War das Mittelalter ein Rückschritt?

Wir drehen uns im Kreis, denn deine Behauptung, bei der Zerstörung des Serapeions seien keine „praktischen Schriften“ mitzerstört worden, ist ebenfalls unbelegt.

Wo soll ich das behauptet haben?

Ich habe lediglich gezeigt, dass Deine Behauptung mangels Belegen nicht haltbar ist:
Bereits die Annahme, die Bibliothek im Serapeion habe bis 391 noch existiert, lässt sich mit guten Gründen anzweifeln; eine Zerstörung von Schriften ist für 391 nicht belegt. Ich muss keine gegenteilige These aufstellen, um zu zeigen, dass Du mit Spekulationen argumentierst statt mit Fakten. Meine Position hatte ich klar benannt, ich drehe mich nicht im Kreis.

Du unterschlägst hier, dass mein Satz eine Antwort auf deine konstruierten Annahme war, in der Bibliothek lagerten auch "heilige Schriften", möglicherweise die Urschriften der Septuaginta.
Nein, das habe ich schon genauso verstanden, Du wirst doch die Einleitung des Satzes "In diesem Falle..." gelesen haben?
Die Annahme ist übrigens nicht von mir konstruiert, sondern quellenbasiert. Die genannte Quelle stammt aus dem Jahr 386.

Und jetzt drehst du meine Antwort so, als ob ich damit von einer gezielten Vernichtung "heidnischer praktischer Schriften" gesprochen hätte. Das ist eine Unterstellung, die ich von dir nicht erwartet hätte.

Ich drehe nichts. Ich hatte doch wenige Zeilen zuvor Dein Statement zitiert, wonach Du die Ereignisse im Serapeion als Beweis dafür, dass "allein aus Hass auf alles Heidnische praktische Schriften zerstört" wurden, gewertet haben wolltest. Ich hatte Dich (auch in Erinnerung an frühere Beiträge) so verstanden, als ob Du die These vertrittst, dass praktische Schriften mit voller Absicht allein deswegen zerstört wurden, weil sie von heidnischen Autoren stammten.

Wenn ich Dich missverstanden haben sollte, und Du diese These überhaupt nicht vertrittst, dann schreib das doch, dann ist der Punkt abgehakt.
 
Dabei haben die Römer aber früh erkannt, dass es Sinn macht Spezialisten aus anderen Ländern anzuheuern, gallische und germanische Reiter, syrische Bogenschützen etc
Nicht nur das: Die Römer haben ihre Legionen nicht nur in Italien ausgehoben, sondern auch in den eroberten Gebieten unter unterworfenen Völkern. Auch diese kämpften vor allem des Geldes wegen: Wenn auch der Tagessold nicht hoch war (1 Sesterz), so bekam ein einfacher Legionär am Ende der Dienstzeit eine üppige Abfindung (12.000 Sesterzen), mit der er sich ein Landgut (villa rustica) kaufen konnte.

Die Differenz zwischen Rohmann & Deiner Zusammenfassung scheint mir offenkundig.
Ich sehe diese Differenz nicht.

Und Ambrosius hat keine Bücher verbrennen lassen. Wieder undifferenzierte Allgemeinplätze zu moralischen Diskreditierung 'des Christentums'?
Ich habe nicht behauptet, dass Ambrosius Bücher hätte verbrennen lassen, aber er hat diejenigen Christen beschützt, die Tempel Andersgläubigen zerstörten – und sich dieser Taten in Briefen an seine Schwester gerühmt.

Ab dem Frühmittelalter bis ins 10./11. Jh. herrschte im westlichen, katholischen Europa bekanntlich vor allem der Nepotismus und die Institution der Reichskirchen-Bischöfe, die von den jeweiligen Herrschern eingesetzt wurden, häufig gegen Geld oder wegen freundschaftlicher, verwandtschaftlicher Beziehungen.
Ich habe es schon gesagt: Man kann nicht Diener zweier Herren sein. Das waren aber die Reichskirchen-Bischöfe: Sie sollten dem Kaiser und dem Papst gehorchen; welchem vom beiden sie mehr gehorchten, war sicher vom Fall zu Fall verschieden.

