Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Nein, das Thema ist "Partisanenkrieg im ersten Weltkrieg" – nicht nur in Belgien. Horne und Kramer verweisen auf ähnliche Repressalien der Deutschen zur gleichen Zeit in Frankreich (vor allem in Departement Meurthe-et-Moselle), obwohl es dort keinen Partisanenkrieg gab.

Daraus kann man schließen, dass es diesen, laut Keller von der belgischen Regierung organisierten und bis heute geheim gehaltenen Partisanenkrieg gar nicht gab, sondern dass dieser erfunden wurde, um die deutschen Gräuel zu rechtfertigen.

Aha.
Daraus, dass es ein bestimmtes Phänomen in Frankreich nicht oder nicht im größeren Umfang gab, lässt sich schließen, dass es das deswegen in Belgien auch nicht gab, weil es quasi ein Naturgesetz ist, dass es Dinge, die es in Frankreich nicht gibt in Belgien auch nicht geben kann. Verstehe ich das richtig?

Ich muss sagen ich staune immer wieder über die Unergründlichkeit der Wege deiner Logik und Schlussfolgerungen.
 
Frage an die Moderation:

Wann ist für euch der Zeitpunkt gekommen, hier einmal zu moderieren? Mir werden hier Dinge unterstellt, die zum einem unzutreffend sind und zum zweiten gemäß den Forenregeln demotivierend sind. Deshalb wurde von mir ein vergleichsweise harmloser Beitrag gelöscht und von @dekumatland wurden humorvolle Einlassungen in Orkus befördert.
 
Frage an die Moderation:

Wann ist für euch der Zeitpunkt gekommen, hier einmal zu moderieren? Mir werden hier Dinge unterstellt, die zum einem unzutreffend sind und zum zweiten gemäß den Forenregeln demotivierend sind. Deshalb wurde von mir ein vergleichsweise harmloser Beitrag gelöscht und von @dekumatland wurden humorvolle Einlassungen in Orkus befördert.

Du redest von "alliierter Gräuelpropaganda", und sprichst bei Gegenrede deinem jeweiligen Gegenüber jegliche Kenntnisse ab und forderst dazu auf, die von dir gelobte revisionistische Literatur zu lesen.
DAS kann man als demotivierend bezeichnen.
Ansonsten musst du dich an deinen eigenen Aussagen messen lassen, auch wenn du dich gerne darum drückst.
 
Ganz so einfach ist es nicht.
Klar gab es Angriffe von Zivilpersonen auf deutsche Soldaten, allein die Verletzungen durch Schrottkugeln belegen das; ich habe in diesem Faden selbst einen Fall aus dem Weißbuch zitiert – siehe #109.

Das ist also nicht die Frage. Aber in meinem von dir teilweise zitierten Beitrag ging es um die Behauptung Kellers, die belgische Regierung hätte den zivilen Widerstand organisiert, diesen aber so wirkungsvoll geheim gehalten (auch deutsche Truppen fanden nach dem Einmarsch in Brüssel nichts), dass sich das bis heute nicht beweisen lässt. :rolleyes:
 
Du redest von "alliierter Gräuelpropaganda", und sprichst bei Gegenrede deinem jeweiligen Gegenüber jegliche Kenntnisse ab und forderst dazu auf, die von dir gelobte revisionistische Literatur zu lesen.
DAS kann man als demotivierend bezeichnen.
Ansonsten musst du dich an deinen eigenen Aussagen messen lassen, auch wenn du dich gerne darum drückst.

Nach eigener Auskunft hast du das Buch nicht gelesen. Also hast du keine eigenen Erkenntnisse. Was du hast ist vielleicht "Hörensagen", mehr nicht.
 
Ich bin fassungslos. Die beiden lautstarken Kritiker kennen beide nicht die Materie, die da meinen kritisieren zu können/müssen. Das ist wirklich unglaublich.:confused::confused: Und das in diesem Forum.

Nun krieg euch mal wieder ein! Wenn man manche Posts in diesem Thread liest, möchte man meinen, dass der Weltkrieg erst letzte Woche zu Ende gegangen ist-


Ich muss es gestehen, ich habe schon etliche Exzerpte und Rezensionen geschrieben über Bücher, die ich nicht vollständig gelesen habe. Ich würde auch sagen, dass ich korrekt den Inhalt wiedergegeben habe.

