Besiedelung der Region des heutigen Bayerns

Der Zeitraum scheint mir auch zu kurz, ich glaube eher nicht, dass das so schnell ging. Die Wälder waren - zumindest teilweise - auch auf sumpfigen Boden, der Prozess der Ackerlandgewinnung dauerte m. E. länger, da - zumindest teilweise - auch trockengelegt werden musste.

Bislang war von Rodung, nicht von Trockenlegung von Sümpfen die Rede.
Natürlich Trockenlegung von Sümpfen dauert seine Zeit, allerding wer käme auf die Idee sich für die landwirtschaftliche Bebauung ausgerechnet sumpfiges Gebiet auszusuchen, sofern er sich nicht in der Situation befindet dass das übrige Land beereits verteilt ist (wovon man um 800 allrdings nicht wird ausgehenn können)?

Dass damit völlig verschwenderisch umgegangen wurde, fällt mir schwer vorzustellen. Außerdem glaube ich, dass es wirklich gefährlich ist, Riesenwälder einfach abzufackeln, denn wenn der Wind sich dreht, wird es schwierig, der Feuersbrunst auszuweichen, daher tendiere ich eher zu einer Mischform. Wenn man sich z. B. die Holzwirtschaft Spaniens in der Kolonialzeit anschaut, dann merkt man, dass die Leute damals die Bäume mit anderen Augen betrachtet haben. Sie betrachteten die natürlich gewachsene Form im Hinblick, wozu diese spezielle Form tauglich war. Warum soll das im Jahr 800 anders gewesen sein?

Die Frage hat 2 Antworten eine Zeit- und eine Regionalspezifische, fangen wir mit der Zeit an:

Das man in der Frühen Neuzeig anfing auf seine Holzbestände zu achten und in Teilen (in Form von Haubergen etc. nachhaltige(re) Forstwirtschaft zu betreiben), hat damit zu tun, dass man genau das bis ins Spätmittelalter und den Beginn der Neuzeit nicht getan hatte, mit dem Ergebnis, dass der Waldbestand Europas seinen historischen Tiefstand erreichte und Holz mindestens regional tatsächlich verknappte.
Von der Problematik war man allerdings in der Karolingerzeit noch sehr weit entfernt.

Raumspezifisch spielt für die Iberische Halbinsel einfach der Umstand eine Rolle, dass man in sehr starkem Maß Schiffbau betrieb und Schiffbau in der frühen Neuzeit frisst Holz ohne Ende, dass ist mehr oder weniger der Sektor der in dieser Zeit das meiste Holz verbrauchen dürfte und der existierte in Bayern in Ermangelung eines Meereszugangs einmal nicht in dieser Form.

In Bayern um das Jahr 800 gab es keine größeren expandierenden Städte oder einen Schiffsbau-Sektor, der das ganze Holz hätte abverbrauchen können, und auch die Bevölkerungsdichte um 800 entsprach nur einem Bruchteil von den Verhältnissen 800 Jahre später, so dass auch da nicht das Potntial vorhanden war, so viel Holz überhaupt abverbrauchen zu können.

Die Vorstellung, dass Holz eine wertvolle Ressource darstellte, die auf keinen Fall zu vergeuden war, die ist für die Frühe Neuzeit und vor allem die Küstengegenden in dieser Zeit durchaus zutreffend, da geht bei den Seemächten der Holzbedarf tatsächlich so weit, dass die heimischen Vorräte nicht mehr hinreichen und etwa Großbritannien und die Niederlande sich darauf verlegen in größerem Stil Holz etwa aus dem Schwarzwald, Skandinavien und dem Baltikum zu importieren.
Das ist aber in Binnenland um 800 in dieser Form nicht der Fall, da stehen Wäldern tatsächlich der Nutzung von Flächen für landwirtschaftliche Zwecke teilweise einfach nur im Weg.

Die Nutzung der Werkzeuge führte natürlich zu einem Verschleiß [...]
Natürlich auf die Dauer schon.

Nur wie viel Verschleiß hätte es geben müssen, damit sich ein Hauptberuflicher Schmied für eine Gesamtgruppe in der Größenordnung von ein paar Hand voll Siedlern gelohnt hätte?

Da müsstst du, überspitzt gesagt schon davon ausgehen, dass das Werkzeug auf eine Gesamtlebensdauer von lediglich einigen Tagen (nicht Wochen oder gar Monaten) kommt um einen hauptberuflichen Schmied tatsächlich denn ganen Tag beschäftigt zu halten.
Natürlich hatten die Werkzeuge nicht die Qualität von heute, aber sie fielen auch nicht alle paar Stunden auseinander.

Ferner vermute ich, dass eine sehr, sehr große Menge an Werkzeugen zum Einsatz gekommen ist, die man heute gar nicht mehr kennt. Beile, Äxte, Sensen, Ketten, Verankerungen, Hebelinstrumente, mit denen man die Stämme bewegt etc. etc.
Ja, aber was davon ist aus Metall und hat die Neigung tatsächlich in einer Weise kaputt zu gehen, dass zur Reperatur ein Schmied benötigt wird und vor allen Dingen was davon wird zum Inventar einer nicht übermäßig wohlhanenden Siedlergruppe gehört haben, die sich durch Rodung neues Land zu erschließen suchte?