Du eilst von einem Hotspot zum anderen...die beachtlichen räumlichen und zeitlichen Lücken stören Deine Argumentation offenbar nicht...
Wen hier die beachtlichen räumlichen und zeitlichen Lücken nicht stören, sieht man an diesem Statement von dir:
Ansonsten empfehle ich beispielsweise die Beschäftigung mit den Avignonesischen Papsttum.
Das war im 14. Jahrhundert, also weit vom Spätantike und Frühmittelalter entfernt, die wie hier behandeln.

Da du diesen Faden für dich als beendet betrachtest
Vielen Dank an alle User/Beitragenden und Leser im Faden, welcher für mich inhaltlich nun beendet ist.
erspare ich mir, weiter auf deine Beiträge einzugehen.

Der Büchner ist bestimmt nicht mehr aktuell, er wirkte von (1943–1976),
Die Mitgliedschaft in der SA ab 1933 spricht auch für sich.
Das ist wieder mal typisch, aber auf argumenta ad hominem gehe ich nicht ein.

Und worauf bezieht sich Wikipedia da? Auf Fachliteratur? Mitnichten. Auf einen Radwanderführer.
Ja, das ist unzureichend, doch von @Sepiola zitierte Susanna Viljanen gibt überhaupt keine Quelle an.

Okay, ich habe jetzt etwas weiter recherchiert und Belege für mittelschlächtiges Wasserrad in der Antike gefunden – Zitat (Seite 436) :

Das Ammianos-Relief einer Steinsäge von Hierapolis

Als erstes fällt in der Abbildung das große Antriebsrad ins Auge, das rechts im Bild zu sehen ist. Es hat den Anschein als sei hier ein mittelschlächtiges Wasserrad dargestellt: das Wasser trifft also in halber Höhe des Rades auf die Schaufeln. Voraussetzung für den Betrieb eines solchen Rades ist ein Aufstau und eine künstliche Heranführung des Wassers. Der Aufprall des Wassers auf die Schaufeln treibt das Rad an und hält es in einer konstanten Drehbewegung.


Ich habe das jetzt zitiert, weil da vom Aufstau des Wassers gesprochen wird, was auch für oberschlächtigen Wasserräder notwendig ist. Das bedeutet: Schon in der Antike wusste man, dass von oben auf das Wasserrad fallendes Wasser mehr Energie erzeugt, als das beim unterschlächtigen Wasserrad der Fall ist.

Bereits die Annahme, die Bibliothek im Serapeion habe bis 391 noch existiert, lässt sich mit guten Gründen anzweifeln; eine Zerstörung von Schriften ist für 391 nicht belegt.
Belegt ist, dass im Serapeion eine Bibliothek existierte – allerdings nicht, ob dem noch 391 so war. Aber wenn ein christlicher Autor 25 Jahre später eben dort mit dem Bedauern feststellt, dass seine Glaubensbrüder den Tempel zerstört haben, dann ist die Annahme, dass sein Bedauern nicht dem paganen Tempel selbst galt, sondern eher der dort untergebrachten Bibliothek, eine naheliegende, schließlich war er Historiker.
 
Aber wenn ein christlicher Autor 25 Jahre später eben dort mit dem Bedauern feststellt, dass (1) seine Glaubensbrüder den Tempel zerstört haben, dann ist die Annahme, dass sein Bedauern nicht dem paganen Tempel selbst galt, sondern eher der dort untergebrachten Bibliothek, eine naheliegende, (2) schließlich war er Historiker.
Markierungen (1) und (2) von mir, ich fange hinten an, bei (2)

(2)
Ich unterscheide ja gerne präzise differenzierend zwischen Historiographen (Geschichtsschreibern) und Historikern (Geschichstwissenschaftlern), auch wenn das keine offizielle Unterscheidung ist und auch viele Geschichtswissenschaftler den Begriff Historiker in beiden Bedeutungen verwenden. Über einen antiken Historiographen zu sagen, dieser sei "schließlich" Historiker gewesen, unterstellt gewissermaßen, dass er quellenbasierte Geschichtswissenschaft betrieben habe. Das können wir bei Orosius nicht.

(1)
Was die Stelle anbelangt: da steht immer noch

armaria librorum, quibus direptis exinanita ea a nostris hominibus nostris temporibus memorent - quod quidem uerum est
Da steht "von unserern Männern/Leuten". Was darunter zu verstehen ist, ist Interpretationssache. Wir müssen dabei auch die Biographie eines Autors mitdenken. Wahrscheinlich sind einfach römische Mitbürger gemeint. Nicht irgendwelche Barbaren, wie die, vor denen Orosius aus Spanien geflohen ist, haben die Bücherregale geplündert, sondern die eigenen römischen Mitbürger.
Wir kennen auch deren Beweggründe nicht. Religiöse Bildungsfeindlichkeit? Oder Bildungshunger (wie früher Historiker, die aus vergammelnden Kirchenarchiven nach dem Reichsdeputationshauptschluss Archivalien "entfremdeten", sie also gewissermaßen stahlen und damit rettteten)? Oder indifferent als billigen Zündstoff für die Herdstelle?
 
