War das Mittelalter ein Rückschritt?

Das sieht jetzt schon viel differenzierter aus!
Ja, im Kleinklein des Alltags kann der Überblick für das Ganze schon mal verloren gehen.

Da wird es noch Diskussionsbedarf en Detail geben (Wasserleitungen & Bäder Karls des Großen - übrigens ganz kurios, weil militärisch: Sperrstellungen (z.B. ostgotische) waren ein militärtechnisches Novum in der Spätantike - - es gäbe noch mehr)
Nur her damit - vielleicht können wird dann eine neue Liste zusammenstellen.

'Das Christentum' gibt es nicht.
Natürlich gibt es das Christentum genauso wie es den Kommunismus gibt. Beides sind Ideen, an die Menschen mehr oder minder begeistert glaub(t)en und in ihrer Begeisterung auch Gräueltaten anrichteten – selbstverständlich im Glauben, sie tun damit Gutes.

Ich hatte ausdrücklich auf den Fortbestand der bekannten neuplatonischen Schule und ihrer Lehrtätigkeit hingewiesen, der belegt ist.
Ja, das hast du. Aber du hast auch Hypatia und Serapeion genannt als abweichend von – Zitat:
Folgt man gewissen Vereinfachungen, so herrschen dort ab spätestens dem fortgeschrittenen 4. Jh. ein christlicher bildungs-/wissensfeindlicher, antiheidnischer und gewaltbereiter Mob samt Ortsbischof und …
(…)
Die davon abweichenden, hinreichend rekonstruierbaren, komplexen Wirklichkeiten/Situationen wurden in einigen Beiträgen hier thematisiert...
  • Hyptia
  • Serapeion
  • die Fortbestand des alexandrinische Neuplatonismus, des philosophischen Schulbetriebes
  • die - empirisch - nachweisbaren Philosophen, Gelehrten
  • die damit verbundene, wahrscheinliche Weiterexistenz der Bibliothek von Alexandria
  • der Nachschub an Gelehrten in Konstantinopel aus Alexandria
  • usw.
Hypatia und Serapeion wurden beide Opfer des von dir genannten Mobs – passen also nicht zu den 4 nachfolgend genannten positiven Fällen. Aber vielleicht habe ich dich nur falsch verstanden.

Was soll das heißen Valens hätte „sonst keine entscheidenden oder bedeutenderen anti-heidnischen Gesetzgebungen erlassen“? Reichen die Gesetze nicht, die ich in #245 zitiert habe?
Waren und sind primär keine anti-heidnischen Gesetzgebungen gewesen.
Wie man es nimmt. In der Conclusio schreibt Rohmann u.a. dies:

In Bezug auf die kaiserliche Zensurgesetzgebung habe ich auf die vielen praktischen Schwierigkeiten hingewiesen, die eine systematische Durchsetzung dieser Gesetze verhinderten. Es gibt besonders wenig Belege dafür, dass staatliche Behörden die Zensur- oder Bücherverbrennungsgesetze durchgesetzt haben, abgesehen von einigen spektakulären Vorfällen. Andererseits gibt es wahrscheinlich mehr Belege für eine klerikale Durchsetzung oder für Vorfälle von Bücherverbrennungen durch - wie ich es genannt habe - eifrige Christen, die manchmal von den staatlichen Behörden unterstützt wurden, insbesondere von den defensores, wie wir in Kapitel 3 gesehen haben. Wie auch bei anderen religiösen Gesetzen bildete die kaiserliche Gesetzgebung eher einen rechtlichen Rahmen, mit dem den Tendenzen der damaligen Zeit Rechnung getragen wurde, als dass sie eine Richtlinie darstellte, von der man ernsthaft annahm, dass sie im gesamten Reich in Kraft gesetzt werden sollte. Übersetzt mit DeepL.com

Mit anderen Worten: Die kaiserliche Gesetzgebung sicherte die von Klerikern gewünschten und vielfach durchgesetzten Bücherverbrennungen rechtlich ab; Kleriker konnten staatlicherseits für ihr Tun nicht zu Rechenschaft gezogen werden. Das fing schon mit dem Bischof Ambrosius von Mailand und dem Kaiser Theodosius I. an – siehe hier.

Wenn ein Bischof mit auf der Religion basierenden Drohungen sogar einen Kaiser dazu bringen kann, nachzugeben, was kann man dann von normalen staatlichen Beamten erwarten? Die kuschten vor Klerikern, die nach und nach das Kommando im Staat übernommen haben und sie behielten sie das ganze Mittelalter hindurch – siehe Gang nach Canossa des Kaisers Heinrich den IV. Dass es zwischendurch auch Kaiser gab, die dem Klerus Paroli boten – siehe Stauferkaiser Friedrich der II. – steht auf einem anderen Blatt: Der war mächtig genug und konnte sich zudem auf nichtkäufliche, aus Sarazenen! gebildete Leibgarde verlassen; sie waren immun sowohl für Verlockungen (sie kämen in den Himmel) wie auch Drohungen (sie kämen in die Hölle) des Papstes.

Irgendwo habe ich schon gesagt: Wer die wahre Macht im Staate hat, der ist auch verantwortlich dafür, was im Staat getan oder nicht getan wird. Und im Frühmittelalter gab es so gut wie keine Innovationen, und selbst vieles, was man im römischen Reich kannte, hat man in Vergessenheit geraten lassen. Insofern kann man im Sinne des Fadentitels schon konstatieren: Frühmittelalter war ein Rückschritt.
 