- Verankerungen zum Tragen von Gewicht, lassen sich in den meisten Fällen auch aus Holz herstellen.
- Beile und Äxte werden sicherlich vorhanden gewesen sein, nur welchen Reperaturbedarf haben diese Werkzeuge? Sie stumpfen bei Bennutzung ab, müssen also regelmäßig gewetzt werden, wenn beim draufhhauen auf Holz etwas kaputt geht, ist das in aller Regel der Schaft.
Bei einem Beil, bei dem das Blatt in den Schaft eingesetzt ist, kann mit dem Blatt im Grunde nicht viel passiern und bei der Axte eigentlich auch nicht, wenn die Aufhängung, den Schaft umschließt einigermaßen solide ist, was die Materialstärke angeht.
Probleme dass da irgenndwas verbiegen könnnte, was man dann hätte richten müssen, gab es sicherlich bei filigranneren Werkzeugen, aber nicht unbedingt im Bereich Hämmer, Äxte etc.
- Wozu Hebel aus Metall bauen? ein paar vernünftig starke Bohlen aus solidem Kernholz tun es als Hebel doch prima, wenn man welche bennötigt.
- Wozu Ketten? Wenn man einen Baum mittels Zugkraft fällen und abtransportieren möchte dann tun es Stricke gennau so, sind aber wesentlich einfacher und kostengünstiger herzustellen.
- Sensen werden zum Abmähen von Gräsern und Getreide verwendet, was bedeutet dass sie dann und wann gewetzt werden müssen, weil sie ihre Schärfe verlieren, aber dass da ein Schmied rann müsste um zerbrochenes oder massiv verbogenes Metall zu richten, dürfte eher selten vorkommen.

Dazu kommen noch viele andere nicht nur zu Rodungszwecken verwendeter Gegenstände, wie Jagdwaffen, Kochtöpfe, Steinmetzwerkzeuge etc. etc.

- Jagdtwaffen bedeutet in erster Linie Speer und Bogen, die nur zu einem geeringen Teil aus Metall sind und den Vorzug besitzen wiederverwendbar zu sein.
Sofern man die Pfeile und Speere nach erfolgreicher Jagt wieder aufsammelt muss eventuell der hölzerne Teil und bei den Pfeilen das Federwerk erneuert werden, eventuell muss man die Meetallspitzen neu schärfen, sofern man sie allerdings nicht gerade volles Rohr auf nackten Fels drauf geschossen hat, was sicherlich zur Deformation des Metalls hätte führen können, wäre das eher wenig Arbeit für einen Schmied gewesen.
- Was sollen Bauern, die sich gerade ein neues Stück Land roden mit Steinmetz-Werkzeugen anfangen? Die wollen sich ihre Höfe aufbauen, keine Festungsanlagen und Kathedralen.
- Gut, metallisches Kochgeschirr wird gegebennenfalls vorhandengewesen sein, nur welche Arbeiten gab es daran regelmäßig vorzuehmen, dass man unbedingt eines hauptberuflichen Schmiedes bedurft hätte um sich damit zu befassen?

Eine wirklich spezialisierte Schmiede machte Sinn, wenn sie im Umkreis vielleicht einer halben Tagesreise durch einige hundert oder tausend Menschen erreicht werden konnte, so dass auch wirklich genug Reperaturarbeiten anfielen um das auszulasten.
Oder aber um in der Gegend befingliche Erze zu verarbeiten und das daraus entstandene Eisen als Hanndelsware weiter zu verkaufen oder um spezialisierte Betriebe mit größerem Werkzeugbeedarf zu beliefern oder um für eine größere Gruppe Kriegsbedarf herzustellen.

Das alles trifft aber auf eine potentiel wahrscheinlich < 50 Personen starke Gruppe von Koloisten, deren Ziel darin besteht irgendwo im Wald Flächen für Land- und Weidewirtschaft zu roden in der Regel nicht zu.

Du schriebst oben etwas von Arbeitssteilung, als Argument für den "hauptberuflichen" Schmied, allerdings, wenn sich jede Ansiedlung mit zwei oder drei Dutzend Bewohnern einen spezialisierten Schmied leistet, ist das gerade keine effiziente Arbeitsteilung.
Effiziente Arbeitsteilung ist, wenn ein spezialisierter Schmied, die Ansiedlungen im Umkreis von vielleicht 10 oder 15 Km (jedenfalls sofern wir von eher dünn besiedelten Gebieten reden, in denen auf einen solchen Umkreis vielleicht einige hundert oder ein oder zwei tausend Bewohner komme) mit Schmiederzeugnissen versorgt und dann auch enrsprechend ausgelastet ist.
 
Ich vermute, das hängt einerseits damit zusammen, dass sich in der Zeit Karls des Großen viele Landbesitzverhältnisse änderten.
Ein wichtiges Beispiel dafür, dass die Beseitigung der agilolfingischen Herrschaft Ende des 8. Jahrhunderts zu urkundlichen Erwähnungen führte, ist die Notitia Arnonis. Da stellte der Erzbischof von Salzburg Arn alle Schenkungen der früheren Agilolfingerherzöge und anderer Adeliger an sein Bistum zusammen, um dieses Schenkungsbuch von König Karl bestätigen zu lassen, was auch gelang. Da wird Bad Reichenhall das erste Mal erwähnt, nämlich als eine Schenkung Herzog Theodos, der schon um 700 regiert hatte.