Das war im 14. Jahrhundert, also weit vom Spätantike und Frühmittelalter entfernt, die wie hier behandeln.
@Dion das ist kein Argument gegen das, was @andreassolar geschrieben hatte, wie man problemlos in den Beiträgen nachlesen kann: du hattest zwischendurch behauptet, Kaiser und Könige würden vor Bischöfen kuschen, und dabei einzig vermeintliche Beispiele aus dem Mittelalter gebracht - andreassolar hatte dir darauf mir Fakten zum Mittelalter geantwortet. In diesem Kontext stand der Hinweis auf das Avignonesische Papsttum - jetzt so zu tun, als sei damit die Spätantike gemeint gewesen, ist ein mit Verlaub sehr ungekonnter Versuch, eine konträre Position zu diskreditieren...

Ich fände eine in der Sache saubere Argumentationsweise angenehmer zu lesen als solche durchschaubaren Kapriolen.

Belegt ist, dass im Serapeion eine Bibliothek existierte – allerdings nicht, ob dem noch 391 so war.
Mehr wissen wir darüber en Detail nicht.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass da nichts mehr nennenswertes in Sachen Bibliothek 391 vorhanden war, belegt eine Ammianus Stelle auf die @Sepiola aufmerksam gemacht hatte.
- En Detail wissen wir aber auch nicht, wie der Bestand dieser "Tempelbibliothek" vor der Mitte des 4. Jhs. ausgesehen hat! In diesem Zusammenhang wiederhole ich eine Frage, die noch offen geblieben ist:
@Dion waren eigentlich alle "heidnischen" Tempel, also die zahlreichen Dianatempel, Isistempel, Mithräen, Iupitertempel, Serapistempel usw. usf. im römischen Imperium nicht nur repräsentative & künstlerisch gestaltete Kultstätten, sondern zugleich auch "heidnisch-wissenschaftliche" Bibliotheken und religiöse Bibliotheken?

Ich bezweifle, dass bei Tempelzerstörungen im 4. Jh. (gemeint sind natürlich Schließungen/Zerstörungen von heidnischen Tempeln) große Bestände an antiker "wissenschaftlicher" Literatur vernichtet worden sind. Wieso sollten religiöse Kult- und Repräsentationsbauten zugleich ingenieurtechnische, militärtechnische, philosophische, rhetorische, mathematische etc "Universität"Bibliotheken gewesen sein?

Bzgl. dessen, was "im Westen" (also in den peu a peu in frühmittelalterliche Regna aufgeteilten Teilen des weströmischen Reichs) am Bildung übrig war: der "Christ" Cassiodor spielt da eine prominente Rolle. Als Einstieg ein erster oberflächlicher Eindruck:
Am Ende der Spätantike waren erhebliche Teile der antiken lateinischen Literatur im Westen des Imperium Romanum bereits verloren; gerade der Gotenkrieg ab 535, der Italien schwer verwüstet hatte, hatte hier noch einmal zu dramatischen Einbußen geführt. Als herausragende Leistung Cassiodors wird daher angesehen, dass er – neben Boëthius und Martianus Capella[10] und in der Nachfolge von Quintus Aurelius Symmachus und Quintus Aurelius Memmius Symmachus – bedeutendes Schrifttum und Bildungsgut der Antike erhielt und dem lateinischen Westen des Frühmittelalters vermittelte. In Kenntnis der Handschriften der antiken Literatur verfasste er mit seiner Schrift Institutiones divinarum et saecularium litterarum unter anderem einen Literaturführer, in dem er sowohl wissenschaftliche Schriften der Antike als auch Schriften der Kirchenväter und der Bibel empfiehlt, und eine Anleitung für das sorgfältige Abschreiben religiöser und ausdrücklich auch profaner Handschriften nach zuverlässigen Vorlagen und erklärte deren Vervielfältigung und Sammlung zur Aufgabe der Mönche. Die Abschriften wie deren Vorlagen ließ er archivieren und zu einer Bibliothek zusammenfassen. Daneben wurden auch Übersetzungen und Exzerpte angefertigt, was angesichts des zunehmenden Schwunds griechischer Bildung im lateinischsprachigen Westen eine entscheidende Voraussetzung für die Überlieferung griechischer Literatur im Abendland darstellte. Seine wichtigsten Schüler waren Bellator, Mutianus Scholasticus und Epiphanios Scholastikos, dessen auf den griechischen Kirchenhistorikern Sokrates Scholastikos, Sozomenos und Theodoret basierende lateinische Historia ecclesiastica tripartita weite Verbreitung erlangte.

