Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

Welche?
Schön, es gab in der Gegend von Sosnowiec ein paar Kohlengruben, aber die leiferten nicht annähernd den Output Oberschlesiens oder des Ruhrgebiets, es gab etwas Textilindustrie um Lodz herum und noch mal etwas Industriekapazität um Warschau.

Ansonsten war das was Polen und das Baltikum betrifft größtenteil Agrarland, mit eher schlechten Bahnverbindungen und rückständigen Produktionsmethoden.
Da gab es keine kriegswichtigen Ressourcen zu holen.
Nen bisschen anders sieht das mit der zentralen und östlichen Ukraine aus, aber um Deutschland von dort zu vertreiben, wären keine verlustreichen Winteroffensiven an der Westfront nötig gewesen, da hätte der Einmarsch der freien Truppen der Entente aus Italien und dem Balkan nach Österreich-Ungarn hinein gereicht um die verbliebeneen deutschen Kräfte aus der Ukraine zum Abzug zu zwingen.

Aus deutscher und österreichischer Sicht war vor allem die Ukraine von enormer kriegswirtschaftlicher Bedeutung, nicht zuletzt auch wegen der Nahrungsmittel, die man von dort zu beziehen hoffte. 1918 lagen die gelieferten Mengen allerdings noch deutlich unter den Erwartungen. Ob es unter den Gegebenheiten des Krieges und Bürgerkrieges im Osten tatsächlich möglich gewesen wäre, die Region wirtschaftlich auszubeuten, sei einmal dahingestellt. Die OHL hoffte auf jeden Fall, dass es gelingen würde. Nicht umsonst unterstützte die deutsche Diplomatie sogar Unabhängigkeitsbewegungen im Kaukausus, wobei man intern klar aussprach, dass es sich letztlich um Vasallenstaaten handeln sollte.

Wie gesagt, ob dieses "Ostimperium", von dem Ludendorff, Hindenburg und viele Alldeutsche träumten, 1918 hätte verwirklicht werden können, möchte ich gar nicht entscheiden. In Berlin hoffte man es, so dass man in Washington, Paris und London allen Grund hatte, ein Gelingen dieses Vorhabens zu fürchten. Ein Waffenstillstand, bei dem der Gegner den Kampf hätte wiederaufnehmen können, wäre also aus Sicht der Westmächte ein erhebliches Risiko gewesen. Immerhin hätte man Deutschland dann erst einmal im Besitz von eroberten Territorien gelassen, die deutlich größer als das eigentliche Reich (ohne Kolonien) waren.

Es ist gut möglich, dass Du recht hast und das Reich den Kampf dennoch nicht hätte wiederaufnehmen und die im Osten eroberten Gebiete auch bei einem Waffenstillstand nicht hätte halten können. Die Westmächte wären aber zumindest ein großes Risiko eingegangen, und das zu einer Zeit, da sie an allen Fronten vorrückten. Wiseo hätten sie das machen sollen? Natürlich setzte man bei einem fortdauernden Kampf das Leben eigener Soldaten aufs Spiel, aber gerade die bereits erbrachten Opfer wurden in der Regel auf allen Seiten als Argument dafür angeführt, dass man bis zum Sieg kämpfen müsse, um den Mühen, Leiden und Verlusten einen Sinn zu verleihen. Es ist für mich kaum vorstellbar, dass diese Überzeugung kurz vor dem entscheidenden Sieg plötzlich geschwunden wäre und man sich auf einen für den Gegner sehr günstigen Waffenstillstand eingelassen hätte.
 
Welche größeren Offensiven wären das denn konkret gewesen, die in dieser Zeit gestartet wurden?
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Gezielte Winteroffensiven waren tatsächlich relativ selten im 1. Weltkrieg. Schnee, Eis, Tauwetter waren relativ schwer berechenbar, und sie machten natürlich auch Transport, Logistik und Nachschubprobleme schwer berechenbar, so dass die meisten Armeen relativ wenig Ambitionen zeigten, sich auf gezielte Winterfeldzüge oder Winteroffensiven einzulassen.

Traditionell war Winter in der Kriegführung eine Zeit der Regeneration und der Ruhe. Bei Kämpfen, die sich bis in die Wintermonate erstreckten, waren häufig auch recht hohe Verluste zu erwarten.

Die Wehrmacht hat im Winter 1941/42 weit mehr Verluste durch Kälte und Erfrierungen zu verzeichnen, als durch Kampfhandlungen.

Die Schlacht in den Karpaten 1914/15 war äußerst verlustreich für beide Seiten. Eigentlich hätte man dort keinen Krieg führen können.

Die Schlacht an der Somme 1916 und die 3. Flandernschlacht wurde vor allem durch den hereinbrechenden Winter beendet.

An größeren Offensiven, die im Winter stattfanden, sind zu nennen: 1. Die Winterschlacht in den Karpaten, 2. die deutsche Offensive auf Verdun und schließlich 3. Die Tankschlacht von Cambrai.

Die Offensive bei Verdun startete am 21. Februar 1916. Unternehmen Gericht hatte ursprünglich noch früher starten sollen. Wegen ungünstigem Wetter, Regenfällen und Tauwetter musste der Angriff mehrmals verschoben werden. Der Verdun-Kämpfer und -Veteran Paul Ettighofer schreibt in seiner Kriegsbiographie, dass Witzbolde die Parole ausgaben: "Bei schlechtem Wetter findet die Schlacht im Saale statt."


Die Briten begannen am 20. November 1917 die Tankschlacht von Cambrai. Man hoffte auf das Überraschungsmoment. Etwa gleichzeitig war die Flandernoffensive abgebrochen worden. Die Offensive traf die Deutschen überraschend, die 1917 nicht mehr mit einer weiteren Offensive an der Westfront rechneten.

Der Erfolg war recht spektakulär: Ohne langwierige Ari-Vorbereitung gelang den die Briten ein Durchbruch der Siegfried-Linie, und der Erfolg hatte auch nicht die Hekatomben an Opfern gefordert wie frühere Offensiven. In London wurden die Glocken geläutet.

Wie die Deutschen bei Verdun 1916, hatten sich aber auch die Briten zu früh gefreut. Ein Durchbruch wurde erreicht, aber die Deutschen fingen sich, und sie gingen Mitte Dezember 1917 zum Gegenangriff über. Fast das gesamte Terrain wurde zurückerobert.
 
Die Aussagen sind unklar, widersprechen sich aber nicht: Es war mit keiner Verbesserung der Lage zu rechnen, nur noch mit weiterer Verschlechterung. Wie schnell und wie drastisch sich die Lage verschlechtern würde, konnte selbstredend niemand abschätzen, man konnte bestenfalls eine Einschätzung abgeben, die von den augenblicklichen Kräfteverhältnissen ausging.

Ich finde finde das Ludendorffs sehr insistentens Drängen darauf, dass das Waffenstillstandsangebot noch maximal 3 Tage warten könne, durchaus in einem gewissen Widerspruch zu seiner Äußerung in seinen Kriegserinnerungen steht, wo er Bemerkte, "wie lange wir hätten kämpfen können ist nicht zu sagen", denn mit der Einschätzung, dass das Waffenstillstandsangebot im Prinzip keinen Aufschub mehr dulde, hat er dazu ja durchaus eine Einschätzung geliefert, die die lage wesentlich pessimistischer einschätzte, als man das aus der Äußerung in den Erinnerungen interpretieren könnte.
Wobei man hier sicherlich mit den Kriegserinnerungen ohnehin etwas aufpassen muss, weil Memoirenliteratur, daher natürlich grundsätzlich verdächtig Beschönigungen und nicht akkurate Darstellungen zu enthalten.
 
Aus deutscher und österreichischer Sicht war vor allem die Ukraine von enormer kriegswirtschaftlicher Bedeutung, nicht zuletzt auch wegen der Nahrungsmittel, die man von dort zu beziehen hoffte. 1918 lagen die gelieferten Mengen allerdings noch deutlich unter den Erwartungen. Ob es unter den Gegebenheiten des Krieges und Bürgerkrieges im Osten tatsächlich möglich gewesen wäre, die Region wirtschaftlich auszubeuten, sei einmal dahingestellt.

Das war in der Form, wie man sich das vorstellte nicht möglich, weil es schon die Transportinfrastruktur nicht hergab.

Der erste generelle Problem war schonmal die russische Eisenbahn-Spruweite, die bekanntlich breiter war, als diejnige in Deutschland/Westeuropa.
Heißt, um Gütertransporte ohne zeitintensives Umladen nnach Deutschland zustande zu bringen hätten erstmal tausende bis zehntausende Kilometer Eisenbahnstrecke umgenagelt werden müssen um für die eigenen Lokomotiven überhaupt passierbar zu sein, mit dem Effekt allerdings, dass man dann sämtliches erbeutets rollendes Material entweder hätte abwracken können oder umbauen müssen.
Das zweite Problem hätte schon darin bestanden, dass es überhaupt nicht hinreichend Bahnkapazitäten von Deutschland in den Raum der zentralen und östlichen Ukraine gab um die dortigenn Agrarprodukte und Bodenschätze weg zu schaffen.
Der für die (damals noch) russische Wirtschaft sinnvolle Weg, was die Eyporte angeht, war nicht derjenige mit der Eisenbahn nach Westen, sondern der nach Süden zu den Schwarzmeerhäfen und dann mit dem Schiff weiter nach Westeuropa, schon weil der Transport per Schiff wesentlich kostengünstiger war als der Transport entsprechender Tonnage auf der Schine, zumal, wenn man spätestens an der Grenze wegen der sich verändernden Spurweite ohnehi hätte umladen müssen.

Das heißt: da die Entente-Mächte die Ägäis und das Mittelmeer kontrollierten und damit der traditionelle Weg um die wirschtschaftlichen Reichtümer der Ukranine nach Westen zu schaffen versperrt war, hätten erstmal völlig neue Bahnanbindungen in Richtung Westen geschaffen werden müssen um das effektiv nutzen zu können.
Dadurch, dass man nach dem Ausscheiden Russlands de facto das schwarze Meer beherrschte, wäre es wahrscheinlich möglich gewesen einen Teil der ukrainischen Rohstoffausbeute zu den Häfen im Bereich der Donaumündung zu verfrachten und sie über die Donau nach Westen zu bringen, allerdings dürften auch hier zum einen die Kapazitäten begrenzt gewesen sein, zum anderen wäre das wohl auch kein besonders effizienter Transportweg gewesen, wenn man bedenkt, dass an den Schwarzmeerküsten zwei mal hätte umgeschlagen werden müssen und man auf der Donau letztendlich auch nur bis Österreich oder allenfalls Bayern gekommen wäre und dann wieder umschlagen und verteilen hätte müssen.