Bairische Urkunden aus der Zeit vor 700 gibt es nicht, ich denke, weil erst seit Theodo die Kirche über Bischofssitze so organisiert und ökonomisch ausgestattet wurde, dass sie genug schriftkundige Kleriker ausbilden konnte, welche die Beurkundungen dann vornahmen.

Viele bairische Orte dürften schon seit Mitte des 6. Jahrhunderts entstanden sein, denn seit der Zeit muss die Bevölkerung deutlich zugenommen haben, worauf Gräberfelder hinweisen. Das steht wohl in Zusammenhang mit einer gewissen Konsolidierung des bairischen Herzogtums am Ende der Völkerwanderung.
 
@Shinigami
Es ging um die "Urbarmachung" des Landes durch Rodung. Ihre Auffassung, in einem Jahr hinzufahren, aus dichtem möglicherweise jahrhundertelang gewachsenen Urwald Weideland zu machen und bereits im darauf folgenden Jahr die Ernte einzufahren, halte ich für sehr, sehr optimistisch. Zu dieser "Urbarmachung" gehört nun mal das wilde, natürlich gewachsene Land hin zu einem Kulturboden zu verändern. Dazu gehörten wahrscheinlich viele weitere Arbeitsschritte, die wir jetzt noch gar nicht angesprochen haben. Die Siedler, die nach Amerika auswanderten um dort vergleichbare Siedlungen bildeten, sagten: Den ersten der Tod, den zweiten die Not, den dritten das Brot. Mit Sicherheit lässt sich die Situation nicht eins zu eins vergleichen, es war eine etwas andere Zeit, ein anderes Land etc. Aber das was ich damit sagen will, ist dass ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass derartige Prozesse deutlich länger dauern als sie in ihrem Beitrag geschrieben haben.

Ihre Ausführungen zur Abnutzung von Werkzeugen kann ich auch nicht nachvollziehen. Es geht um die Rodung und teilweise Weiterverarbeitung von jahrhunderten alten Urwaldbäumen. Teilweise natürlich auch Hartholz. Angesichts der Qualität des Eisens um das Jahr 800 gehe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Äxte, Sägen etc. eine sehr begrenzte Lebensdauer hatten.

Steine wurden für alle möglichen Dinge gebraucht, daher wurden sie von Steinhauern zugehauen. Das braucht man nicht nur für Kathedralen. Teilweise wurden damit Brunnen innen ausgekleidet. Da gibt es welche aus normalen Steinen, so wie sie in der Natur rumliegen, es gibt aber auch welche aus behauenen Steinen. Das ist jetzt nur ein Beispiel, Steine werden für alles mögliche gebraucht, daher gehe ich davon aus, dass es auch irgendeine Form der Verarbeitung gegeben haben muss, die wiederum Werkzeuge voraussetzt. Große Rodungsprojekte brauchen wahrscheinlich auch Transporttiere, Pferde, Ochsen etc. Ich vermute, dass um das Jahr 800 herum bereits Hufeisen eingesetzt wurden. Das waren Gebrauchsgegenstände, die nach Abnutzung ersetzt werden mussten.
 
Steine wurden für alle möglichen Dinge gebraucht, daher wurden sie von Steinhauern zugehauen. Das braucht man nicht nur für Kathedralen. Teilweise wurden damit Brunnen innen ausgekleidet. Da gibt es welche aus normalen Steinen, so wie sie in der Natur rumliegen, es gibt aber auch welche aus behauenen Steinen.

Aus einem Ausgrabungsbefund von Aschheim, einem einstmals ziemlich bedeutenden Ort, immerhin fand hier 756 die erste Synode Bayerns statt:

"Der westliche Brunnen – Befund 341 – scheint in üblicher Art und Weise einen gezimmerten Brunnenkasten besessen zu haben, dessen hölzerne Reste im gut durchlüfteten Kiesuntergrund ohne luftabschließende, feintonige Sedimentschichten komplett vergangen waren.
[...]
Der östliche Brunnen – Befund 339 – barg eine Überraschung. Etwa 1 m unterhalb von Planum 1 zeigte sich der eckige Kranz einer Tuffsteinsetzung des ehemaligen Brunnenkastens (Abb. 143). Die ohne Mörtel gesetzten und teilweise ineinander verkeilten Steine ließen sich bis etwa 1 m oberhalb der eigentlichen Brunnensohle verfolgen. Der letzte Meter des 4,10–4,20 m unter heutige Oberfläche reichenden Brunnens war nach Ausweis weniger Holzspuren wieder mithilfe eines hölzernen Kastens gefasst worden. Am Übergang zwischen Holz und Steinkasten bezeugten innen verlaufende Holzreste, dass die Tuffsteine hinter den wohl aus verschränkten Balken gezimmerten Kasten gesetzt waren. Aufgrund der Kombination von Holz und Steinkasten lässt sich vielleicht die eckige Grundform der steinernen Verschalung erklären. Im unteren Bereich nahezu viereckig, gestaltete sich die Schachtform nach oben zu einem Fünfeck (Abb. 144). Das Steinmaterial war von relativ schlechter Qualität. Es wurden großporige und teilweise recht brüchige Tuffsteine verwendet. Bis auf
eine Ausnahme konnten keine Zuarbeitungsspuren beobachtet werden; die bis zu 60 × 50 cm großen Steine scheinen unbehandelt eingesetzt worden zu sein. Fast erscheint es so, als hätten die Brunnenbauer im Umgang mit Stein keine große Erfahrung gehabt und versucht, eine Konstruktion, von der man gehört oder die man an einem anderen Ort gesehen hatte, umzusetzen."