Wenn ich als Historiker ein historisches Werk kaufen will, dann gehe ich nicht nach Rezensionen vor, selbst wenn ich die Rezensenten schätze, ich sehe mir das Quellen- und Literaturverzeichnis an, ich sehe mir an, was sind die Kernthesen des Werkes.

Wenn man sich ansieht, welche Quellen, welche Literatur verwendet wurde, welche Gewichtung der Autor ihnen zumisst- dann kann man zumindest auch rekonstruieren was in dem Buch steht, und dann kann man sich durchaus auch ein objektives Urteil bilden, ohne erst das ganze Buch lesen zu müssen. Und wenn man weiß, welche Quellen es zur Varusschlacht gibt, was Cassius Dio dazu schreibt, dann kann man auch den Cassius Dio zitieren und sich ein Urteil bilden, welche Glaubwürdigkeit die Erzählung hat- und das u. U. durchaus auch ohne den kompletten Cassius Dio gelesen zu haben.

Man kann, wenn man sich durch Exzerpte einen Überblick über die Thesen von Fritz Fischer verschafft hat, doch zumindest sich kompetent dazu äußern können, ob Fischers These eines Griffs nach der Weltmacht einem plausibel erscheint oder nicht.

Es ist auch immerhin ein Unterschied, ob man aus dem Bauch argumentiert, und staubsaugerartig Quellen nur als Fundgrube nutzt, um das bereits gefällte Urteil zu erhärten.

Das sie aber aus dem Bauch argumentieren, kann man @Ugh Valencia und @Stilicho aber fairerweise nicht vorwerfen. Die Hauptthesen von Ulrich Keller und seine Hauptquelle wurden korrekt wiedergegeben. Auch der Inhalt der im Netz verfügbaren Rezensionen.

Anhand des Quellen- und Literaturverzeichnisses kann man sich einen Überblick darüber verschaffen, welche Quellen und welche Literatur verwendet wurden, welche Gewichtung und welches Maß an Glaubwürdigkeit der Autor ihnen zubilligt und was die Kernthesen einer Publikation sind. Man kann anhand des Quellen- und Literaturverzeichnisses sehen, wie der Autor gearbeitet hat.

Anhand dieser Informationen kann man sich schon auch ein Urteil bilden, ob man 45 Euro für den Kauf aufwenden will oder nicht, und man kann sich auf dieser Basis schon ein Urteil bilden, ob die Hauptthesen eines Werks einem plausibel scheinen oder eben nicht- und dazu muss man nicht erst das ganze Buch lesen.

Es ist doch immerhin ein Unterschied, ob man aus dem hohlen Bauch heraus argumentiert oder ob man sich zumindest einen Überblick verschafft hat über verwendete Quellen und Literatur und die Hauptthesen.
 
die Behauptung Kellers, die belgische Regierung hätte den zivilen Widerstand organisiert, diesen aber so wirkungsvoll geheim gehalten
Diese Extremposition haben auf dem Potsdamer Symposium alle Referenten (bis auf Keller, klar) und alle an der Diskussion beteiligten Fachleute einhellig abgelehnt. Es lohnt also nicht, sich umfangreich und moralisch empört über dieses Extrem zu unterhalten, weil es den Blick auf das verstellt, was Symposium/Diskussion zutage brachten:
- dass es irreguläre Freischärler gab
- dass deren Ausmaß weniger marginal als bei Horne/Kramer dargestellt ist, aber nicht so immens wie bei Keller
- dass das Ausmaß dieser weiter diskutiert/erforscht werden muss
 
Diese Extremposition haben auf dem Potsdamer Symposium alle Referenten (bis auf Keller, klar) und alle an der Diskussion beteiligten Fachleute einhellig abgelehnt. Es lohnt also nicht, sich umfangreich und moralisch empört über dieses Extrem zu unterhalten, ....

Es zeigt aber deutlich Kellers Intention, was durchaus ein Schlaglicht auf den Rest seiner Arbeit wirft.
 
Es zeigt aber deutlich Kellers Intention, was durchaus ein Schlaglicht auf den Rest seiner Arbeit wirft.
für mich ist dieser Satz zu kurz und zu vieldeutig, um zu verstehen, was genau du damit sagen willst.