Ein anderes Problem beim transport wäre schlicht das fehlen von Lokomotiven und Wagons gewesen.
Die Bestände der Bahnen waren seit mittlerweile 3,5 Jahren im permanenten Dauereinsatz, ohne hinreichende Wartungszeiten zu haben und 1/4 des vorhandenen Fuhrparks (Deutschland) war 1918 konstant in Reperatur oder so weit ruiniert, dass er völlig ausfiel und der Rest musste vorrangig die Front im Westen (und in Teilen noch die in Italien) mit versorgen und gewährleisten, dass der Transport, im Besonderen auch von Kriegswichtigen Güternn innerhalb Deutschlands aufrechterhalten werden konnte.
Selbst wenn die Bahnstrecken in die Ukraine vorhanden gewesen wären was sie nicht waren oder man sie zeitig hätte instand stezen können, was nicht der Fall war, gab es überhaupt nicht genügend Lokomotiven umd Wagons um die Rohstoffe der Ukraine zwecks Ausbeutung effektiv nach Deutschland schaffen zu können.


Ein Waffenstillstand, bei dem der Gegner den Kampf hätte wiederaufnehmen können, wäre also aus Sicht der Westmächte ein erhebliches Risiko gewesen. Immerhin hätte man Deutschland dann erst einmal im Besitz von eroberten Territorien gelassen, die deutlich größer als das eigentliche Reich (ohne Kolonien) waren.

Dem müsste ich widersprechen.

In Sachen Westfront wäre ein solcher Waffenstillstand tatsächlich ein Problem gewesen, wenn er wie @dekumatland vorgeschlagen hat dazu genutzt hätte werden können, die Festungen im Westen neu zu armieren und sich darauf zurück zu ziehen.

Die besetzten Territorien in der Ukraine und in Rumänien allerdings, waren nur so lange zu halten, wie man die Westmächte aus dem Schwarzen Meer aussperren konnte und dass war mit dem Durchbruch an der Saloniki-Fort, dem Zusammenbruch Österreichs, Bulgariens und des Osmanischen Reiches nicht mehr gegeben.

Mit dem Wegbruch dieser Verbündeten, stand den Entente-Mächten die Option offen entweder durch den Ostbalkan zu marschieren oder Teile ihrer Truppen im Grenzgebiet zwischen Rumänien und der Ukraine annzulanden.
Deutschland hätte seine in der Ukraine stehenden Truppen dann zurück ziehen müssen, weil diese sonst gefahr gelaufen wären abgeschnitten und niedergekämpft zu werden.

Mit der Möglichkeit der Entente im Schawarmeerraum jederzeit Landeoperationen durchführenn oder nnach Österreich-Unganr hinein bis an die deutsche Ostgrenze marschieren zu könnnen, hätte man vonn berliner Seite aus die eigenen Ost-Truppen nicht einfach hunderte Kilometer östlich davon stehen lassen können, während die Versorgungslinien in die Ukraine viel zu lang gewesen wären, als dass man sie hätte verteidigen können.

Militärisch waren Deutschlands Eroberungen/Besetzungen im Osten nur so lange zu halten, wie die Verbündeten durchielten und den Westmächten die Möglichkeit versperrten im Schwarzmeerraum zu agieren.

Natürlich setzte man bei einem fortdauernden Kampf das Leben eigener Soldaten aufs Spiel, aber gerade die bereits erbrachten Opfer wurden in der Regel auf allen Seiten als Argument dafür angeführt, dass man bis zum Sieg kämpfen müsse, um den Mühen, Leiden und Verlusten einen Sinn zu verleihen.

Das Argument hat sich erledigt, weil ich in meinen Überlegungen davon ausgegangen war, dass Metz mindestens in einem Maße armiert/zu armieren und zu verteidigenn gewesen wäre, dass es noch ein ernsthaftes Hindernis dargestellt hätte.
Wäre dem so gewesen, hätte die Entente bei einem improvisiertenn Angriff in Lothringen nicht viel gewinnen können, wie problmatisch sich selbst ein gut geplanter Angriff unter Hinzuziehhung beträchtlicher Reserven gegen eine einigermaßen moderne Festung gestaltenn konnte, hatte Verdun gelehrt und Metz war ein etwas anderes kaliber als Verdun.
Wäre die Festung im November 1918 einigermaßen zu verteidigen gewesen oder hätten die militärischen Anführder der Entente das wenigstens annehmen müssen, wäre es logisch gewesen weiteres Angreifen zu unterlassen, weil ein improvisierter Angriff auf eine solche Festungsanlage und dazu noch im Winter, einzig um den Druck aufrecht zu erhalten, eine komplett bescheuerte Harakiri-Aktion gewesen wäre und man sonst an der Westfront nicht viel hätte machen können.
Flandern ging nicht mehr wegen der sabotiertenn Bahnalnagen und der sich verschlechternder Bodenverhältnisse, Ardennen hätte eine Überquerung der Maas vorausgesetzt und man wäre in ein in Sachen Infrastruktur schlecht erschlossenes Gebiet gestoßen über desswen wenige gut ausgebaute Straßen und Bahnen man gar nicht schnell vorstoßen hätte können, im Elsass wäre man gegen die Vogesen angerannt und in Lothringen wäre, wenn man kein Mittel gehabt hätte die Festung Metz auszuschalten, auch nicht viel gegangen.

Wenn allerdings Metz da nicht hinreichend Armiert und auch kurzfristig icht hinreichend armierbar keine starke Barriere mehr darstellte, machte es absolut Sinn gerade hier den Druck aufrecht zu erhalten, weil man dann tatsächlich hoffen konnte, in einer letzten Kraftanstrengung Deutschland denn Großteil seiner Erzvorkommen zu nehmen und seiner Kriegswirtschaft damit den Todesstoß zu versetzen.


Was die Ukraine angeht: Wie gesagt, selbst wenn es zu einem für Deutschland günstigen Waffenstillstand gekommen wäre oder Deutschland sich militärisch im Westen hätte halten können:

Es konnte die Rohstoffe der Ukraine nicht nutzen, weil es sie nicht nach Deutschland schaffen konnte und nach dem Wegfall der Verbündeten dort mehr oder minder kampflos abziehen müssen, weil es sonst die Truppen, die es dann ohnehin zur Verteidigung der eigene Ostgrenzen bedurft hätte, einfach in die Gefahr gebracht hätte von über Österreich-Ungarn vorstoßenden Truppen der Entente abgeschnitten zu werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gezielte Winteroffensiven waren tatsächlich relativ selten im 1. Weltkrieg.
Große Offensiven. Begrenzte Unternehmungen gab es ja schon einige.

Im Hinblick auf die größeren Offensiven hatte es vor allem auch gezeigt, dass das im Winter keine gute Idee war.

Sowohl die russische Kaparten-Offensive, als auch die deutsche Verdun-Offensive, entwickelten sich zu einem kompletten Desaster.
Die Cambrai-Offensive war zwar ein relativer Erfolg, der allerdings sicherlich auch einfach dem Umstand geschuldet war, dass man mit den Tanks etwas neues brachte, was die Deutschen überraschte, trotzdem blieb diese Offensive stecken.
Von dem her, eigentlich alles keine Modelle, die zur Imitation einluden.

Anders mitunter das Ausnutzen loaker Vorteile mit dem Zweck begrenzte, realistische Ziele zu erreichen, wie die "Winterschlacht in Masuren".

Nur wie gesagt, ich war davon ausgegangen, dass man mit Metz einen veritablen Strongpoint im Westen gehabt hätte, auf den man sich hätte zurückfallen lassen können, so dass selbst bei einer lokal begrenzten Offensive der Entente das Erreichen bedeutender Ziele kaum möglich gewesen wäre.

In diesem Fall hätte jeder einigermaßen besonnen und verantwortlich handelnde Befehlshaber die Operationen auslaufen lassen, anstatt es auf eine Offensive ohne klares realistisches Ziel anzulegen einfach nur um Druck aufzufrecht zu erhalten.

Wenn aber Metz nicht in verteidigungsfähigem Zustand war und die Befehlshaber der Enntennte das wussten, sieht die Lage völlig anders aus, dann war eine Fortsetzung des Angriffs hier um jeden Preis mehr oder weniger zwingend, weil Deutschland ohne die lothringischen Erze keinen Krieg führen konnte und die Eroberung von Metz die Entscheidung herbei geführt hätte.
 
Ich finde finde das Ludendorffs sehr insistentens Drängen darauf, dass das Waffenstillstandsangebot noch maximal 3 Tage warten könne, durchaus in einem gewissen Widerspruch zu seiner Äußerung in seinen Kriegserinnerungen steht, wo er Bemerkte, "wie lange wir hätten kämpfen können ist nicht zu sagen", denn mit der Einschätzung, dass das Waffenstillstandsangebot im Prinzip keinen Aufschub mehr dulde, hat er dazu ja durchaus eine Einschätzung geliefert, die die lage wesentlich pessimistischer einschätzte, als man das aus der Äußerung in den Erinnerungen interpretieren könnte.
Wobei man hier sicherlich mit den Kriegserinnerungen ohnehin etwas aufpassen muss, weil Memoirenliteratur, daher natürlich grundsätzlich verdächtig Beschönigungen und nicht akkurate Darstellungen zu enthalten.

Es könnte auch mit der Dolchstoßlegende zu tun haben. Wenn die OHL gar keinen sofortigen Waffenstillstand gefordert hatte, musste die (dann unnötig schnelle) diplomatische Initiative ja auf das Konto der "Novemberverbrecher" gehen.
 
Das war in der Form, wie man sich das vorstellte nicht möglich, weil es schon die Transportinfrastruktur nicht hergab.

Der erste generelle Problem war schonmal die russische Eisenbahn-Spruweite, die bekanntlich breiter war, als diejnige in Deutschland/Westeuropa.
Heißt, um Gütertransporte ohne zeitintensives Umladen nnach Deutschland zustande zu bringen hätten erstmal tausende bis zehntausende Kilometer Eisenbahnstrecke umgenagelt werden müssen um für die eigenen Lokomotiven überhaupt passierbar zu sein, mit dem Effekt allerdings, dass man dann sämtliches erbeutets rollendes Material entweder hätte abwracken können oder umbauen müssen.
Das zweite Problem hätte schon darin bestanden, dass es überhaupt nicht hinreichend Bahnkapazitäten von Deutschland in den Raum der zentralen und östlichen Ukraine gab um die dortigenn Agrarprodukte und Bodenschätze weg zu schaffen.
Der für die (damals noch) russische Wirtschaft sinnvolle Weg, was die Eyporte angeht, war nicht derjenige mit der Eisenbahn nach Westen, sondern der nach Süden zu den Schwarzmeerhäfen und dann mit dem Schiff weiter nach Westeuropa, schon weil der Transport per Schiff wesentlich kostengünstiger war als der Transport entsprechender Tonnage auf der Schine, zumal, wenn man spätestens an der Grenze wegen der sich verändernden Spurweite ohnehi hätte umladen müssen.

