Dion

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Es gibt in diesem Forum einen Faden, der sich mit der Frage beschäftigen sollte, ob die moslemische Sklaverei rassistisch war. Aber wie es öfters vorkommt, wird über die Frage weniger gesprochen als über den Historiker Egon Flaig bzw. sein Buch "Weltgeschichte der Sklaverei".

Dieser Egon Flaig kommt mir grade recht, denn am 8. Dezember 2022 hat mich @dekumatland in ebenfalls einem anderen Faden Folgendes gefragt:
Ich hatte dich @Dion übrigens direkt gefragt, ob du mir heutige fachwiss. Literatur nennen kannst, die "Revisionismus" betreibt und ob du mir heutige fachwiss. Literatur nennen kannst, welche die Kreuzzüge positiv bewertet - kommt da noch was?
Heute kann ich diese Frage positiv beantworten – anhand Egon Flaigs Essays in der FAZ aus dem Jahr 2006 mit dem Titel Der Islam will die Welteroberung.

Meine Bemerkungen zu seinen darin geäußerten Thesen:

- Flaig sagt, Kreuzfahrer taten 1099 bei der Eroberung von Jerusalem nur das, was muslimische Eroberer schon zuvor viel Male taten, kein Grund also, sich über die Grausamkeit der Kreuzfahrer zu empören.
- Er sagt, schon im 8. Jahrhundert entstand unter Moslimen die größte Sklavenhaltergesellschaft der Weltgeschichte, dass auch Christen Afrikaner in großer Zahl versklavten, erwähnt er nicht oder nur nebenbei und nicht in dem richtigen Zusammenhang.
- Pogrome gegen Juden in christlichen Ländern waren zwar schlimm, aber sie wären nichts gegen Pogrome in muslemischen Ländern; Christen hätten darin Moslems nur kopiert.
- Überhaupt hätten die Juden in muslemischen Ländern es schlimmer als in christlichen Ländern – dass Juden, die z.B. aus Spanien vertrieben wurden, vor allem im Osmanischen Reich ihre Zuflucht gefunden haben, erwähnt er natürlich nicht, denn das hätte seine vorige Behauptung widersprochen.
- Muslime hätten nur 90 Jahre gebraucht, um ein „Weltreich“ zu errichten. Das wäre der großen Tapferkeit deren Kriegern zu verdanken, denen im Koran im Falle des Sterbens für die Religion (Märtyrertod) der Himmel versprochen worden ist und wird. Dass vom Jesus auch demjenigen ewiges Leben versprochen wird (Mt 10,39), der für ihn stirbt, erwähnt er nicht.
- Im Gegensatz zu Ostkirche hat erst die Lateinerkirche das (bei Mt 10,39 Gesagte) aufgegriffen, aber damit lediglich im Kleinen mit den Muslimen gleichgezogen, denn es gab viel weniger Kreuzzüge als heilige Kriege der Moslems.
- Die Kreuzzüge hätten Europa davon bewahrt, muslimisch zu werden, was im Endeffekt bedeuten würde: Keine Renaissance, kein Aufklärung und keine Menschenrechte.
 
Heute kann ich diese Frage positiv beantworten – anhand Egon Flaigs Essays in der FAZ aus dem Jahr 2006
Ist dieser Essay, der für eine Zeitung geschrieben bzw in einer Zeitung publiziert wurde, eine fachwissenschaftliche Publikation, ein Fachbuch, also Fachliteratur über die Kreuzzüge, welche(s) diese positiv bewertet?

Die Kreuzzüge hätten Europa davon bewahrt, muslimisch zu werden, was im Endeffekt bedeuten würde: Keine Renaissance, kein Aufklärung und keine Menschenrechte.
ein ulkiger Gedanke angesichts der Tatsache, dass die "bewaffneten Wallfahrten"*) desaströs und nicht glorios endeten ;)

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*) mir gefällt die Formulierung von Hans Wollschläger
 
Der für seinen Geschichtsrevisionismus allseits bekannte Althistoriker Egon Flaig stellte einst fest, dass der Holocaust so einzigartig sei wie der "Rotz im Taschentuch". Ob Flaig den Mord an Walter Lübcke indirekt gerechtfertigt hat, ist umstritten. Jüngst stellte er fast, dass das Institut für Staatspolitik gar nicht rechtsextrem sein könne.
 