Wenn ein Bischof mit auf der Religion basierenden Drohungen sogar einen Kaiser dazu bringen kann, nachzugeben, was kann man dann von normalen staatlichen Beamten erwarten? Die kuschten vor Klerikern, die nach und nach das Kommando im Staat übernommen haben und sie (?) behielten sie das ganze Mittelalter hindurch
...wen behielten sie (die Kleriker), etwa die Kommando?
Bitte formuliere deine Überlegungen doch so, dass man sie auch verstehen kann, denn sonst ist so etwas
Irgendwo habe ich schon gesagt
völlig unerheblich. Nebenbei: auch im Fall verständlich strukturierter Sätze bist du ganz sicher nicht das Maß aller Dinge. Auch nicht
im Kleinklein des Alltags
;):D

Ist dir eigentlich mal der Gedanke gekommen, dass etliche spätantike und spätere Kaiser, Könige, Warlords nicht einzig angstbibbernde Pfaffenknechte gewesen sein könnten, sondern dass es welche mit eigenen - ja, auch katholisch-christlichen - Überzeugungen gegeben haben könnte? Nehmen wir den von dir schon als bösen Bücherverbrenner gebrandmarkten Justinian: willst du ernstlich behaupten, gerade dieser seie kuschend im Staub vor irgendwelchen Bischöfen gekrochen, eiligst beflissen, deren Befehle auszuführen?? Welcher Bischof konnte die Merowingern und Karolinger dazu bringen, die Konkurrenz durch die iroschottische Mission zu unterbinden?

Nur her damit - vielleicht können wird dann eine neue Liste zusammenstellen.
...na, bevor wir das tun - du willst ja den Zeitraum des Frühmittelalters speziell herausstellen - beherzigen wir erst mal, was man vorab wissen könnte:
(...)Das Ergebnis war, dass Cassiodor nicht wesentlich mehr antike Texte kannte als wir heute. Er hatte die einzige größere Bibliothek des späteren 6. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist. Auf Grundlage der Zitierungen verfügte sie etwa über 100 Codices – gerade im Vergleich mit Symmachus und Boethius belegt dies, wie massiv die kulturellen Verluste um 550 gewesen waren. Cassiodors Bibliothek bildete gleichsam einen Flaschenhals – was er retten konnte, blieb meist erhalten.
(...)
Wie das faktenreiche Standardwerk „Geschichte der Bibliotheken“ 1955 angab, musste der Verlust vor 500 eingetreten sein: „Bereits zu Beginn des 6. Jahrhunderts war der große Verlust an antiken Texten eingetreten, und der Vorrat der Schriftsteller, die Cassiodor und Isidor zur Hand waren, überschreitet nicht erheblich den Kreis des auch uns Bekannten.“
Den katholischen Bischöfen, dem Bischof von Rom, dem Patriarch von Byzanz usw - denen war nicht an der Zerstörung von nützlichem Wissen (Straßenbau, Kartierung, Wasserleitungen usw usf) gelegen! In der Hauptsache richteten sich deren gerne auch handgreifliche Sanktionen gegen Häresien, gegen allerlei Heidnisches (Götzendienst etc, damit auch entsprechende Tempel usw) Der Verlust des Celsus ist zu beklagen, den haben die Kirchenjungs auf dem Gewissen.

Der kulturelle Niedergang im Vergleich zur zivilisatorischen römischen Kultur vor dem 3. Jh. ist nicht das Resultat des Religionswechsels (Konstantin, später Theodosius)
 
...wen behielten sie (die Kleriker), etwa die Kommando?
Natürlich muss es heißen es - also das Kommando. Sorry.

Ist dir eigentlich mal der Gedanke gekommen, dass etliche spätantike und spätere Kaiser, Könige, Warlords nicht einzig angstbibbernde Pfaffenknechte gewesen sein könnten, ...
Wenn du meinen diesbezüglichen Absatz ganz gelesen hast, was ich annehme, dann hast du auch gelesen, was ich beispielsweise zum Friedrich II., also einem späteren Kaiser, gesagt habe.

Den katholischen Bischöfen, dem Bischof von Rom, dem Patriarch von Byzanz usw - denen war nicht an der Zerstörung von nützlichem Wissen (Straßenbau, Kartierung, Wasserleitungen usw usf) gelegen!
Natürlich nicht - sie wollten, das habe ich schon gesagt, mit den Bücherverbrennungen Gutes tun.

Nehmen wir den von dir schon als bösen Bücherverbrenner gebrandmarkten Justinian: willst du ernstlich behaupten, gerade dieser seie kuschend im Staub vor irgendwelchen Bischöfen gekrochen, eiligst beflissen, deren Befehle auszuführen?
Nein, denn Justinian war, wie einige in Konstantinopel residierten Kaisern vor ihm, ein archiereus basileus („hohepriesterlicher König“) oder sacerdos imperator („Priesterkaiser“), ein so überzeugter Christ, dass es eines Ansporns durch Patriarchen von Konstantinopel gar nicht bedurfte. Den Patriarchen von Konstantinopel gab es zwar weiterhin, aber eine so mächtige Stellung wie der Bischof von Rom (der Papst) hatte der nie.

Ich halte diese Beschränkung der Macht der Kirche für wesentlich für die Existenz des byzantinischen Reiches. Warum? Weil man nicht Diener zweier Herren sein kann: Während im Westen die Bischöfe sowohl geistige als auch weltliche (staatlichen) Aufgaben übernahmen, blieb die Verwaltung des Ost-Reiches weiter in den Händen des staatlichen Beamten.

Der kulturelle Niedergang im Vergleich zur zivilisatorischen römischen Kultur vor dem 3. Jh. ist nicht das Resultat des Religionswechsels (Konstantin, später Theodosius)
Während ich von der Mitverantwortung des Religionswechsel für den Niedergang der Kultur* rede, sagst du hier kategorisch: Religionswechsel hätte damit nichts zu tun. Es freut mich, dass du hier so deutlich gezeigt hast, was deine Intention in diesem Faden ist, denn das hilft mir, deine Beiträge richtig einzuordnen.

* Du nennst zwar das 3. Jahrhundert, aber nennst dazu Konstantin und Theodosius, die beide Kaiser des 4. Jahrhundert waren.
 
Während ich von der Mitverantwortung des Religionswechsel für den Niedergang der Kultur* rede, sagst du hier kategorisch: Religionswechsel hätte damit nichts zu tun. Es freut mich, dass du hier so deutlich gezeigt hast, was deine Intention in diesem Faden ist, denn das hilft mir, deine Beiträge richtig einzuordnen.