Ich sehe in den Zusammenfassungen des Potsdamer Symposiums nicht, dass Intentionen und Schlaglichter (verursacht durch Intentionen) behandelt und diskutiert wurden - ich entnehme diesen nur, dass für die Mehrzahl der Fachleute die Argumente für eine großflächige von der belgischen Regierung gesteuerte Freischärleraktivität zu gering waren, ebenso dass die Argumente für eine nur verschwindend marginale Freischärleraktivität nicht ausreichten. Primär sehe ich die Intentionen der Beteiligten darin, mit ihren Überlegungen und (vorläufigen) Ergebnissen zum Erkenntnisgewinn beizutragen.
 
Es lohnt also nicht, sich umfangreich und moralisch empört über dieses Extrem zu unterhalten, weil es den Blick auf das verstellt, was Symposium/Diskussion zutage brachten:
Es geht aber in diesem Faden nicht um das Symposium, sondern um 2 gegensätzliche Beurteilungen von Repressalien der Deutschen in den ersten Tagen und Wochen des I. Weltkriegs.

Fast 20 Jahre lang war sich die Fachwelt einig, Horne und Kramer hätten eine exzellente Arbeit abgeliefert, und dann kommt jemand, der 2017 sagt, nein, es war ganz anders, nämlich, es habe da organisierte, also schon vor dem Krieg (oder gleich zu Beginn) geplante Provokationen seitens der belgischen Regierung gegeben, um die deutschen Soldaten vor der Weltöffentlichkeit als Barbaren darzustellen, aber leider, leider gebe es keine Beweise dafür.

Tut mir leid, aber das ist eine Verschwörungstheorie und nichts anderes. Normalerweise wird Solches in diesem Forum einmal erwähnt und dann links liegen gelassen, aber weil @Turgot das anders sieht, gräbt er einen eingeschlafenen Faden aus dem Jahr 2015 aus (letzter Beitrag 15.10.2020) und versucht den Spieß umzudrehen: Partisanenkrieg der Belgier verstieß gegen Haager Landkriegsordnung, also sind sie zurecht mit Repressalien belegt worden.
 
Partisanenkrieg der Belgier verstieß gegen Haager Landkriegsordnung, also sind sie zurecht mit Repressalien belegt worden.

Das ist doch der Punkt um den es geht, damit sollen alle Gräueltaten entschuldigt werden, sofern sie nicht ohnehin Erfindung der Alliierten seien.
Und wenn ein renommierter Historiker von "neuen Erklärungen" spricht, nicht von "neuen Aspekten" oder ähnlichem, wirft das ein seltsames Licht auf ihn selbst. Denn "Erklärungen" beinhalten eine Kausalität, die so sicher nicht gegeben war.
 
Es geht aber in diesem Faden nicht um das Symposium, sondern um 2 gegensätzliche Beurteilungen von Repressalien der Deutschen in den ersten Tagen und Wochen des I. Weltkriegs.
Der Titel des Fadens, eine Fragestellung, ist unschwer zu verstehen: "Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?"
#1-#5 allgemein zum Begriff Partisanen
#6 vom 6.6.2015 @Ugh Valencia stellt als erster in diesem Faden die Frage nach franz. & belgischen Franctireurs

...das, lieber @Dion , kann dir doch nicht verborgen geblieben sein, da du selber in #12 am 7.6.2015 mittels eines verunglückten Belehrungsversuchs mitgemischt hattest ;):D

#27 vom 10.08.2016 bringt die Publikation von Spraul in die Diskussion (!!)

Und entgegen deiner unscharfen Darstellung
eingeschlafenen Faden aus dem Jahr 2015
lief der Faden weiter bis zum 19.08.2016 - an diesem Datum der zwischenzeitlich letzte Beitrag #36

Das alles kann jeder nachlesen, der zurückblättert!

Wenn du nun in Anklägerpose
aber weil @Turgot das anders sieht, gräbt er einen eingeschlafenen Faden aus dem Jahr 2015 aus (letzter Beitrag 15.10.2020) und versucht den Spieß umzudrehen: Partisanenkrieg der Belgier verstieß gegen Haager Landkriegsordnung, also sind sie zurecht mit Repressalien belegt worden.
so etwas vom Stapel lässt, handelst du in meinen Augen unredlich.

am 15.10.2020 hat @Turgot in #37 den Faden reanimiert, Bezug nehmend auf den Literaturverweis von @silesia in #9 wo silesia Series auf John Horne, Alan Kramer: Deutsche Kriegsgreuel 1914. Die umstrittene Wahrheit. Hamburg, 2004. - HSK/Infoclio / Rezensionen / Bücher verwiesen hat. Mit seinem Beitrag bringt @Turgot die Publikation von Keller in die Diskussion und es entwickelt sich ein kurzer sachlicher Austausch mit @thanepower

am 10.05.2023 erfolgt eine zweite Reanimation durch @Turgot in #41 wo es um die Haager Landkriegsordnung geht.