Der für seinen Geschichtsrevisionismus allseits bekannte Althistoriker Egon Flaig stellte einst fest, dass der Holocaust so einzigartig ist, wie der "Rotz im Taschentuch". Ob Flaig den Mord an Walter Lübcke indirekt gerechtfertigt hat, ist umstritten. Jüngst stellte er fast, dass das Institut für Staatspolitik gar nicht rechtsextrem sein könne.

Also noch schlimmer als gedacht. Ich weiß echt nicht warum man so einen Menschen in Schutz nehmen muss und jemanden ZENSUR unterstellt.
 
Ist dieser Essay, der für eine Zeitung geschrieben bzw in einer Zeitung publiziert wurde, eine fachwissenschaftliche Publikation, ein Fachbuch, also Fachliteratur über die Kreuzzüge, welche(s) diese positiv bewertet?
Dieser Essay ist offensichtlich kein Fachbuch, aber doch eine Schrift von einem anerkannten Historiker, der wohl weiß oder wissen müsste, wovon er schreibt, schließlich ist er vom Fach.

Wenn du meinst, diese Publikation genüge nicht deiner Anforderung an eine wissenschaftliche Publikation, dann könnten wir alle Äußerungen von Wissenschaftlern in nicht wissenschaftlichen Medien vergessen bzw. so tun, als hätten sie nichts gesagt.

PS: @PostmodernAtheist, bitte jammere nicht hier rum, sondern schreibe Konstruktives zum Thema.

PPS:
Ich weiß echt nicht warum man so einen Menschen in Schutz nehmen muss …
Das ist nicht dein Ernst, oder?

Dies ist ein freies Land, in dem jede/r sagen darf, was er oder sie meint. Ob das Gesagte dann Anklang beim Publikum findet oder nicht, ist eine andere Frage.
 
Der für seinen Geschichtsrevisionismus allseits bekannte Althistoriker Egon Flaig stellte einst fest, dass der Holocaust so einzigartig sei wie der "Rotz im Taschentuch".
(...)
Im Oktober 2007 veröffentlichte Flaig im Merkur unter dem Titel Das Unvergleichliche, hier wird’s Ereignis. Reflexion über die moralisch erzwungene Verdummung einen Beitrag zur Singularität des Holocaust. Flaig schrieb, dass die vermeintliche Singularität einer Banalität gleichkomme:[64]

„Rein logisch ist alles Existierende singulär, weil die Bedingungen des Existierens für zwei Dinge unmöglich dieselben sein können, ja weil diese Bedingungen sich für ein und dasselbe Ding bereits geändert haben, während ich diesen Satz schreibe. Doch wenn ich wissen will, in welcher Hinsicht etwas singulär ist, dann komme ich nicht umhin zu vergleichen. Wer wird bestreiten, daß das Warschauer Ghetto ‚singulär‘ war? Aber jede einzelne Krankheit meines Großvaters war es ebenso. Sogar der Rotz in meinem Taschentuch ist singulär.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Egon_Flaig#Singularität_des_Holocausts_und_Historikerstreit
Im Wikipedia-Zitat findet man die Passage mit dem Rotz im Taschentuch wörtlich zitiert und im Kontext - sehe nur ich da ein paar Unterschiede zur Formulierung von @Maglor ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieser Essay ist offensichtlich kein Fachbuch
Das sehe ich genauso, und bei einer polemisch zugespitzten feuilletonistischen Publikation erwarte ich keinen Forschungsbericht.
Was der Autor einer feuilletonistischen Publikation ansonsten schreibt, das wird nicht automatisch alles schlecht, wenn seine feuilletonistischen ihm wenig gelingen. An einem Beispiel erklärt: Heinrich Heine schrieb unfair-fiese Sachen über August von Platen, das mindert aber die Qualität seines Wintermärchen oder Buch der Lieder nicht.

Gefragt hatte ich aber nach einem neueren Fachbuch, welches die Kreuzzüge positiv bewertet. Ich befürchte, dass sich kein solches wird ausfindig machen lassen.
 