Cassiodor gilt zudem als Schöpfer des christlichen mittelalterlichen Lehrplans.[11] Mit seinen Institutiones als einer Studienordnung schuf er eine der konstitutiven Voraussetzungen für die abendländische Schule. Die didaktische Absicht zielte auf ein Bewusstsein des systematischen Zusammenhangs in einer Synthese von heidnischer Wissenschaft und christlichem Glauben. Er rettete die klassischen Studien im ersten Lehrplan des Abendlandes ins Kloster. Die Institutioneserfuhren nach der Auflösung des Klosterseminars in dem neu entstandenen abendländischen Kulturraum eine konsekutive Überlieferung in verschiedene Erscheinungsformen der Schule.[12]

Cassiodor verfasste zahlreiche Schriften. Erhalten ist etwa eine knappe und wenig ergiebige Weltchronik (Chronica, siehe Chronik (Cassiodor)), die bis 519 reicht und besonders aufgrund der Konsularsdatierung von Bedeutung ist. Ebenfalls erhalten ist seine Sammlung Variae (epistulae), die 12 Bücher umfasst. Die Sammlung wurde wohl um 538 von Cassiodor angefertigt und enthält über 400 administrative Schreiben, die wichtige Einblicke in die Verwaltung des ostgotischen Königreichs erlaubt. Sie umfasst Briefe und Edikte der Ostgotenkönige in Italien, dazu Urkunden und Erlasse Cassiodors in seiner Funktion als praefectus praetorio. Die Schreiben wurden in den meisten Fällen von Cassiodor in hochrhetorischem Stil ausgearbeitet und sind oft mit weit über den Anlass hinausgreifenden Exkursen ethischen oder kulturgeschichtlichen Inhalts angereichert
aus https://de.wikipedia.org/wiki/Cassiodor
Senator Cassiodor am "Hofe" des Ostgotenkönigs und dessen Nachfolger (Athalarich & Amalaswintha) hatte also viel aufgewendet, um antikes Wissen zu bewahren. Aufschlussreich für das dunkelfinstre Frühmittelalter ist dann sicherlich sein Werk https://de.wikipedia.org/wiki/Institutiones_divinarum_et_saecularium_litterarum - die Einteilung von Buch II ist im Kontext der Diskussion sehr lesenswert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wen hier die beachtlichen räumlichen und zeitlichen Lücken nicht stören, sieht man an diesem Statement von dir:Das war im 14. Jahrhundert, also weit vom Spätantike und Frühmittelalter entfernt, die wie hier behandeln.

Du bringst hier zwei Dinge durcheinander. Das eine sind die Zeitsprünge, die sich durch Deine Beiträge ziehen, die kann man zu Recht kritisieren.
Das andere sind die falschen Behauptungen, die Du auch für diejenigen Zeiten aufstellst, um die es hier eigentlich nicht geht. Auch die kann man zu Recht kritisieren. In diesem Fall hat @andreassolar auf eine Behauptung von Dir reagiert, die sich auf "das ganze Mittelalter" bezieht; da gehört das 14. Jahrhundert sicherlich noch dazu.

Belegt ist, dass im Serapeion eine Bibliothek existierte – allerdings nicht, ob dem noch 391 so war. Aber wenn ein christlicher Autor 25 Jahre später eben dort mit dem Bedauern feststellt, dass seine Glaubensbrüder den Tempel zerstört haben...
... dann muss ich Dich zum wiederholten Mal darauf aufmerksam machen, dass Orosius weder das Serapeion erwähnt noch etwas von einem zerstörten Tempel schreibt.
(Ich vermute, mit dem "christlichen Autor 25 Jahre später" ist Orosius gemeint, und ich vermute, Du hast diesen Beitrag nicht gelesen:
War das Mittelalter ein Rückschritt? )
 
Das ist wieder mal typisch, aber auf argumenta ad hominem gehe ich nicht ein.

