Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

Sofern Paris zu solchen Schritten nicht bereit war um weitere Eskalation zu verhindern und sich auch nicht auf entsprechende Initiativen aus Berlin einzulassen bereit war, musste alles, was über eine russische Teilmobilmachung an der Österreichischen Grenze hinausging, unweigerlich extreme Gefahr zur Eskalation mit sich bringen.

Ja, und Russland begann als erstes und frühzeitig mit den Maßnahmen zur Teilmobilmachung. Und als Wilhelm II. sich auf Wunsch des Zaren vermitteln wollte, wurde in Russland mobil auf Betreiben der Hardliner mobil gemacht.
 
o viel zu Deutschland trifft keine Schuld. Gut gesagt. Und da man hier gerne Leuten Honig ums Maul schmiert, gradezu brilliant. Frag mich wie man sich jetzt wieder winden wird um das offensichtliche und genau erklärte zu ignorieren :D

Es wäre sehr hilfreich, wenn du mit einer gewissen Sorgfalt hier die Beiträge lesen würdest. Es wurde von niemanden, ich wiederhole von niemanden, behauptet, das das Deutsche Reich unschuldig am Ersten Weltkrieg war. Vor diesem Hintergrund wirkt der von dir verwendete Smiley deplatziert.

Zu sagen, den Weltkrieg hat keiner gewollt, denn der sei ausgebrochen, weil niemand das auf dem Schirm hatte, ist grober Unfug. Beispiel: DR hat Tage vor dem Ausbruch des Krieges in Großbritannien angefragt, ob die Britten neutral bleiben würden, wenn DR das neutrale Belgien angreift. Die Britten haben das brüsk zurückgewiesen und noch am gleichen Tag (29. Juli 1914) erklärt – Zitat:

London, 17:30 Uhr:[84] Außenminister Grey spricht gegenüber dem deutschen Botschafter eine ernsthafte Warnung aus, die auch dem Kaiser zur Kenntnisnahme vorgelegt wird: Bei einem Krieg mit deutscher und französischer Beteiligung würde Großbritannien nicht abseitsstehen können und “if war breaks out, it will be the greatest catastrophe the world have ever seen” („wenn der Krieg ausbricht, wird es die größte Katastrophe werden, die die Welt jemals gesehen hat“).[195]

Wer trotz dieses Wissens 4 Tage später (am 2. August 1914) Frankreich und Belgien angreift, der kann nicht sagen, er habe diesen Krieg nicht gewollt.



Du solltest dir die Dokumentensammlungen zur Julikrise ansehen und nicht einen Vorgang aus den gesamten Kontext herausreißen. Wer hatte denn als erstes mit den Maßnahmen zur Mobilmachung begonnen gehabt?
 
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Aus den Protokollen des Ministerrats und den diplomatischen Schriftverkehr des Ballhausplatzes mit den einzelnen Botschaften ergibt sich ein recht präzises Bild. Im Falle von Conrad sei auf seine Erinnerungen verwiesen.

Natürlich, das möchte ich auch nicht bestreiten. Generell ist die Quellenlage ja für die Julikrise und den Kriegsausbruch in mehreren Ländern recht gut, aber das scheint mir meinen Einwand nicht ganz zu widerlegen. Weder im Ministerrat noch im diplomatischen Schriftverkehr noch gar in politischen Memoiren wird normalerweise die eigene Position als bloßes Machtstreben beschrieben werden. Oder verstehe ich den Gedanken einfach bloß falsch?
 
Der Nationalismus spielte sicherlich nicht die erste Geige in den Bündel an Ursachen, welches verantwortlich für den Ausbruch bzw. Entstehung des Weltkrieges zeichnet.

Beim Ausruch sicher nicht, aber ich denke über die ferneren Ursachen müsste man sich hier unterhalten, weil ich durchaus der Meinung bin, dass Nationalismus im Rahmen der hochproblematischen Blockbildung, im Besonderen auf der Seite der Zentralmächte eine Rolle spielte.

Anders gesagt, ich bin mal wieder bei meinem Lieblingsthema der Unsinnigkeit des deutsch-österreichisch-ungarischen Bündnisses angekommen.
Du kennst ja meine Position, nach der ich davon ausgehe, dass spätestens ab den späten 1880er-1890er Jahren dieses Bündnis sicherheitspolitisch eigentlich keinen besonderen Wert mehr hatte, da Deutschland innerlich mittlerweile gefestigt war und Frankreich bereits deutlich in Sachen Bevölkerungszahl und Industrieleistung abzuhängen begann, so das letzteres auf sich allein gesstellt im Hinblick auf die Möglichkeit eines Revanchekriegs zunehmend mehr ins Hintertreffen geriet, während es zwischen Deutschland und Russland keine tiefergehenden Probleme gab, als gelegentliche Dispute über Getreidezölle, zumal so lange die russisch-französische Allianz noch nicht existierte.

