68, schwer erklärbar?

Die Verjährungsdebatte gehört nicht dazu. Da haben sich die Bonner Parlamentarier, zögernd zuerst, dann aber entschlossen durchgerungen, bevor die 68er auftauchten.

Widerspruch.
1965 wurde der Beginn der Verjährungsfrist nach langer Debatte auf 1949 verlegt. Dem Zeitpunkt als die BRD souverän wurde.
1969 nach wiederum langer Debatte für Völkermord endgültig aufgehoben.
Also nix mit vorher.
 
Ich denke, es ist kurzsichtig, wenn man den Begriff "die 68er" einzig auf die BRD oder einen Teil der Studentenbewegung bezieht.
Der internationale Kontext muß natürlich schon gesehen werden - aber ansonsten muß man schon aufpassen, daß die ohnehin unklare Definition "68er" nicht bis zur völligen Unbrauchbarkeit aufgeweicht wird.

Wenn man die komplette Generation derer, die die Gesellschaft zwischen 1960 und 1980 gestaltet haben, zu den "68ern" rechnet, dann wird das trivial - aber dann sind diese natürlich auch für alle Veränderungen dieser Zeit zuständig.

Wenn aber die "eigentliche 68er"-Bewegung versucht näher zu fassen, dann findet sich m. E. nicht mehr viel, was wirklich von dieser selber verursacht wurde.
 
Der internationale Kontext muß natürlich schon gesehen werden - aber ansonsten muß man schon aufpassen, daß die ohnehin unklare Definition "68er" nicht bis zur völligen Unbrauchbarkeit aufgeweicht wird.

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Dann greif Dir doch einfach mal die Biografien einiger damaliger Akteure.
Nehmen wir doch mal Rabehl, Cohn-Bendit (soll ja international sein, der war 68 in Paris bei den Hauptakteuren) und dann noch Dahrendorf, damals Prof in Konstanz.
Anschauen, vergleichen.

Wenn aber die "eigentliche 68er"-Bewegung versucht näher zu fassen, dann findet sich m. E. nicht mehr viel, was wirklich von dieser selber verursacht wurde
Und der Wegfall der Verjährung bei Völkermord z. b.?
 
@R.A.: Wenn aber die "eigentliche 68er"-Bewegung versucht näher zu fassen, dann findet sich m. E. nicht mehr viel, was wirklich von dieser selber verursacht wurde.
@Repos Einwurf lässt sich beliebig verlängern.
- Umgang mit der Sexualität
- Ende des Kadavergehorsams gegenüber der staatlichen Autorität
- Aufarbeitung der Nazizeit
- Offenheit gegenüber anderen Völkern und Kulturen
- und, und, und

Im Fazit bleibt ein völlig anderes Lebensgefühl, als es zu Adenauers Zeiten herrschte. Nach 1968 war nichts, wie es einmal war und das ist gut so.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann greif Dir doch einfach mal die Biografien einiger damaliger Akteure.
Um welche These zu bestätigen? Die von Scorpio?

Und der Wegfall der Verjährung bei Völkermord z. b.?
Mag ein Erfolg der 68er sein - ich kenne mich hier nicht aus.

Aber nach dem hier Dargestellten war das Thema ja schon einige Jahre vor 1968 in der Diskussion, es gab auch schon vorher Entscheidungen zur Fristverlängerung und dann halt nach 1968 der endgültige Wegfall.
Das ist aber erst einmal nur eine zeitliche Parallelität.
Ob nun "die 68er" bei diesem Thema besonders engagiert waren und ihr Beitrag für die Weiterführung/Entscheidung relevant waren, das bliebe zu zeigen.
 
@Repos Einwurf lässt sich beliebig verlängern.
Wird dann aber schnell beliebig in dem Sinne, daß man alles reinpackt, was es halt im Zeitraum von 1968 plus minus 10 Jahre so alles an Veränderungen gegeben hat. Ein kausaler Zusammenhang zu den Zielen und Aktionen der 68er ist damit noch lange nicht bewiesen.

Da haben wir derzeit nur den allgemeinen Mythos, ohne wissenschaftliche Aufarbeitung mit Belegen.

- Umgang mit der Sexualität
Ist m. E. in erster Linie von anderen Entwicklungen getrieben worden (z. B. Kolle), die Beiträge der 68er-Bewegung waren da eher marginal, vielleicht sogar kontraproduktiv.
Die ausgehängten Türen der K1 haben sich jedenfalls nicht durchsetzen können ...

- Ende des Kadavergehorsams gegenüber der staatlichen Autorität
Da wäre ich persönlich noch am ehesten geneigt, einen Beitrag der 68er zu vermuten.
Obwohl es auch da gegenläufige Aspekte gibt, s. z. B. der in den K-Gruppen übliche Kadavergehorsam gegenüber der jeweiligen Parteilinie oder die generelle Staatsgläubigkeit bei sozialistischen Polit-Entwürfen.