"bewaffneten Wallfahrten"
Das entspricht der Historie: Die ersten Kreuzzügler betrachteten sich selbst als bewaffneten Pilger.

Gefragt hatte ich aber nach einem neueren Fachbuch, welches die Kreuzzüge positiv bewertet. Ich befürchte, dass sich kein solches wird ausfindig machen lassen.
Das ist eine Spitzfindigkeit, die ich zwar nicht erwartet, die mich aber dennoch nicht überrascht hat - eingedenkt dessen, was du bisher in Bezug auf Kreuzzüge gesagt hast.
 
- Muslime hätten nur 90 Jahre gebraucht, um ein „Weltreich“ zu errichten. Das wäre der großen Tapferkeit deren Kriegern zu verdanken, denen im Koran im Falle des Sterbens für die Religion (Märtyrertod) der Himmel versprochen worden ist und wird. Dass vom Jesus auch demjenigen ewiges Leben versprochen wird (Mt 10,39), der für ihn stirbt, erwähnt er nicht.
Wie der Kontext (ab Mt 10,16) zeigt, geht es hier um den Tod im Rahmen der Verfolgung um des Glaubens Willen, nicht um einen "Heiligen Krieg".
 
Ich denke schon, dass es Revisionismus unter Historikern gibt. Speziell für den 2.Weltkrieg gibt, bzw. gab, es Historiker wie z.B. Stefan Scheil, Joachim Hoffmann oder Walter Post, die nicht von einer maßgeblichen Schuld NS-Deutschlands am 2.Weltkrieg ausgehen und behaupten der Angriff auf die Sowjetunion 1941 sei ein Präventivkrieg gewesen. Sie wollen eine Revision des herrschenden Geschichtsbildes zu gunsten ihrer (mMn extremen politischen) Auffassung.
Egon Flaig passt nicht zu 100% in dieses Bild. Er schreibt nicht über den 2.Weltkrieg oder die NS-Zeit. Er ist Althistoriker und wenn er über den Islam schreibt, ist das eigentlich nicht mehr sein Fachgebiet.
 
Wie der Kontext (ab Mt 10,16) zeigt, geht es hier um den Tod im Rahmen der Verfolgung um des Glaubens Willen, nicht um einen "Heiligen Krieg".
Es geht in dem Kontext einfach darum, dass es sich lohnt, für die Sache Jesu zu sterben. Jedenfalls wurde Kreuzzüglern das verkündet – und der Kreuzzug war eindeutig ein heiliger Krieg und zudem ein Angriffskrieg.

Das erwähne ich nur, weil diese Frage in Verbindung mit den heiligen Kriegen der Muslime auftauchte, wobei Flaig nur auf Koran verwies und das Neue Testament (eben Mt 10,39) unter Tisch fallen ließ.

Egon Flaig passt nicht zu 100% in dieses Bild. Er schreibt nicht über den 2.Weltkrieg oder die NS-Zeit. Er ist Althistoriker und wenn er über den Islam schreibt, ist das eigentlich nicht mehr sein Fachgebiet.
Das spielt für die Anhänger seiner Thesen keine Rolle - die sagen nur, der Historiker Prof. Dr. Flaig hätte das und jenes gesagt. Das hat Gewicht.
 
Das ist eine Spitzfindigkeit, die ich zwar nicht erwartet, die mich aber dennoch nicht überrascht hat - eingedenkt dessen, was du bisher in Bezug auf Kreuzzüge gesagt hast.
@Dion da musst du mir helfen, weil ich das nicht einordnen kann: was und wo habe ich denn arges über die Kreuzzüge gesagt bzw. geschrieben?? und was ist spitzfindig daran, dass ich gerne wüsste, ob es ein wissenschaftliches Fachbuch gibt, welches die Kreuzzüge positiv bewertet??

ansonsten: hast du das Buch von Wollschläger mal gelesen? Die bewaffneten Wallfahrten gen Jerusalem. Geschichte der Kreuzzüge. 1970, 1973, 2003
 