Militärisch brauchte Deutschland ab dem Ende der Bismarckzeit dieses Bündnis eigentlich nicht mehr aus sicherheitspolitischen Gründen. Die Allianz mit Italien wäre vollkommen hinreichend gewesen um Frankreich in Schach zu halten, Russland hatte keine wirklich konkreten gegen Deutschland gerichteten Interessen und hätte ohne das deutsch-österreichisch-ungarische Bündnis, das Wiens Balkanpolitik gegen russische Interessen absicherte, eigentlich keinen Grund gehabt sich durch eine Allianz mit Frankreich auf eigene Kosten zum Erfüllungsgehilfen französischer Sicherheits- und Revanchepolitik zu machen.

Warum setzte man das Bündnis mit Wien trotzdem fort?
Ich denke neben übertriebenem Sicherheitsbedürfnis liegt ein Grund dafür auch in der Popularität dieses Bündnisses und diese wiederrum dürfte sehr stark mit der Vorstellung korrepsondiert haben, dass Österreich-Ungarn auch irgendwo eine deutsche Macht und das Bündnis daher eine Frage nationaler Solidarität sei.

Ich möchte mich hier mal provokant zu der Behauptung versteigen, dass manch einer in diesem Bündnis möglicherweise die Erfüllung der v. Gagern'schen Konzeption des "engeren und weiteren Bundes" oder etwas ähnliches gesehen haben mag.
Ich würde mal behaupten, dass man sich von diesem Partner nicht verabschiedete, obwohl das sicherheitspolitisch sehr vernünftig gewesen wäre, insbesondere so lange es die franko-russische Allianz noch nicht gab, hat einiges damit zu tun, dass einigen dieses Bündniss aus einer nationalistischen Einstellung heraus heilig war und man es als Wert für sich betrachtete, neben der Popularität, die diese Allianz in der Bevölkerung aus genau diesem Grund genoss.

Insofern würde ich meinen, Nationalismus als Bestandteil des unmittelbaren Anlasses ist zu vernachlässligen, im Hinblich auf die ferneren Ursachen müsste man sich allerdings unterhalten.

Ich muss jetzt leider für heute schluss machen, weil mir sonst ein paar Dinge um die Ohren fliegen, aber ich denke auch dieses Thema lohnt eine Diskussion.
 
Natürlich, das möchte ich auch nicht bestreiten. Generell ist die Quellenlage ja für die Julikrise und den Kriegsausbruch in mehreren Ländern recht gut, aber das scheint mir meinen Einwand nicht ganz zu widerlegen. Weder im Ministerrat noch im diplomatischen Schriftverkehr noch gar in politischen Memoiren wird normalerweise die eigene Position als bloßes Machtstreben beschrieben werden. Oder verstehe ich den Gedanken einfach bloß falsch?

Bei den politischen Memoiren hast du sicherlich recht, bei den Protokollen des Ministerrats sieht es allerdings etwas anders aus, denn:

Machtstreben müsste sich ja in einer konkreten Zielsetzung niederschlagen.
Es beginnt ja kein Akteur einen Krieg mit der dubiosen Vorstellung, dass er Macht will, sondern mit der sehr konkreten Vorstellung, dass er diese und jene Provinz, diese und jene Ressourcenvorkommen, einen Gegner als Vasallen dauerhaft unterwerfen oder sonst etwas will.
Und das wiederrum ließe sich in den Protokollen des Ministerrats, im Hinblick auf die Frage der Kriegsziele nicht so einfach verbergen, zumal die Handelnden Akteure auch gar keinen Anlass gehabt hätten, das im internen Schriftverkehr zu verbergen, weil der ohnehin nicht für die Veröffentlichung bestimmt war und darüber hinaus im Zeitalter des Hochimperialismus solche Handlungsweisen erstmal grundsätzlich als legitim galten.

Die interne Fassung solcher Ziele ist ja aber gerade nicht überliefert.
Die lautete Bestrafung Serbiens, Eintreibung der daduch entstandenen Kosten und gegebenenfalls Verkleinerung Serbiens unter explizitem Beschluss auf eigene Annexionen serbischen Gebiets zu verzichten (der Ungarische Ministerpräsident Tisza, hatte hierhingehend insistiert, dass auf keinen Fall eigene Eroberungsziele damit verfolgt werden dürften).