Verzeihung, wenn du Autoren mit sehr streitbaren Theesen zu den Kronzeugen deiner Ansichten wählst, deren Urteile sich möglicherweise eher auf ihren radikalnationalistischen, Ansichten, als auf plausiblen Nachweisen gründen, manifestiert in einer Migliedschaft in der SA, wirst du dich damit befassen müssen.

Wenn wir hier die Hintergründe von Quellen, Literatur und ihren Verfassern nicht mehr würdigen, dann können wir die Diskussion auch ganz einstellen.
Mit argumenta ad hominem hat das herzlich wenig zu tun.


Was du hier seit geraumer Zeit betreibst, ist - entschulige bitte - methodischer Bullshit.

Es ist mittlerweile für jeden sichtbar, dass du deine Quellen nicht überprüfst und in Teilen auch überhaupt nicht weißt, was in den entsprechenden Texten, siehe Hahn und Rohmann drinn steht.
Du wirfst einfach vogelwild irgendwelche, in Teilen vollkommen aus dem Zusammenhang gerissene Zitate in die Diskussion, von denen du der Meinung bist, dass sie deine Position stützten, unabhängig davon ob sie das tatsächlich tun.
Du setzt da einfach auf das Argumentum ad verecundiam.
Dir geht es schon längst nicht mehr um eine sachliche Diskussion, dir geht es darum, deine Ansicht durchzsetzen, egal wie wenig sie sich tatsächlich durch Quellen und Literaturbezüge stützen lässt.

Und du scheinst irgendwie der Ansicht zu sein, dass dir das gelingen würde, wenn du den Faden nur mit hinreichend abenteuerlichem Zeug überfrachtest und auf jede sachliche Kritik an Material und seinen Hintergründen beleidigt oder überhaupt nicht reagierst.


Ich möchte dich einfach im Sinne einer vernünftigen Diskussion darum bitten das einzustellen und zu einer zieelorientieren Diskussionsweise zurück zu kommen.

Literatur undd Quellen sind wenn sie angeführt werden in Gänze zu würdigen und zu diskutieren, ebenso sind ihre Verfasser, deren Intentionen und der Entstehungskontext zu würdigen.
Wenn wir dazu nicht mehr in der Lage sind, das zu tun und es auch zu ertragen, wenn das dabei herauskommende Ergebnis nicht den eigenen Resentiments entspricht, die man gerne bestätigt sehen möchte, dann kann man den Laden hier denke ich dicht machen.
 
Ich bezweifle, dass bei Tempelzerstörungen im 4. Jh. (gemeint sind natürlich Schließungen/Zerstörungen von heidnischen Tempeln) große Bestände an antiker "wissenschaftlicher" Literatur vernichtet worden sind. Wieso sollten religiöse Kult- und Repräsentationsbauten zugleich ingenieurtechnische, militärtechnische, philosophische, rhetorische, mathematische etc "Universität"Bibliotheken gewesen sein?

Leider sind m. W. keine Inventare antiker öffentlicher Bibliotheken überliefert, aber Bibliotheken dürfte es wohl in vielerlei Repräsentationsbauten gegeben haben.

Oben hatte ich erwähnt, dass Kaiser Julian im Trajanstempel in Antiochia eine Bibliothek einrichtete. Über ihren Bestand lässt sich kein genaues Bild gewinnen. Johannes Hahn mutmaßt folgendes: "Die hier aufbewahrten Schriftrollen waren zweifellos ganz im Sinne des Reformprogramms des Apostaten zusammengestellt. Sie dürften die Werke der großen klassischen Autoren, aber natürlich auch reichhaltige Bestände der gegen die Christen gerichteten polemischen Literatur – so z. B. die eigene Schrift Julians 'Wider die Galiläer' enthalten haben." Nun habe ich weiter oben ja erwähnt, dass Julian nach den Beständen der geplünderten Bibliothek des Alexandriner Bischofs Georg fahnden ließ; nach Hahn gab er die Anweisung, diese Bücher nach Antiochia zu schicken. Daher ist es wahrscheinlich, dass philosophische und rhetorische Literatur bei dieser Gelegenheit von Alexandria in den Antiochener Trajanstempel wanderte, der wenig später von Jovian zerstört wurde – womit er die (mehrheitlich christliche) antiochenische Öffentlichkeit endgültig gegen sich aufbrachte. Einige Blätter mit Homer-Stellen sollen den Brand überstanden haben.