* Du nennst zwar das 3. Jahrhundert, aber nennst dazu Konstantin und Theodosius, die beide Kaiser des 4. Jahrhundert waren.
...ich befürchte, du hast da einen Satz missverstanden (evtl. habe ich das auch zu knapp formuliert) also nochmal:
Der kulturelle Niedergang im Vergleich zur zivilisatorischen römischen Kultur vor dem 3. Jh. ist nicht das Resultat des Religionswechsels (Konstantin, später Theodosius)
also:
- das hohe Maß der römischen städtischen Kultur vor dem 3.Jh. als Messlatte
- dann setzt der Niedergang in den Zeiten der Reichskrise ein (3.Jh.)
Das ist - wie erstaunlich... - nicht das Resultat des Religionswechsels (welcher später stattfand)

Und welche Intention meinerseits ermittelt Sherlock Dion da? Hast du wahrgenommen, wie es um die Bibliothekenbestände nach der Reichskrise bestellt war? Wie schon öfter habe ich daraus zitiert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bücherverluste_in_der_Spätantike#Weströmisches_Reich

Schon bevor die Kirchenleute überhaupt in die Position gelangen konnten, irgendwas zu verbieten, zu sanktionieren, politischen Einfluß zu gewinnen, hatte der kulturelle-zivilisatorische Niedergang begonnen.
 
Darüber haben wir schon gesprochen: Du meinst, es gäbe keinen Beweis, dass sich vor der Zerstörung des Serapheum dort Schriftrollen befunden haben. Und ich meine, es gäbe keinen Beweis dafür, dass die Schriftrollen irgendwann zuvor entfernt wurden.

Du sprichst von Beweisen, ich von Belegen. Als Beleg würde ich die Beschreibung eines Augenzeugen werten, der Alexandria besichtigt hat und die Götterstatuen des Serapeion noch als existent beschreibt, die Bibliothek jedoch nicht.

Das sind 2 unbewiesene entgegengesetzte Positionen
Wir diskutieren doch über folgendes:
Also die Idee, dass christliche Mönche allein aus Hass auf alles Heidnische praktische Schriften zerstörten lässt sich nicht belegen.
Solches kann man nur sagen, wenn man die von einem Bischof angeordnete Zerstörung des Serapeions in Alexandria im Jahr 391 ignoriert.
Meine Position ist folgende:
Nein, solches kann man wohl sagen, wenn man sämtliche Belege zusammenrechnet, die Du für die Zerstörung praktischer Schriften gebracht hast. Einschließlich Serapeion komme ich bislang auf:

NULL.
Du hältst die Zerstörung der praktischen Schriften für belegt; als "Beweis" für diese unhaltbare These dient die unbeweisbare Behauptung, bei der Zerstörung des Serapeions 391 sei ebendies passiert.

Ein Mob – wie der seinerzeit von Theophilos aufgehetzter – ist blind und unterscheidet nicht zwischen christlichen und heidnischen Schriften.
In diesem Fall wäre es allerdings absurd, von einer gezielten Vernichtung "heidnischer praktischer Schriften" zu sprechen.

Dass meine Ansicht eine gewisse Berechtigung hat, habe ich schon in meinem Posting #81 versucht darzustellen, in dem ich zumindest die technologischen „Errungenschaften“ des Mittelalters zusammengetragen habe; dort sieht man in den ersten 4 mittelalterlichen Jahrhunderten gähnende Leere.

Was damit bewiesen sein soll, weiß ich nicht, aber die leeren Jahrhunderte lassen sich füllen:

... some important innovations were made.
  1. Efficient horse collar. This allowed harnessing the horse efficiently - literally - and getting the best out of horses. The Romans had a very inefficient harness which effectively strangled the horse on heavy loads.
  2. Wheeled heavy plow. This allowed plowing fields previously unaccessible, and plowing the fields deeper and more efficiently, leading to better agricultural practises. This led into disappearance of slavery and rise of serfdom. Serfdom was NOT slavery: it was tenant farming (sharecropping).
  3. Rotation of crops, Efficient plow and horse-collar led into third important innovation: rotation of crops. This led into better harvests and less losses to harvest diseases.
  4. Catalan forge. The Catalan forge was the precursor of the true blast furnace (which in turn was to be invented in Sweden in the 12th century), and it allowed mass production of iron and reduced the price of iron a lot. Bronze got finally replaced with iron for good.
  5. Cantled saddle. The cantled saddle allowed use of couched lance on horseback instead of it turning into polevault; and the horseman could now charge in full gallop on the enemy instead of trot like the cataphracts.
  6. Stirrup. Another important innovation, which allowed the horsemen to ride without tiring and swing sword in melee efficiently and use sword and shield simultaneously. The cantled saddle and stirrup meant the rise of the knights.
  7. Lateen sail. The lateen sail is first mentioned in Byzantine sources in the 6th century, and while the square sail is the most efficient downwind sail there is, the lateen sail allows tacking and rising into the wind. The Arabs have a saying “Only a madman or a Christian will sail against the wind” for this.
  8. Vellum. When the source of papyrus dried out, a replacement product was invented: vellum. Although it was horribly expensive, it enabled keeping literacy alive until paper was introduced in the 12th century.
  9. Efficient waterwheel. The overshot waterwheel was invented during the Dark Ages. It was found to be much more efficient than the undershot mill, and quickly spred all around Europe. Besides milling grain, it was used to power various other tasks as well, and quickly made slavery inefficient. This is also the reason why we call today various factories as “mills”.
  10. Efficient windmill. The great Dark Ages innovation was to make the upper part of the windmill movable so it could be directed towards wind where it could be used in the most efficient way. The windmill was another innovation which led into disappearance of slavery - no more slaves needed to grind the hand-stones.
Susanna Viljanen's answer to Were the Dark Ages really pretty dark in terms of innovation, progress, etc.? - Quora
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wird wohl kaum große Auswirkungen gehabt haben, hatte Justinian nicht noch selber einen großen Gesetzeskodex gemacht/machen lassen??