Die von dir dem Teilnehmer @Turgot unterstellte Absicht ist nirgendwo zu sehen, deine zeitlichen Angaben sind schlicht falsch (s.o.) Im Faden war 2015 Horne/Kramer erwähnt, 2016 Spraul und 2020 Keller - - was daran ist anklagenswert??? Richtig: nichts.
 
Dass Kriegsverbrechen an Zivilisten in Belgien begangen wurden, stellt Keller ja nicht in Abrede. Ein Rezensent billigt Keller durchaus zu, das auch herausgestellt zu haben.

Auch Keller hält die Maßnahmen der Deutschen in Löwen für exzessiv. Er betont aber, dass 40 deutsche Soldaten aus dem Hinterhalt erschossen und 190 verletzt wurden. Er sammelte die Aussagen in dem Weißbuch und hielt den Einsatz von Frantireurs für erwiesen und belegt. Keller hält es für sehr unwahrscheinlich, dass es sich um friendly fire handelte, da neu angekommene deutsche Truppen im Südosten beschossen wurden, die gar nicht aus Richtung der Front kamen.


Das Massaker von Löwen die Erschießung von Zivilisten sieht er als einen Exzess, dieser Exzess sei aber zumindest aus der Angst der Deutschen vor Franctireurs erklärlich und durch den Einsatz von Franctireurs provoziert gewesen.

Keller, Schuldfragen S.44-99.

In Löwen hatte die belgische Armee sich am Morgen des 19. August 1914 zurückgezogen und die Stadt vollständig geräumt. Die Garde Civique war aufgelöst worden und ihre Waffen eingezogen. Die belgischen Behörden hatten die Bevölkerung ausdrücklich gewarnt, Widerstand zu leisten oder auf die Deutschen zu schießen. Waffen waren eingezogen worden.
Am 19. August 1914 zogen die Deutschen in die Stadt ein. Die Stadt wurde Hauptquartier und es wurden neue Truppen herangeführt. Bis zum 22. August kamen 15.000 deutsche Soldaten in die Stadt.
Nach der Besetzung warnten die Deutschen, dass jeder mit einer Waffe in der Hand sofort erschossen werde.

Es wurden zahlreiche Geiseln genommen, und die Zivilbevölkerung verhielt sich ruhig. Löwen war Drehscheibe und Sammelpunkt, es kamen zahlreiche Einheiten durch Löwen, was zu der Unübersichtlichkeit beitrug.
Die Deutschen drangen in die Häuser ein, töteten Zivilisten und steckten die Gebäude an. Bis zum 29. August 1914 mussten die Zivilisten Löwen verlassen, und die ganze Stadt wurde in Brand gesetzt. Insgesamt brannten 1081 Häuser ab, darunter die Uni-Bibliothek. 248 Zivilisten wurden erschossen oder kamen in den Flammen um, 1500 wurden interniert.
In Dinant kamen weit mehr Menschen ums Leben, als in Löwen, aber das Massaker von Löwen erregte weit mehr mediale Aufmerksamkeit.

Mir fällt es schwer, da an den massenhaften Einsatz von Freischärlern zu glauben. Also die Stadt wurde von der belgischen Armee geräumt, die Guarde civique entwaffnet und demobilisiert. Waffen wurden eingezogen und die Zivilbevölkerung ausdrücklich davor gewarnt, sich mit den Deutschen anzulegen.

Dann kommen die Deutschen, bis an die Zähne bewaffnet und mit der Furcht vor Franctireurs. Bis zum 29. August 1914 sind 15.000 deutsche Soldaten in Löwen. Die Armee hat sich zurückgezogen, die zivile Bevölkerung wurde nachdrücklich gewarnt, sich mit den Deutschen anzulegen. Es wurden Waffen eingezogen von den Belgiern, dann von den Deutschen. Die Deutschen haben nochmal gewarnt, und sie haben täglich neue Geiseln genommen.

