So viel ich weiß, ging das Leben auf dem Land südlich der Alpen unter Ostgoten ebenso weiter wie später unter Langobarden und noch später unter Franken.
So viel ich weiß, ging das Leben auf dem Land auch nördlich und westlich der Alpen und auch auf der Iberischen Halbinsel weiter. Überall wo Romanen lebten, wurde auch Landwirtschaft betrieben, aber was geschah mit den großen, luxuriös ausgestatteten villae? Ich finde kaum Hinweise auf villae, die nach dem 5. Jahrhundert noch in Betrieb waren, und auch dort wurden die Gebäude entweder in kleinere Wohneinheiten aufgeteilt oder zum größten Teil aufgegeben. Kennst Du irgendwo eine Villa, die ohne Zerstörungen und eingreifende Umbauten in der Völkerwanderungszeit noch Bestand hatte?
Ob und warum die Badekultur im lateinischen Westen seit dem fünften Jahrhundert bis zu der Neubelebung durch Kreuzzugrückhehrer im langsamen Niedergang begriffen war?
Hier ist die Frage, was unter "Badekultur" zu verstehen ist. Die großen römischen Thermen waren eine Kombination aus Badeanstalt, Fitness-Center und Konferenzzentrum einschließlich Bibliothek, Friseursalon, Kosmetiksalon, Massagesalon, Restaurant etc.
Die stadtrömische Badekultur endete ziemlich abrupt, als die Goten 537 die Aquädukte zerstörten. Das heißt nicht, dass die Leute sich von nun an nicht mehr wuschen oder nicht mehr badeten, sie taten es dann halt meistens in den eigenen vier Wänden.
Der Niedergang der Badekultur ist auch vor dem Hintergrund des Niedergangs der Städte zu sehen. Die Einwohnerzahl Roms sank zwischen Spätantike und Frühmittelalter von geschätzten 1,2 Millionen auf gerade noch 20.000 Einwohner. Massive Bevölkerungsrückgänge (vielleicht nicht so extrem wie im Fall Roms) kenne ich auch von anderen Großstädten des Römischen Reichs. Für eine Wiederbelebung der Badekultur nach den Zerstörungen und Plünderungen der Völkerwanderungszeit fehlten schlicht die Voraussetzungen.
Wie neulich schon einmal erwähnt, waren die Zahlen für die Gesamtbevölkerung im Hochmittelalter ganz ähnlich wie zur Römerzeit. Das Stadt-Land-Verhältnis war aber sicherlich ein ganz anderes; die Städte waren vergleichsweise winzig.
Eine "Badekultur" in dem Sinne, dass die Bäder zum öffentlichen Treffpunkt wurden, an dem mannigfache Dienstleistungen angeboten wurden, etablierte sich erst wieder, als die Städte im Spätmittelalter anwuchsen und sich ein wohlhabendes Stadtbürgertum herausbildete. Einen ursächlichen Zusammenhang mit den Kreuzzügen halte ich ebenso wie
@dekumatland für mehr als zweifelhaft.
Der Niedergang dieser Badekultur begann anscheinend mit der neu eingeschleppten Syphilis und diversen Pestausbrüchen, einen Schlusspunkt setzt dann der Dreißigjährige Krieg.