Also ich glaube kaum, dass das Christentum groß zur "Verweichlichung" der römischen Bevölkerung geführt hat. Christen gab es schon lange in der römischen Armee. Das sieht man an den Christenverfolgungen.
Die Römer haben Söldner für sich kämpfen lassen.
 
Die Römer haben Söldner für sich kämpfen lassen.

Du meinst Foederaten. Ja, aber das war auch ne allmähliche Entwicklung, oder? Ich glaub nicht, dass allein deswegen die Römer als verweichlicht gelten sollten. Bestimmt weiß hier jemand wie das Foederaten System entstanden ist? Man hatte ja sich ursprünglich durchaus überlegen gefühlt weil man so toll patriotisch fürs eigene Land kämpft. Dabei haben die Römer aber früh erkannt, dass es Sinn macht Spezialisten aus anderen Ländern anzuheuern, gallische und germanische Reiter, syrische Bogenschützen etc
 
Es gibt besonders wenig Belege dafür, dass staatliche Behörden die Zensur- oder Bücherverbrennungsgesetze durchgesetzt haben, abgesehen von einigen spektakulären Vorfällen. Andererseits gibt es wahrscheinlich mehr Belege für eine klerikale Durchsetzung oder für Vorfälle von Bücherverbrennungen durch - wie ich es genannt habe - eifrige Christen, die manchmal von den staatlichen Behörden unterstützt wurden,

Mit anderen Worten: Die kaiserliche Gesetzgebung sicherte die von Klerikern gewünschten und vielfach durchgesetzten Bücherverbrennungen rechtlich ab;

Die Differenz zwischen Rohmann & Deiner Zusammenfassung scheint mir offenkundig. Und Ambrosius hat keine Bücher verbrennen lassen. Wieder undifferenzierte Allgemeinplätze zu moralischen Diskreditierung 'des Christentums'?
Du eilst von einem Hotspot zum anderen...die beachtlichen räumlichen und zeitlichen Lücken stören Deine Argumentation offenbar nicht...

Ich hatte mich auf Valens bezogen, da Du ihn via Rohmann eingeführt hattest, und Steinacher zitiert. Vielleicht magst Du die vielen Fälle aufzeigen, in welchen während Valens Herrschaft in seinem Reichsteil Ortsbischöfe Bücherverbrennungen initiierten. Vielleicht ist es Dir auch möglich, insgesamt jeweils für gewisse Zeitabschnitte und jeweilige gewissen Regionen und Orte im Bereich des westlichen und östlichen Römischen Reichsteils die Bücherverbrennungen und Bibliothekszerstörungen aufzulisten.

In weiten Flächen und vielen Bischofssitzen der jeweiligen Herrschaftsgebiete der oströmischen Kaiser geschah nichts dergleichen, meine ich mich zu erinnern. Und östlich des Römischen Reiches bei christlichen Gemeinden und Bischöfen sowieso nicht.


Hypatia und Serapeion wurden beide Opfer des von dir genannten Mobs – passen also nicht zu den 4 nachfolgend genannten positiven Fällen. Aber vielleicht habe ich dich nur falsch verstanden.
Hast Du. Es ging um die Hintergründe des Mordes an Hypatia, siehe entsprechenden Beitrag, ebenso um die Umstände der Angriffes auf den Serapeion-Tempels.

Die kuschten vor Klerikern, die nach und nach das Kommando im Staat übernommen haben und sie behielten sie das ganze Mittelalter hindurch

Ab dem Frühmittelalter bis ins 10./11. Jh. herrschte im westlichen, katholischen Europa bekanntlich vor allem der Nepotismus und die Institution der Reichskirchen-Bischöfe, die von den jeweiligen Herrschern eingesetzt wurden, häufig gegen Geld oder wegen freundschaftlicher, verwandtschaftlicher Beziehungen.
Ansonsten empfehle ich beispielsweise die Beschäftigung mit den Avignonesischen Papsttum.

In Beitrag # 209 war meinerseits schon auf die christliche theologische Schule von Nisibis (ab dem 5.. Jh.) hingewiesen...und auf ihre Rolle bei der Übersetzung klassischer griechisch-'heidnischer' Werke.
Magst Du vielleicht dazu noch etwas sagen?

An der klassischen Bildungstradition nahmen, ich hatte dies ebenfalls wiederholt gepostet, auch alexandrinische Christen teil, wie bereits ebenfalls in Beitrag 246 mit Zitatauszug von Hahn referiert:

Philosophie als obligater Bestandteil des traditionellen Bildungskanons für die aristokratische Führungsschicht hatte jedenfalls in Alexandria auch für Christen nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, und das ungehinderte Fortblühen der alexandrinischen Neuplatonismus wie überhaupt der philosophischen Schulbetriebes in der Stadt bis zur arabischen Eroberung ist hierfür der klarste Beleg.

Magst Du vielleicht dazu noch etwas sagen?

Ich hatte ausdrücklich auf den Fortbestand der bekannten neuplatonischen Schule und ihrer Lehrtätigkeit hingewiesen, der belegt ist.

Siehe Beitrag+246, Zitatauszug von Hahn:
Weder im Jahre 415 noch zu einem anderen Zeitpunkt vor der Regierung Justinians wurden Professoren in Alexandria wegen der von ihnen gelehrten Philosophie oder um ihrer einfachen heidnischen Gesinnung willen attackiert oder verfolgt.
Als letzter nachweisbarer Vertreter gilt Stephanus von Alexandria, der 610 an den kaiserlichen Hof in Byzanz berufen wurde. Übrigens auch Astronom, Alchemist, Astrologe usw. usw.

Und dazu?

Schaut man sich die Verteilung der aktuell feststellbaren Geburtshoroskop-Erstellungen in der Spätantike an, so steigt die Verteilung halt deutlich wieder ab dem späten 4. Jh. an, Schwerpunkt offenbar natürlich im griechisch sprachigen Raum/Reichsteil. Nur für die Regierungszeit von Justinian I. gibt es eine ausgeprägte Lücke.

Und hierzu?