Österreichs Kriegsziele waren im Wesentlichen negativer Natur.
Man wollte einen Schlag gegen den serbischen Nationalismus führen um zu verhindern, dass von Belgrad aus die südslawen der Monarchie ggen Wien und Budapest aufgehetztwürden und man wollte Serbien zu Gunsten Bulgaries verkleinern aber ohne Selbst Territorien übernehmen zu wollen.
Da ging es wirklich mehr darum Dingen einen Riegel vorzuschieben, die Wien und Budapest als Bedrohung wahrnahmen, als um Machtausbau.
 
Eine Mobilisierung kann durchaus als feindselige Politik aufgefasst werden, zumal wenn sich die militärische Topografie so darstellt, dass die Seite, die zuerst mobilisiert, den drohenden Krieg mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen wird. Das wäre, als würde man sich zu einem Pistolenduell verabreden, aber ein Duellant darf zuerst schießen
Der Vergleich stimmt nicht, denn DR hat zwar nach Russland aber vor Frankreich mobilisiert (siehe die 2 sog. Balkonreden Kaiser Wilhelms), die Grenze zu Frankreich überschritten und geschossen. Warum? Weil es den Krieg wollte.

Ö-U ignoriert die Appelle der Franzosen, Engländer, Russen und auch der Deutschen, die Antwort Serbiens zu akzeptieren, und erklärt am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg. Das hätte Ö-U nicht gewagt, wenn es nicht das mächtige Deutschland hinter sich wusste. Es kam also auf Deutschland an, das aber tat nach außen so, als ginge es bei Ö-U und Serbien um ein lokales Problem.

Intern aber bereitet man sich darauf vor, Russland die Schuld für den Krieg zuzuschieben. Das wird klar, wenn man das liest: Zum 27. Juli wird notiert – Zitat:

Kaiser Wilhelm trifft nach seiner Rückkehr von einer Nordsee-Fahrt in Potsdam ein, wo ihn Kanzler Bethmann über den neusten Stand der Dinge unterrichtet. Moriz von Lyncker fasst das Treffen wie folgt zusammen: „Unsere Politik sei darauf gerichtet, Russland in die Rolle des Provozierenden zu drängen.“[154]

Das Ziel des Panslawismus war auch die Vereinigung aller Südslawen in einem Staatswesen namens Serbien. Das zielte also auf Gebiete der Doppelmonarchie wie beispielsweise Kroatien, Bosnien, der Herzegowina. Also durchaus ein berechtigte Furcht um die territoriale Integrität des eigenen Staates.
Bosnien und Herzegowina wurden 1908 von Ö-U mit dem Einverständnis Russlands annektiert. Jetzt aber griff Ö-U nach Serbien, das nie in der Lage war, Ö-U in seiner territorialen Integrität zu bedrohen. Das konnte Russland nicht mehr akzeptieren und stellte sich an die Seite Serbiens. Gewiss war das ein Akt des slawischen Nationalismus, aber so ticken nun mal Nationalisten aller Couleurs.
 
Bei den politischen Memoiren hast du sicherlich recht, bei den Protokollen des Ministerrats sieht es allerdings etwas anders aus, denn:

Machtstreben müsste sich ja in einer konkreten Zielsetzung niederschlagen.
Es beginnt ja kein Akteur einen Krieg mit der dubiosen Vorstellung, dass er Macht will, sondern mit der sehr konkreten Vorstellung, dass er diese und jene Provinz, diese und jene Ressourcenvorkommen, einen Gegner als Vasallen dauerhaft unterwerfen oder sonst etwas will.
Und das wiederrum ließe sich in den Protokollen des Ministerrats, im Hinblick auf die Frage der Kriegsziele nicht so einfach verbergen, zumal die Handelnden Akteure auch gar keinen Anlass gehabt hätten, das im internen Schriftverkehr zu verbergen, weil der ohnehin nicht für die Veröffentlichung bestimmt war und darüber hinaus im Zeitalter des Hochimperialismus solche Handlungsweisen erstmal grundsätzlich als legitim galten.

Die interne Fassung solcher Ziele ist ja aber gerade nicht überliefert.
Die lautete Bestrafung Serbiens, Eintreibung der daduch entstandenen Kosten und gegebenenfalls Verkleinerung Serbiens unter explizitem Beschluss auf eigene Annexionen serbischen Gebiets zu verzichten (der Ungarische Ministerpräsident Tisza, hatte hierhingehend insistiert, dass auf keinen Fall eigene Eroberungsziele damit verfolgt werden dürften).

Österreichs Kriegsziele waren im Wesentlichen negativer Natur.
Man wollte einen Schlag gegen den serbischen Nationalismus führen um zu verhindern, dass von Belgrad aus die südslawen der Monarchie ggen Wien und Budapest aufgehetztwürden und man wollte Serbien zu Gunsten Bulgaries verkleinern aber ohne Selbst Territorien übernehmen zu wollen.
Da ging es wirklich mehr darum Dingen einen Riegel vorzuschieben, die Wien und Budapest als Bedrohung wahrnahmen, als um Machtausbau.