Ein frühmittelalterlicher Tuffsteinbrunnen aus Aschheim
 
...Bis auf
eine Ausnahme konnten keine Zuarbeitungsspuren beobachtet werden; die bis zu 60 × 50 cm großen Steine scheinen unbehandelt eingesetzt worden zu sein. Fast erscheint es so, als hätten die Brunnenbauer im Umgang mit Stein keine große Erfahrung gehabt und versucht, eine Konstruktion, von der man gehört oder die man an einem anderen Ort gesehen hatte, umzusetzen."

Ein frühmittelalterlicher Tuffsteinbrunnen aus Aschheim

Das deutet drauf hin, dass für Steinmetzarbeiten wohl nur überschaubar viele Werkzeuge vorhanden sein mussten. :)

Eingeworfen hatte ich das Argument, weil nach meiner Logik um das Jahr 800 herum als Baumaterial vor allem Holz und Stein Verwendung fand. Ein Steinmetz, der einzig und allein diese Arbeitstätigkeit ausführt, bei einem Rodungs- bzw. Siedlungstrupp notwendig war, würde ich fast bezweifeln, ob und inwiefern weitere Steinmodifikationen durchgeführt werden mussten, kann ich jetzt auch nicht genau sagen, ich vermute aber, dass Werkzeuge für den Fall der Fälle vorhanden waren bzw. angefertigt werden konnten. Wie dem auch sei!
 
Ein wichtiges Beispiel dafür, dass die Beseitigung der agilolfingischen Herrschaft Ende des 8. Jahrhunderts zu urkundlichen Erwähnungen führte, ist die Notitia Arnonis. Da stellte der Erzbischof von Salzburg Arn alle Schenkungen der früheren Agilolfingerherzöge und anderer Adeliger an sein Bistum zusammen, um dieses Schenkungsbuch von König Karl bestätigen zu lassen, was auch gelang. Da wird Bad Reichenhall das erste Mal erwähnt, nämlich als eine Schenkung Herzog Theodos, der schon um 700 regiert hatte.

Bairische Urkunden aus der Zeit vor 700 gibt es nicht, ich denke, weil erst seit Theodo die Kirche über Bischofssitze so organisiert und ökonomisch ausgestattet wurde, dass sie genug schriftkundige Kleriker ausbilden konnte, welche die Beurkundungen dann vornahmen.

Viele bairische Orte dürften schon seit Mitte des 6. Jahrhunderts entstanden sein, denn seit der Zeit muss die Bevölkerung deutlich zugenommen haben, worauf Gräberfelder hinweisen. Das steht wohl in Zusammenhang mit einer gewissen Konsolidierung des bairischen Herzogtums am Ende der Völkerwanderung.

Danke für diesen Beitrag, das ist eine relativ handfeste Information, das liest sich evidenzbasiert. Haben Sie sich diese "Notia Arnonis" mal durchgelesen bzw. können sie weitere Informationen liefern, was da genau drin steht. Der Wiki-Eintrag ist leider recht kurz gehalten. Die Frage wäre, ob in diesem Dokument viele der Ortsnamen auftauchen, die jetzt aktuell um das Jahr 2000 herum ihre 1200 Jahr-Feier abhalten.

Bestimmt sind viele Orte auf dem Gebiet des heutigen Bayerns schon früher entstanden, die Frage, ob um das Jahr 800 herum eine Art größere Infrastrukturmaßnahme stattfand, die dazu führte, Bereiche, die von Urwäldern bewachsen waren, urbar zu machen, ist immer noch schwer zu beantworten. Für möglich erachte ich es auf jeden Fall. Dieser Prozess der Eingliederung (oder wie man das nennen soll) der Agilolfinger Regionen in das Karolingische Hoheitsgebiet (ich hoffe, das hab ich richtig verstanden) kann durchaus dazu geführt haben, nun Gebiete innerhalb des Reichsgebiet "flottzumachen", also urbar zu machen. Selbst wenn in der Region bereits Kelten und Römer waren und bereits ähnliche Massnahmen durchgeführt haben, so scheint doch zwischen der Römerzeit und der Zeit dieser Agilolfinger und Karolinger eine Zeit bestanden zu haben, während der eventuell bestimmte Regionen nicht mehr besiedelt waren. Die Natur kommt zurück, Wälder wuchern, Flüsse werden wieder wilder etc. Das könnte schon dazu geführt haben, dass im Bereich des Großraums um das heutige München bzw. südlich und östlich davon große schwer bewohnbare Wälder entstanden sind, die um das Jahr 800 herum erstmals oder erneut gerodet (nicht einfach abgefackelt!) werden musten.
 