Ein paar Anregungen:
  • die Christen der Antiochenischen Schule, Miaphysiten, Nestorianer, Maroniten usw. haben die spätantike, angeblich allgemeine christliche Entwicklung nicht mitgemacht.
  • Vor allem östlich des Oströmischen Reiches, beispielsweise im Sassaniden-Reich, blieben die Christen 'normal'. Wissenschaftlich hinlänglich bekannt und referiert sind die vielfältigen Tätigkeiten diverser christlicher Theologen, Gelehrter, Philosophen und Schulen bei der Tradierung und Übersetzung griechischer 'heidnischer' Werke ins Aramäische oder Syrische
  • bekanntlich haben zahlreiche Christen an prominenter Stelle ebenso im frühen arabisch-islamischen Reich als Ärzte, Gelehrte, Wissenschaftler, Astronomen gewirkt...
  • Theophilus von Edessa gilt für diese Phase als bekanntestes Beispiel. Astronom, Hofastrologie beim Kalifen, Bibelausleger
  • wiederholt lohnt sich der Blick die Gebiete der nichtchristlichen, später so genannten Alamannen, die in der Römische Reichskrise des 3. Jh. mit seiner Aufgabe des hiesigen Limes ab ca. 260 n. Chr. in die westlich davon gelegenen römischen Gebiete einrückten, und auf ihr Wirken oder vielmehr Nichtwirken bei der Übernahme der römischen Strukturen, Kenntnisse und Fähigkeiten
 
Rohmann behauptet in der Conclusion nirgends eine sytematische, flächendeckende und jahrhundertelange konstante oder gar gesteuerte allgemeine, vielfache 'christliche' Bücherverbrennungs- u. Bobliothekenzerstörungs-Kampagne.
 
Du meinst Foederaten. Ja, aber das war auch ne allmähliche Entwicklung, oder? Ich glaub nicht, dass allein deswegen die Römer als verweichlicht gelten sollten. Bestimmt weiß hier jemand wie das Foederaten System entstanden ist? Man hatte ja sich ursprünglich durchaus überlegen gefühlt weil man so toll patriotisch fürs eigene Land kämpft. Dabei haben die Römer aber früh erkannt, dass es Sinn macht Spezialisten aus anderen Ländern anzuheuern, gallische und germanische Reiter, syrische Bogenschützen etc

letztendlich haben die Römer schon lange vor der Kaiserzeit auf nicht unbedingt "kernrömische" Truppen zurückgegriffen, insofern sie den unterworfenen Städten und Landschaften Italiens aufzwangen Truppen zu stellen.

Ob nun vor der Expansion des Imperium die Kernrömer die unterworfenen Rivalen im Latium, in Umbrien, der Toskana und der Campagna unter die Standarten ihrer Truppen holten oder seit der Kaiserzeit verstärkt "barbarische" Stämme zu foederati gemacht und für militärische Zwecke angeworben wurden, wo ist da der große Unterschied?

Auch ohne mich in der römischen Geschichte besonders gut auszukennen, die Vorstellung die römischen Streitkräfte haben nur aus patriotischen Römern bestanden und wurden dann in der Kaiserzeit durch angeworbene Foederati ersetzt, was zur Verweichlichung der Römer geführt habe, ist ein wirklich unsinniger Topos
 
Du meinst Foederaten. Ja, aber das war auch ne allmähliche Entwicklung, oder? Ich glaub nicht, dass allein deswegen die Römer als verweichlicht gelten sollten. Bestimmt weiß hier jemand wie das Foederaten System entstanden ist?
Die Verwendung von Foederaten in der Spätantike konnte unterschiedliche Hintergründe haben. Teils wurden tatsächlich fremde Verbände angeheuert, um kampferprobte, aber vergleichsweise kostengünstige und außerdem fertige Truppen zu erhalten, statt sich selbst um Rekrutierung, Ausrüstung und Ausbildung kümmern zu müssen. Oft ging es aber schlicht darum, aus einer unvermeidlichen Situation das Beste zu machen: Dann und wann wurden (mehr oder weniger freiwillig) fremde Verbände aufs Reichsgebiet gelassen, weil man sie nicht mehr abwehren konnte oder um Druck von der Grenze zu nehmen. Na und wenn sie schon einmal da waren, sollten sie sich wenigstens nützlich machen: Ihr dürft bleiben und bekommt sogar Lebensmittel und Geld (oder Land), aber dafür müsst ihr für uns kämpfen.

letztendlich haben die Römer schon lange vor der Kaiserzeit auf nicht unbedingt "kernrömische" Truppen zurückgegriffen, insofern sie den unterworfenen Städten und Landschaften Italiens aufzwangen Truppen zu stellen.

Ob nun vor der Expansion des Imperium die Kernrömer die unterworfenen Rivalen im Latium, in Umbrien, der Toskana und der Campagna unter die Standarten ihrer Truppen holten oder seit der Kaiserzeit verstärkt "barbarische" Stämme zu foederati gemacht und für militärische Zwecke angeworben wurden, wo ist da der große Unterschied?
Das kann man nur bedingt vergleichen. Viele unterworfenen Städte und Stämme Italiens blieben formal selbstständig und schlossen Bündnisse mit Rom. In diesen Verträgen verpflichteten sie sich insbesondere zur Stellung von Truppen. Offiziell handelte es sich aber um selbstständige Alliierte, die auf Grundlage eines zwischenstaatlichen Vertrags Truppen beisteuerten. (Dass die Realität etwas anders aussah, ist klar.)
Die Foederaten der Spätantike hingegen traten in römische Dienste: Wir kämpfen für euch, dafür bezahlt ihr uns mit Essen, Geld oder Land. Das hatte somit viel mehr den Charakter eines Geschäfts.
 