Die Hadriansbibliothek in Athen war ebenfalls ein Repräsentationsbau, dessen genaue Funktion jedoch nicht ganz klar ist:
Die Hadriansbibliothek in Athen. Ein Historisch-archaologischer Überblickt
Die Hadriansbibliothek wurde 267 bei einem Einfall der Heruler ganz oder teilweise zerstört.
 
Im Grunde genommen lässt sich die Ausgangsfrage dieses Threads- War das Mittelalter ein Rückschritt- relativ einfach und auch eindeutig beantworten:

Nein, war es nicht!

Ob einem dieses Zeitalter nun besonders sympathisch ist, ob einem erhaltene Kulturgüter gefallen, ob man die mittelalterliche Strafjustiz abscheulich findet oder den Verlust antiker Quellen bedauert, als Historiker kann man Letzteres nur bedauern- ändert nichts daran, dass im Mittelalter durchaus Weiterentwicklungen stattfanden, dass erhaltene antike Quellen durchaus Grundlage mittelalterlicher Gelehrsamkeit waren. Auf den Gebieten der Literatur, der Medizin, der Architektur, des Rechtswesens, des Bergbaus, des Militärs, der Technik und der Astronomie fanden Weiterentwicklungen statt.

Das Zeitalter der Aufklärung, die Symbolik der Amerikanischen und Französischen Revolution wären nicht verständlich ohne die antiken Traditionen, ohne das Vorbild der Römischen Republik ohne die attische Demokratie, ohne den Hellenismus. Die Grundlagen der modernen Staaten, die Nationen Europas basieren aber auch auf mittelalterlichen Traditionen, die ersten Landtage und Reichstage, die Freien Reichs- und Hansestädte, der Prozess der Nationenbildung, unsere Sprachen sie entstanden im Mittelalter.

Das Mittelalter besaß eine universale und internationale Bildungssprache Latein, es entstanden im Mittelalter aber auch die europäischen Sprachen, und im Mittelalter wurden Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch zu Literatursprachen, und Autoren wie Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, der Verfasser des Nibelungenliedes, der des Beowulf, Dante, Francois Villon und andere bewiesen, dass sie den Vergleich mit Klassikern der Antike durchaus aushielten. Das gilt auch für den Burgen- und Kathedralen-Bau im Vergleich mit Baudenkmälern der Antike.

Die mittelalterliche Medizin hat wie die Justiz vor allem in populärwissenschaftlichen Werken einen finsteren Ruf. In mittelalterlichen Hospitälern gab es aber schon Fachabteilungen. Das Inventar mittelalterlicher Kräutergärten lässt sich rekonstruieren. Hildegard von Bingen besaß gute pharmakologische Kenntnisse, die Wirkstoffe von Arzneipflanzen waren wirkungsvoll und werden teilweise noch heute als Wirkstoffe von Medikamenten benutzt. Ärzte wie Paracelsus kannten Werke von Galen oder Hippokrates sahen aber antike Autoritäten auch kritisch und sprachen sich für Lesungen in der Volkssprache aus.

Die ersten Universitäten wurden im Mittelalter gegründet: Oxford, Heidelberg, Prag, Wien, Bologna und Paris.

In der Ingenieurskunst und im Bergbau wurden vor allem im Bereich der Hydrologie, in der Kunst abgesoffene Stollen trockenzulegen bedeutende Fortschritte erzielt. Der mittelalterliche Bergbau war auch eine Grundlage für Fernhandelsgesellschaften der Frühen Neuzeit, und der mittelalterliche Bergbau lieferte auch Kapital für Investitionen im Zeitalter der Entdeckungen. Quadrant und Astrolabium existierten bereits in der Antike, wurden aber in der Genauigkeit verbessert, und als Werkzeuge der Astro-Navigation durch die Armillarsphäre, den Magnetkompass, den Jakobstab und das Nocturnal ergänzt.

Einige verlorene Quellen berichten, dass Kaiser Nero einen Smaragd wie ein Monokel verwendet habe, die ersten wirksamen Sehhilfen, zuerst Lesesteine, später Linsen und die ersten Brillen/Kneifer wurden im Mittelalter entwickelt und setzten gute Kenntnisse der Optik voraus. Sonnenuhren wurden hervorragende bereits in der Antike entwickelt, die ersten mechanischen Uhren waren eine Errungenschaft des Mittelalters, und die Erfindung der Unruh durch Peter Henlein erlaubte bald auch den Bau von Taschenuhren.
 