Haben Sie sich diese "Notia Arnonis" mal durchgelesen bzw. können sie weitere Informationen liefern, was da genau drinsteht.
Die hab ich nicht selbst gelesen, und auf die Schnelle finde ich auch keine Edition im Internet. Aber das mir aus der Literatur bekannte Beispiel Bad Reichenhall zeigt ja, dass der Ort schon viel früher als Ende des 8. Jahrhunderts existiert hat. Anderes Beispiel: Im Jahr 806 schenken Heinrich und sein Sohn Waltker ihren Erbbesitz Ichingen dem Kloster Schäftlarn, das die Urkunde dafür aufbewahrt hat. Das ist die Ersterwähnung des heutigen Icking. Die Gründung war früher. Ich denke, dass eine zeitliche Häufung von Ersterwähnungen eher auf eine Häufung von beurkundeten Schenkungen an die Kirche zurückzuführen wäre als auf Siedlungsaktivitäten.
 
Die hab ich nicht selbst gelesen, und auf die Schnelle finde ich auch keine Edition im Internet. Aber das mir aus der Literatur bekannte Beispiel Bad Reichenhall zeigt ja, dass der Ort schon viel früher als Ende des 8. Jahrhunderts existiert hat. Anderes Beispiel: Im Jahr 806 schenken Heinrich und sein Sohn Waltker ihren Erbbesitz Ichingen dem Kloster Schäftlarn, das die Urkunde dafür aufbewahrt hat. Das ist die Ersterwähnung des heutigen Icking. Die Gründung war früher. Ich denke, dass eine zeitliche Häufung von Ersterwähnungen eher auf eine Häufung von beurkundeten Schenkungen an die Kirche zurückzuführen wäre als auf Siedlungsaktivitäten.

Ok, das ist der These von Ugh Valencia sehr ähnlich und es fällt mir auf die Schnelle schwer, einen Einwand geltend zu machen. Das klingt wirklich sehr plausibel! Mal sehen, vielleicht finde ich den Artikel, den ich im Eingangsbeitrag erwähnt habe doch noch und dann würde ich eventuell hier nochmal nachtarocken.

Vielen Dank für die Informationen!
 
Der Wiki-Eintrag ist leider recht kurz gehalten.
Die hab ich nicht selbst gelesen, und auf die Schnelle finde ich auch keine Edition im Internet.

Bei Wiki ist doch alles zu finden, einschließlich Links zu den Editionen:
Editionen
  • Friedrich Keinz (Hrsg.): Indiculus Arnonis und Breves Notitiae Salzburgenses, nach den bekannten und nach bisher unbenützten Handschriften neu herausgegeben und mit Erläuterungen versehen, E. A. Fleischmann’s Buchhandlung, München 1869 (Digitalisat).
  • Fritz Lošek: Notitia Arnonis und Breves Notitiae. Die Salzburger Güterverzeichnisse aus der Zeit um 800: Sprachlich-historische Einleitung, Text und Übersetzung. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Band 130, 1989, S. 5–192 (zobodat.at [PDF]).
Notitia Arnonis – Wikipedia

Mit alphabetischem Personen- und Ortsverzeichnis:
https://www.zobodat.at/pdf/MGSL_130_0005-0192.pdf
 
Bei Wiki ist doch alles zu finden, einschließlich Links zu den Editionen:
Notitia Arnonis – Wikipedia

Mit alphabetischem Personen- und Ortsverzeichnis:
https://www.zobodat.at/pdf/MGSL_130_0005-0192.pdf

Danke für den Hinweis, Sie haben vollkommen Recht, das habe ich übersehen. Das ist ein für ungeübte nicht-Historiker nicht ganz einfach zu lesender Text mit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl an Fussnoten... Ufff....

Jetzt habe ich noch eine Frage. Vielleicht geht die Antwort aus den vielen verlinkten Texten hervor, die ich noch nicht alle gelesen habe. Wenn da von Geschenken die Rede ist, also soweit ich das verstanden habe, die Agilolfinger den Karolingern viele Ländereien geschenkt haben, wie darf man sich eine derartige Schenkung vorstellen? Erfolgte sie aus freien Stücken oder nach dem Motto Schenke mir das jetzt oder ich mache euch einen Kopf kürzer. Warum genau erfolgte die Schenkung? Hatten die Agilolfinger keinen Nachwuchs mehr, an dem sie ihre Besitztümer vererben konnten?
 
Zuletzt bearbeitet:
Eingeworfen hatte ich das Argument, weil nach meiner Logik um das Jahr 800 herum als Baumaterial vor allem Holz und Stein Verwendung fand.
Ich denke, dass Steinbauten in der Karolingerzeit die absolute Ausnahme waren. Mir fallen spontan nur drei Steinbauten aus dieser Zeit ein, die alle absolute Repräsentationsgebäude waren: Die Stiftskirche in St.Gallen, die Klosterkirche von Corvey und die Pfalzkapelle in Aachen. In der Regel wurde wohl eher aus Holz gebaut. Auch die damals vorherrschende Burgform der Motte waren normalerweise Holzbauten auf einem (künstlichen) Hügel.