Auch ohne mich in der römischen Geschichte besonders gut auszukennen, die Vorstellung die römischen Streitkräfte haben nur aus patriotischen Römern bestanden und wurden dann in der Kaiserzeit durch angeworbene Foederati ersetzt, was zur Verweichlichung der Römer geführt habe, ist ein wirklich unsinniger Topos

Tja, das Rom Karthago besiegte weil sie nicht "kämpfen ließen" haben die Römer selbst geschrieben. Das mit Kämpfen lassen Dekadenz einherging konnte ich noch im Fernsehen hören. War mir dann aber schon klar, dass das dummes Geschwätz ist. Dieser Topos scheint bei Leuten mit einem sehr oberflächlichen Verständnis der Römer aber noch weit verbreitet. Irgendsoein 4Chan Meme hat sich noch darüber amüsiert. Auf welcher Seite der "Debatte" der Urheber stand weiß ich aber nicht.
 
Hast du wahrgenommen, wie es um die Bibliothekenbestände nach der Reichskrise bestellt war? Wie schon öfter habe ich daraus zitiert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bücherverluste_in_der_Spätantike#Weströmisches_Reich

Danke für den Link – und ich zitiere ebenfalls daraus:

Der Verlust antiker Papyri sowie des öffentlichen Zugangs zur Literatur hatte unmittelbare Auswirkung auf den Bildungsstand der Gesamtbevölkerung im weströmischen Reich. Am Ende dieses Prozesses erlischt die Schriftlichkeit weitgehend und die historischen Informationen sind mehr als lückenhaft. In Hinblick auf die Überlieferung beurteilte Karl Büchner diesen Zeitraum: „Schlimmer [als die Germanisierung] für die römische Kultur ist der endgültige Sieg des Christentums.“

Du hältst die Zerstörung der praktischen Schriften für belegt; als "Beweis" für diese unhaltbare These dient die unbeweisbare Behauptung, bei der Zerstörung des Serapeions 391 sei ebendies passiert.
Wir drehen uns im Kreis, denn deine Behauptung, bei der Zerstörung des Serapeions seien keine „praktischen Schriften“ mitzerstört worden, ist ebenfalls unbelegt.

In diesem Fall wäre es allerdings absurd, von einer gezielten Vernichtung "heidnischer praktischer Schriften" zu sprechen.
Du unterschlägst hier, dass mein Satz eine Antwort auf deine konstruierten Annahme war, in der Bibliothek lagerten auch "heilige Schriften", möglicherweise die Urschriften der Septuaginta.

Und jetzt drehst du meine Antwort so, als ob ich damit von einer gezielten Vernichtung "heidnischer praktischer Schriften" gesprochen hätte. Das ist eine Unterstellung, die ich von dir nicht erwartet hätte.

Im Fogenden hat Sepiola als Zitate gebracht:
The Dark Ages were not uniform lawlessness, and some important innovations were made.

Efficient horse collar. This allowed harnessing the horse efficiently - literally - and getting the best out of horses. The Romans had a very inefficient harness which effectively strangled the horse on heavy loads.
Hier handelt es sich offenbar um Kummet oder Kumt – Zitat aus deutschen Wikipedia: Das Kumtgeschirr wurde bereits um 500 v. Chr. in China erfunden. Es erreichte Europa aber erst um 1000 n. Chr.

Die englische Wikipedia dagegen sagt: The Chinese breast harness became known throughout Central Asia by the 7th century, and was introduced to Europe by the 8th century.

Andere, wie http://www.fsmitha.com/h3/time09.html und hier, sprechen vom 9. Jahrhundert.

Meine Meinung: Kumtgeschirr wurde um das Jahr 800 erfunden, vielleicht ein bisschen früher, vielleicht ein bisschen später. Also möglicherweise im Frühmittelalter erfunden.

Wheeled heavy plow. This allowed plowing fields previously unaccessible, and plowing the fields deeper and more efficiently, leading to better agricultural practises. This led into disappearance of slavery and rise of serfdom. Serfdom was NOT slavery: it was tenant farming (sharecropping).
Meine Meinung: Ich weiß nicht genau, was Wheeled heavy plow bedeutet, aber wenn dieser Pflug, wie da geschrieben, zur Abschaffung der Sklaverei und Aufkommen der Leibeigenschaft führte, dann kann das kaum vor dem Jahr 800 oder 900 gewesen sein, wahrscheinlich noch später - also keine frühmittelalterliche Erfindung.

Rotation of crops, Efficient plow and horse-collar led into third important innovation: rotation of crops. This led into better harvests and less losses to harvest diseases.
Die deutsche Wikipedia sagt dazu: Die Römer kannten schon die Zweifelderwirtschaft („Landwechsel“) und wandten diese auch nördlich der Alpen an. Im Hochmittelalter wurde dann, ausgehend von karolingischen Klöstern, nach der Einführung der neuen Gerätschaften des 11. Jahrhunderts flächendeckend das Dreifeldsystem eingeführt.

Meine Meinung: Wenn man den Begriff „karolingisch“ als für den Zeitraum von 751 n. Chr. bis 919 n. Chr. zutreffend begreift, dann wurde die „Dreifelderwirtschaft“ in diesem Zeitraum erfunden. Das bedeutet, dass die Dreifelderwirtschaft möglicherweise im Frühmittelalter erfunden wurde.

Catalan forge. The Catalan forge was the precursor of the true blast furnace (which in turn was to be invented in Sweden in the 12th century), and it allowed mass production of iron and reduced the price of iron a lot. Bronze got finally replaced with iron for good.
Das ist eine Erfindung des 12. Jahrhunderts, also Hochmittelalters.

Meine Meinung: Catalan forge war keine frühmittelalterliche Erfindung.

Cantled saddle. The cantled saddle allowed use of couched lance on horseback instead of it turning into polevault; and the horseman could now charge in full gallop on the enemy instead of trot like the cataphracts.
Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:

Der Sattelbaum mit Vorder- und Hinterzwiesel ist seit der Zeitenwende belegt.

Meine Meinung: Sattel mit Hinterzwiesel wurde um Christi Geburt erfunden, war also keine frühmittelalterliche Erfindung.

Stirrup. Another important innovation, which allowed the horsemen to ride without tiring and swing sword in melee efficiently and use sword and shield simultaneously. The cantled saddle and stirrup meant the rise of the knights.
Steigbügel kamen mit Awaren nach Europa – ab der Mitte des 6. Jahrhunderts.

