Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

Wird das nicht ohne H also "gefeit" geschrieben?

Da hast du Recht.

Was mich an den sich einschleichenden Anglizismen stört, ist die Tatsache, dass die Deutschen zwar gern englische Wörter hernehmen, aber sie sinnfrei einsetzen, bzw. ohne sie grammatisch anzupassen, benutzen.

Nehmen wir das Wort "Handy". Wenn im Englischen etwas handlich ist, ist es "handy",

Ich las/hörte mal, im Schottischen (Englisch) sei handy 'der Handwerker'.

ein Mobiltelefon heißt allerdings "mobile phone" oder gar "cellular phone" bzw. als Abkürzung einfach nur "cell". Das Wort "handy" ergibt also keinen eigentlichen Sinn, denn das "Handy" ist zwar "handlich" aber "handlich" ist kein Nomen, sondern ein Adjektiv!

Wobei mobile der europäische und cell(ular) der amerikanische Ausdruck ist. Analog dazu die hispanophone Gebrauchsweise: móvil in Spanien, celular in Hispanoamerika.
 
Ich habe nicht den ganzen Thread gelesen, vermute aber, dass es bisher mehr um "vergessene" Einzelwörter ging.

Wie ist es denn mit Teilsätzen?
Nach meiner Wahrnehmung gibt es ausgesprochene "Modeformulierungen".
Vor ein paar Jahren fand man es chic, hinter Aussagen ein "wie auch immer" zu hängen.
Z.Zt geht mir die allgegenwärtige Formulierung "ist noch unklar" in Zeitungen oder Nachrichten ziemlich auf die Nerven.
Fallen euch andere Beispiele ein oder bilde ich mir diese zeitweilig scheinbar massenhaft verwendeten Phrasen vielleicht nur ein?
Phrasen fallen mir spontan nicht ein, aber dafür ein Wort, das mich rasend macht: lohnenswert. DAS GIBT ES NICHT, VERDAMMT NOCH MAL!
Was soll das denn auch bitte sein - lohnenswert? Lesenswert verstehe ich: etwas ist es wert, daß man es liest. Sehenswert: wert, daß man es sieht usw. Aber lohnenswert? Wert, daß es sich lohnt? Nein, zum Teufel! Etwas lohnt sich oder nicht, dann ist es lohnend oder nicht. Basta! :motz:
 
heißt lohnenswert nicht soviel wie das etwas den Lohn wert ist?

Mmh, weiß ich nicht, das Wort ist mir noch nicht aufgefallen.
Ich werde zukünftig aber darauf achten, vielleicht lenkt es mich von meiner übersteigerten " ist noch unklar" - Phobie ab.

Eine glücklicherweise etwas aus der Mode gekommene Phrase "im Grunde genommen" und in der Hardcore-Version "im grund´g´nommen" ist zwar noch nicht ausgestorben aber auf dem Weg dahin.
Ach, wie gut, dass sich Sprache so schnell verändert. :winke:
 
Phrasen fallen mir spontan nicht ein, aber dafür ein Wort, das mich rasend macht: lohnenswert. DAS GIBT ES NICHT, VERDAMMT NOCH MAL!
Was soll das denn auch bitte sein - lohnenswert? Lesenswert verstehe ich: etwas ist es wert, daß man es liest. Sehenswert: wert, daß man es sieht usw. Aber lohnenswert? Wert, daß es sich lohnt? Nein, zum Teufel! Etwas lohnt sich oder nicht, dann ist es lohnend oder nicht. Basta! :motz:
Mir geht es damit (fast) genauso (zur Raserei neige ich nicht allzusehr). Irgendeiner muss mal lobenswert und lohnend verwurstet haben und jetzt geistert dieses Phantom durch die Welt
Eben habe ich es wieder gehört.....mein nächstes Nervwort Paradigmenwechsel ? Wikipedia.

Noch benutze ich es selbst, allerdings in Anführungszeichen.
Mein Nervwort ist Quantensprung ? Wikipedia, das mit der selben Bedeutung verwendet wird. Der Kabarettist und Physiker Vince Ebert hat die Kritik allerdings noch ätzender formuliert als die Wikipedia-Texter.

Damit ich aber nicht ganz ot bin - hurtig höre ich kaum noch.
 
Libo, der Quantensprung ist kein aussterbendes Wort, gehört also nicht hierher. Allerdings kann ich mich nicht der Versuchung erwehren, dazu auch etwas zu schreiben. Auf meiner Seite - die Du ja mittlerweile kennst und die ich hier nicht (schon wieder) verlinke, bevor mich noch jemand für einen Spammer hält - erkläre ich den umgangssprachlichen Quantensprung auch. Problematisch ist, daß sich Physik und Geschichte zumeist kaum berühren. =)

Ich werde gelegentlich eine Suchmaschine bemühen, um herauszufinden, wie es der Vince ausgedrückt hat. Oder hast Du zufällig einen Link auf Lager?