Vielleicht ist das von Interesse...
das ist es, also das ist interessant.
Aber da steht ja nicht nur das, was du zitiert hast, sondern z.B. auch:
(...)Distant lands and people under Muslim rule were construed as being under threat; given that many in the West imagined those areas as part of Christendom, a war in succor could be construed as defensive in nature. In other words, it sure felt like self-defense.
The other members of the roundtable concluded that the First Crusade was a defensive conflict, which they did in qualified, nuanced and appropriate ways. In their discussion my colleagues reflected apocalyptic, Eastern Roman and Muslim perspectives, which was definitely a wider perspective than I argued. Without question I certainly understand that, based on 11th century western European attitudes that the First Crusade could be seen as a defensive conflict. But from a strictly military analysis, it was an offensive campaign, or at least that’s what I argued at the roundtable.
ist das der: https://de.wikipedia.org/wiki/Jonathan_Riley-Smith ?
 
Flaig schrieb auch mal in einem Beitrag in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zum Thema Kreuzzug und Djihad.

Hier sei nur festzuhalten, was die Kreuzzüge vom Djihad unterscheidet: Kreuzzüge konnte allein der Papst ausrufen; daher blieben sie sehr selten - verglichen mit den unzähligen, unaufhörlichen und ubiquitären Djihads der islamischen Welt. Und die Ziele von Kreuzzügen blieben begrenzt; es ging um die Rückgewinnung der politischen Oberhoheit über ehemals christliche Gebiete, die unter moslemische Herrschaft gefallen waren, gelegentlich auch um die Unterwerfung bestimmter Häretiker. Dagegen hielten die moslemischen Rechtsgelehrten immer am Endziel fest, das 'Haus des Krieges' zu erobern und alle Ungläubigen zu unterwerfen.

Zitat von Egon Flaig (2007), Seite 299
E. Flaig: ‚Heiliger Krieg‚. Auf der Suche nach einer Typologie in: Historische Zeitschrift. 285(2):265-302​

Für Flaig ist natürlich völlig klar, dass "immer" Djihad war und ist, aber es nur ein paar Kreuzzüge gab, die im übrigen auch nur eine Imitiation des Djihads seien.
Die zahlreichen Kreuzzüge gegen die heidnischen Litauer, Preußen u.a, hat Flaig anscheinend vergessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
und was ist spitzfindig daran, dass ich gerne wüsste, ob es ein wissenschaftliches Fachbuch gibt, welches die Kreuzzüge positiv bewertet??
Na ja, indirekt sagst du damit, dass dieser Essay von Flaig nicht wichtig ist – erst wenn er das gleiche in einem Fachbuch publizierte, wäre das ernst zu nehmen.

Ich sehe gerade, @Maglor, hat dankenswerter Weise zumindest eine der Flaigs Thesen aus dem Essay in einer wissenschaftlichen Zeitschrift gefunden, die ein Jahr nach dem Essay erschienen ist. Bist du nun zufrieden, oder brauchst auch für andere Flaigs Sprüche Beweise in wissenschaftlichen Publikationen?
 
Flaig schrieb auch mal in einem Beitrag in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zum Thema Kreuzzug und Djihad.

Hier sei nur festzuhalten, was die Kreuzzüge vom Djihad unterscheidet: Kreuzzüge konnte allein der Papst ausrufen; daher blieben sie sehr selten - verglichen mit den unzähligen, unaufhörlichen und ubiquitären Djihads der islamischen Welt. Und die Ziele von Kreuzzügen blieben begrenzt; es ging um die Rückgewinnung der politischen Oberhoheit über ehemals christliche Gebiete, die unter moslemische Herrschaft gefallen waren, gelegentlich auch um die Unterwerfung bestimmter Häretiker. Dagegen hielten die moslemischen Rechtsgelehrten immer am Endziel fest, das 'Haus des Krieges' zu erobern und alle Ungläubigen zu unterwerfen.

Zitat von Egon Flaig (2007), Seite 299
E. Flaig: ‚Heiliger Krieg‚. Auf der Suche nach einer Typologie in: Historische Zeitschrift. 285(2):265-302​
Ich hab das jetzt dreimal durchgelesen. Und ich kann darin keine positive Bewertung der Kreuzzüge erkennen - aber nach einer solchen hatte ich doch gefragt.
 
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