Allein die Idee, in den Kantenlängen der Pyramiden eine Lichtsekunde wiederfinden zu wollen, ist doch reichlich absurd. Aus den geheimen(!) Kammern dann noch den Aphel zu einem Planeten symbolisch dargestellt sehen zu wollen, setzt dem ganzen noch einen auf.
Wer kommt auf die Idee, die Kantenlängen der Pyramiden mit Lichtsekunden in eine Beziehung zu setzen? Das versteht sich ja nicht von selbst, das zu tun, das gebietet nicht die Vernunft.
Rein fachlich: Solange nicht ein Hiergylphen-Text oder demotischer Text nachgewiesen wird, der sich mit der Berechnung der Planetenumlaufbahnen, dem Aphel und dem Perihel befasst, können wir wohl sicher davon ausgehen, dass die Ägypter in den Bau der drei großen Pyramiden genauso wenig planetarisches Wissen einfließen ließen, wie in den Bau der vielen anderen Pyramiden.
Es wird bei Giulio Magli darauf hingewiesen, dass die Südostecken der drei großen Pyramiden eine Diagonale bildeten, die "Giza-Diagonale" nennt Magli das. Diese Giza-Diagonale "zeige" auf die Stadt Heliopolis. (It was observed already many years ago that this “Giza diagonal” might have had a symbolic meaning, since it points in the direction of the city of Heliopolis.)
Das ist - im Gegensatz zu den astronomischen Deutungen - zwar einigermaßen glaubwürdig (obgleich eine Stadt natürlich keinen Punkt, sondern eine Fläche darstellt), aber gleichwohl auch nur mäßig wahrscheinlich, kann sich also um einen Zufall handeln. Damit möchte ich es aber nicht abtun, sondern den ästhetischen Aspekt ins Spiel bringen. Klar, die bronzezeitlichen Ägypter kannten keine modernen Bebauungspläne. Aber viele Städte in Dtld. geben bei Neubaugebieten Bebauungspläne aus (nicht alle und nicht überall, leider, was manchmal zu Wildwuchs in Neubaugebieten führt, oft zum Nachteil zurückhaltender Eigenheimbesitzer). Die Bebauungspläne geben vor, wo auf einem Grundstück in einer neu erschlossenen Siedlung das Haus stehen darf/muss, wie hoch es sein darf/muss. Auch wenn die Häuser an sich individuell gestaltet werden und nicht aus einem architektonischen Guss sind, wird so sichergestellt, dass die Siedlung bzw. der Straßenzug ein geschlossenes Gesamtbild aufweist. Ich halte es für vorstellbar, dass der Architekt der jüngsten der drei großen Pyramiden sich von solchen Überlegungen hat leiten lassen, dass also die "Gizeh-Diagonale" tatsächlich geplant und nicht bloß zufällig existiert. Wie gesagt: Vorstellbar.
Was Giulio Magli über die Tempel "im Tal" vor den Pyramiden schreibt, ist hingegen plausibel: Sie liegen immer östlich und das hat natürlich etwas mit der Sonne zu tun. Wir können weltweit als Konstante prähistorischer/präkolumbiner Bestattungskulturen immer wieder einen Sonnenbezug ablesen: Megalithbauten öffnen sich gen Osten, bronzezeitliche seitlich liegende Hocker blicken gen Osten, andine Bergmumien blicken gen Osten.
Auch wenn schriftliche Aufzeichnungen oft fehlen (da es sich oft um noch schriftlose Kulturen dreht) lässt sich aus dem Blick in Richtung des Sonnenaufgangs mit hoher Plausibilität die Vorstellung von Wiedergeburt ableiten. Die letzte Sicherheit diesbezüglich wird uns für die meisten prähistorischen Kulturen aber fehlen.
Das erfordert natürlich keine außerordentlichen astronomischen Kenntnisse, sondern einfach Beobachtung.