Wegen des hohen Repräsentationscharakters und der langen Bearbeitungszeit (und damit verbunden hohen Kosten) würde ich in neuangelegten Rodungssiedlungen eher keine Steinbauten vermuten. Holz war ja durch das Roden genug vorhanden.
 
Ich denke, dass Steinbauten in der Karolingerzeit die absolute Ausnahme waren. Mir fallen spontan nur drei Steinbauten aus dieser Zeit ein, die alle absolute Repräsentationsgebäude waren: Die Stiftskirche in St.Gallen, die Klosterkirche von Corvey und die Pfalzkapelle in Aachen. In der Regel wurde wohl eher aus Holz gebaut. Auch die damals vorherrschende Burgform der Motte waren normalerweise Holzbauten auf einem (künstlichen) Hügel.

Wegen des hohen Repräsentationscharakters und der langen Bearbeitungszeit (und damit verbunden hohen Kosten) würde ich in neuangelegten Rodungssiedlungen eher keine Steinbauten vermuten. Holz war ja durch das Roden genug vorhanden.

Das klingt logisch nachvollziehbar. Vielleicht gibt es weitere Anwendungsmöglichkeiten von Stein, z. B. als Mühlstein, als Schleifstein, keine Ahnung, wozu man Steine sonst noch verwenden kann... Aber alles in allem schaut es mir schon so aus, als wäre die Nachfrage nach Steinmetzarbeiten sehr limitiert.

Gesetzt den Fall es gab eine Art organisierte Urbarmachung durch den Einsatz von Rodungssiedlungsgruppen, dann stellt sich auch Frage nach Besitz- bzw. Eigentumstitel. Wenn die Agilolfinger ihr Land an die Karolinger verschenkten, dann gehörte es denen. Wenn die Karolinger nun ein derartiges Infrastrukturprojekt in Gang setzen, also Urwaldlandschaften in Ackerland verwandeln, so fände ich es naheliegend, dass sie mit den Siedlern irgendeinen Handel machen, z. B. Im Gegenzug für die Siedlungsfläche, die bewohnt werden darf, müssen sie Teile des geschlagenen Holzes abgeben. Wenn auf dem Territorium, das sie urbar machen, andere Rohstoffe gefunden werden, Stein, Metallerze etc. etc., dann wird das Eigentumsmässig - vermute ich - wahrscheinlich auch an die Karolinger fallen und nicht an die Siedlerkolonie. Das sind jetzt aber nur so spekulative Vermutungen von mir. Vorhandener Holzreichtum führt nicht automatisch zu seiner freien Verfügbarkeit. Es kommt eben drauf an, wer einen Eigentumstitel darauf erheben kann. Ähnlich hat es sich im Mittelalter mit den Fischereirechten verhalten, die Flüsse waren damals, weil noch nicht alle paar hundert Meter ein großes Wehr stand, voll von Fischen. Die Fische durften aber nicht von jedermann gefischt werden, da gab es eine Art hoheitlicher Rechtevergabe. Ähnlich hat es sich wahrscheinlich mit dem Wild im Wald verhalten, das durfte auch nicht jeder abschiessen, auch da gab es Regelungen. Das ist u. a. auch ein Grund, weshalb ich glaube, dass der Wald nicht einfach Brandrodungsmässig abgefackelt wurde, sondern aufgrund der bereits vorhandenen Eigentumsstrukturen geschlagen und zumindest zu einem gewissen Anteil an die Eigentümer abgeführt werden musste.

Das alles ist aber wie gesagt sehr spekulativ und ich bin kein Historiker, daher kann meine individuelle Logik natürlich auch grundverkehrt sein. Die historische Quellenlage scheint mir äußerst dürftig, die Schriftgelehrten hatten wohl wichtigeres, weniger profanes niederzuschreiben. Schade, denn grundsätzlich ist das alles sehr interessant.

Danke für die Beiträge in meiner auf wenig Sachkenntnis beruhenden Anfrage!
 
Die Fische durften aber nicht von jedermann gefischt werden, da gab es eine Art hoheitlicher Rechtevergabe. Ähnlich hat es sich wahrscheinlich mit dem Wild im Wald verhalten, das durfte auch nicht jeder abschiessen, auch da gab es Regelungen
Im Frühmittelalter hatten die Dörfer meistens recht umfassende Allmenderechte, d.h. die Nutzungsrechte des Landes inklusive Fischfang und Jagd waren oft nicht im Eigentum einer Einzelperson (bzw. Adeligen), sondern konnten von der Dorfgemeinschaft ausgeübt werden. Erst im Spätmittelalter bzw. der Frühen Neuzeit schränkte der Adel diese dörflichen Nutzungsrechte stark ein, was teilweise zu großen Unruhen (der Bauernkrieg z.B.) führte. Solche dörflichen Landnutzungsrechte gibt es teilweise heute noch, bspw auch in den Alpen.

Danke für die Beiträge in meiner auf wenig Sachkenntnis beruhenden Anfrage!
Danke für die Anfrage. Ich bin auch kein Historiker und meine Sachkenntnis ist ebenfalls nicht so umfassend. Vieles konnte ich aber durch regelmässiges Lesen in diesem Forum erfahren. @Riothamus ist leider in letzter Zeit nicht mehr so häufig im Forum. Er kennt sich mit Allmenderechten und mittelalterlichen Herrschaftsstrukturen bestens aus.
 