Ich kann mir vorstellen, dass einem aus Wut über irgendetwas eine Schrotflinte losgeht, ich kann mir vorstellen, dass sich jemand aus ohnmächtiger Wut zu etwas hinreißen lässt, auch dass man die Waffensammlung nicht abgibt,

Aber 40 erschossene und 190 verwundete Deutsche, das sind doch mindestens 240 Schuss. Das sind 240 Fälle, in denen jemand so blöd ist, sich mit einer bis an die Zähne bewaffneten deutschen Armee anzulegen, die sich vor lauter Franctireurs-Paranoia ins Hemd macht. Die auch deutlich zu erkennen gibt, dass sie nervöse Zeigefinger haben und die täglich Geiseln nimmt.

Das in einer Gegend, in der sich die belgische Armee zurückgezogen hat, wo sie die Guarde Civique entwaffnet haben, wo von den Belgiern Waffen eingezogen wurden, von den Deutschen Waffen eingezogen wurden, wo Geiseln genommen wurden, wo mehrfach nachdrücklich gewarnt wurde.

Wer waren denn die Franctireurs, wenn die Armee die Stadt räumte, die Guarde Civique demobilisiert und entwaffnet wurde?
Da bleibt doch nur eine Zivilbevölkerung übrig, eine zivile, bäuerlich geprägte Bevölkerung die keinerlei militärische Ausbildung hatte, deren Hab und Gut, Familien, Nachbarn völlig ungeschützt Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen wäre.
Da soll es mindestens 240 Mal vorgekommen sein, dass jemand auf die absehbaren Folgen pfeift.

Ich kann mir vorstellen, dass so etwas einmal vorkommt, Meinetwegen auch das es fünfmal vorkommt. Dass mal eine Schrotflinte losgeht, das mal jemand aller Warnungen zum Trotz sich mit deutschen Soldaten anlegt, dass jemand Waffen nicht abgibt.

Aber koordinierte Franctireurs in Löwen? Nachdem die Armee sich zurückgezogen hat, nachdem die Belgier gewarnt und Waffen eingesammelt haben, nachdem die Deutschen gewarnt, Waffen eingezogen haben und täglich Geiseln genommen haben? Das soll eine zivile Bevölkerung getan haben, völlig ohne militärische Ausbildung gegenüber 15.000 deutschen Soldaten, die deutlich machen, dass sie nicht lange fackeln.

Das widerspricht den Warnungen und durchaus verantwortungsvollen Maßnahmen der belgischen Armee und Behörden.
- Es widerspricht irgendwo der Logik
- Es widerspricht dem gesunden Menschenverstand.

Gut, der Mensch handelt nicht immer rational. Aber unter diesem Setting, diesen Umständen grenzt es an Selbstmord, wenn eine unausgebildete Zivilisten sich mit 15.000 deutschen Soldaten anlegt. Deutschen Soldaten, die sehr nervös sind, die Angst vor Freischärlern haben, und die auch sehr deutlich machen: Legt euch nicht mit uns an!"

Da soll das dann mindestens 240 Mal vorgekommen sein, dass jemand so blöd ist, so auf sein eigenes Leben pfeift. So völlig unbeeindruckt die Folgen für sich selbst, seine Nachbarn, seine Familie heraufbeschwört.

Das zu glauben, fällt zumindest mir sehr schwer. Wie will denn Keller bei den Truppenzahlen, die durch Löwen durchmarschiert sind, überhaupt ausschließen können, das sich Einheiten selbst beschossen? Gefechtspanik, friendly fire, Missverständnisse das ist doch zumindest plausibel, und Panikreaktionen hatten jedenfalls schon früher stattgefunden.

Woher geschossen wurde, wer geschossen hatte, das lässt sich doch schwer rekonstruieren. Ich wage mal die Prognose, dass man auch kaum ballistische oder forensische Ermittlungen angestellt hat, sondern eben Geiseln sich gegriffen hat, die man greifen konnte.

Vergeltungsaktionen, Geiselnahmen treffen häufig Unschuldige.
 
Aber 40 erschossene und 190 verwundete Deutsche, das sind doch mindestens 240 Schuss.

Sofern die Verwundungen sämtlich von Schussverletzungen stammten.
Ich würde, ohne genaue Kenntnis wie weit sich die Zahl der Verwundeten und Toten auf dem Stadtgebiet verteilten, vorsichtig die Möglichkeit ansprechen wollen, dass im Zeitalter des Maschinengewehrs und von Handgranaten als Standartausstattung der Infanterieverbände, 230 Getötete und Verwundete innerhalb von Minuten zustande kommen können, wenn sich größere Truppenverbände durch die engen Straßen und Wege einer relativ alten Stadt bewegen.