Das heißt: da die Entente-Mächte die Ägäis und das Mittelmeer kontrollierten und damit der traditionelle Weg um die wirschtschaftlichen Reichtümer der Ukranine nach Westen zu schaffen versperrt war, hätten erstmal völlig neue Bahnanbindungen in Richtung Westen geschaffen werden müssen um das effektiv nutzen zu können.
Dadurch, dass man nach dem Ausscheiden Russlands de facto das schwarze Meer beherrschte, wäre es wahrscheinlich möglich gewesen einen Teil der ukrainischen Rohstoffausbeute zu den Häfen im Bereich der Donaumündung zu verfrachten und sie über die Donau nach Westen zu bringen, allerdings dürften auch hier zum einen die Kapazitäten begrenzt gewesen sein, zum anderen wäre das wohl auch kein besonders effizienter Transportweg gewesen, wenn man bedenkt, dass an den Schwarzmeerküsten zwei mal hätte umgeschlagen werden müssen und man auf der Donau letztendlich auch nur bis Österreich oder allenfalls Bayern gekommen wäre und dann wieder umschlagen und verteilen hätte müssen.

Ein anderes Problem beim transport wäre schlicht das fehlen von Lokomotiven und Wagons gewesen.
Die Bestände der Bahnen waren seit mittlerweile 3,5 Jahren im permanenten Dauereinsatz, ohne hinreichende Wartungszeiten zu haben und 1/4 des vorhandenen Fuhrparks (Deutschland) war 1918 konstant in Reperatur oder so weit ruiniert, dass er völlig ausfiel und der Rest musste vorrangig die Front im Westen (und in Teilen noch die in Italien) mit versorgen und gewährleisten, dass der Transport, im Besonderen auch von Kriegswichtigen Güternn innerhalb Deutschlands aufrechterhalten werden konnte.
Selbst wenn die Bahnstrecken in die Ukraine vorhanden gewesen wären was sie nicht waren oder man sie zeitig hätte instand stezen können, was nicht der Fall war, gab es überhaupt nicht genügend Lokomotiven umd Wagons um die Rohstoffe der Ukraine zwecks Ausbeutung effektiv nach Deutschland schaffen zu können.




Dem müsste ich widersprechen.

In Sachen Westfront wäre ein solcher Waffenstillstand tatsächlich ein Problem gewesen, wenn er wie @dekumatland vorgeschlagen hat dazu genutzt hätte werden können, die Festungen im Westen neu zu armieren und sich darauf zurück zu ziehen.

Die besetzten Territorien in der Ukraine und in Rumänien allerdings, waren nur so lange zu halten, wie man die Westmächte aus dem Schwarzen Meer aussperren konnte und dass war mit dem Durchbruch an der Saloniki-Fort, dem Zusammenbruch Österreichs, Bulgariens und des Osmanischen Reiches nicht mehr gegeben.

Mit dem Wegbruch dieser Verbündeten, stand den Entente-Mächten die Option offen entweder durch den Ostbalkan zu marschieren oder Teile ihrer Truppen im Grenzgebiet zwischen Rumänien und der Ukraine annzulanden.
Deutschland hätte seine in der Ukraine stehenden Truppen dann zurück ziehen müssen, weil diese sonst gefahr gelaufen wären abgeschnitten und niedergekämpft zu werden.

Mit der Möglichkeit der Entente im Schawarmeerraum jederzeit Landeoperationen durchführenn oder nnach Österreich-Unganr hinein bis an die deutsche Ostgrenze marschieren zu könnnen, hätte man vonn berliner Seite aus die eigenen Ost-Truppen nicht einfach hunderte Kilometer östlich davon stehen lassen können, während die Versorgungslinien in die Ukraine viel zu lang gewesen wären, als dass man sie hätte verteidigen können.

Militärisch waren Deutschlands Eroberungen/Besetzungen im Osten nur so lange zu halten, wie die Verbündeten durchielten und den Westmächten die Möglichkeit versperrten im Schwarzmeerraum zu agieren.



Das Argument hat sich erledigt, weil ich in meinen Überlegungen davon ausgegangen war, dass Metz mindestens in einem Maße armiert/zu armieren und zu verteidigenn gewesen wäre, dass es noch ein ernsthaftes Hindernis dargestellt hätte.
Wäre dem so gewesen, hätte die Entente bei einem improvisiertenn Angriff in Lothringen nicht viel gewinnen können, wie problmatisch sich selbst ein gut geplanter Angriff unter Hinzuziehhung beträchtlicher Reserven gegen eine einigermaßen moderne Festung gestaltenn konnte, hatte Verdun gelehrt und Metz war ein etwas anderes kaliber als Verdun.
Wäre die Festung im November 1918 einigermaßen zu verteidigen gewesen oder hätten die militärischen Anführder der Entente das wenigstens annehmen müssen, wäre es logisch gewesen weiteres Angreifen zu unterlassen, weil ein improvisierter Angriff auf eine solche Festungsanlage und dazu noch im Winter, einzig um den Druck aufrecht zu erhalten, eine komplett bescheuerte Harakiri-Aktion gewesen wäre und man sonst an der Westfront nicht viel hätte machen können.
Flandern ging nicht mehr wegen der sabotiertenn Bahnalnagen und der sich verschlechternder Bodenverhältnisse, Ardennen hätte eine Überquerung der Maas vorausgesetzt und man wäre in ein in Sachen Infrastruktur schlecht erschlossenes Gebiet gestoßen über desswen wenige gut ausgebaute Straßen und Bahnen man gar nicht schnell vorstoßen hätte können, im Elsass wäre man gegen die Vogesen angerannt und in Lothringen wäre, wenn man kein Mittel gehabt hätte die Festung Metz auszuschalten, auch nicht viel gegangen.

Wenn allerdings Metz da nicht hinreichend Armiert und auch kurzfristig icht hinreichend armierbar keine starke Barriere mehr darstellte, machte es absolut Sinn gerade hier den Druck aufrecht zu erhalten, weil man dann tatsächlich hoffen konnte, in einer letzten Kraftanstrengung Deutschland denn Großteil seiner Erzvorkommen zu nehmen und seiner Kriegswirtschaft damit den Todesstoß zu versetzen.


Was die Ukraine angeht: Wie gesagt, selbst wenn es zu einem für Deutschland günstigen Waffenstillstand gekommen wäre oder Deutschland sich militärisch im Westen hätte halten können:

Es konnte die Rohstoffe der Ukraine nicht nutzen, weil es sie nicht nach Deutschland schaffen konnte und nach dem Wegfall der Verbündeten dort mehr oder minder kampflos abziehen müssen, weil es sonst die Truppen, die es dann ohnehin zur Verteidigung der eigene Ostgrenzen bedurft hätte, einfach in die Gefahr gebracht hätte von über Österreich-Ungarn vorstoßenden Truppen der Entente abgeschnitten zu werden.

Ich will Deinen Argumenten gar nicht widersprechen und auch keine Prognose darüber abgeben, ob und wie das Kaiserreich einen Waffenstillstand ohne weitere Einschränkungen im Herbst 1918 hätte nutzen können. Mein Gedanke ging eher in die Richtung, dass die Westmächte sich kurz vor dem bevorstehenden Sieg auf ein hohes Risiko eingelassen hätten. Selbst wenn Du mit jeder Zeile die Lage Ende 1918 zutreffend beschreiben solltest und Deutschlands Pläne im Osten keinerlei Realisierungschance hatten, konnte man sich dessen in London, Paris, Washington und Rom doch keineswegs sicher sein?
 
Natürlich setzte man bei einem fortdauernden Kampf das Leben eigener Soldaten aufs Spiel, aber gerade die bereits erbrachten Opfer wurden in der Regel auf allen Seiten als Argument dafür angeführt, dass man bis zum Sieg kämpfen müsse, um den Mühen, Leiden und Verlusten einen Sinn zu verleihen. Es ist für mich kaum vorstellbar, dass diese Überzeugung kurz vor dem entscheidenden Sieg plötzlich geschwunden wäre und man sich auf einen für den Gegner sehr günstigen Waffenstillstand eingelassen hätte.

In einem anderen Thread, in anderem Zusammenhang haben andere Forianer mal vom "Fluch der Verluste" gesprochen . Bei den meisten Großoffensiven im Ersten Weltkrieg zeichnete sich meist schon nach einigen Wochen, zuweilen sogar nach wenigen Tagen ab, dass die Offensive die hochgesteckten Ziele und Erwartungen von Militärs und Zivilisten nicht erfüllen konnte.

Die enormen Verluste und Kosten, all die eigentlich jedes Maß übersteigenden Leiden, Entbehrungen und Zumutungen, die Soldaten und Zivilisten abgefordert wurden, erlaubten kaum, einzuräumen, dass man gescheitert war, dass auch diese, die wirklich allerletzte Offensive ein Fehlschlag war, dass man sinnlos Munition verpulvert und Menschen verheizt hat, dass es aber beim nächsten Mal ganz sicher klappt.

Nach all dem, was man durchgemacht hatte, durfte es einfach nicht sein. Die Soldaten durften nicht sinnlos gestorben sein.

Also wurde dann die Offensive fortgesetzt, bis man wenigstens etwas vorweisen konnte, dass man der öffentlichen Meinung als Teilerfolg präsentieren konnte.

Die Somme-Offensive wurde mit hohen Erwartungen begonnen. Eine ganze Woche lang hatte man die Stellungen beschossen, tot oder halb wahnsinnig glaubte man die Deutschen. Als am 1. Juli 1916 die britische Infanterie stürmte, erlitten die Briten die höchsten Verluste, die je britische Truppen erlitten haben. Fast 60.000 Mann an Verlusten, darunter fast 20.000 Tote. Es zeichnete sich relativ bald ab, dass es ein erbittertes Abringen wurde, ohne Chance, eine operative Entscheidung zu erzwingen. November 1916 war die Front auf ca. 50 km Breite knapp 15 km verschoben worden, und dabei war mehr als 1 Millionen Menschen getötet oder verwundet worden.

Auch bei Verdun zeichnete sich recht bald ab, dass die Offensive die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Nachdem aber Fort Douaumont gefallen war, nachdem die Glocken geläutet wurden, ließ sich die Offensive kaum einfach abbrechen- Die Leiden durften einfach nicht umsonst gewesen sein.