@Sepiola habe ich das richtig nachgelesen, dass Hadriansbibliothek und Trajanstempel große Repräsentationsbauten, aber keine religiösen Kultstätten im engeren Sinne waren?
Mir ging es um die Frage, ob eine Tempelzerstörung/plünderung automatisch zugleich die Zerstörung/Plünderung einer Bibliothek mit einem Bestand aus mannigfaltigen Fachgebieten bedeutet.
 
@Sepiola habe ich das richtig nachgelesen, dass Hadriansbibliothek und Trajanstempel große Repräsentationsbauten, aber keine religiösen Kultstätten im engeren Sinne waren?
Mir ging es um die Frage, ob eine Tempelzerstörung/plünderung automatisch zugleich die Zerstörung/Plünderung einer Bibliothek mit einem Bestand aus mannigfaltigen Fachgebieten bedeutet.

Nach dem, was ich gelesen habe, war der Trajanstempel eine Kultstätte, die der Verehrung des vergöttlichten Trajan gewidmet war.

Deine Frage, ob Tempel automatisch als Standorte von Fachbibliotheken zu werten sind, habe ich als rhetorische Frage aufgefasst, die selbstverständlich zu verneinen ist.
 
Was sagst du denn zu Speyer Dion? Er bringt es doch auf den Punkt.

"Eine umfangreiche Arbeit von Wilhelm Speyer widmete sich 1981 dem Thema der antiken Büchervernichtung. Zum Aspekt „Die Vernichtung der heidnischen Literatur“ fand Speyer Hinweise auf die Vernichtung christenfeindlicher Schriften, von heidnischen Ritualbüchern, von lasziver Literatur sowie von Zauberbüchern. Nach Speyers Ansicht sind Schriften der klassischen Literatur und Wissenschaften nie gezielt vernichtet worden."
 
Was sagst du denn zu Speyer Dion?

Wird ignoriert. Speyer hatte ich schon einige Male zitiert. Stattdessen werden weiter unfundierte Pauschalurteile aus veralteter Literatur aufgeboten, wie man sie halt bei Wiki so findet.

Es wundert mich nicht, dass Du keine einzige Schrift nennen kannst.[...]
Von systematischen Maßnahmen, die auf die Vernichtung wissenschaftlicher oder philosophischer Literatur zielten, kann keine Rede sein.
Auch gegen schöngeistige Literatur wurde nicht systematisch vorgegangen, nicht einmal gegen Werke "lasziven Inhalts": "Wäre ein derartiger Grundsatz von den Klerikern und Mönchen befolgt worden, so wären weder viele Komödien der Griechen und Römer, noch große Teile ihrer Liebesdichtung erhalten geblieben. [...] In einzelnen Handschriften wurden obszöne Verse gestrichen, nicht mehr abgeschrieben oder geglättet." (Speyer, S. 138f)

Das Fazit am Ende des Buches lautet:
"Hingegen sind die Verluste der heidnischen Literatur, sofern sie nicht ausgesprochen christenfeindlich war, zu einem ganz geringen Teil durch gezieltes Vorgehen der Christen entstanden. Aus sittlichen Bedenken werden einzelne Komödien, Elegien oder Epigramme beseitigt oder nicht mehr abgeschrieben worden sein; aber hier muß das meiste Vermutung bleiben. Die in der Forschung bisher abgegebenen allgemeinen Urteile entbehren der gesicherten Grundlage."

Dass Urteile, die ohne Faktenbasis abgegeben werden, vielfach ungeprüft abgeschrieben werden und irgendwann bei Wiki oder in journalistischen Artikeln landen, wundert mich natürlich auch nicht.