Dafür würden möglicherweise schon eine oder zwei Hand voll Täter mit Zugang zu entsprechenden Waffen ausgereicht haben, so dass großangelegter Partisanenkrieg dafür möglicherweise nicht unbedingt nötig war, wenn Armeewaffen im Spiel waren, die einer Gruppe von Fanatikern in die Hände fielen.
Angesichts des Umstands, dass bevor die deutschen einrückten reguläre belgische Truppen in Leuven waren, ist es durchaus nicht undenkbar, dass sich bei ihrem Rückzug Bestände zurücklassen mussten und die in falsche Hände gerieten.

Ist denn eigentlich geklärt, ob die 40 Toten und 190 Verwundten, aller bereits vor dem Brand von Leuven zustande gekommen waren oder wurde diese Aufrechnung erst nach den Ereignissen unternommen.
In letzterem Fall, mag es villeicht auch sein, dass irgendwo ein Brand außer Kontrolle geriert und ein provisorisches Munitionslager miterfasste oder dergleichen, oder dass bei Soldaten, die sich in unmittelbarer Nähe sehr heißen Bränden ausgesetzt waren, was ja durchaus sein kann, wen ganze Straßenzüge lodern, mitgeführte Munition explodiert ist und für Verwundungen gesorgt hat.


Friendly Fire halte ich in einer seit Tagen besetzten größeren Ortschaft, von der die Truppen wissen, dass sie längst in eigener Hand ist, und dass die Front bereits bedeutend weiter westlich verläuft für unwahrscheinlich.
In Fällen in wirklich unmittelbar umkämpften Territorium sicherlich eine plausible Erklärung, vor allem, wenn man bedenkt dass es noch keine flächendeckende Ausstattung der Formationen mit Funkgeräten gab und verlässlichkeit von Feldtelephonen und Feldtelegraphen gerade bei der schnellen Vorwärtsbewgung nicht gegeben war, so dass Warnungenn, dass man irgendwo auf eigene Truppen stoßen würde so möglicherweise nicht durchkommen konnten.
Aber im Fall von Leuven, wo neu ankommeende Truppen eigentlich wissen konnten, dass man das unter Kontrolle hatte und dass man die Zivilbevölkerung bereits durchsucht und abgeklopft hatte und dass sie eigntlich nur durchgeschleust werde sollten um an die tatsächliche Front zu kommen, kann ich mir das weniger gut vorstellen.
 
uralt aus #9, und so wiederholbar:

Richtig, siehe hier:
John Horne, Alan Kramer: Deutsche Kriegsgreuel 1914. Die umstrittene Wahrheit. Hamburg, 2004. - HSK/Infoclio / Rezensionen / Bücher

Es kommt noch etwas hinzu, was die Frage der "Angemessenheit" deutscher Reaktionen betrifft, selbst wenn man den Widerstand belgischer "Nichtkombattanten" im Einzelfall als erwiesen ansehen würde:

Der deutsche Einmarsch war bezogen auf Belgien ein Angriffskrieg auf ein überraschend überfallenes Land. Für diese Situation haben Gerichte in Urteilen zu "Vergeltungsaktionen" im Partisanenkrieg ein "Besonderes Widerstandsrecht" erwogen, sozusagen (naturrechtliche) Notwehrrechte.

Der Aggressor, der in das Land einmarschiert, hat die Folgen dieses Notwehrrechtes hinzunehmen, und sozusagen vermindertes Vergeltungsinteresse.

Das sind mE plausible Überlegungen.

… und aufgrund des Angriffskrieges trifft ihn die Beweislast, dass Tötungen von Zivilisten im Einzelfall „angemessen“ (in Kampfhandlungen erfolgten, Repressalien darstellen etc.) und auf strikten Nachweis der Eigenschaft als Freischärler etc. beruhen.
 
Es ist missverständlich formuliert, wenn du eine Formulierung wie "unterstellte Freischärler" verwendest; ebenso ist es missverständlich, wenn du "Freischärler-Aktivitäten, die er (Krumeich) für eine Tatsache hält" formulierst.
Wenn der Schütze Schulze dem Bauern Gaston die letzte Sau wegrequiriert und er dann aus Wut zur Schrotflinte greift, würdest du das unter "massive irreguläre Freischärler-Aktivität" im Sinne von Keller und Krumeich subsumieren?
 
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