- Aufarbeitung der Nazizeit
Sehr umstritten, ob das wirklich ein besonderes Anliegen der 68er war.

- Offenheit gegenüber anderen Völkern und Kulturen
???
Da wäre ich aber sehr skeptisch. Es gab zwar die Appelle an eine völkerübergreifende Solidarität - aber politisch war es doch eher "reaktionär", Kulturunterschiede hervorzuheben.

Nun ja.
Da müßte man mal anhand der zeitgenössischen Quellen zusammenstellen, welche Ziele und Themen die 68er in erster Linie diskutiert und gefordert haben.
Ich würde mal eher davon ausgehen, daß die breite Mehrzahl dieser Themen außerhalb der Szene keinen interessiert haben und diese dort auch nicht gewirkt haben.
Geschweige denn, daß die formulierten Ziele erreicht wurden.

Im Fazit bleibt ein völlig anderes Lebensgefühl, als es zu Adenauers Zeiten herrschte.
Schon - aber Adenauer war 1968 schon fünf Jahre in Pension.

Und wer und warum das Lebensgefühl geändert hat, ist halt völlig offen.
Die 68er waren natürlich als Teil der Gesellschaft auch vom allgemeinen Wandel der Wertvorstellungen etc. betroffen, haben diesen mitgemacht, lebten in den 70ern anders als 20 Jahre vorher.
Aber das heißt noch lange nicht, daß sie die treibende Kraft waren oder diese Verändungen durchgesetzt hätten.
 
Wird dann aber schnell beliebig in dem Sinne, daß man alles reinpackt, was es halt im Zeitraum von 1968 plus minus 10 Jahre so alles an Veränderungen gegeben hat. Ein kausaler Zusammenhang zu den Zielen und Aktionen der 68er ist damit noch lange nicht bewiesen.

Ich wollte eigentlich mit den unterschiedlichen Personen daraufhinweisen, dass es "die 68er" natürlich nicht gab. Dass "die 68er" natürlich keine gemeinsamen Ziele und Aktionen hatten.

Nochmal nach oben zurück: Lies "Rebellion der Studenten" dann schau Dir die Bios von Dutschke, Lefevre, Rabehl an.

Es war letztlich eine Umgestaltung der Gesellschaft, eine Umwälzung fast aller Lebensbereiche.

Die Wehrdienstverweigerung! Gabs schon lange, getraut hat sich bloß keiner. Außer den Zeugen Jehovas.


Der Begriff "Ära Adenauer" kann schon bis 68 ausgedehnt werden, analog der Ära De Gaulle bei unseren Nachbarn. wo es im Mai 68 richtig krachte.
 
Ich wollte eigentlich mit den unterschiedlichen Personen daraufhinweisen, dass es "die 68er" natürlich nicht gab.
OK, damit rennst Du bei mir natürlich offene Türen ein ;-) (siehe Beitrag mit Link weiter oben).

Aber auch wenn man die 68er sinnvollerweise in verschiedene Strömungen/Gruppen etc. unterteilt, muß man letztlich auch die "68er-Bewegung" insgesamt irgendwie mit einer vernünftigen Definition abgrenzen - sonst wird der Begriff ja sinnlos.

Es war letztlich eine Umgestaltung der Gesellschaft, eine Umwälzung fast aller Lebensbereiche.
Nun ja, so ist nun mal der normale Lauf der Geschichte, daß sich dauernd etwas ändert.
Wobei wohl Konsens ist, daß das Änderungstempo zwischen Mitte der 60er und Mitte der 70er deutlich größer war als im langjährigen Schnitt.

Was nicht Konsens ist (bzw. noch gar nicht wirklich untersucht wurde) ist eine genaue Aufgliederung, welche Änderungen nun von den 68ern verursacht wurden, oder im Gegenteil gegen diese erfolgten, oder eben völlig neutral parallel stattfanden, ohne nennenswerte Pro- oder Contra-Beteiligung der 68er.

Der Begriff "Ära Adenauer" kann schon bis 68 ausgedehnt werden
Ich bezweifele, ob das sinnvoll ist.
Die von Adenauer wirklich geprägte Zeit sind die 50er Jahre.
Wenn man dies nun zu lange nach hinten zieht übersieht man, was vor 1968 schon alles an Veränderungen stattgefunden hat.
 
Was nicht Konsens ist (bzw. noch gar nicht wirklich untersucht wurde) ist eine genaue Aufgliederung, welche Änderungen nun von den 68ern verursacht wurden, oder im Gegenteil gegen diese erfolgten, oder eben völlig neutral parallel stattfanden, ohne nennenswerte Pro- oder Contra-Beteiligung der 68er.

hat.

