1. Kurt Eisner hat am 21. November 1918 über seinen Gesandten in Berlin die provisorische Regierung anzuweisen, alle Dokumente zu veröffentlichen, die im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Krieges stehen. Am 9. Dezember 1918 wurde Karl Kautsky beauftragt, diese Dokumente zu sichten und einen Bericht anzufertigen. Er war damit im März 1919 fertig, doch das Auswärtige Amt hat die Ergebnisse nicht publiziert und unter Verschluss genommen, weil man fürchtete, sie könnten in falsche Hände geraten.
Stattdessen wurden Max Montgelas und Walter Schücking beauftragt, eine alternative! Zusammenstellung der Dokumente anzufertigen, die auch veröffentlicht wurde und die Diskussion über die Kriegsschuldfrage nicht nur in der Weimarer Republik bestimmte, sondern auch in den Anfangsjahren der Bundesrepublik. Darüber hinaus verfügte 1929 die damalige Regierung, dass die letzten 30 Jahre des Archivs des Auswärtigen Amtes auch für die Wissenschaft geschlossen bleiben müssen.
Man fürchtete vor allem, dass der von Kautsky vorgelegte Bericht die deutsche Position in Sachen Fridensverhandlungen/Friedensschluss unterminieren könnte, so wie weitere Verhadlungen im Hinblick auf die Modalitäten der Reparationen etc.
Von dem her sehe ich eine grundsätzlich andere Gemegelage, insofern es bei Verbrechen an der Zivilbevölkerung vor allem um Individualschuld der daran beteiligten Soldat ging in der Frage der Kriegsschuld allerdings um Konsequenzen, die die gesamte Bevölkerung möglicherweise noch über jahrzehnte betreffen konnten.
Im Übrigen, es wurden selbst bei diesem Vorgehen keine Dokumente "geschöhnt" (will heißen gefälscht), sondern es wurden vor allen Dinge einige Dinge weggelassen um ein entsprechendes für Deutschland günstiges Bild zu erzeugen.
Dadurch dass mit der Zusammenstellung der Quellen bewusst ein falsches Bild erzeugt wurde, werden aber nicht die verwendeten Quellen an und für sich in ihrem Inhalt unglaubhaft.
Sperrfristen auf Archivmaterial, sind nichts besonderes sondern viel eher die Regel ebenso, wie dass das auch die Wissenschaftliche Auswertung betrifft.
Das wiederrum hat nichts mit Schönen von Quellen zu tun.
2. Auf Druck der Westmächte, Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen, erklärte man sich bereit, die namentlich bekannten Personen zur Anklage vor dem Leipziger Reichsgericht zuzulassen. [...]
Inwiefern genau, ist dass ein Beispiel für schönen/fälschen von historischen Dokumenten und Quellen?
Es ist ein Beispiel für tendenziöse Justiz, der man Rechtsbeugung vorwerfen kann, aber nicht dafür, dass Quellen per se unglaubwürdig wären.
So wurde zum Beispiel General Stenger freigesprochen, der beschuldigt wurde, am 9. August 1914 die Erschießung von verwundeten französischen Soldaten anzuordnen.[...]
Ohne mich jetzt in den Fall weiter reingelesen zu haben, sofern nichts schriftlich vorliegt stand dann also allein das Wort Stengers gegen dasjenige von Müller und Crusius, wobei Müller und Crusius beide in dem Sinne als Täter handelten, indem sie die Erschießung von Gefangenen anordneten, was man ihnen anscheinend nachweisen konnte.
In dem Fall hätten allerdings beide ein Motiv gehabt einen Teil der Verantwortung dafür durch die Behauptung, sie haben lediglich weitergeleitet, was vom General befohlen war auf diesen abzuschieben und dementsprechend hätten auch beide durchaus ein Motiv dafür gehabt einen entsprechenden Befehl von oben zu erfinden.
Wenn das die Beweislage war, wäre ein Freispruch Stengers im Sinne des Grundsatzes "im Zweifel für den Angeklagten", wie ich das sehe mindestens im Hinblick auf den 9. August 1914, durchaus angemessen gewesen, wie ich das sehe.
Es gibt dazu auch den Bericht eines Nervenarztes, den Crusius 1916 aufsuchte, weil ihn die Tatsache, Verwundete habe erschießen lassen müssen, so bedrückte.
Und weil dieser Befehl Stengers „Gefangene werden nicht gemacht“ noch an einem anderen Tag (am 26. August 1914) erfolgte, dürfte wohl das der Wahrheit entsprechen.
Dieser Schluss ist unzulässig.
Wenn man Stenger nachweisen konnte (konnte man oder behauptete der selbst belastete Crusius das lediglich?), dass er in 1916 einen solchen Befehl tatsächlich gab, wäre Stenger für diesen Befehl anno 1916 zu verurteilen gewesen.
Sofern ein solcher Befehl 1916 tatsächlich nachweisbar ist, wäre daraus aus Sicht des Gerichts allerdings nicht der Schluss abzuleiten gewesen, dass dies im August 1914 ebenfalls der Fall hätte sein müssen.
Es wäre sicherlich ein Anlass gewesen den Fall von 1914 noch einmal sehr genau zu untersuchen, sofern aber die Vorwürfe gegen Stenger diesbezüglich nur auf den Aussagen von zwei Belastungszeugen basierten, die sich selbst schuldig gemacht und ein Interesse hatten die Verantwortung dafür los zu werden, hätte das wahrscheinlich keinem einigermaßen objektiv arbeitenden Gericht für eine Verurteilung gereicht.
Das die deutsche Justiz mit dem Thema Kriegsverbrechen insgesamt tendeziös umging, im Besonderen was den Gas- und den U-Boot Krieg, auch was die Vorkriegsplanung und den Überfall auf Belgien und Luxemburg angeht, ist grundsätzlich richtig.
Daraus ist aber nicht zu folgern dass hinter Freispruch nichts anderes als Verschleierungsabsichten stecken können.
Im Übrigen zum Thema "die kleinen hängt man, die großen lässt man laufen", ein kommandierdender General einer Brigade (sofern er damals übeerhaupt schon General als Führer einer Brigade wahrscheinlich eher Generalmajor) war kein besonders großer Fisch.
Hindenburg, Ludendorff, Falkenhayn, Tirpitz (Moltke war ja bereits verstorben) dass wären große Fische gewesen, die Befehlshaber der einzelnen Armeen und die Kommandeure der Armeekorps vielleicht auch noch.
Aber zu mutmaßen ein Brigadekommandeur wahrscheinlich im Rang eines Generalmajors würde besonderen "Elitenschutz" genießen ist etwas weit hergeholt