So sehe ich das auch. Nur das, was bei Tacitus / Sueton steht, kann damit widerlegt werden.
Die weitere Folgerung, dass ein sofort wirksames Gift hätte eingesetzt werden müssen, um Neros Epilepsie-These zu rechtfertigen, stammt von mir, ist aber ein Indiz dafür, dass T / S ihre Story in dieser Weise hatten darstellen müssen.
Das ist ja generell ein Problem, wenn wir Quellen haben, die voneinander abhängen oder aus derselben Tradition stammen. Nun kann Ravenik vielleicht anmerken "Moment, Tacitus steht in der senatorischen, Sueton in der ritterlichen Tradition", aber letztlich bedienen sie sich doch bei denselben Gewährsleuten bzw. Sueton schreibt bei Tacitus ab. Solange sie sich nicht selbst oder den
Naturgesetzen/unserem Erfahrungswissen widersprechen (etwa Sueton, dass sich bei Vespasian im Garten ein gefallener Baum wieder aufrichtete, was ein Omen war, dass er Kaiser würde) oder aber es keine unabhängige Parallelüberlieferung gibt, können wir sie natürlich nicht widerlegen. Wir können höchstens sagen, dass dieses oder jenes und aus diesem oder jenen Grund nicht plausibel vorkäme und wir die Schilderung deswegen für unglaubwürdig halten. Widerlegen können wir sie nicht.
Mit dem Erfahrungswissen kommen wir dann auch wieder zu Roux. Der belegt, dass die Geschichte, so wie geschildert, aus toxikologischen Gründen nicht stimmen kann. Ein Historiker, der auch Toxikologe wäre, wäre allerdings anders herangegangen. Der hätte erst die Pausibilität der Schilderung geprüft und erst dann toxikologische Überlegungen angestellt: Wie könnte sich, unter der Voraussetzung, dass Britannicus wirklich vergiftet wurde, das tatsächlich abgespielt haben?
Man sagt zwar, dass Allergien heute durch unsere Entfremdung von der Natur und Umweltverschmutzung in der Bevölkerung verstärkt auftreten, aber Allergien gab es auch früher schon. Ich könnte mehrere Personen aus meinem Umfeld in die Bedrouille bringen, wenn ich z.B. mit E r d n u s s ö l kochen würde. Da kann der Vorkoster dann das Wokgemüse problemlos essen, aber mein Freund T. würde daran im schlimmsten Fall e r s t i c k e n, wenn er nicht sofort seine Medikamente zur Hand hätte oder rechtzeitig in ein Krankenhaus käme.