Nivelles Offensive am Chemin des Dames war die bis dahin größte französische Offensive. "On les aura (wir werden sie (dran)kriegen, Ils ne passeront pas (Sie kommen nicht durch) waren geflügelte Worte geworden. Die Erwartungen waren hoch, und Nivelle wollte binnen 24 Stunden Laon erobern. Nivelle hatte ausdrücklich gesagt, wenn binnen 2-3 Tagen kein Durchbruch erzielt würde, müsse die Offensive unverzüglich beendet werden. Durch Indiskretionen war der Angriffstermin durchgesickert, die Deutschen vorbereitet. Die Offensive erwies sich als Debakel, während die Briten bei Arras am 9. April 1917 schöne Geländegewinne erzielt hatten, gab es bei den Franzosen nicht einmal etwas, was als Teilerfolg hätte interpretiert werden können. Aus ideologisch-psychologischen Gründen aber, konnte Nivelle kaum das Debakel einräumen. Ein Erfolg musste her, es durfte einfach nicht umsonst gewesen sein.

Die Offensive in Flandern war Haigs Lieblingsprojekt. Am Ypernbogen lagen die Briten wie auf dem Präsentierteller. Der 1. Teil der Offensive die Sprengung bei Messines und die Einnahme des Wijtschate-Bogens war ein Erfolg. Der 2. Teil erstickte in Regen und Schlamm. Die Offensive wurde aber fortgesetzt, und die Einnahme der Höhenzüge um Passchendale rechtfertigte kaum die enormen Verluste.

Ich denke, der "Fluch des Opfers", der "Fluch der Verluste" spielte auch bei der Dolchstoßlegende eine Rolle.
Eigentlich war für jeden auch nur halbwegs vernünftigen Menschen nicht zu übersehen, dass der Krieg verloren war. An der Front wie an der "Heimatfront". Alle Anstrengungen, alle Entbehrungen, alle Leiden und Verluste waren am Ende vergebens gewesen. Erfindungsgeist hatte Salpeter aus Stickstoff, Benzin aus Kohle und Tuche aus Brennnesseln gewonnen, "Ersatz" war zum deutschesten aller Worte geworden, die Bohnen für den Kaffee wuchsen auf deutschen Eichen oder wurden aus Zichorien gewonnen, statt Kartoffeln gab es Steckrüben, und die Verpflegung war äußerst phantasievoll. Phantasievoll auch die Methoden deutscher Landser, Nahrungsmittel zu "organisieren". Jede deutsche Familie wusste davon zu berichten, und jede deutsche Familie hatte Angehörige verloren. Äußerst verbissen, mit enormer Leidensfähigkeit hatten sich die deutschen Regimenter jahrelang gehalten, und am Ende war doch alles vergebens gewesen.

Was Soldaten wie Zivilisten geleistet haben, was man ihnen zumutete und abverlangte, das war enorm gewesen, und dennoch hatte das alles nichts genützt. Das muss eine enorme Enttäuschung, ein Schock für viele gewesen sein. Da gehörte auch einiges dazu, sich das bewusst zu machen, sich das einzugestehen. Sich einzugestehen, dass man sinnlos seine besten Jahre geopfert hatte, dass man sinnlos seine Ersparnisse geopfert hatte, dass eigenes Engagement nutzlos, umsonst und vergeblich gewesen war. Sich eingestehen, dass Werte, die einem nahegelegt wurden, denen man nachgeeifert hatte, sich als wertlos, als hohle Phrasen erwiesen hatten.

Unter solchen Voraussetzungen war es bequem, war es psychologisch vielleicht sogar bis zu einem bestimmten Punkt nachvollziehbar, wenn große Teile der Kriegsgeneration diesen geistigen Spagat nicht schafften, wenn große Teile sich nicht eingestehen konnten und wollten, dass das eigene Engagement sinnlos war, dass die ihnen nahe gelegten Werte und Ideale falsch waren.

Das muss eine enorme Belastung gewesen sein. Etliche aus der Kriegsgeneration des 2. Weltkriegs brauchten Jahre, um sich einzugestehen, dass ihre jugendlichen Ideale für verbrecherische Ziele missbraucht wurden, und die meisten, die allermeisten bekamen bis zuletzt nicht den Spagat hin, sich einzugestehen, dass der schöne Schein gar nicht von den Abgründen getrennt werden kann, dass : KZ und KdF-Reisen Seiten der gleichen Medaille waren.

Die Niederlage war im Sommer 1918 unübersehbar geworden. Verschwörungstheorien sind aber zählebig, und ihre Attraktivität besteht darin, dass sie (zumindest für eine bestimmte Klientel) Erklärungsmuster für komplexe Zusammenhänge bieten. Attraktiv auch darin, dass Verschwörungstheorien Selbstreflexion und das Eingeständnis, einem Irrtum aufgesessen zu sein ausblenden. Die Erkenntnis, dass alles am Ende vergebens war, bleibt auch dem Verschwörungstheoretiker nicht erspart, aber die Verschwörungstheorie bietet ihm wenigstens Schuldige und Sündenböcke.

Da war dann der "große Heldenkampf der Deutschen" eben nicht vergebens, da war man keiner Lebenslüge aufgesessen, da hatte man nicht fehlinvestiert in Kriegsanleihen, da hatte man sich keine Bären aufbinden lassen, da war das Gemetzel ein heroisches, das Schlachtfeld ein "Hort männlicher Bewährung" und das "Aushalten" und "Durchhalten" "groß und heldenhaft". Indem man die Verantwortung an der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" einem Teil des eigenen Volkes in die Schuhe schob, den man ohnehin nicht mochte, kam man darum herum, sich rational und nüchtern mit dem Erlebten auseinandersetzen zu müssen.

Die Schuld an allem auf ohnehin ungeliebte Teile des eigenen Volkes abzuwälzen, war daher bequem und verführerisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde finde das Ludendorffs sehr insistentens Drängen darauf, dass das Waffenstillstandsangebot noch maximal 3 Tage warten könne, durchaus in einem gewissen Widerspruch zu seiner Äußerung in seinen Kriegserinnerungen steht, wo er Bemerkte, "wie lange wir hätten kämpfen können ist nicht zu sagen", denn mit der Einschätzung, dass das Waffenstillstandsangebot im Prinzip keinen Aufschub mehr dulde, hat er dazu ja durchaus eine Einschätzung geliefert, die die lage wesentlich pessimistischer einschätzte, als man das aus der Äußerung in den Erinnerungen interpretieren könnte.
Wobei man hier sicherlich mit den Kriegserinnerungen ohnehin etwas aufpassen muss, weil Memoirenliteratur, daher natürlich grundsätzlich verdächtig Beschönigungen und nicht akkurate Darstellungen zu enthalten.

Ludendorffs Memoiren brauchen wir hier nicht einmal zu bemühen; es gibt Besprechungsnotizen von Politikern und Militärs. Ludendorff forderte ab dem 28. September nicht nur ein sofortiges Waffenstillstandsangebot, sondern auch eine Regierungsumbildung. Dass Ludendorff nun plötzlich eine parlamentarische Regierung unter Einschluss der Sozialdemokraten forderte, lässt sich ganz gewiss nicht mit damit erklären, dass Ludendorff Sympathien für die Demokratie entwickelt hätte.

Generalmajor von Eulitz notierte anlässlich einer Besprechung vom 30. September folgende Ausführungen Ludendorffs:

22 deutsche Divisionen mußten aufgelöst werden. Die Überlegenheit der Entente steigt dadurch auf 30 bis 40 Divisionen. Die 38 amerikanischen Divisionen haben einen besonders hohen Mannschaftsstand. Dagegen ist die Kopfstärke unserer Divisionen mehr und mehr gesunken. Einige Divisionen sind nur noch Attrappen.
Es ist aber nicht die geringe Stärke der Divisionen, die unsere Lage bedenklich macht, sondern mehr die Tanks, die in immer größerer Zahl überraschend auftreten.
[...]
Es erübrigt sich, auf die Gründe für das Versagen näher einzugehen. Die Kriegführung an der Westfront hat jetzt in erster Linie wegen der Tanks den Charakter des Glücksspiels angenommen. Die OHL kann nicht mehr mit sicheren Faktoren rechnen.
Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916-1918 : Ludendorff, Erich, 1865-1937 : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
 
Selbst wenn Du mit jeder Zeile die Lage Ende 1918 zutreffend beschreiben solltest und Deutschlands Pläne im Osten keinerlei Realisierungschance hatten, konnte man sich dessen in London, Paris, Washington und Rom doch keineswegs sicher sein?

Ich dennke schon.
Der Umstand der gewöhnlichen Handelsrouten der ukrainischen Rohstoffe war der Entente durchaus bekannt, ebenso wie der Umstand der verschiedenen Spurweiten im Osten.
Vor dem Problem stand die Entente zum Teil selbst während des Krieges, weil dass das Unterfangen Unterstützungsgüter nach Russland zu liefern sehr erschwerte und sich diese dann zum Teil an den Grenzübergängen wie Haparanda-Tornio an der Grenze zwischen Schweden ud Russisch-Finnland stapelten.
Ähnlich frustrierend muss es aus Entente-Sicht gewesen sein, dass man nicht in den Schwarzmeer-Raum hinein kam um Russland dort Unterstützung liefernn zu können.
Daraus musste schon einmal resultieren, dass die deutschen Entweder die russische Spurweite im Osten beibehalten müssten, dann wären sie beim Transport von der ukrainischen Rohstoffe bis in die Näh der eigeneen Grenzen allerdings auf Lokomotiven und Wagongs russischer Bauart anngewisen gewesen, die nur begrezt vorhanden sein konnten und für die es in Deutschland keine Ersatzteile und keine erfahrenenn Wartungsmannschaften gab, oder sie mussten das gesamte Gleissystem der deutschen Spurweite anpassen um Güter ohne Umladen und ohne auf Beutegerät angewisen zu sein nach Deutschland verbringen zu können.
Für den Umbau hätte es allerdigs eines Heeeres von Bahnarbeitern benötigtig, dass man aber eerstmal zusammen hätte bringen müssen.
Den Entente-Mächten musste im Herbst 1918 an Hand der Gefangenen, die sie machten klar geworden sein, dass Deutschland mit seiner Manpower am Ende war, wegen der vielen Heranwachsenden unter den Gefangenen und Gefallenen, die man gewiss nicht eingezogen hätte, wenn noch genügend Erwachsene abkömmlich gewesen wären um die Lücken zu schließen.
Daraus hätte man durchaus denn Schluss ziehen können, dass es über Deutschlands menschliche Ressourcenn hinausging in diser Situation an solche Mammutprojeekte wie den kompletten Um- und Neubau des Bahnsystems in der Ukraine auch nur zu denken und sich auszurechnen, dass es nicht genügend Lokomotiven russischer Bauart gab und keine Ersatzteile dafür, wäre auch kein Kunststück gewesen.
Was ansonsten die Bindung von Bahnkapazitäten angeht, die Ententemächte wussten, welche Eisenbahnkapazitäten sie an den Fronten benötigten um genügend Material und Verpflegung heran zu schaffen ihre Fronten aufrecht erhalten zu können und außerdem in welcher Regelmäßigkit die typischen Verschleißteile ausfielen.
Dadurch konnte man nicht mit Sicherheit sagen, weelche Zahl an Lokomotivenn den Deutschenn fehlte, aber sicherlich ließ sich abschätzen, wohin die Reise gehen musste.
Woher sollten auf einmal hinreichend Lokomotiven kommen, für Strecken, die Deutschland zuvor in Friedenszeiten nie betrieben hatte?
Sicherlich wurden im Normalbetrieb vor dem Krieg Reservekapazitäten zurückgehalten aber wir reden, wenn wir reden hier, wenn wir davon reden über Russisch-Polen bis in die zenntrale oder östlich Ukraine zu kommen über Flächen, die größer waren als Deutschland und die hätten abgedeckt werden müssen.