Stimmt, das ist eine plausible Deutung. Ich dachte auch eher in eine andere Richtung. Machtpolitik hat ja immer zwei Seiten, eine offensive und eine defensive, und sie muss sich auch nicht notwendigerweise auf den direkten Erwerb neuer Provinzen richten. Gerade der deutsche Imperialismus unter Bülow wurde manchmal in territorialer Hinsicht als ziellos beschrieben, weil der angestrebte "Platz an der Sonne" nicht zuerst mit dem Erwerb konkreter Gebiete, sondern auch mit einer bedeutenden Machtposition in der Welt verbunden war.

Hätte der österreichische Plan wie gewünscht funktioniert und wäre Serbien besiegt und besetzt worden, während Russland stillgehalten hätte, wäre die machtpolitische Rolle der Donaumonarchie auf dem Balkan zweifellos deutlich gestärkt worden, selbst wenn man auf Gebietsgewinne verzichtet hätte. Das wurde zeitgenössisch meist defensiv ausgedrückt, aber das gilt eben auch für die Gegenseite. Österreich fürchtete einen serbischen Machtgewinn auf eigene Kosten, Russland einen österreichischen. Deshalb neige ich ein wenig dazu, Machtpolitik durchaus zu den Kriegsgründen zu rechnen, auch wenn die eigene Haltung meist defensiv als Abwehr fremder Machtansprüche beschrieben wurde.

Ich denke aber, dass wir in der Frage wohl nicht sehr weit auseinanderliegen, es ist vielleicht eher eine Frage der Benennung.
 
Der Vergleich stimmt nicht, denn DR hat zwar nach Russland aber vor Frankreich mobilisiert (siehe die 2 sog. Balkonreden Kaiser Wilhelms), die Grenze zu Frankreich überschritten und geschossen.

In dieser Form nicht richtig. Die gemeinsame Grenze wurde zu erst von französischer Seite her mit militärischen Mitteln überschritten (die Deutschen umgingen Frankreich ja und fielen mit der Hauptmacht zunächst in Luxemburg und Belgien ein.
Darüber hinaus war, wie bereits angeführt von Deutscher Seite her Paris unterbreitet worden, dass Feindseeligkeiten im Westen unterbleiben könnten, wenn Frankreich erklärte sich aus dem Konflikt heraushalten und bereit sein würde Deutschland für die Dauer des Konflikts gewisse Garantien zu geben (konkret war wenn ich mich recht erinnere von der zeitweisen Überlassung von 2 Grenzfestungen für die Dauer des Konflikts die Rede).

Frankreichs Antwort darauf war ablehnend und enthielt die impliziete drohung dass Paris im eigenen Interesse handeln würde.
Dadurch auf den deutschen Vorschlag nicht einzugehen und nicht wenigstens einen Gegenvorschlag zu unterbreiten, sondern sich völlig nebulös zu den eigenen Interessen zu bekennen, machte Paris deutlich, dass es nicht auf Deskalation aus war.
Denn wenn Paris hier wirklich unbedingt den Frieden gewollt hätte, hätte es zumindest eine schriftliche Garantie sich an den Feindseeligkeiten nicht zu beteiligen geben können, ohne dass das etwas gekostet hätte.

Eine solche Garantie nicht zu geben, war gleichbedeutend damit mindestens offen zu erwägen Deutschland in einem Konflikt mit Russland, auch wenn es sich im Westen ruhig verhielt in die Flanke zu fallen.
 
Warum setzte man das Bündnis mit Wien trotzdem fort?

Das Bündnis mit Wien war in in Deutschland sehr populär. Wenn Wien eigentlich nicht benötigt worden wäre, dann aber hätten die Männer des sogenannten Neuen Kurses aber keinesfalls den Rückversicherungsvertrag hätten auslassen dürfen. Aber genau dies wurde ja mit den Hinweise auf einen angeblichen Widerspruch mit den anderen vorhandenen Bündnissen ja getan.

Dadurch, das der "Draht nach Petersburg gekappt " wurde, kam ja in relativ kurzer Zeit die Militärkonvention zwischen Frankreich und Russland 1892/94 zustande. Und angesichts dieser Konstellation, der ja bekanntermaßen später auch noch England sich zugesellte, war Österreich-Ungarn eigentlich der einzige verbliebene zuverlässige Verbündete Berlins.