OK,
mag sein, dass es da noch gar keine Untersuchungen gibt. Ich bin auch vermutlich zu sehr Zeitzeuge.

Und mir sind die Umwälzungen nun doch sehr plötzlich vorgekommen.
Mag aber sein, dass das auch mit dem mehr oder weniger zeitgleichen Ende der Kindheit zusammenhängt.

Aber die Wehrdienstverweigerung ohne gesell. Nachteile für die Verweigerer würde ich doch objektiv zu Errungenschaften rechnen.


Man spricht von den 68ern, der Schah-Besuch war aber 1967, auch 1968 hat seinen "Vormärz".
 
Zuletzt bearbeitet:
mag sein, dass es da noch gar keine Untersuchungen gibt.
Mir sind auf jeden Fall keine bekannt.

Es gibt einen Riesenhaufen Material wo die Beteiligten der einen Seite erklären, die 68er hätten im Alleingang Licht und Zivilisation ins dumpfe Nachkriegsdeutschland gebracht während die andere Seite behauptet, nur die 68er wären schuld an Kriminalität, Schulversagen und überhaupt dem Untergang des Abendlandes.

Ich hege heftigstes Mißtrauen gegen beide Darstellungen ...

Und auch die Darstellungen jetzt im "Jubiläumsjahr" dienen vornehmlich dem (Eigen-)Marketing diverser Protagonisten von damals, Selbstinszenierung scheint damals eine Kernkompetenz gewesen zu sein.

Eine nüchterne, an den Quellen orientierte wissenschaftliche Aufarbeitung hat es m. W. noch nicht gegeben.
 
- Umgang mit der Sexualität
Ist m. E. in erster Linie von anderen Entwicklungen getrieben worden (z. B. Kolle), die Beiträge der 68er-Bewegung waren da eher marginal, vielleicht sogar kontraproduktiv.
Die ausgehängten Türen der K1 haben sich jedenfalls nicht durchsetzen können ...
Die K1 würde ich eher unter die Kategorie "Bürgerschock" gestellt sehen wollen. Was aber das wesentliche Element zur sexuellen Befreiung war, war die Erfindung und Zulassung der Anti-Baby-Pille.

- Ende des Kadavergehorsams gegenüber der staatlichen Autorität
Da wäre ich persönlich noch am ehesten geneigt, einen Beitrag der 68er zu vermuten.
Obwohl es auch da gegenläufige Aspekte gibt, s. z. B. der in den K-Gruppen übliche Kadavergehorsam gegenüber der jeweiligen Parteilinie oder die generelle Staatsgläubigkeit bei sozialistischen Polit-Entwürfen.
Die K-Gruppen kamen doch eigentlich erst später auf, als Rudi Dutschke als zentrale Leitfigur wg. seiner Verletzungen durch das Attentat wegfiel. Ist also eigentlich schon Post-68er. Außerdem war das mit den K-Gruppen ja durchaus so, dass jede/r ihre/seine eigene K-Gruppe bilden konnte :nono:


- Aufarbeitung der Nazizeit
Sehr umstritten, ob das wirklich ein besonderes Anliegen der 68er war.
Da bist Du imho zu sehr von Götz Alys neuem Buch beeinflusst. Die Frage ist, ob Herr Aly nicht einfach ein wenig provozieren möchte.
Da müßte man mal anhand der zeitgenössischen Quellen zusammenstellen, welche Ziele und Themen die 68er in erster Linie diskutiert und gefordert haben.
Ich würde mal eher davon ausgehen, daß die breite Mehrzahl dieser Themen außerhalb der Szene keinen interessiert haben und diese dort auch nicht gewirkt haben.
Da würde Dir mein Vater, 1967/68 Student, aber eben kein 68er, Recht geben.
 
Was aber das wesentliche Element zur sexuellen Befreiung war, war die Erfindung und Zulassung der Anti-Baby-Pille.
Richtig.

Ist also eigentlich schon Post-68er.
Jetzt wirds differenziert ;-)
Man wird die 68er auf jeden Fall nicht auf ein Jahr einschränken können.
Da gab es einen gewissen Vorlauf (wurde ja schon gesagt, daß wichtige Sachen schon 67 waren) und in vielen Bereichen waren die Hauptaktivitäten erst einige Jahre nach 68.

Es wäre wohl die erste Aufgabe einer wissenschaftlichen Aufarbeitung, das mal abzugrenzen.

Ich persönlich würde den 68er schon einige Jahre Wirken zusprechen, also bis Mitte der 70er.