Meine Meinung: Steigbügel war eine Frühmittelalterliche Erfindung.

Lateen sail. The lateen sail is first mentioned in Byzantine sources in the 6th century, and while the square sail is the most efficient downwind sail there is, the lateen sail allows tacking and rising into the wind. The Arabs have a saying “Only a madman or a Christian will sail against the wind” for this.
Dazu ein Zitat aus Wikipedia:

Das Lateinersegel kam im 2.–4. Jahrhundert n. Chr. in der römischen Mittelmeerschifffahrt auf, …

Meine Meinung: Lateinersegel war keine frühmittelalterliche Erfindung.

Vellum. When the source of papyrus dried out, a replacement product was invented: vellum. Although it was horribly expensive, it enabled keeping literacy alive until paper was introduced in the 12th century.
Dazu ein Zitat aus Wikipedia:

Die ältesten datierbaren Dokumente griechischer Sprache auf Pergament stammen aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. Im 1. Jahrhundert n. Chr. ist Pergament als Träger literarischer Werke indirekt bezeugt.

Meine Meinung: Pergament war keine frühmittelalterliche Erfindung.

Efficient waterwheel. The overshot waterwheel was invented during the Dark Ages. It was found to be much more efficient than the undershot mill, and quickly spred all around Europe. Besides milling grain, it was used to power various other tasks as well, and quickly made slavery inefficient. This is also the reason why we call today various factories as “mills”.
Dazu ein Zitat aus Wikipedia:

Oberschlächtige Wasserräder sind seit dem 13. Jahrhundert bekannt – also waren sie keine frühmittelalterliche Erfindung.

Efficient windmill. The great Dark Ages innovation was to make the upper part of the windmill movable so it could be directed towards wind where it could be used in the most efficient way. The windmill was another innovation which led into disappearance of slavery - no more slaves needed to grind the hand-stones.
Dazu sagt die Wikipedia:

Angaben zu allen diesen frühen Anlagen sind spärlich, lückenhaft und umstritten.

Dass es die Windmühlen in Europa schon im Frühmittelalter gab, ist umstritten.

Zusammenfassung: Von den 10 behaupteten Erfindungen ist nur 1 eindeutig frühmittelalterlich, 2 bis 3 sind es möglicherweise, und 6 sind es nicht.

Ich hätte nicht gedacht, @Sepiola, von dir eine solche Zusammenstellung ungeprüft als Zitat dargereicht zu bekommen. Wo doch du so viel Wert auf Belege legst.

PS: Weil mir die obige Überprüfung ziemlich viel Zeit gekostet hat, werde ich auf andere Beiträge später eingehen.
 
er Verlust antiker Papyri sowie des öffentlichen Zugangs zur Literatur hatte unmittelbare Auswirkung auf den Bildungsstand der Gesamtbevölkerung im weströmischen Reich. Am Ende dieses Prozesses erlischt die Schriftlichkeit weitgehend und die historischen Informationen sind mehr als lückenhaft. In Hinblick auf die Überlieferung beurteilte Karl Büchner diesen Zeitraum: „Schlimmer [als die Germanisierung] für die römische Kultur ist der endgültige Sieg des Christentums.“

Der Büchner ist bestimmt nicht mehr aktuell, er wirkte von (1943–1976),

"Eine umfangreiche Arbeit von Wilhelm Speyer widmete sich 1981 dem Thema der antiken Büchervernichtung. Zum Aspekt „Die Vernichtung der heidnischen Literatur“ fand Speyer Hinweise auf die Vernichtung christenfeindlicher Schriften, von heidnischen Ritualbüchern, von lasziver Literatur sowie von Zauberbüchern. Nach Speyers Ansicht sind Schriften der klassischen Literatur und Wissenschaften nie gezielt vernichtet worden."

Ich hab den Text jetzt nur überflogen, hab ich was übersehen??
 
Das kann man nur bedingt vergleichen. Viele unterworfenen Städte und Stämme Italiens blieben formal selbstständig und schlossen Bündnisse mit Rom. In diesen Verträgen verpflichteten sie sich insbesondere zur Stellung von Truppen. Offiziell handelte es sich aber um selbstständige Alliierte, die auf Grundlage eines zwischenstaatlichen Vertrags Truppen beisteuerten. (Dass die Realität etwas anders aussah, ist klar.)
Die Foederaten der Spätantike hingegen traten in römische Dienste: Wir kämpfen für euch, dafür bezahlt ihr uns mit Essen, Geld oder Land. Das hatte somit viel mehr den Charakter eines Geschäfts.

Ich denke aber doch, dass man es auf der Ebene wird vergleichen können, dass Rom auch vor der Kaiserzeit bereits relativ fest auf Truppen baute, deren Motivation zu kämpfen nicht unbedingt römische Staatsideologie war, sondern Zwang oder ein Geschäft, dass die römischen Eingriffe in die eigenen Traditionen und Gepflogenheiten auf einem erträglichen Niveau hielt.
Natürlich war das Geschäft insgesamt ein anderes, als mit den späteren Foederati. Aber das Ergebnis war, mindestens in der Hinsicht, dass die Römer durchaus nicht immer nur kernrömische Truppen schickten, vergleichbar.

Interessant ist dabei vor allem doch der Aspekt, dass es Rom gelang seine militärische Macht auf eine Streitkraft zu gründen, die letztendlich vor allem aus "untergesteckten" ehemaligen Rivalen Roms auf der italischen Halbinsel bestand.
 