Im Prinzip muss man bis zur Bismarckzeit zurückgehen. Es wäre sicher gut und richtig gewesen, auf die Annexion von Elsass und Lothringen zu verzichten. Wir wissen aber nicht, ob Frankreich dann auf den leidigen Revanchegedanken verzichtet hätte. Immerhin hatte ja auch nach 1866 "Rache für Sadowa" eingefordert, obwohl man nicht einmal Kriegspartei gewesen war. Die Staatsmänner in Paris waren sauer, das sie keine Kompensation für Frankreich herausgeholt hatten. Und es ist auch nicht zu vergessen, auch wenn es lange Zeit her war, Frankreich hatte sich die Provinzen selbst von Deutschland scheibchenweise geholt.

Die lautete Bestrafung Serbiens, Eintreibung der daduch entstandenen Kosten und gegebenenfalls Verkleinerung Serbiens unter explizitem Beschluss auf eigene Annexionen serbischen Gebiets zu verzichten (der Ungarische Ministerpräsident Tisza, hatte hierhingehend insistiert, dass auf keinen Fall eigene Eroberungsziele damit verfolgt werden dürften).

So ist es.

Der Vergleich stimmt nicht, denn DR hat zwar nach Russland aber vor Frankreich mobilisiert (siehe die 2 sog. Balkonreden Kaiser Wilhelms), die Grenze zu Frankreich überschritten und geschossen. Warum? Weil es den Krieg wollte.

Nein. Frankreich mobilisiert ebenso wie das Deutsche Reich am 01.August 1914.

Ö-U ignoriert die Appelle der Franzosen, Engländer, Russen und auch der Deutschen, die Antwort Serbiens zu akzeptieren, und erklärt am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg. Das hätte Ö-U nicht gewagt, wenn es nicht das mächtige Deutschland hinter sich wusste. Es kam also auf Deutschland an, das aber tat nach außen so, als ginge es bei Ö-U und Serbien um ein lokales Problem.

Das ist so nicht ganz richtig. Berlin wollte das der Krieg lokalisiert bleibt, eben um einen Weltkrieg nach Möglichkeit zu vermeiden. In Berlin akzeptierte man den Wunsch der Österreicher mit Serbien "abzurechnen" und zu verkleinern. Die anderen Balkanstaaten sollten auf kosten Serbiens vergrößert werden.

Und du vergisst aber die sehr wichtige Rolle Russlands. Es kam nicht nur auf Berlin an. Petersburg war nicht willens zu dulden, das Wien gegen Serbien eine Strafexpedition durchführt. Russland war mit Serbien nicht verbündet. Petersburg wollte die hervorragende Ausgangspositon auf dem Balkan, die es nach dem 2.Balkankrieg inne hatte, in der auch Serbien eben eine nicht unwichtige Rolle spielte, schmälern oder gefährden. Deshalb wurde u.a. auch der Zusammenschluss zwischen Serbien und Montenegro betrieben. Schließlich wollte man die Meerengen einsammeln und das war es ganz sicher von Vorteil, wenn man auf dem Balkan nur noch einen in die Ecke gedrängten Konkurrenten namens Österreich-Ungarn hatte.
 
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Dadurch, das der "Draht nach Petersburg gekappt " wurde, kam ja in relativ kurzer Zeit die Militärkonvention zwischen Frankreich und Russland 1892/94 zustande. Und angesichts dieser Konstellation, der ja bekanntermaßen später auch noch England sich zugesellte, war Österreich-Ungarn eigentlich der einzige verbliebene zuverlässige Verbündete Berlins.

Ja, da scheiden sich bei uns dann wieder die Geister an der Frage, inwieweit der Bestand des Dreibunds eigentlich die Bestand der Entente bedingte oder nicht.

Ich sage ja nach wie vor, dass das Irre an dem Bündnis mit Wien eigentlich ist, dass es genau die Kräfte, die man damit abzuwehren suchte erst erzeugte, weil ohne dem Russland für eine Fortsetzung der militärischen Kooperation mit Frankreich gar kein natürliches Interesse gehabt hätte.
Worin hätte das bestehen sollen, wenn sich Berlin von der Wiener Balkanpolitik lossagte?
Mir ist wirklich nichts bekannt, dass darauf hindeutet, dass man sich in St.Petersbrug groß für Deutsche Territorien o.ä. interessierte, was einen Waffengang gegen Deutschland aus Eigeninteresse nahelegen würde.

Wenn dieses Interesse aber nicht bestand und Deutschland sich von Wien losgesagt hätte, hätte die französisch-russische Allianz einseitig Frankreichs Interessen bedient und Russland verpflichtet und seinen Spielraum eingeschränkt, ohne dass es davon etwas gehabt hätte.

Im Prinzip muss man bis zur Bismarckzeit zurückgehen. Es wäre sicher gut und richtig gewesen, auf die Annexion von Elsass und Lothringen zu verzichten. Wir wissen aber nicht, ob Frankreich dann auf den leidigen Revanchegedanken verzichtet hätte.