Jetzt habe ich noch eine Frage. Vielleicht geht die Antwort aus den vielen verlinkten Texten hervor, die ich noch nicht alle gelesen habe. Wenn da von Geschenken die Rede ist, also soweit ich das verstanden habe, die Agilolfinger den Karolingern viele Ländereien geschenkt haben,
... dann hast Du das ziemlich falsch verstanden. Lies doch bitte zumindest mal den Wiki-Artikel.
Die Frage, ob um das Jahr 800 herum eine Art größere Infrastrukturmaßnahme stattfand, die dazu führte, Bereiche, die von Urwäldern bewachsen waren, urbar zu machen, ist immer noch schwer zu beantworten.
Ich würde sie mit Nein beantworten. Es macht ja aus infrastrukturellen Überlegungen keinen Sinn, Bauern dazu zu zwingen, ihre fruchtbaren Äcker aufzugeben, um stattdessen Wälder abzuholzen und in Ackerland zu verwandeln. Denkbar wäre ein politische Absicht im Sinne einer Strafmaßnahme für aufständische Bevölkerungsteile. Die verlassenen Äcker würde man dann an zuverlässige Kolonisten aus anderen Gegenden vergeben.

Die bei weitem häufigste Ursache für Urbarmachung war jedoch das stetige Bevölkerungswachstum, das wir im gesamten Mittelalter feststellen können, bis zu dem schweren Einbruch in der Pestzeit des 14. Jahrhunderts.
Immer wenn das Ackerland um eine Siedlung nicht mehr reichte, um die gewachsene Bevölkerung zu ernähren, blieb kein anderer Ausweg, als dass ein paar Leute wegzogen und sich neues Land suchten, das man unter den Pflug nehmen konnte oder das sich als Viehweide eignete.

Es kam auch vor, dass einzelne Grundherren, etwa Landadlige oder Klöster, gezielt Kolonisten anwarben, um die Zahl ihrer Untertanen (=Steuerzahler) zu erhöhen. Ich sehe aber keinen Anlass für die Vermutung, dass das in Bayern um 800 gehäuft der Fall gewesen sein könnte.
 
... dann hast Du das ziemlich falsch verstanden. Lies doch bitte zumindest mal den Wiki-Artikel.

Ja, sie haben Recht, ich bin mit den Texten durcheinandergekommen, in der Notitia Arnonis steht, bayerische Herzöge haben Land an die Erzdiözese Salzburg geschenkt.... Das hab ich durcheinandergebracht! Von daher würde sich die Frage nach der Freiwilligkeit der Schenkungen etwas verändern, die Frage wäre dann, erfolgte die Schenkung freiwillig oder nach dem Motto Schenk mir dein Land oder du wirst auf Ewigkeit im Fegefeuer landen oder so.

Ich würde sie mit Nein beantworten. Es macht ja aus infrastrukturellen Überlegungen keinen Sinn, Bauern dazu zu zwingen, ihre fruchtbaren Äcker aufzugeben, um stattdessen Wälder abzuholzen und in Ackerland zu verwandeln. Denkbar wäre ein politische Absicht im Sinne einer Strafmaßnahme für aufständische Bevölkerungsteile. Die verlassenen Äcker würde man dann an zuverlässige Kolonisten aus anderen Gegenden vergeben.

Die bei weitem häufigste Ursache für Urbarmachung war jedoch das stetige Bevölkerungswachstum, das wir im gesamten Mittelalter feststellen können, bis zu dem schweren Einbruch in der Pestzeit des 14. Jahrhunderts.
Immer wenn das Ackerland um eine Siedlung nicht mehr reichte, um die gewachsene Bevölkerung zu ernähren, blieb kein anderer Ausweg, als dass ein paar Leute wegzogen und sich neues Land suchten, das man unter den Pflug nehmen konnte oder das sich als Viehweide eignete.

Es kam auch vor, dass einzelne Grundherren, etwa Landadlige oder Klöster, gezielt Kolonisten anwarben, um die Zahl ihrer Untertanen (=Steuerzahler) zu erhöhen. Ich sehe aber keinen Anlass für die Vermutung, dass das in Bayern um 800 gehäuft der Fall gewesen sein könnte.

Der Übergang der Herrschaft über Bayern von den Agilolfingern auf die Karoliner im Jahre 788 könnte eventuell schon zu einer Landgewinnungsmaßnahme geführt haben. Das ist aber wirklich sehr spekulativ, auf rein evidenzbasierter Ebene scheinen eher keine "Beweise" vorzuliegen. Also alles in allem neige ich dazu, von meinen ursprünglichen Annahmen eher Abstand zu gewinnen.
 
Ja, sie haben Recht, ich bin mit den Texten durcheinandergekommen, in der Notitia Arnonis steht, bayerische Herzöge haben Land an die Erzdiözese Salzburg geschenkt....
Herzöge und auch rangniedere Adlige.