+++

El Quijote, welche dem Schüler endlos erscheinenden Verwendungsmöglichkeiten hatten die alten Lateiner für den Genitiv. =)
Ich muß allerdings gestehen, daß der Sick über meine Wunschliste bei amazon noch nicht hinausgekommen ist und ich auch selten Zwiebelfisch verzehrt habe. Dereinst (!?) werde ich daran etwas ändern.
 
Im erzgebirgisch gibt es noch wacheln und bracheln (sddt. bregeln)

Extrem fand ich auch die mir nicht bekannten Wörter in der Schlegel, Tieck..... Übersetzung der Werke von Shakespeare.

infuliert, Zähre, courbettiert, Zelter, Jot, kirren, Potosi, Gagat, gebeust usw.
 
alle 32 Seiten zu lesen, war mir zu mühsam - nun weiß ich nicht, ob mein Beispiel für vergessene Worte schon genannt wurde.

Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert, als der Kurier im Hochsommer zum 4. Stock im Vorderhaus hochgeschnauft ist, obwohl am Klingelschild groß und deutlich Büro in der "Remise" steht, und hab mit verschränkten Armen gewartet, bis er's bis ganz oben geschafft hatte und wieder unten angekommen war =). - Er hatte das Wort noch nie gehört.

Weniger lustig war, als eine Freundin, die an den Berliner Märchentagen als Erzählerin teilnimmt, von einer 8-Jährigen gefragt wurde, was es wohl bedeutet mag, wenn die Prinzessin "betrübt" ist.

Kindern wird in Kindergarten oder Schule kaum mehr ein differenzierter Wortschatz beigebracht, obwohl es leider sehr viele gibt, die das von zu Hause nicht mitbringen und nötig hätten. Man darf sich also nicht wundern, wenn sie in der Oberstufe Shakespeare oder Schiller langweilig finden. Das liegt nicht daran, dass sie das Thema nicht interessiert. Sie verstehen einfach die Bedeutung der Worte nicht.
 
Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert, als der Kurier im Hochsommer zum 4. Stock im Vorderhaus hochgeschnauft ist, obwohl am Klingelschild groß und deutlich Büro in der "Remise" steht, und hab mit verschränkten Armen gewartet, bis er's bis ganz oben geschafft hatte und wieder unten angekommen war =). - Er hatte das Wort noch nie gehört.

Weniger lustig war, als eine Freundin, die an den Berliner Märchentagen als Erzählerin teilnimmt, von einer 8-Jährigen gefragt wurde, was es wohl bedeutet mag, wenn die Prinzessin "betrübt" ist.

Kindern wird in Kindergarten oder Schule kaum mehr ein differenzierter Wortschatz beigebracht, obwohl es leider sehr viele gibt, die das von zu Hause nicht mitbringen und nötig hätten. Man darf sich also nicht wundern, wenn sie in der Oberstufe Shakespeare oder Schiller langweilig finden. Das liegt nicht daran, dass sie das Thema nicht interessiert. Sie verstehen einfach die Bedeutung der Worte nicht.

Zu 1.
Wie sollen sie auch die Remise kennen, wenn doch schon das Parterre unverständlich ist. Und dann trau dich zu sagen, dass um 22 Uhr das Trottoir hochgeklappt wird, oder dein Portemonnaie ein Loch hat, und du erntest nur verständnisloses Kopfschütteln ... :D

Zu 2. Woher sollen es die jetzigen Kindergartenkinder denn haben, wenn selbst Möchte-gern-Stars keine vernünftigen Sätze, schon gar kein rhetorisch einwandfreies Interview abliefern ... :(
Und wenn man sich die obszönen Schimpfwörter auf den Gymnasien so anhört, finde ich hier die Schönheit der deutschen Sprache auch nicht wirklich wieder. Wird der Blick für die Schönheit der Sprache überhaupt noch geweckt?

Ich habe z.B. bezüglich der Fanfictions feststellen müssen, dass die modernen und "schwülstigen" Varianten oft beliebter sind, als die historisch nachempfundenen ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Caro1 schrieb:
Zu 1.
Wie sollen sie auch die Remise kennen, wenn doch schon das Parterre unverständlich ist. Und dann trau dich zu sagen, dass um 22 Uhr das Trottoir hochgeklappt wird, oder dein Portemonnaie ein Loch hat, und du erntest nur verständnisloses Kopfschütteln ... :D

Es müssen ja nicht mal Fremdwörter sein.

