "Batterie Düne" liegen, weiß man nicht (ich habe nirgendwo auf der Düne dort, wo ungefähr die betonierten Stellungen waren, Trümmer oder ähnliches gesehen). Gesprengt wurde auf der Düne 1947 wohl nicht, jedenfalls nicht so massiv wie auf Helgoland. Bei den Luftangriffen 1945 ist freilich die Düne gehörig gezaust worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit wäre angedroht, dass ich diesen Faden vorübergehend okkupiere und berichte, ohne Rücksicht darauf, ob das interessiert oder nicht
...ja...das habe ich jetzt ausgiebig getan (obendrein schändlich weitschweifig, sogar bebildert)

Eigentlich ein Kleinod, das Felseneiland in der Nordsee! Die sehenswerten roten Sandsteinklippen mit ihren deutlich sichtbaren Schichtungen, Vogelparadies, Kegelrobbenparadies - schon die Bootsfahrt ist grandios, sobald man sich der Insel nähert, sie in Sicht kommt. Dabei so klein! Man hat an einem Tag Helgoland zu Fuß umrundet, mit genügend Zeit für die Ausblicke am Klippenpfad, dann reicht die Zeit noch dicke, um zur Düne zu schippern und diese auch noch zu umrunden, mit Zeit, den Robben eine Weile zu zuschauen.
Man weiß: im 18.Jh. war Lichtenberg mal hier, Anfang des 19. Jhs. Chamisso und Humboldt. Dann Heine. Fallersleben. Das kleine Eiland wurde zum Nordseebad. Bäderarchitektur. Mondänes Leben der Kurgäste. Flugs überholte das Eiland Kaiserbad Norderney. Theater. Kasino. Im 19. Jh. bis 1890 britisch, kein militärisches Sperrgebiet, kein Festungsrayon, nur eine kleine Handvoll brit. Soldaten und ein "Gouverneur" für die paar Quadratmeter...
Und nichts davon übrig! Absolut nichts. Die komplette Bausubstanz von Unterland, Oberland und Düne ist von 1952 ("Wieder"-Aufbau kann man das kaum nennen - Neuaufbau) - das echte, alte Helgoland mit Bäderarchitektur, mit Badewagen und allem See-Kur-Brimborium kennen wir nur schwarz-weiß: von alten, vergilbten Fotos. Und hätte Franz Schensky nicht sein Leben lang fotografiert, dokumentiert, hätten wir fast keine Bilddokumente.
Franz Schensky: Museum Helgoland (museum-helgoland.de)
...schwere Bombardierung April 1945, "big bang" Sprengung 1947 - totale Zerstörung, unbewohnbar.
...die älteste Bausubstanz, sofern man das Wort dafür überhaupt verwenden kann, sind Betontrümmer, überwiegend aus der Nazizeit, eventuell sind ein paar Betonbrocken auch älter (spätwilhelminisch) gefolgt von Wand-&Deckenverkleidungen im Luftschutzkeller von 1941.
Und bei genauem hinschauen: sie ist immer noch furchtbar zerzaust, ramponiert, die Insel. Rundum der Klippenrand weist deutliche Spuren der Sprengung und der Bombardements auf, im Hafen und am Strand Betontrümmer und rostende Eisenkonstruktionen, auf dem Hochplateau Bomben- & Sprengkrater, zerfurcht, zerlöchert.
Und weiter gezaust vom Kommerz: schon zu brit. Zeit zollfrei, heuer Sauf-, Kippen-, Butterfahrten, dazu allerlei Eventkrempel touristischer Art.

Und trotzdem: die ramponierte Insel mit ihrer trübseligen 55jährigen Festungsbaugeschichte - sie ist anrührend schön!
 
...oh... ein erhaltenes (!) Festungswerk habe ich zu erwähnen vergessen: der so genannte alte Leuchtturm:
Screenshot_20211202-201511_Gallery.jpg

...hm...geziegelt? Das soll Bombardierung und Big Bang überlebt haben???
Ja.
Aber: der ist aus massivem Stahlbeton, war kein Leuchtturm, sondern Flakleitstand, 1941 gebaut.
 
Helgoland ist schon faszinierend. Wohl auch wegen dem Mythos, einzige deutsche Hochseeinsel. Klar die Natur zieht, auch das archaische ausbooten der Tagesgäste macht wohl das eine oder andere aus. Sprich Abenteuer.Und zur Zollfreiheit, spätestens seit den 80'ern hat sie den Ruf als Fusselfelsen weg, zumindest in den Kreisen der Fahrtensegler.

Was bei mir aber immer noch Fragezeichen aufwirft ist der Big Bang. Warum? Die Insel hätte einfach vom Reich abgetrennt werden können, wie es mit den heutigen Ostkantonen in Belgien geschehen ist. Dann wäre sie unter Alliierter Kontrolle gewesen. In meinen Augen Symbolpolitik, das verhasste Symbole einfach gesprengt worden sind.
 
Was bei mir aber immer noch Fragezeichen aufwirft ist der Big Bang. Warum?
aus mehreren Gründen:
a) um überschüssige gefährliche Munition (erbeutete) los zu werden
b) explizit als Inszenierung für die Besiegten (live Fernsehübertragung etc)
(nebenbei: erklärtes Ziel britischerseits war nicht die Sprengung der Insel, sondern die totale Sprengung/Vernichtung der hier auf kleinem Raum gehäuften Nazi-Militaria (Raumanlage, Hafen, U-Boot-Bunker etc) dass dabei die Insel schwer beschädigt oder eventuell vernichtet (weggesprengt) werden könnte, hatte man freilich in Kauf genommen)
 
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