Und weil ich davon ausgehe, dass für Frankreich der eigentliche Aufhänger nicht Elsass-Lothringen, sondern die Reichseinigung war, die Frankreich seine halbhegemoniale Position kostete, halte ich die Annexion selbst nicht für einen schwerwiegenden politischen Fehler, aber darüber hatten wir uns ja auch schon ausgetauscht.
 
---- ich möchte noch einmal auf diesen Gedanken von @hatl zurückkommen:
Dass also ein verheerender globaler mörderischer Krieg ausbechen kann ohne nachvollziehbare Absicht.
dazu war mir ad hoc eingefallen:
aber nirgendwo wird eine gezielte Absicht a la "hurra, jetzt ziehen wir alle mit hinein, das wird ein Mordsspaß" sichtbar, d.h. einen Weltkrieg als Absicht gab es eigentlich nie.
Nachdem ich ein wenig herumgelesen habe, wobei ich weit entfernt von den Spezialkenntnissen zur Diplomatie im Vorfeld des Ersten Weltkriegs bin, hat mich dann aufmerken lassen, dass der Begriff Weltkrieg wohl schon vor 1914 verwendet wurde:
Die Bezeichnung Weltkrieg für einen Krieg fand schon im Vorfeld des Ersten Weltkrieges vielfach Verwendung, als sich ein militärischer Konflikt der Weltmächte unter neuen Dimensionen der Kriegsführung abzeichnete, zum Beispiel bei August Niemann. Spätestens seit den 1880er Jahren war der Begriff für einen zukünftigen Krieg in Gebrauch.[8]
https://de.wikipedia.org/wiki/Weltkrieg

Weiß jemand von euch näheres zum Gebrauch des Begriffs "Weltkrieg" zeitlich vor den Erfahrungen 1914-18? In den Zitaten von https://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_der_Julikrise_1914 tauchen die Begriffe allgemeiner Krieg, europäischer Krieg, Weltkrieg mehrmals auf.

Die Gefahr eines Flächenbrands, d.h. dass ein einmal begonnener Krieg um sich greift, nicht lokal begrenzt bleibt, war allen Beteiligten offenbar bewußt.
 
ch sage ja nach wie vor, dass das Irre an dem Bündnis mit Wien eigentlich ist, dass es genau die Kräfte, die man damit abzuwehren suchte erst erzeugte, weil ohne dem Russland für eine Fortsetzung der militärischen Kooperation mit Frankreich gar kein natürliches Interesse gehabt hätte.

Meinst du wirklich? Die Situation im März 1890 war die, das nun Russland keinen Verbündeten mehr hatte. Das gleiche galt für Frankreich; da bloß schon seit 1871. Diese Situation behagte den verantwortlichen Politikern, also Giers und Lamsdorf, überhaupt gar nicht. Zunächst wurde sich erfolglos bemüht mit Berlin doch noch ins Geschäft zu kommen. England kam aufgrund der Interessengegensätze zu jener Zeit überhaupt nicht in Frage. Es blieb nur Frankreich über, das dazu auch überaus willens war.
Es stimmt schon, das Russland Österreich abgrundtief hasste und mit Deutschland nicht die Interessenkonflikte hatte. Die hatte aber dafür Frankreich, das für Petersburg nach Beendigung des Rückversicherungsvertrages immer mehr an Bedeutung gewann, und es war sehr bereit Russland massiv zu unterstützen, damit dieses militärisch aufrüsten konnte und auch den strategischen Eisenbahnbau auf die Schiene setzen konnte.
Und im August 1914 ist Russland ja dann auch "nur" mit zwei Armee in Ostpreußen eingefallen. Der größte Teil der russischen Streitkräfte wandte sich den Hassgegner Österreich-Ungarn zu.

Es reichte doch nicht aus, das Deutschland sich von den österreichischen Interessen abwendete. Russland benötigte und wollte unbedingt einen Verbündeten, Deutschland stand nicht zur Verfügung, und dafür kam dann eben nur Frankreich in Betracht und Paris wollte das Rad der Geschichte zurückdrehen. George Kenan hat nicht umsonst von einer schicksalhaften Allianz gesprochen. Hast du die beiden Bände von Kenan gelesen? Wenn nicht; es lohnt sich auf jeden Fall.
 
Und weil ich davon ausgehe, dass für Frankreich der eigentliche Aufhänger nicht Elsass-Lothringen, sondern die Reichseinigung war, die Frankreich seine halbhegemoniale Position kostete, halte ich die Annexion selbst nicht für einen schwerwiegenden politischen Fehler, aber darüber hatten wir uns ja auch schon ausgetauscht.