Caro1 schrieb:
Zu 2. Woher sollen es die jetzigen Kindergartenkinder denn haben, wenn selbst Möchte-gern-Stars keine vernünftigen Sätze, schon gar kein rhetorisch einwandfreies Interview abliefern

Erzähl mir nix von Interviews. Ich tippe jeden Tag welche. Wenn ich böse werde, schreibe ich den Mist in Klammern im O-Ton. :pfeif:

Wenn es die Eltern nicht schaffen, wäre es im Kindergarten ein Leichtes, zumindest ein wenig auszurichten, viel mit den Kindern zu sprechen, vorzulesen, sie erzählen zu lassen. Noch gehört Bildung aber nicht zum Angebot. Das sind Verwahranstalten.

Mein Enkel hat mit 2-4 gern Geschichten gehört. Mit 5 wollte er sie selbst lesen und hat allein mit den Sprechblasen im Comic angefangen. Als er 6 war, haben wir uns beim Vorlesen abgewechselt.

In der Schule konnte er sich dann nur noch mit Kanaksprak verständlich machen. Jetzt auf dem Gym. ist es zumindest etwas anders, aber die ersten Schuljahre waren in Berlin-Kreuzberg die Hölle.

Caro1 schrieb:
Wird der Blick für die Schönheit der Sprache überhaupt noch geweckt?

Lehrer könnten die Freude an Sprache wecken, wenn sie selbst Freude dran hätten. Sprache ist Emotion. Über Emotion kann man Inhalte leichter vermitteln. Das müsste man aber den frustrierten Lehrern erst mal beibringen.

Und die Konkurrenz an falschen Vorbildern auf der Straße und im Unterschichtenfernsehen ist kaum zu toppen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Sprache entwickelt sich; die hübschen, von caro1 angeführten Beispiele (Parterre, Trottoir, Portemonnaie) bspw dürften zumindest im Berliner Sprachraum von Kanak... äh Hugenotten eingeführt worden sein, und ich gehe jede Wette ein, der gemeine Urberliner der damaligen Zeit hat über diese Sprachverhunzung geflucht, wie das nur mit der berühmt-berüchtigten "Berliner Schnauze" möglich ist... die nebenbei schon immer ein Sprachsammelsurium unterschiedlichster Herkunft war...
 
@Reinecke
klar sind die angeführten Beispiele aus dem Französischen übernommen, aber sie gehörten sehr lange zum Wortschatz des gebildeten Deutschen und sind Relikte aus der Zeit als Französisch in halb Europa Hof-Sprache war ... :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
@Reinecke
klar sind die angeführten Beispiele aus dem Französischen übernommen, aber sie gehörten sehr lange zum Wortschatz des gebildeten Deutschen und sind Relikte aus der Zeit als Französisch in halb Europa Hof-Sprache war ... :winke:

So einfach ist es nicht. Was bei Hofe gesprochen wurde, ist das eine. Die vielen französischen Vokabeln, die in die Umgangssprache eingingen (besonders, z.T. arg verballhornt oder eingedeutscht), sind eher auf die emigrierten Hugenotten zurück zu führen. Diese saßen dann nicht an den Höfen, sondern betätigten sich als tüchtige Handwerker und Kaufleute in den Städten. Das sogenannte Bildungsbürgertum entstand auf dieser Basis.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hugenotten
Es ist kein Zufall, dass gerade der Berliner Dialekt viele Begriff aus dem Französischen bewahrt hat - im 18. Jahrhundert war 1/4 der Berliner französischer Herkunft.
Berliner Dialekt – Wikipedia
 
@Reinecke
klar sind die angeführten Beispiele aus dem Französischen übernommen, aber sie gehörten sehr lange zum Wortschatz des gebildeten Deutschen (...)

Wie auch immer das mit der Herkunft ist, ich wollte nur darauf hinweisen, dass in zwei-, dreihundert Jahren wahrscheinlich unsere Urenkel darüber lamentieren, wieso so schöne, allseits bekannte Floskeln wie "Geh wo Du wohnst" und anderer Errungenschaften der "Kanaksprak", aus dem Sprachgebrauch verschwinden... ;)
 
So einfach ist es nicht. Was bei Hofe gesprochen wurde, ist das eine. Die vielen französischen Vokabeln, die in die Umgangssprache eingingen (besonders, z.T. arg verballhornt oder eingedeutscht), sind eher auf die emigrierten Hugenotten zurück zu führen. Diese saßen dann nicht an den Höfen, sondern betätigten sich als tüchtige Handwerker und Kaufleute in den Städten. Das sogenannte Bildungsbürgertum entstand auf dieser Basis.
Nur eigneten sich Händler und Handwerker, die bei Hofe und überhaupt an Adelshäusern verdienen wollten, notgedrungen etwas Französisch an, fanden es selbst vielleicht sogar "schick", noch bevor die Hugenotten kamen.
Soviel ich weiß hatte Französisch seinen Siegeszug im/nach dem Dreißigjährigen-Krieg.

Große Händler benötigten doch ohnehin entsprechende Sprachkenntnisse für den "Einkauf".
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben