Und Verzweifelung treibt so manchen in die absurdeste Handlung.
So sehr ich durchaus ein Freund spekulativer Ansätze bin, in der Sache muss ich
@El Quijote durchaus recht geben.
Wenn wir dazu übergehen Annahmen einzig auf der theoretischen Möglichkeit aufzubauen, dass irgendjemand aus Verzweiflung heraus etwas absurdes angestellt haben könnte, brauchen wir uns mit Geschichte nicht weiter zu befassen, denn auf der Prämisse aufbauend kann man natürlich sämtliche historischen Erkennstnisse, die wir haben bezweifeln wollen.
Mit der Erklärung könnte man etwa auch behaupten, die Senatoren, die Caesar ermordeten hätten da einfach aus Verzweiflung heraus etwas absurdes getan, damit sei der Fall erledigt und man müsse sich mit den Motiven nicht weiter befassen.
Solche Mutmaßungen lassen sich problemlos zur Erklärung jeder politischen oder militärischen fragwürdigen Handlung heranziehen.
Das Problem ist dann blos, dass das nicht beweisbar ist, somit im methodologischen Sinne vollkommen unbrauchbar und das es den Blick auf wesentlich plausiblere Dinge verstellt.
Und klar, Händler hätten mehr davon gehabt und davon gab es ja genug unter Varus.
Gerade nicht, weil gerade für die Händler die "Pax Romana" als gesicherter Rechtsraum extrem wichtig war. Die hatten größeres Interesse am Imperium, als an irgendwelchen unberechenbaren Stammesführern, die möglicherweise nicht in der Lage waren dafür zu garantieren, dass man sie nicht ausraubte.
Davon abgesehen, größere Händler auf der römischen Seite, die es an den Rhein verschlagen hatte, waren mit einiger Sicherheit auf die eine oder andere Weise auch Heereslieferanten, was einen gesicherten Profit bedeutete, den zu riskieren es keinen Grund gab.
Und auch unter Germanicus wird der eine oder andere Legionär auch mal Händler gewesen sein
Genau genommen haben sich wohl die meisten Legionäre in irgendeiner Form nebenher als Handwerker oder Krämer verdingt um ihren Sold aufzubessern.
Der Sold war durchaus nicht üppig und das Lagerleben ließ neben der militärischen Routine einige Zeit für Nebentätigkeiten, im Besonderen in den Wintermonaten, in denen weder an militärische Aktionen, noch aus größeren bauarbeiten zur Erweiterung oder Renovierung der Lager zu denken war.
Insofern dürfte es ohnehin schon problematisch sein, so scharf zwischen Legionären und Händlern unterscheiden zu wollen.
Man könnte auch fragen was die Germanen davon gehabt hätten die Römer anzugreifen?
Die Einzelnen, die sich daran beteiligt hatten erst einmal Beute. Was wussten die denn über die Ausdehnung und die militärische und demographische Leistungsfähigkeit im Imperium und hinsichtlich der römischen Möglichkeiten diese Verluste relativ schnell zu ersetzen und zu großangelegten Racheaktionen überzugehen.
Außerdem keine von außen kommenden Akteure mehr, die versuchen ungewohnte Rechtsgepflogenheiten oder Besteuerung durchzusetzen, was möglicherweise als ungebührlicher Eingriff in die Verhältnisse aufgefasst wurde.
Das war ja eine zugegebenermaßen recht absurde Idee oder gewagt wie man so schön sagt.
Gewagt vielleicht, absurd durchaus nicht.
Wenn man natürlich den Fehler macht den du machst und allen Menschen in den römischen Truppen eine ausschließlich politische Sichtweise aufs Leben unterstellt und sich diese Menschen so denkt dass ein jeder nur alles durch die politische Brille sieht, dann kommt man nicht umhin zu glauben so etwas kann es nicht gegeben haben.
Das hat doch nichts mit der politischen Brille zu tun.
Warum hätten gerade Legionäre im Germanischen ein Interesse daran haben sollen, einen Krieg dort loszutreten, in dem sie sehr gut umkommen konnten?
Solches Interesse hätten vielleicht Truppen an der Grenze zu reichen Gebieten haben können, wo es durch Plünderung wirklich etwas zu holen gab, aber das war im Germanischen Gebiet ja nicht der Fall.
Jeder Soldat, der nicht Aussicht auf Beute hat, hat ein Interesse daran, dass die Dienstzeit auf die er sich verpflichtet hat, möglichst ohne Konflikt abgeht.
Mal davon ab dass ein die Legionsstandorte keine rein militärischen Einrichtungen waren und ein Legionär nicht zwangsläufig eine Person ohne Bindungen, was ein Grund weniger sein musste sich einen Konflikt zu wünschen.
Ich bin ja durchaus auch mal ein Freund gewagter Thesen, aber das ist einfach nicht zu Ende gedacht und im Grunde genommen ist dir das auch vollkommen klar, dass es so ist, denn sonst würdest du dich nicht darauf verlegen solche Konstruktionen durch Annahmen wie peersönliche Verzweiflung, die zu absurden Handlungen verleitet stützen zu wollen.
Da hast du dich etwas vergalloppiert.
Es gibt keinen sinnvollen Grund irgendeine "Schattenarmee" des Arminius in den römischen Reihen anzunehmen.
Und die Idee ganzer Netzwerke zur Informationsbeschaffung ist im Grunde auch viel zu modern gedacht. Systematische Geheimdienste und Netzwerke im Sinne militärischer Spionage sind letztendlich ein Produkt des 1. Weltkriegs, dass erst im 2. Weltkrieg seinen wirklichen Durchbruch schafft.
Vorher hat es alleinfalls vereinzelte Spione gegeben, die aber viel zu unsystematich eingesetzt wurden um daraus irgendeine entscheidende Perspektive über die Gesamtlage zu entwickeln.
Ansonsten gab es dann allenfalls verschiedentlich vorher noch die politische Polizei und Zensurstellen, die im Auftrag der Regierung im Inland wirkten, letztendlich waren aber auch das Erfindungen des ausgehenden 18. und 19. Jahrhunderts.
Was mich im Übrigen an deiner These insgesamt etwas irritiert, ist die Frage, warum du der Meinung bist, dass Arminius überhaupt Spione brauchte und vor allem, dass gerade einfache Legionäre und lokale Händler mehr wussten als er selbst.
Als Person mit Verbindungen zur römischen Aristokratie, die letztendlich kaiserliche Protektion genoss und als militärisch wichtige Figur bei den Auxiliartruppen dürfte Arminius Draht zu Varus und dessen Netzwerken weit besser gewesen sein, als der gemeiner Legionäre oder lokaler Händler und auch seine Verbindungen nach Rom selbst hin dürften vergleichbar gut oder besser gewesen sein.