Das zeigt im Prinzip was für hochfliegende und "bescheidene" Pläne Paris hatte. Wie schon ausgeführt, schrie man ja schon nach Königgrätz nach "Rache für Sadowa". Da ist so einiges in Frankreich in Vergessenheit geraten.

Paris hätte sicher nicht nur gern den Frankfurter Frieden rückgängig gemacht, sondern auch gleich die Reichsgründung. Sehr bescheidenes und vor allem schon unsinniges Unterfangen, hat es so etwas überhaupt in der Neuzeit schon einmal gegeben?, aber das war eben nicht sehr realistisch und die Chance hierzu war nicht wirklich vorhanden. Die Geschichte hat es ja dann auch gezeigt. Aber Elsass-Lothringen, dazu bestand mit Unterstützung Englands und Russlands eine sehr reale Möglichkeit. Es gab ja auch keine Großmacht, die den territorialen Bestand Deutschlands (gemeint war natürlich Elsass und Lothringen) garantieren wollte. Wien wollte es nicht und Petersburg in Zeiten der besseren Beziehungen zu Berlin ebenfalls nicht.
 
Meinst du wirklich? Die Situation im März 1890 war die, das nun Russland keinen Verbündeten mehr hatte.

Inwiefern wäre das aber ein Problem gewesen, wenn es den deutsch-österreichischen Bündnisblock nicht gegeben und Russland seine Balkanpolitik auch ohne Bündnis hättee durchsetzen können, jedenfalls bis zu dem Grad?

Die hatte aber dafür Frankreich, das für Petersburg nach Beendigung des Rückversicherungsvertrages immer mehr an Bedeutung gewann, und es war sehr bereit Russland massiv zu unterstützen, damit dieses militärisch aufrüsten konnte und auch den strategischen Eisenbahnbau auf die Schiene setzen konnte
Inwieefern hätte Russland der Kredite und der Aufrüstung in diesem Maße aber bedurft, wenn es mangels Blockonstellation nicht auf einen Krieg mit Deutschland, sondern nur mit Österreich hätte rechnen müssen?
Das wäre doch vollkommen unnötig Geldverschwendung gewesen.

Russland benötigte und wollte unbedingt einen Verbündeten

Für was? Ein Partner war für Russland eine sicherheitspolitisch sinnvolle Übeerleegung, weil man eben dem deutsch-österreichischen Block gegenüberstand.
Aber ohne dem?
 
Deine Hypothese, das Nichtvorhandensein des Zweibundes. Von welchem Zeitpunkt gehst du da aus?

Oder meinst du, das es erst gar nicht im Oktober 1878 hätte geschlossen werden sollen?
 
Die Gefahr eines Flächenbrands, d.h. dass ein einmal begonnener Krieg um sich greift, nicht lokal begrenzt bleibt, war allen Beteiligten offenbar bewußt.
Ja. Und obwohl sie alle wussten, dass der Krieg nicht lokal bleiben wird, sind sie den Weg in den Krieg gegangen.

Und eben mit dieser Ausweitung des Krieges rechnend, überschritt am 2. August eine deutsche Patrouille die Grenze zu Frankreich, was zu den ersten Toten des I. Weltkriegs führte – Zitat: 10 Uhr, Joncherey, Territoire de Belfort: eine noch vor der Kriegserklärung (3. August) auf französisches Territorium eingedrungene deutsche Patrouille wird in ein Gefecht verwickelt, es fällt der erste deutsche und französische Soldat im Krieg, Albert Mayer und Jules-André Peugeot.

Ich habe genau das schon gestern angedeutet – Zitat: Wer trotz dieses Wissens 4 Tage später (am 2. August 1914) Frankreich und Belgien angreift, der kann nicht sagen, er habe diesen Krieg nicht gewollt.

Und heute habe ich das noch einmal bekräftigt – Zitat: Vergleich stimmt nicht, denn DR hat zwar nach Russland aber vor Frankreich mobilisiert (siehe die 2 sog. Balkonreden Kaiser Wilhelms), die Grenze zu Frankreich überschritten und geschossen.

Und was kam dann? @Shinigami bestritt das Offensichtliche (die 2 ersten Toten des Krieges) und schrieb - Zitat: In dieser Form nicht richtig. Die gemeinsame Grenze wurde zu erst von französischer Seite her mit militärischen Mitteln überschritten (die Deutschen umgingen Frankreich ja und fielen mit der Hauptmacht zunächst in Luxemburg und Belgien ein.

Und das durfte stehenbleiben, wurde von dir, @Turgot, sogar gutgeheißen. Warum?
 
Weiß jemand von euch näheres zum Gebrauch des Begriffs "Weltkrieg" zeitlich vor den Erfahrungen 1914-18?
Auf die Schnelle...
„Vortrag des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza [an den Kaiser Franz Josef]
(8. Juli 1914)

„Allergnädigster Herr!