... gibt es ein Kapitel über die Zerstörung von Bibliotheken; demnach gibt es keine wesentlichen Erkennnisse seit dem Buch von Speyer: Keine Quelle berichtet über eine gezielte Vernichtung von Bibliotheken, mit Ausnahme der von mir erwähnten Zerstörung der Bibliothek in Antiochia. (Und auch dazu schreibt Rohmann, die Quellen seien recht spät und mit Vorsicht zu genießen.)
 
habe ich das richtig nachgelesen, dass Hadriansbibliothek und Trajanstempel große Repräsentationsbauten, aber keine religiösen Kultstätten im engeren Sinne waren?
Nach dem, was ich gelesen habe, war der Trajanstempel eine Kultstätte, die der Verehrung des vergöttlichten Trajan gewidmet war.
ich gehe davon aus, dass du absichtlich das Adjektiv "religiös" ausgelassen hast? Also der Trajanstempel quasi als Repräsentationsbau für den offiziellen Staatskult, eher eine Art steinerner Fahneneid als ein Tempel, in welchem der betreffende Gott angefleht wird.
 
ich gehe davon aus, dass du absichtlich das Adjektiv "religiös" ausgelassen hast? Also der Trajanstempel quasi als Repräsentationsbau für den offiziellen Staatskult, eher eine Art steinerner Fahneneid als ein Tempel, in welchem der betreffende Gott angefleht wird.
Nicht mit Absicht.
Wenn Du den Begriff "religiöse Kultstätten im engeren Sinne" so verstanden haben willst, dass vergöttlichte Kaiser nicht als Gottheiten zählen, dann zählt der Trajanstempel nicht als Tempel. Aber was bringt diese subtile Differenzierung? Die Zerstörung des Tempels durch Jovian ergibt doch eigentlich nur Sinn, wenn damit ein Exempel gegen den "Götzendienst" statuiert werden sollte.
 
für unser Thema hier: ist der Kaiserkult eher eine Religion gewesen oder eher was "politisches"?
Bezogen auf das Thema "Zerstörung des Trajanstempels" erschließt sich mir der Nutzen einer solchen Diskussion nicht.
Man könnte mutmaßen, dass Hadrian bei der Errichtung des Trajanstempels eher Politisches im Sinn gehabt hat. Politisches hatten sicher auch Julian und Jovian im Sinn, aber hier ging es um Religionspolitik, da wird man die religiösen Aspekte nicht säuberlich vom "Politischen" trennen können.
 
ist der Kaiserkult eher eine Religion gewesen oder eher was "politisches"?
Ich schließe mich Sepiola an, dass man das schwer trennen kann. Ein politisches Ziel des Kaiserkults war die Sicherung der Loyalität gegenüber dem Herrscher. Diese kultische Verehrung konnten aber Christen aufgrund des Ersten Gebotes nicht erbringen - nicht weil sie ein politisches Problem mit dem Kaiser hatten, sondern eben aus religiösen Gründen. Juden, für die ja auch das Erste Gebot galt, waren hingegen als religio licita von der Darbringung des Kaiseropfers befreit. Erst als Galerius im Jahr 311 in seinem Toleranzedikt das Christentum auch zur religio licita erklärte, fehlte die rechtliche Grundlage für eine politisch/religiöse Verfolgung der Christen im Imperium.
Daher denke ich bringt es nichts, wenn man nur die "politische" oder nur die "religiöse" Seite betrachtet.
 
aber hier ging es um Religionspolitik, da wird man die religiösen Aspekte nicht säuberlich vom "Politischen" trennen können.
ausgerechnet Kaiser Konstantin - ja genau der in hoc signo ;) - ließ sich noch vergöttlichen:
Allerdings gestattete Konstantin andererseits ausdrücklich den Kaiserkult ohne blutige Opfer.[3] Er wurde zwar kurz vor seinem Tod getauft, danach aber dennoch offiziell zum divus erhoben. Seine bereits christlich erzogenen Söhne ließen die Apotheose ihres Vaters auf eigens geprägten Münzen feiern.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kaiserkult
Daher denke ich bringt es nichts, wenn man nur die "politische" oder nur die "religiöse" Seite betrachtet.
ich neige dazu, beim Kaiserkult die politische Seite für etwas relevanter als die religiöse zu halten - vorhanden waren beide.
Unsere Diskussion hatte gezeigt, dass etliche "heidnische" Tempel, Feste etc ihrer religiösen Aspekte verlustig gegangen waren, aber die Feierlichkeiten und die kunstvollen Bauwerke (Tempel) behagten den meisten durchaus noch - gut möglich dass die Kaiserstatuen, Kaisertempel im 3.-4. Jh. ebenso weniger religiös und eher staatstragend/politisch wirkten.

...aber beim warten auf die Gegenargumente (siehe paar Beiträge zuvor) bin ich abgeschweift, Pardon
 
Zurück
Oben