Das konnte nicht vorhanden sein und das wusste die Entente.


Gedanken darüber, dass die Deutschen im Fall eines Waffenstillstands in der Lage sein würden aus der Ukraine gigantische Mengen an Ressourcen herauszuholen hätten sich die Anführer der Entente nach Konsultation ihrer Logistikspezialisten sicherlich nicht machen müssen.


Warum sind wir eeigenntlich mittlerweile beim Szenario eines formalen von der Entente akzeptierten Waffenstillstands angekommen?
Davon ab, dass ich das Szenario wegen Metz oben wieder verworfen hatte, war ein formaler Waffenstillstand ja gerade kein Theema sondern dessen Umgehung durch einen potentiellen faktischen Waffenstillstand, für den Fall, dass die Entente ihre Offensiven aus technischen Gründen hätte einstellen müssen, weil:

- In Flandern witterungsbedingt kein gangbares Terrain
- In den Ardennen keinen vernünftig ausgebauten Vormarschwege und die Maas als Hindernis
- In Lothringen die Festung Metz, gegen die sich bei Soll-Bewaffnung ein aussichtsreicher Angriff nicht improvisieren ließ und die Verlegung des Artillerieschwerpunkts von Flandern nach Lothringen inklusive Munition seine Zeit gebraucht hätte.
- In den Vogesen wegen Gebirge, Festungen und Rhein als Bassiere dahinter.

Gut, ohne hinreichend verteidigungsfähige Festung bei Metz, weil weit unter Sollbewaffnung, fuktioniert dises Szenario nicht, aber es ging esplizit davon aus, die Entente wegen eines Waffenstillstands gar nicht erst zu fragen, sondern darauf zu setzen, dass Witterung und der mangelnde Zugriff durch geeignete Angriffspunkte der Entente, wenn sie einigermaßen vernüftig mit dem Leben ihrer Soldaten umging, eine Offensivpause aufzwingen würde.
Und das man diese hätte nutzen können, für ein Friedens- nicht ein Waffenstillstandsangebot.

Das ich da zu optimistisch gedacht habe, weil ich zu sehr die Lage in Flandern im Blick hatte und im Bezug auf Metz falsch informirt war, dementsprechend das Szenario auf den Haufen mit den vielleicht interessanten, aber letztendlich wahrscheinlich eher unbrauchbaren Einfällen gehört, das hatte sich aus obigem ja bereits ergeben.
 
Warum sind wir eeigenntlich mittlerweile beim Szenario eines formalen von der Entente akzeptierten Waffenstillstands angekommen?
Davon ab, dass ich das Szenario wegen Metz oben wieder verworfen hatte, war ein formaler Waffenstillstand ja gerade kein Theema sondern dessen Umgehung durch einen potentiellen faktischen Waffenstillstand, für den Fall, dass die Entente ihre Offensiven aus technischen Gründen hätte einstellen müssen, weil:

- In Flandern witterungsbedingt kein gangbares Terrain
- In den Ardennen keinen vernünftig ausgebauten Vormarschwege und die Maas als Hindernis
- In Lothringen die Festung Metz, gegen die sich bei Soll-Bewaffnung ein aussichtsreicher Angriff nicht improvisieren ließ und die Verlegung des Artillerieschwerpunkts von Flandern nach Lothringen inklusive Munition seine Zeit gebraucht hätte.
- In den Vogesen wegen Gebirge, Festungen und Rhein als Bassiere dahinter.

Vielleicht verstehe ich Dich wirklich bloß falsch, aber aus meiner Sicht konnte ein "einseitiger" Waffenstillstand nicht durchgesetzt werden. Im Osten hatte Trotzki ja so etwas ähnliches versucht und war damit gescheitert. Hätte sich die preußisch-deutsche Armee einfach zurückgezogen, um eine besser zu verteidigende Linie zu gewinnen, wäre der Krieg vermutlich ganz normal weitergegangen. Ob die Westmächte dann Anfang 1919 eine Großoffensive oder schon Ende 1918 eine Reihe kleinerer Angriffe im Westen oder auch im Süden begonnen hätten, spielt dafür keine entscheidende Rolle. Man rechnete ja ohnehin in den meisten Hauptstädten damit, dass der Krieg noch mindestens ein Jahr oder sogar bis 1920 dauern könnte.
 
Vielleicht verstehe ich Dich wirklich bloß falsch, aber aus meiner Sicht konnte ein "einseitiger" Waffenstillstand nicht durchgesetzt werden.

Hier wollte ich noch Antworten:

Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt: Mir ging es nicht um einen einseitigen Abbruch des Krieges á la Trotzki sondern um die Frage, ob es hypothetisch möglich gewesen wäre, den Schritt eines formalen Waffenstillstands einfach zu überspringen und die politischen Entscheidungsträger der Entente gewissermaßen über die Bande der Innenpolitik dadurch auszumanövrieren, das Ende des Krieges durch öffentliche Vorlage eines eigenen Frindensentwurfs gewissermaßen zu einem Plebiszit zu machen.

Auf einen formalen Waffenstillstand hätten sich die politischen und militärischen Anführer der Entente ohne weitreichende Bedingungen natürlich niemals eingelassen, meine Unterstellung war, dass dies allerdings, wenn widrige Verhältnisse (Jahreszeit/Abwehrstellungen) die Offensive ohnehin weitgehend zum Stillstand gebracht hätten, dies überhaupt nicht notwendig gewesen wäre, weil es für die Dauer von vielleicht 3 Monaten die Aufnahme diplomatischer Aktivitäten ermöglicht hätte.

Die Vorstellung war einfach, dass man, falls die Operationen ausgesetzt worden wären, man durch Vorlage eines annehmbaren Friedensangebots die Wideraufnahme der Kampfhandlungen hätte verhindern und gleichzeitig vielleicht und insbesondere im Osten und in Einzelfragen etwas besser weg gekommen wäre, als es in Versailles dann der Fall war (ein Verlustfrieden wäre das selbstredend noch immer gewesen).

Die Überlegung war nur die: Wenn die Streitkräfte der Entente ihre weiträumigen Operationen für 1918 hätten beenden und mindestens bis zum Frühjahr warten müssen, bis die nächste Offensive möglich gewesen wäre, wäre der Zivilbevölkerung in Großbritannienn, Frankreich und den USA klar geworden, dass sich die Entscheidung noch hinziehen würde und eventuell hätte es zu Befürchtungen vor einem erneuten Erstarren der Fronten und weiteren Monaten, wenn nicht Jahren der Auseinandersetzung geführt.
Und wenn man bedenkt, dass auch die Zivilbevölkerung in Großbritannien und Frankreich kriegsmüde war und dieser Krieg in den USA ohnehin nie populär gewesen ist, wäre eben diese Zivilbevölkerung in einer Situation, in der militärisch nichts zu machen gewesen wäre und in der möglicherweise die Euphorie ob der Geländegewinne im Herbst auch etwas in Resignation umgeschlagen wäre, möglicherweise für Friedensangebote sehr empfänglich gewesen.
Hätte man die Zeit gehabt, hätte man einen entsprechenden Friedensplan zügig ausarbeiten und mit Abebben der Operation vermittels der internationalen Presse und der neutralen Länder bekannt machen können.

Wäre das auf Resonsnanz gestoßen, zumal bei militärisch stagnierender Lage, wären die führenden Politiker der Entente gezwungen gewesen sich dazu in irgendeiner Weise zu verhalten, zumal wenn die deutschen Vorschläge dergestalt gewesen wären, dass sie die Kernwünsche vor allem der britischen und amerikanischen Bevölkerung erfüllt hätten.
Entsprechender politischer Druck aus der eigenen Bevölkerung, hätte die politischen Anführer der Entente möglicherweise zwingen können den Krieg zu für Deutschland günstigeren Bedingungen zu liquidieren, weniger wegen besonderer Rücksicht auf den Gegner oder Ansehen seiner Widerstandskraft, als viel mehr deswegen, weil es wahrscheinlich, wenn die Operationen einmal zum Stillstand gekommen wäre, von der Bevölkerung in Großbritannien und den USA (die in Frankreich hätte das nach den Zerstörungen an der Westfront vielleicht noch mitgetragen, abeer allein hätte Frakreich nichts tun können) nicht verstanden worden wäre, hätten die eigenen politischen Anführer darauf bestanden wegen ein paar territorialen Krümmeln in Osteuropa oder der Frage ob die Reichswehr künftig 100.000 oder 200.000 Mann haben dürfe oder wie lange Frankreich das Rheinland besetzen dürfe, den Krieg wieder aufzunehmen.

Für dieses Szenario wäre die Frage ob die Operationen Ende 1918 hätten beendet werden müssen, möglicherweise von ganz entscheidender Bedeutung gewesen und dann wären wir unweigerlich bei der Frage, konnte man von deutscher Seite her im Westen vor Metz durchahlten.

Wäre das Festungs-Areal Metz-Thinoville was seine Armierung betrifft zu diesem Zeitpunkt einigermaßen im Sollzustand gewesen, den es in Friedenszeiten hatte, wäre ein Angriff hier, zumal ein improvisierter Angriff für die Entente keine realistische Option gewesen, sondern nur die Perspektive eines sinnlosen Gemetzels an den eigene Truppen.
Teile von französisch-Lothringen hätte die Entente dann vielleicht noch abknapsen können, wenn aber wegen Metz-Thionville ein größer angelegter Angriff auf Lothringen nicht mehr machbar war, wäre im Prinzip bis zum Frühjahr kein Zugriff auf die Westfront mehr gegeben gewesen.
In Flandern aufgeweichte Böden, in den Ardennen und den Vogesen Gebirgslandschaften ohne vernünftige Infrastruktur um große Truppenkörper dadurch zu bringen, selbst wenn eine Eroberung des schwierigen Geländes unwahrscheinlicher Weise gelingen sollte, in Lothringen das riesige Festungsareal um Metz, dass in hinreichend bewaffnetem Zustand kein höherer Militär ohne gründliche (und damit zeitintensive) Vorbereitung angegriffen hätte und dass sich auch nicht in einer Weise umgehen ließ, dass es für die Versorgung jedes weiteren Vorstoßes nicht zu einer rückwärtigen Bedrohung geworden wäre (Nachschub/Abschneiden/Einkesseln).
Mit intakten Festungen im Westen hätte man sehr wahrscheinlich die Zeit und Möglichkeit gehabt eine entsprechende diplomatische Offensive zu starten und zu versuchen die Entente auf diesem Weg zur Beendigung des Krieges zu zwingen.
Wäre das fehlgeschlagen, weil das Angebot nicht auf entsprechende Resonsnanz gestoßen wäre, hätte man sich ergeben müssen.