Methodisch lässt sich beispielsweise mit Vergleichs-Gruppen von
  • christlichen Besiedlungen und Bevölkerungsanteilen, christianisierten Gebieten
    • innerhalb des (ehemals) westlichen bzw. östlichen Römischen Reiches sowie
    • außerhalb des Römischen Reiches, wie beispielsweise östlich des oströmischen Reichsgebietes,

      hinreichend und wissenschaftlich haltbar belegen, dass die östlich des oströmischen Reichsgebietes lebenden Christen und christlichen Gemeinden - Gelehrten, Theologen und Bischöfe - wie die Nestorianer und späteren Maroniten, wie allgemein die Einflussgebiete der Antiochenischen Theologie, sich sehr stark/grundsätzlich und gut belegbar von den allgemeinen, zeitlich wie regional unterschiedlich ausgeprägten Tendenzen im christlichen spätantiken Römischen Reich unterscheiden hinsichtlich der Akzeptanz, Rezeption, Bewahrung und Tradierung sowie Übersetzung wie Sammlung nicht-christlicher Schriften.
  • ethnischen Verbänden im ehemals weströmischen Reichsgebiet
    • christlichen Glaubens und
    • paganer Religion

      hinreichend belegen, dass beispielweise die paganen Verbände, später Alamannen genannt, welche
      im ehemals römischen Reichs- und Siedlungsgebiet westlich-südwestlich des aufgegebenen germanischen Limes siedelten, in keiner Weise die römischen Städte, Orte, Marktsiedlungen, Techniken, administrativen, infrastrukturellen und staatlichen Strukturen weiterführten, wieder belebten oder verändert in ähnlicher Funktion und Qualität aufgebaut hatten.

  • Die Ergebnisse zeigen,
    • dass die Einflussgröße 'Christentum' abhängig ist von Zeit, Ort, theologischer Tradition, Herrschaft, Staat, öffentlichem, rechtlichem Status usw., ein Faktor unter diversen anderen, und keine überall und allzeit gleiche oder gleich wirkende Einflussgröße
    • dass sich christliche wie pagane, völkerwanderungszeitlich eingewanderte Ethnien nicht grundsätzlich oder entscheidend in der Nichtweiterführung der römischen 'Reichszivilisation' unterschieden
Vielen Dank an alle User/Beitragenden und Leser im Faden, welcher für mich inhaltlich nun beendet ist.
 
Dieser Topos scheint bei Leuten mit einem sehr oberflächlichen Verständnis der Römer aber noch weit verbreitet.

Ich würde mein Verständnis der römischen Geschichte frank und frei für recht oberflächlich erklären wollen.
Aber diese Vorstellung monokausal auf "Dekadenz" abstellen zu wollen um die militärischen Probleme des späten römischen Reiches erklären zu wollen, ist einfach der typische "Ideenmüll" des ausgehenden langen 19. Jahrhunderts und da kommt es ja am Ende auch her.

Das sich das so populär eingeschlichen hat, halte ich mit Hinblick auf die Stimmungsmache aus der hochkonservativen und radikalnationalistischen Ecke vor dem 1. Weltkrieg, die einen Krieg mit der absonderlichen Vorstellung einer "Revitalisierung der Gesellschaft" anstrebte für eine ganz ähnliche Entwicklung, wie die Barbaren-Topoi bei Tacitus und anderen antiken Autoren, nur mit umgekehrten Vorzeichen, aber mit der gleichen Absicht die Adressaten im Sinne des Autoren durch vorhalten historischer "Spiegelbilder" zu mobilisieren.
Nur hier eben nicht wie bei Tacitus durch eine Idealisierung des Barbaren, sondern im negativen Sinne durch Herabwürdigung zivilisatorischer Errungenschaften.


An und für sich kein Wunder, dass sich diese Bilder in der Form halten, sie sind ja durchaus mit einiger Energie propagiert und verbreitet worden.
Solche Dinge wieder eizusammeln ist immer kompliziert, im Besonderen, wenn es sich um wenig komplizierte Modelle handelt, die sich auch ohne jedes Hintergrundwissen zum Thema postulieren lassen.
 
Der Büchner ist bestimmt nicht mehr aktuell, er wirkte von (1943–1976),

Daneben wird man dann auch den Hintergrund des Autoren etwas beleuchten dürfen/müssen.

Als Jemand, der Anfang es 20. Jahrhunderts geboren wurde, dürfte er was den eigenen Werdegang angeht, recht stark durch die Nachwirkungen der Nationalgeschichtsschreibung des ausgehenden 19. Jahrhunderts und damit auch noch durch die Bismarck'sche Kulturkampf- Politik geprägt worden sein.
Die war zwar, als er geboren wurde bereits zurückgefahren, aber Restbestände, wie der "Kanzelparagraph" und das "Jesuitengesetz" und damit Restbestände dieser Auseinandersetzung zwischen Staat und christlicher Kirche hielten sich ja im Grunde noch über das Kaiserreich hinaus bis in die Fragen um die Aushandlung der Weimarer Verfassung hinein.
Da wird man durchaus annehmen können, dass diese Konflikte die Sozialisation des Mannes durchaus noch mitgeprägt hatten.

Die Mitgliedschaft in der SA ab 1933 spricht auch für sich.
Das sich der Mann, als angehender Altphilologe linientreu zeigen wollte, um sich etwaige Chancen auf eine Hochschulkarriere nicht zu verbauen, ist verständlich, aber wenn das die einzige Motivation war, wäre eigentlich eine Mitgliedschaft im seit 1926 bestehenden "Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund" naheliegend gewesen, nicht unbedingt eine in Hitlers Schläger- und Mördertruppe.

Da würde ich meinen spricht schon einiges für ein Bisschen mehr als bloßes Mitläufertum, und zumindest mal für eine gefestigte radikalnationalistische Ideologie.

Das ein extremer Nationalist, in jeder Form internationaler Organisationen und Bewegungen Quellen der inneren Zersetzung wittert, ist nichts was jetzt außergewöhnlich überrascht.
Ebenso wenig, wenn eine solche Person den auserkorenen Feindbildern auch ohne das näher beleegen zu können alle möglichen Dinge zutraut.
Fraglich allerdings ob es sich empfielt das Urteil von Personen mit einem solchen Hintergrund in dieser Form, wie @Dion das hier getan hat unkritisch als Argumentationsbasis zu nutzen ohne das zu problematisieren.
Auch das spricht nicht unbedingt für eine ausgefeilte Arbeitsweise.
 
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