Die allerdings sehr erfreulichen Nachrichten aus Berlin, ver-
bunden mit der sehr gerechten Entrüstung über die Vorkommnisse in
Serbien haben bei allen anderen Teilnehmern der gestrigen gemein-
samen Ministerkonferenz die Absicht gereift, einen Krieg mit Serbien
zu provozieren, um mit diesem Erzfeinde der Monarchie endgültig
abzurechnen.
Ich war nicht in der Lage, diesem Plane in vollem Umfange zu-
zustimmen. Ein derartiger Angriff auf Serbien würde nach jeder
menschlichen Voraussicht die Intervention Rußlands und somit den
Weltkrieg heraufbeschwören, ...““
(Hervorhebungen durch mich)

Aus:
Die Österreichisch-Ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch
Herausgegeben vom Staatsamt für Äußeres in Wien
19 2 3

@Turgot
Welchen Begriff gebraucht der Bethmann als er in dringlichen Telegrammen in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli den Österreichern klarzumachen versucht, dass man nicht durch deren Halsstarrigkeit in die "great conflagration" (Trachtenberg) hineingezogen werden will.
Ich hab das da nur auf Englisch und finde nicht die entsprechenden Telegramme.
 
Ja. Und obwohl sie alle wussten, dass der Krieg nicht lokal bleiben wird, sind sie den Weg in den Krieg gegangen.
Wenn sie das gewusst hätten, hätte man sich von Deutscher Seite her keine Mühe gegeben zu versuchen das zu lokalisieren, hat man aber.
Wenn man vorher gewusst hätte, dass das ein Flächenbrand wird, hätte man die Finger davon gelassen oder zumindest im Vorhinein für genügend Munition gesorgt.

Und eben mit dieser Ausweitung des Krieges rechnend, überschritt am 2. August eine deutsche Patrouille die Grenze zu Frankreich, was zu den ersten Toten des I. Weltkriegs führte

Ah, natürlich. Eine verirrte Patroullie überschritt natürlich in dem Wissen einen Krieg auszulösen, wenn nicht gar in der Absicht dies zu tun und wahrscheinlich noch auf direkten Befehl Moltkes d.J. die französische Grenze.
Wie wir alle wissen, handelt es sich bei einer Patroullie natürlich um einen selbstständig operierierenden Großverband, dessen Aufgabe typischerweise darin besteht die Angriffsspitze mindestens einer ganzen Armeegruppe zu sein, die demgemäß die Auseinandersetzung mit Feindverbänden sucht und daher ein sicheres Zeichen für eine Großoffensive darstellt..............

Soso, die ersten Toten des 1. Weltkriegs fielen am 2. August 1914 an der Deutsch-Französischen Grenze.
Dementsprechend hatten die Österreicher und die Serben 4 Tage lang Siesta gehalten, sämmtliche Tokajer und Sliwowitz-Vorräte vernichtet und am Donauufer vor Belgrad ihren Rausch ausgpennt?.........................

Und was kam dann? @Shinigami bestritt das Offensichtliche (die 2 ersten Toten des Krieges) und schrieb - Zitat: In dieser Form nicht richtig. Die gemeinsame Grenze wurde zu erst von französischer Seite her mit militärischen Mitteln überschritten (die Deutschen umgingen Frankreich ja und fielen mit der Hauptmacht zunächst in Luxemburg und Belgien ein.

Shinigami (und übrigens auch die Franzosen) ist einfach in der Lage eine verirrte Patroullie (sowas kam vor der Zeit von GPS gerade an der grünen Grenze andauernd vor, auch in Friedenszeiten), von der orchestrieten Angriffsbwegung von nicht weniger als als 7 Armeen zu unterscheiden.

Wenn wir nun schon so weit sind, dass du versuchst uns eine Patroullie, die sich um in paar 100m im Grenzgbiet verlaufen hat, als Angriffsoperation darzustellen, können wir die Diskussion hier im Grunde abbrechen.
Du müsstest selbst eigentlich sehen, dass das nun so weit von der Wirklichkeit entfernt ist, dass man sich über solche Einlassungen bestenfalls noch amüsieren kann.
 
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@hatl

Meinst du das Telegramm im dem Bethmann ablehnt, sich von ÖU in den Weltenbrand, bei weiterhin Nichtbeachtung der deutschen Ratschläge, hineinziehen zu lassen?


Ich bin erst abends wieder zu Hause und schaue dann in die Dokumentensammlungen.

Aber, worauf genau möchtest du hinaus?
Das weder Deutschland noch ÖU unschuldig ist das ist klar.
 
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