Weder Fortstetzung des Krieges über das Frühjahr, noch ein formaler Waffenstillstand (vor dem Eintritt eines faktischen Waffenstillstannds oder mindestens weitgehenden Offensivstopps) wären realistische Optionen gewesen, für das was ich vorgeschlagen hatte, hätte es allerding auch nichts von beidem bedurft.

Das folgte sozusagen mehr Logik: "Wilson, Lloyd George und Clemenceau hätten dem niemals zugestimmt, deren Militärs noch weniger, also fragt man sie eben überhaupt nicht, sondern macht aus dem Frieden eben eine faktische Volksabstimmung, der sie sich, wenn sie politisch weiterhin eine Rolle spielen wollen nicht widersetzen können."


Da mich @dekumatland allerdings freundlicherweise darauf hingewiesen hat, dass ich da in Sachen Festung von falschen Prämissen ausgegangen bin (das Teile der Munitionsbestände und der Artillerie aus Metz entfernt und in die Offensiven einbezogen worden war wusste ich, aber nicht wie weit das gegangen war und war davon ausgegangen, dass man entsprechendes Gerät, sofern noch intakt zeitnah aus Flandern hätte zurückbeordern können).
Ohne Metz-Thionville als Wellenbrecher, der die Entente zur Pause zwingen konnte und mit der Gefahr, dass bei einem lokalen Zusammenbruch vor Metz wegen der Erze gleich die ganze Kriegswirtschaft hopps geht, bei gleichzeitiger Unmöglichkeit durch größere Rückzüge den Vormarsch der Entente zu verlangsamen und dadurch Zeit für die Rearmierung zu gewinnen, ist die Überlegung natürlich für die Tonne, weil das die Wahrscheinlichkeit einer Unterbrechung der Offensive drastisch senkt und die eines Zusammenbruchs deutlich erhöht.
Nicht wegen der Einwände die von Sepiola und anderer Seite gekommen sind, hinsichtlich Truppenmoral und Verpflegung, das überzeugt mich in dieser Form nicht.
Beides war sicherlich kritisch, aber den unmittelbaren Zusammenbruch noch vor dem Frühjahr deswegen, sehe ich da nicht. Eine völlig andere Sache ist die Waffen- und Munitionsproduktion und für die war das Halten von Metz absolut unabdingbar.
Wenn die Festung, wie dekumatland meint als Defensivposition nicht zu verteidigen gewesen wäre (und das wird er mit Sicherheit besser wissen als ich), wird man findenn können, dass das Risiko eines Zusammenbruchs zu groß war um auf Abbruch der Operationen und Pause zu spekulieren.
 
@Shinigami das Festungsensemble Metz Thionville Moselstellung wäre günstiger zu halten gewesen als Verdun, denn es war deutlich stärker/moderner - und wenn es wie Verdun aus dem Rückraum permanent versorgt worden wäre, hätten sich alle Wogen daran gebrochen --- ABER 1. war der "Rückraum" erschöpft, ausgelaugt 2. war nahezu alle Artillerie an die Front disloziert und es gab keine realistische Chance, die dislozierte Artillerie kurzfristig in die Festungszonen zu bringen.
 
Die Vorstellung war einfach, dass man, falls die Operationen ausgesetzt worden wären, man durch Vorlage eines annehmbaren Friedensangebots die Wideraufnahme der Kampfhandlungen hätte verhindern und gleichzeitig vielleicht und insbesondere im Osten und in Einzelfragen etwas besser weg gekommen wäre, als es in Versailles dann der Fall war (ein Verlustfrieden wäre das selbstredend noch immer gewesen).

Die Überlegung war nur die: Wenn die Streitkräfte der Entente ihre weiträumigen Operationen für 1918 hätten beenden und mindestens bis zum Frühjahr warten müssen, bis die nächste Offensive möglich gewesen wäre, wäre der Zivilbevölkerung in Großbritannienn, Frankreich und den USA klar geworden, dass sich die Entscheidung noch hinziehen würde und eventuell hätte es zu Befürchtungen vor einem erneuten Erstarren der Fronten und weiteren Monaten, wenn nicht Jahren der Auseinandersetzung geführt.
Und wenn man bedenkt, dass auch die Zivilbevölkerung in Großbritannien und Frankreich kriegsmüde war und dieser Krieg in den USA ohnehin nie populär gewesen ist, wäre eben diese Zivilbevölkerung in einer Situation, in der militärisch nichts zu machen gewesen wäre und in der möglicherweise die Euphorie ob der Geländegewinne im Herbst auch etwas in Resignation umgeschlagen wäre, möglicherweise für Friedensangebote sehr empfänglich gewesen.

Das ist ein wirklich interessanter Gedanke! Ich bin nur nicht sicher, ob die Regierungen der Entente und der USA Ende 1918 wirklich so weit von den Bürgern ihrer Länder entfernt waren. Man war ja in allen Ländern überrascht, dass Deutschland schon im Herbst 1918 aufgab, rechnete also schon im Sommer mit einem Krieg, der bis 1919 oder sogar 1920 dauern würde.

Nehmen wir also einmal an, die OHL kann eine Linie erreichen, die mutmaßlich bis zum Frühlingsbeginn halten wird, sei es um Metz herum, sei es an einer anderen Stelle. Dann kommt im Winter ein Friedensangebot der Regierung Max von Baden (oder meinetwegen auch der Regierung Graf Hertling). Was hätte ein solches Angebot beinhalten sollen? Auch in Deutschland bestand ja vielfach die Ansicht, dass sich der Krieg gelohnt haben musste. Wenigstens im Osten konnte man doch Grenzverbesserungen verlangen, wo man doch schon so weit vorgestoßen war! Selbst das Angebot eines Friedens auf der Basis der Vorkriegsgrenzen samt Rückgabe der Kolonien hätte bei den Alldeutschen und vielen anderen Gruppen wohl als Verrat gegolten.

Wir können es auch aus Sicht von Paris, London und Washington ansehen. Die deutschen Verbündeten strecken die Waffen, aber Ende 1918 stockt der Vormarsch in Nordfrankreich. Der Reichskanzler macht ein Friedensangebot auf Basis der Vorkriegsgrenzen. Einige pazifistisch gesinnte Intellektuelle und vielleicht auch einige Gewerkschaften raten dazu, es anzunehmen. Wäre es nicht viel wahrscheinlicher, dass die Regierungen in ihren Ländern mit dem Argument durchgedrungen wären, man müsse den bevorstehenden Sieg nun auch nach Hause bringen, damit die vielen Opfer sich gelohnt hätten? Die Verbündeten des Reiches seien schon geschlagen, man könne im Frühjahr aus allen Richtungen angreifen. Jetzt dürfe man nicht auf Defätisten hören, die den Kaiser retten wollten und damit - ob aus verräterischer Neigung oder aus Dummheit - in einigen Jahren einen neuen deutschen Griff nach der Weltmacht ermöglichten!

Kriegsmüdigkeit gab es auf allen Seiten, aber ein bevorstehender Sieg konnte noch einmal motivierend wirken. Auch in Deutschland wirkte sich die Frühjahrsoffensive 1918 ja in ähnlicher Weise aus.
 
Der Reichskanzler macht ein Friedensangebot auf Basis der Vorkriegsgrenzen.

Das hätte man gar nicht versuchen brauchen, die Vorkriegsgrenzen wären auf der Seite der Entente nicht mehr akzeptiert worden.
Darauf Frankreichs Ansprüche auf die Rückgabe Elsass-Lothrigens zu unterstützen, hatten sich die britische Regierung nach Brest-Litows festgelegt ebenso wie Wilson, der das in seinem 14 Punkte-Plan ausdrücklich zum Ziel erklärt hatte.
Um die Abtretung dessen wäre man nicht herum gekommen, ebenso wenig wie um die Abtretung der Provinz Posen, nachdem man von deutscher Seite her 1916 mit der Ausrufung eines Königreichs Polen die Existenz eines künftigen polnischen Staats bereits von sich aus anerkannt hatte und da man in Sachen Selbstbstimmungsrecht der Völker Wilson wenigstens ein Stück weit entgegen hätte kommen müssen und die Provinz Posen hatte einmal im Gegesatz zu Westpreußen und Schlesien eine deutliche polnische Bevölkerungsmehrheit.
Auch das abzutreten hätte man ohne wenn und aber als Zugeständnis anbieten müssen, die Frage ist, hätte es im Hinblick auf andere Territorien und Einzelfragen vielleicht Spielräume gegeben.

Nein, ein Angebot mit dem etwas hätte erreichen können, hätte einem "Versailles-Light" entsprechen müssen.

