dekumatland
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Unabhängig davon, ob man Russland, das deutsche Reich, KuK Österreich-Ungarn oder Frankreich betrachtet: die Idee, militärischen Transport (Truppen, Material etc) massenhaft zu steigern und insbesondere zu beschleunigen, wofür sich das Verkehrsmittel Eisenbahn am besten eignet, ist auf dem strategischen Kartentisch prima - - wenn man denn ein entsprechend umfangreiches, weit gespanntes und leistungsfähiges Bahnliniennetz hätte.Die industrielle Revolution veränderte die militärische Sicht und Moltke d.Ä. forderte das DR auf, nicht Festungen zu bauen, sondern Eisenbahnen. Sie waren fortan der Faktor, der Kriege entscheiden sollte. In diesem Kontext schrumpften Raum und Zeit, die Verwundbarkeit der jeweiligen Territorien legte im Rahmen der Militärstrategien den „Kult der Offensive“ nahe und die dramatische Steigerung der Anforderungen an die Logistik der Millionenheere näherte den Aberglauben an den „kurzen Krieg“
Tatsächlich 1870
aus https://de.wikipedia.org/wiki/Kanonenbahn und wie dem Artikel zu entnehmen ist, gab es schon seit 1855 Eingaben, eine Koblenz-Trier Bahnverbindung zu bauen.transportierten auf deutscher Seite 1.500 Züge innerhalb von drei Wochen (bis zum 12. August 1870) 640.000 Soldaten, 170.000 Pferde und beinahe 1.600 Geschütze an die Front – weit mehr als auf französischer Seite.
Aber die technische (Leistungsfähigkeit der Bahnen) und organisatorische Seite eines groß angelegten Bahnlinienausbaus war vor dem dt.-franz. Krieg nicht einfach, und danach wurde sie trotz verfügbarer Mittel aus Reparationszahlungen ebenfalls nicht einfacher - denn es gab keine zentrale, ein einheitliches Bahnnetz organisierende Verwaltung. Salopp gesagt der Marktführer DB existierte noch nicht. Stattdessen gab es vereinfacht gesagt zahlreiche "private Bahnlinien", was kurioserweise dazu führte, dass manche Verkehrsknoten wie z.B. Leipzig zeitweilig 6 und mehr Bahnhöfe hatten... So wundert nicht, dass eine große/weite Bahnlinie, die so genannte "Kanonenbahn" Berlin-Metz, erst 1882 fertig gestellt war, übrigens nicht wie konzipiert durchgehend zweigleisig - und es musste während des jahrelangen Baus erst eine zentrale Stelle eingerichtet werden, welche im Lauf der Jahre etliche Privatbahngesellschaften übernahm: die preußischen Staatsbahnen.
1908 sah die Bahnlandschaft so aus:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/d/dc/Staatsbahnen_und_Privatbahnen_im_Deutschen_Reiche.jpg
auf den ersten Blick vielfältig, aber genauer betrachtet sind nur wenige Linien/Verbindungen umfangreich militärisch nutzbar (der Karte sind die Militärbahnen wie Kanonenbahn oder Schwarzwaldbahn nicht gesondert markiert zu entnehmen)
Dass der langwierige Netzausbau nicht wenige bautechnische Highlights enthält, insgesamt eine grandiose, wiewohl horrend kostspielige Riesenarbeit war, versteht sich von selbst. Dazu mussten entsprechend viele Lokomotiven, Waggons etc gebaut und betrieben werden - die Artillerie samt Munition (Rüstungsindustrie mit allen Komponenten) musste geschaffen/gesteigert werden
Kurzum: in der Realität, im Alltag war es 1. nicht leicht und 2. sehr zeitaufwändig, die logistischen Bedingungen der Rüstung/Mobilmachung bereitzustellen und zu leisten. Geschwindigkeit? Ja, wenn denn eines Tages alles vorhanden und funktionsfähig ist - das war bei Kriegsausbruch nicht hundertprozentig der Fall.
(nur in aller Kürze ein paar Randbemerkungen zu Geschwindigkeit, Bahn und damit den realen Möglichkeiten eines Hurra-Angriff*), der sich letztlich als kaum machbar erweisen sollte (was man hätte sehen können))
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*) auch im gesonderten, trotz großer Planspiele real vorhandenen Problem, dass keine Mobilität vorhandene Festungen, die hinderlich sein können, beseitigt, erwies sich der "beschleunigte Angriff" nur bei veralteten Festungen als realisierbar (und benötigte auch da mehr Zeit, als man eingeplant hatte, so wurde es in Belgien doch sehr sehr knapp...)
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