Da bist Du imho zu sehr von Götz Alys neuem Buch beeinflusst.
Schwer möglich, da ich es nicht gelesen habe ;-)

Das habe ich in erster Linie von einem Bekannten, der auch 68er-"Veteran" ist, der seinerzeit in Frankfurt mitgemacht hat. Wobei der natürlich - genau wie die übrigen Protagonisten - als Quelle etwas einseitig ist (z. B. in seiner Meinung über Joschka Fischer, der nach seiner Darstellung ein feiger Drückeberger war, der immer nur vorher das Maul aufriß, um sich dann zu verkrümeln).

Die Frage ist, ob Herr Aly nicht einfach ein wenig provozieren möchte.
Ganz bestimmt. Wie schon gesagt: Selbstinszenierung war damals wohl erste revolutionäre Pflicht ;-)

Ehrlich gesagt war es auch dieser Hang zur Verherrlichung der eigenen Heldentaten, die mich bei gewissen 68ern immer genervt hat (und ich will nicht bestreiten, daß ich deswegen vielleicht auch etwas voreingenommen bin).

Da liefen halt zu meinen Schul- und Studienzeiten diverse Typen rum, die im Beruf und sonst im Leben eigentlich nichts gerissen hatten, in vielen Bereichen (z. B. Partnerschaft) einen wenig realitätstauglichen Eindruck machten - aber große Reden führten, wie sie damals die Welt verändert hätten.
Wenig überzeugend.

Die derzeitigen Jubelarien in den Medien wg. "Jubiläum" nerven mich da ziemlich, weil da meist wenig reflektiert die üblichen Klischees (oder aber gut verkäufliche Verrisse á la Aly) gebracht werden.

Eine fundierte Aufarbeitung fände ich wirklich gut, da warte ich schon seit Jahren drauf um endlich mal zu erfahren, wie es wohl wirklich gewesen ist.
 
Man wird die 68er auf jeden Fall nicht auf ein Jahr einschränken können.
Da gab es einen gewissen Vorlauf (wurde ja schon gesagt, daß wichtige Sachen schon 67 waren) und in vielen Bereichen waren die Hauptaktivitäten erst einige Jahre nach 68.


So so, dann kann man das tatsächlich nicht auf ein Jahr einschränken.:winke:

Sachen gibts.
 
Ich will das gar nicht so genau nach Jahr trennen. Bei dem Mord/Totschlag an/Unfall mit Benno Ohnesorg/Schahbesuch sehe ich eine Intensivierung und eine nochmalige Intensivierung nach den berühmten "drei Kugeln". Dann aber beginnt doch der Stern des SDS langsam zu sinken. Die K-Gruppen sehe ich als eine eigene Phase. Habe ich aber oben auch beschrieben.
 
Ich will das gar nicht so genau nach Jahr trennen. Bei dem Mord/Totschlag an/Unfall mit Benno Ohnesorg/Schahbesuch sehe ich eine Intensivierung und eine nochmalige Intensivierung nach den berühmten "drei Kugeln". Dann aber beginnt doch der Stern des SDS langsam zu sinken. Die K-Gruppen sehe ich als eine eigene Phase. Habe ich aber oben auch beschrieben.


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Leute, Leute was schreibt Ihr denn da.:motz:

Das war eine weltweite Bewegung. Das lässt sich doch nicht auf den ASta der FU reduzieren.:hmpf:

Der Beginn war, dass die jungen Amis schlicht nicht mehr für eine "Domino-Doktrin" im Dschungel verrecken wollten.
Das war die Initial-Zündung.
Gestunken hat es aber Allerorten, von Paris über Berlin und Prag nach Zürich.
Und so gings los.
 
Da liefen halt zu meinen Schul- und Studienzeiten diverse Typen rum, die im Beruf und sonst im Leben eigentlich nichts gerissen hatten, in vielen Bereichen (z. B. Partnerschaft) einen wenig realitätstauglichen Eindruck machten - aber große Reden führten, wie sie damals die Welt verändert hätten.
Wenig überzeugend.


Sag mal, willst Du hier ein teachin abhalten?:cool:


Wenn Ihr Euch natürlich die Sprüche einstiger "Kriegsteilnehmer" anhört, das ist natürlich klar daneben. (Hat meine Generation einst auch genervt, die Storys vom "Kessel hinter Waschlavoir")
In Berlin und in Frankfurt wurde die Welt natürlich nicht verändert. Das ist Froschperspektive.
 
Ist eigentlich den werten Diskutanten bekannt, dass in Frankreich im Mai 1968 Generalstreik ausgerufen wurde?
Eine Kenntnis die etliche Diskutanten hier offensichtlich nicht haben.

Ihr müsst unbedingt weg von Eurer germanozentrischen Sichtweise.

Die ausgehängten Türen der Kommune 1 sind doch ein lächerliches Detail.
 
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