Für die Bevölkerung in Großbritannien war die Sicherheit des eigenen Empire, der Seefahrt und der Umstand von Bedeutung, dass man sich regierungsseitig offiziell in den Krieg eingelassen hatte um Belgien zu schützen und zu verteidigen.
Dem hätte man Rechnung tragen müssen. Bedeutet:

- Aufgabe der Kolonien
- Drastische Reduzierung der Hochseeflotte auf vielleicht 10% oder 20% des britischen Bestands, Abtretung oder Abwracken der übrigen Einheiten, längeres einseitiges Moratorium für den Bau weiterer Kriegsschiffe, ggf. Abkommen über die Begrenzung von deren Tonnage.
- Abkommen zur Unterstützung der britischen Bemühungen zur Novellierung des Seerechts.
- Verschrottung sämtlicher U-Boote und Verpflichtung darauf U-Boote als Waffe künftig zu ächten, U-Boote künftig nur noch zu zivilen Zwecken zu unterhalten und sie nicht mehr selbst zu produzieren, sondern nur noch aus dem Ausland (Großbritannien oder Amerika) zu beziehen, um von vorn herein zu gewährleisten, dass sie nicht für Kriegszwecke gebaut und ausgerüstet werden können.
- Vollständige Widerherstellung der territorialen Integrität Belgiens.
- Bereinigung aller durch das deutsche Militär in Belgien angerichteten Schäden.
- Erstattung/Ersatz allen aus Belgien entwendeten Materials.
- Abriss der strategischen (und ökonomisch nutzlosen) Bahnlinien in Richtung der belgischen und luxemburgischen Grenze, um eine künftige Bedrohung von vorn herein auzuschließen.
- Bereitstellung von Geldmitteln zur Widerinstandsetzung und Modernisierung der Festung Lüttich um die Sicherheit Luxemburgs und Belgiens in der Zukunft zu verbessern.
- Aufkommen für durch den Seekrieg verursachte Schäden

Um Amerika und Wilson entgegen zu kommen:

- Erklärung über die Bereitschaft dem Völkerbund beizutreten.
- Akzeptanz der Unabhängigkeit Polens und gemäß dem Selbstbestimmungsrecht der Völker wegen der unbestreitbaren polnischen Bevölkerungsmehrheit Überlassung der Provinz Posen an Polen, unter der Prämisse, der Anerkennung der deutschen Bevölkerungsmehrheit in den übrigen Ostgebieten und derenn Verbleib bei Deutschland.
- Vertrag mit dem neuen polnischen Staat über die Achtung der Rechte der jeweiligen nationalen Minderheiten.
- Völkerrechtlich verbindliche zollfreie Öffnung des Schiffsverkehrs auf der Weichsel und der Elbe, so wie der Häfen von Hamburg und Danzig um dem neuen Polnischen und einem neuen Tschechischen Staat den Zugang zum Welthandel zu ermöglichen.
Auch zollfreier Überland-Transit für polnische Güter nach Danzig.
- Falls erwünscht Verhandlungen über weitergehende Abkommen zur Internationalisierung der europäischen und amerikanischen Wasserwege zum Wohle des freien Handels.
- Entschädigung für die Amerika und seinen Bewohnern durch den U-Boot-Krieg entstandenen Schäden.
- Entmachtung der alten Eliten durch denn Übergang zu einer vollständig parlamentarisierten Regierungsform, sei es im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie in Anlehnung an das britische Westminster-System oder die vollständige Beendigung der Monarchie und Übergang zu einer Republik.
- Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker der Donaumonarchie und deren Recht sich aus dem habsburgischen Vielvölkergebilde zu lösen, gleiches im Hinblick auf das Osmanische Reich, vorausgesetzt, die Entente erkennt im Gegenzug auch das Selbstbestimmungsrecht derjenigen Völker an, die sich aus der Konkursmasse des Zarenreichs zu lösen wünschen (im Fall Polen entsprach das ja ohnehin Wilsons Wünschen).

Um Frankreich entgegenn zu kommen:

- Abtretung Elsass-Lothringens
- Das Recht 15 Jahre lang das Saargebiet zu besetzen
- Das Recht 10 Jahre lang den Süden der Rheinprovinz, südlich Koblennz zu besetzen
- Regulierung der in Nordfrankreich durch das deutsche Militär angerichteten Schäden durch das Deutsche Reich
- 10 Jahre lang Bereitstellung erheblicher Kontingente der in Deutschland geförderten Kohle als Energiebasis für den Wiederaufbau, dafür im Gegenzug für die gleiche Dauer das Recht für die deutsche Schwerindustrie zollfrei (aber gegen Bezahlung) Eisenerz aus Lothringen zu beziehen um die Versorgung der Industrie für eine Übergangszeit zu gewährleisten.
- Falls gewünscht Verhandlungen über eine gemeinsame Montan-Wirtschaftszone (Lothingen-Ruhrgebiet) um Künftigen Spaungen wirtschaftspolitisch vorzubeugen.
- Abbau der Kriegswirtchaft, Verschrottung des Kriegsgeräts und Zerschlagung der großen kriegswirschaflichen Unternehmen im Besonderen Krupp um die Verquickung der deutschen Wirtschaft mit dem alten Militarismus aufzulösen.
- Reduzierung des eigenen Heeres auf eine Größe von 250.000 Mann + Marine, verzicht auf Panzer, Flugzeuge für den militärischen Gebrauch, so wie Verzicht auf schwere Artillerie, strenge Regulierung der Anzahl an Maschinengewehren, leichten Geschützen und Kraftfahrzeugen, bei ständigem uneingeschränkten Kontrollrecht durch den Völkerbund auf eine Dauer von 50 Jahren, bei anschließender Verpflichtung, sich an einer Konferenz zur verbindlichen dauerhaften Begrenzung der Landrüstung zu beteiligen.
- Schleifung sämtlicher strategischer Bahnen und aller modernen (historische, praktisch nicht mehr nutbare Baudenkmäler ausgenommen) Festungsanlagen auf einer Breite von 50 Km östlich der neuen gemeinsamen Grenze.
- Verpflichtung dort für die nächsten 25 Jahre keine neuen Befestigungen anzulegen.
- Einseitige Demilitarisierung der Rheinzone für 20 Jahre, Verpflichtung sich danach, falls gewünscht an einer Konferenz über die beidseitige Etablierung einer dauerhaft demilitarisierten Zone zu beteiligen.
- Vertragliche Feststellung einer deutsche Mitverantwortung an diesem Krieg und der alleinigen Agression gegenüber Luxemburg und Belgien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weitere Punkte:

Osteuropa:

- Verzicht auf alle Vorteile aus dem Diktatfrieden von Brest-Litowsk
- Anerkennnung neben der Unabhängigkeit Polens auch diejenige der baltischen Staaten und derjenigen aus der Habsburger Monarchie hervorgehenden Nachfolgegebilde
- Keine deutsche Einmischung in Grenzstreitigkeiten in diesem Raum, sofern sie nicht direkt die deutsche Staatsgrenze betreffen, sondern Anerkennung des Schiedsspruchs der Entente oder einer Komission des Völkerbunds in diesen Fragen.

Wirtschaft und Reparation:

- Normalisierung der Handelsbeziehungen
- Verzicht auf die Erstattung beschlagnahmten deutschen Auslandsvermögens
- Erstattung zum Nachteil von Bürgern der Ententestaaten beschlagtnahmen Vermögens in Deutschland
- Stellung von Material und und Arbeitskräften zum unverzüglichen Wiederaufbau der verwüsteten Gebiete in Westeuropa. (In Sachleistungen, weil Hilfe sofort nötig war und das Chaos der europäischen Währungssysteme das nur verkompliziert hätte und mit dem Hintergedanken, dadurch eine Beschäftigung für die eigenen ins Zivilleben entlassenen Soldaten zu haben).
- Feststellung der Höhe der übrigen Schäden durch eine unabhängige Kommission des Völkerbunds und Verpflichtung Deutschlands, diese in Form von Geldleistungen zu erbringen.
- Bereitstellung von Kapazitäten der deutschen chemischen Industrie zur Bekämpfung der spanischen Grippe, gegen Bereitstellung entsprechender Grundstoffe für die Arbeit an Wirkstoffen.
- Falls gewünscht gemeinsames Projekt zur Invaliden- und Kriegswaisenführsorge.
- Abtretung von Lokomotiven und Handelsschiffen um im Westen verlustig gegangene Transportkapazitäten zu ersetzen.



Das wäre so in etwa, was ich mir als Angebot vorgestellt hätte, dass man auf den Tisch hätte legen müssen um den Politikern der Entete eine Weiterführung des Krieges unmöglich zu machen.
Hätte so etwas offen auf dem Tisch gelegen und Wilson, Lloyd George oder Clemenceau ihrer Bevölkerung erzählt, dass sie wegen irgndwelcher Ortschaften in Polen oder um ein paar Millionen an Reparationen mehr herauszuschlagen oder die deutsche Armee noch mehr zu verkeinern, weiter Krieg führen sollte, hätte diese Bevölkerung sie wahrscheinlich eher davon gejagt, als diesem Ansinnen zu folgen.

Damit hätte man vielleicht einige der Härten, die der Versailler Vertrag mit sich brachte abmildern und etwas bessere Bedingungen herausschlagen können, selbstredend aber keine Eroberungen, nicht einmal den Status Quo ante.
Eine der Hürden, wenn man die militärische Ebene ausbledent, ist dass es für ein solches Angebot Mut gebraucht hätte, denn natürlich hätten die Alldeutschen und Annexionisten in völliger Verkennung der Realitäten "Verräter" geschrien.
Andererseits fanden sich auch mutige Männer, die bereit waren, die noch schärferen Bedingungen des Waffenstillstands von Compiènge und des Versailler Vertrags zu akzeptieren.
Ich denke, wenn die militärische Situation es hergegeben hätte und die politische Leitung des Reiches rechtzeitig erkannt hätte, dass das möglicherweise der einzige Weg gewesen wäre noch schlimmeres abzuwenden, wäre das ggf. möglich gewesen.
 
Andererseits fanden sich auch mutige Männer, die bereit waren, die noch schärferen Bedingungen des Waffenstillstands von Compiènge und des Versailler Vertrags zu akzeptieren.

Bei der Unterzeichnung des Waffenstillstands von Compiègne wusste man aber noch nicht, wie der endgültige Friedensvertrag aussehen würde und hat sich erhofft, dass sich dieser an der 14 Punkten von Wilson orientieren würde bzw. daran, wie man selbst die interpretierte. Und bei der Unterzeichnung des Versailler Vertrages hatte man dann kaum noch eine andere Wahl, als zu akzeptieren.

Ich glaube, es war tatsächlich Teil des Problems, dass man sich mit dem Waffenstillstand von Compiègne quasi in die Hände der Alliierten begab und es wäre vielleicht besser gewesen, zu versuchen, gleich einen Friedensvertrag abzuschließen. Die Frage ist, wie realistisch das war. Die Alliierten hätten konkrete Verhandlungen immer ablehnen können, solange noch deutsche Truppen auf belgischem oder französischem Boden befanden. Deutschland hätte natürlich die Möglichkeit gehabt, selbst einfach öffentlich ein konkretes Angebot zu machen. Nur hätte es wohl keine Reichsregierung politisch überlebt ein solches Angebot wie von Dir skizziert zu machen. In vielen Punkten ist das nur marginal besser als der Versailler Vertrag, z. B. die Beschränkung auf 250.000 Soldaten unter Verzicht auf die meisten schweren Waffen. Ohne schwere Waffen macht es keinen entscheidenden Unterschied, ob es nun 100.000 oder 250.000 Soldaten sind, da man gegen ernsthafte Gegner ohnehin keine Chance gehabt hätte. Bei den Reparationen hat man das gleiche Problem, dass man sich einer noch nicht absehbaren, aber vermutlich gigantischen Reparationslast gegenüber gesehen hätte.

In diesem hypothetischen Szenario hätte man ja auch den Vertrag von Versailles nicht gekannt und die Politiker und die Öffentlichkeit hätten keinen Vergleich zwischen dem Vorschlag und dem Vertrag machen und die Vorteile gegenüber dem Vertrag sehen können. Statt dessen hätte man nur die Zumutungen gesehen, die der Vorschlag bei Verwirklichung für Deutschland mit sich gebracht hätte.
 
Bei der Unterzeichnung des Waffenstillstands von Compiègne wusste man aber noch nicht, wie der endgültige Friedensvertrag aussehen würde und hat sich erhofft, dass sich dieser an der 14 Punkten von Wilson orientieren würde bzw. daran, wie man selbst die interpretierte.

Lasse ich in dieser Form nicht gelten. Begründung:

Mit dem Waffenstillstand zu den Bedingungen von Compiègne, wrackte man die gesamte Kriegswirtschaft ab, so dass eine Wiederaufnahme des Krieges danach tatsächlich nicht mehr möglich war, weil man mit Lothringen und den belgischen Gebieten fast sämtliche Bezugsquellen von Eisenerz, die man kontrollierte herausgeben musste und mit Ausweitung der Blockade auf die Ostsee auch Einfuhren aus Skandinavien unmöglich wurden.

In dem Moment, in dem man das Tat und sämtliche Mittel sich noch zu Verteidigen aus der Hannd gab, war man nicht nur gegenüber der Gesamtmacht der Entente mehr oder minder wehrlos, sondern auch gegenüber jedem potentiellen Alleingang eines der drei großen Bündnispartner.
In dem Moment in dem sich das Kräfteverhältnis in dieser Weise verschob, musste klar sein, dass nicht Amerika, sondern Frankreich weitgehend die Agenda des Friedensvertrags bestimmen würde, weil Frankreich Interessen naturgemäß deutlich weitergehen mussten, als die Amerikas und Frankreich durch die vollständige deutsche Entwaffnung in die Lage kam, sie nötigenfalls auch allein durchsetzen zu können.

Das ist nicht etwas, was man erst ex post feststellen kann, damit musste man rechnen.

Ich glaube, es war tatsächlich Teil des Problems, dass man sich mit dem Waffenstillstand von Compiègne quasi in die Hände der Alliierten begab
In die Hände Frankreich, nicht der Entente.
Sich in die Hände der Entente als Gesamtheit zu begeben, d.h. in einer Konstellation, die es Amerikanern und Briten noch erlaubt hätten etwaigen französischen Alleingängen vorzubauen und bei der Amerikaner und Briten, die bestimmenden Parteien auf Seiten der Entente hätten bleiben können, wäre nicht so problematisch gewesen.

In dieser Hinsicht hätte man im Übrigen bei Wilson insistieren können, dass die Bedingungen von Compiègne, nicht nur Deutschland faktisch handlungsunfähig machten, sondern auch Wilsons Position gegenüber Frankreich in einem Ausmaß schwächen würden, dass das weder im deutschen, noch im amerikanischen Interesse sein konnte und man daher zu einer anderen Basis finden müsse.

Die Frage ist, wie realistisch das war.
Hängt mMn sehr von der augenblicklichen militärischen Lage ab und davon ob ein abflauen der Offensiven im Winter 1918/1919 noch zu erwarten gewesen wäre.

Die Alliierten hätten konkrete Verhandlungen immer ablehnen können
Ich halte es grundsätzlich für falsch die Ententemächte zu einem Block zu subsummieren, dem man deckungsgleiche Interessen unterstellt.
Frankreich oder mindestens Frankreichs politische und militärische Führung hätten sicherlich die Tendenz dazu gehabt, zumal die französische Zielsetzung ja durchaus über die Befreihung der eigenenn Gebiete hinaus ging und auf maximal mögliche Schwächung Deutschlands zielte.

Aber warum hätten sich Großbritannien und die USA, die diese Interessen nicht teilten, Verhandlungen grundsätzlich verschließen sollen, hätte man von deutscher Seite ein Angebot auf den Tisch gelegt, dass ihre Kernforderungen erfüllt hätte?
Es wäre ja, bevor man dem Waffenstillstand von Compiègne zustimmte und sich damit entwaffnen ließ, überhaupt nicht notwendig, die gesamte Entente an den Verhanndlungstisch zu bringen, Großbritannien und die Vereinigten in Verhandlungen zu verstricken hätte vollkommen ausgereicht, um Frankreich militärisch lahm zu legen, weil es zusammen mit den Verbündeten stark genug war Deutschland endgültig zu schlagen, aber nicht alleine.

Nur hätte es wohl keine Reichsregierung politisch überlebt ein solches Angebot wie von Dir skizziert zu machen.

Im Prinzip passierte das aber doch bereits, in dem man sich darauf einließ auf Basis von Wilsons 14-Punkte-Programm verhandeln zu wollen.
Das besagte eindeutig, dass man Elsass-Lothringen würde abtreten müssen und wennn man sich auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" und ein unabhängiges Polen einließ, war auch klar, dass man mindestens Posen los würde, weil nach diesem Paradigma man angesichts polnischer Bevölkerungsmhrheit dort, keine Argumente haben würde auf dessen Verbleib zu bestehen.

Das man Reparationen zahlen und abrüsten würde müssen (jedenfalls grundsätzlich), war ebenfalls vorhersehbar auch darin ließ man sich in dem Moment, in dem man den Waffenstillstand beantragte und akzeptierte ein.

In vielen Punkten ist das nur marginal besser als der Versailler Vertrag, z. B. die Beschränkung auf 250.000 Soldaten unter Verzicht auf die meisten schweren Waffen. Ohne schwere Waffen macht es keinen entscheidenden Unterschied, ob es nun 100.000 oder 250.000 Soldaten sind, da man gegen ernsthafte Gegner ohnehin keine Chance gehabt hätte.

Ich habe doch auch mehrfach geschrieben, dass ich nicht davon ausgehe, dass es noch möglich gewesen wäre aus der Sache heraus zu kommen ohne dabei gerupft zu werden, sondern lediglich, dass ich mir vorstellen kann, dass bei anderem Vorgehen (wenn die militärische Lage das zugelassen hätte), man etwas bessere Konditionen hätte bekommen können.

Im Übrigen für so marginal halte ich die Unterschiede nicht.

250.000 Mann Reichswehr, zumindest noch mit ernsthaften Beständen an Maschinengewehren und leichter Artillerie, hätten sicherlich nicht ausgereicht um sich gegen Frankreich zu verteidigen, sehr wohl aber gegen Polen und es hätte gegenüber einem 100.000 Mann-Heer die Staatsmacht nach innen stabilisiert.

Im Hinblick auf das Militär, hätte man bei der Verschuldung durch den Krieg, selbst wenn man die Reparationen auf ein ersträgliches Niveau bekommen hätte, ohnehin in einer Weise einsparen müssen, dass man sich auf längere Zeit einen größeren Krieg nicht hätte leisten können.
Selbst wenn wenn man sich nicht vertraglich dazu verpflichtet hätte, wäre ein Heer in der Größe des Vorkriegsstandes nicht mehr zu finanzieren gewesen, jedenfalls längere Zeit nicht.


Wenn man Oberschlesien und Memel aus dem Forderungskatalog der Entente hätte heraushalten können, hätte man 15-20% der Steinkohleförderung (Oberschlesien) nicht abtreten müssen, und Memel war geographisch das Ausfalltor für die Land-und Forstwirtschaft, nicht nur im nördlichen Ostpreußen, sondern auch für das südliche Litauen und wäre Zoll- und Handelspolitisch durchaus interessant gewesen.

Eine verkleinerte Besatzungszone am Rhein und eine kürzere Besatzungsdauer, hätte vor allen Dingen für ein geringeres Maß an entstehendenn Besatzungskosten geführt, die Deutschland zu tragen gehabt hätte und damit für etwas finanzielle Entlastung gesorgt.

Bei den Reparationen hat man das gleiche Problem, dass man sich einer noch nicht absehbaren, aber vermutlich gigantischen Reparationslast gegenüber gesehen hätte.

Richtig, aber:

Wenn es gelungen wäre die Entente wie vorgeschlagen darauf festzulegen den Schiedsspruch einer internationalen, neutralen Kommission in Sachen Feststlegung der Höhe der Reaparationen zu akzeptieren, hätte das immerhin bedeutet, Willkührmaßnahmen in diesem Bereich etwas vor zu bauen und das Thema Reparationen aus der Innenpolitik und den Wahlkämpfen in den Ländernn der Entente heraus zu halten, um zu verhindern, dass sich die dortigen Kandidaten mit Forderugen an Deutschland überbieten und das eine bis ins Extreme gehende Eigendynamik entwickelt.
Außerdem hätte man dann eine Plattform gehabt, auf der man die eigenen Argumente wenigestens gleichberechtigt hätte vortragen können.

In diesem hypothetischen Szenario hätte man ja auch den Vertrag von Versailles nicht gekannt und die Politiker und die Öffentlichkeit hätten keinen Vergleich zwischen dem Vorschlag und dem Vertrag machen und die Vorteile gegenüber dem Vertrag sehen können.

Nein, den Vertrag hätten sie nicht gekannt und auch den Vergleich nicht. Deswegen hätte ein solcher Schritt enormen Mut gebraucht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht nur Mut, würde ich sagen, sondern auch eine erstaunliche Selbstsicherheit und die Zuversicht, dass wirklich alle Elemente des Plans gelingen würden.

Nicht nur musste der Reichskanzler (als "Zivilist") die militärische Lage genau richtig einschätzen - sofern wir einmal davon ausgehen, dass ein solches Vorhaben militärisch irgendwie hätte verwirklicht werden können - und die OHL dazu bringen, ihm zu vertrauen und weder in Panik noch in neue Siegeszuversicht zu verfallen. Auch Offiziere und Soldaten und die Zivilbevölkerung mussten ausreichend Kampfmoral behalten, um die Mühen des Krieges weiter auf sich zu nehmen, aber nicht so viel, dass die Friedensbotschaft samt ihren schmerzhaften territorialen Einschnitten vom Kaiser oder vom Reichstag wieder zurückgenommen werden konnte.

Zuletzt musste auch die Entente - oder meinetwegen die Mehrheit der Entente - in der erhofften Weise reagieren. Du hattest ja schon selbst vermutet, dass die "Großen Drei" persönlich nicht geneigt sein würden, auf den Sieg oder eine weitgehende Kapitulation zu verzichten. Der deutsche Reichskanzler musste also auch die Stimmung der Menschen bei den Feindmächten genau richtig einschätzen, damit die jeweilige Bevölkerung und die Parlamente eine Zustimmung ihrer Regierungen zu den Friedensverhandlungen "ohne Sieg" erzwangen.

Falls das alles nicht so funktioniert hätte, war die Alternative aber vermutlich nicht einfach der Versailler Vertrag ein Jahr später. Auch wenn das "Friedensdikat" in Deutschland vielfach als maximale nationale Katastrophe angesehen wurde, hätten nach einer Besetzung von Teilen des Reiches unter Umständen noch weitaus härtere Bedingungen gestellt werden können.
 
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