Das hab ich durcheinandergebracht! Von daher würde sich die Frage nach der Freiwilligkeit der Schenkungen etwas verändern, die Frage wäre dann, erfolgte die Schenkung freiwillig oder nach dem Motto Schenk mir dein Land oder du wirst auf Ewigkeit im Fegefeuer landen oder so.
Die Schenkungen waren natürlich immer durch die Sorge ums Seelenheil motiviert ("ewiges Feuer" und "Fegefeuer" schließen sich allerdings gegenseitig aus), gleichzeitig waren die konkreten Schenkungen im Prinzip freiwillig. Wenn ein Graf sich entschloss, ein Gut zu spenden, konnte er sich ja frei entscheiden: Stifte ich ich das Gut jetzt der lokalen Kirche, dem Kloster X oder dem Kloster Y oder vielleicht dem Diözesanbischof? Wenn er richtig fett was springen lassen wollte, konnte er auch gleich ein komplettes neues Kloster stiften.
Und natürlich werden bei solchen Schenkungen auch politische Überlegungen eine Rolle gespielt haben, auch wenn man das auf der Urkunde nicht vermerkt hat.

Der Übergang der Herrschaft über Bayern von den Agilolfingern auf die Karoliner im Jahre 788 könnte eventuell schon zu einer Landgewinnungsmaßnahme geführt haben.
Was hätten die Karolinger damit bezwecken wollen? Namentlich in der Gegend südöstlich von München?
 
Die Siedler, die nach Amerika auswanderten um dort vergleichbare Siedlungen bildeten, sagten: Den ersten der Tod, den zweiten die Not, den dritten das Brot. Mit Sicherheit lässt sich die Situation nicht eins zu eins vergleichen, es war eine etwas andere Zeit, ein anderes Land etc.

Eins zu eins lässt sich das nicht vergleichen, schon weil die europäischen Kolonisten in Amerika nicht die Möglicheikt hatten sich in Notfällen an noch in der Heimat verbliebene Personen/Gruppen zu wenden, weil die selbst per Schiff über Monate entfernt waren.
Was aber als Problematik ähnlich sein dürfte, jedenfalls wenn Rodungen in Landstriche hineingesetzt wurden, die vorher noch nicht unter den Pflug genommen worden waren ist, dass die Anfangszeit sehr schwierig gewesen sein dürfte und das erste Augenmerk erstmal darauf liegen musste, die eigene Versorgung zu sichern, was nahelegt zu Maßnahmen zu greifen, die das möglichst schnell ermöglichen.

Wenn wir mal davon ausgehen, das der Grund für die Neuanlage von Rodungen darin liegt, dass die Bevölkerung der bisherigen Siedlungsflecken wuchs und zunehmend nicht mehr genügend Ackerland vorhanden war, um alle Bewohner versorgen zu können, darf man, denke ich, auch davon ausgehen, dass es eher nicht so einfach möglich war die Abgewanderten in ihrer neuen Siedlungslage noch über Jahre hinweg mit zu versorgen.

Jagd- Fischerei und saisonal Sammeln von Waldfrüchten konnte möglicherweise die Ernährungssituation etwas entlasten, in der Regel wird man sich aber nicht über Jahre davon abhängig machen wollen.

Aber das was ich damit sagen will, ist dass ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass derartige Prozesse deutlich länger dauern als sie in ihrem Beitrag geschrieben haben.

Die Frage ist, konnte man es sich leisten, dass es länger dauerte?

In Fällen, wo es nicht darum ging völlig neue Rodungsinseln im Wald anzulegen, sondern bestehende Siedlunngsflecken einfach nur zu erweitern und damit die Grundversorgung vor Ort stand, konnte man sich sicherlich Zeit lassen.
Wenn es aber irgendwo anders hin ging, wo die Versorgung potentiell in der Luft hing, musste eigentlich jede Maßnahme naheliegen die geeignet gewesen wäre diese Prekäre Situation so schnell als möglich zu überwinden.
Das wiederrum bedeutet erstmal so schnell als möglich Platz für die Ackerfläche frei zu machen, was sicherlich wenn man bedenkt, wie aufwändig es ist Wurzelwerk und größere Steine aus dem Boden zu entfernen noch zeitraubend genug ist, selbst wenn man sich nicht damit aufhält erstmal Bauholz gewinnen zu wollen etc.

Hinzu kommt, dass, wenn man Saatgetreide mitgebracht hatte, dieses einigermaßen zügig in den Boden musste, schon weil es einfach keine besonders guten Konservierungsmöglichkeiten dafür gab.

Im Sinne von "des ersten Tod, des zweiten Not, des dritten Brot" wird es sicherlich Jahre gebraucht haben, bis man aus dem neu gewonnenen Land entsprechende Ernterträge herauszuiehen konnte, wie aus dem Siedlungsflecken, den die Bewohner der Rodung verlassen hatten, schon weil man am Anfang nicht alle Hindernisse im Boden finden wird und manches in den ersten Jahren einfach durch wiederholtes Umpflügen zu Tage treten wird etc.

Aber nur weil am Beginn keine optimalen Erträge zu erwarten waren, bedeutet das nicht, dass man sich mit ddem Beginn der landwirtschaftlichen Arbeiten zu Gunsten von andererm erstmal Jahre Zeit lassen konnte, im Besonderen dann nicht, wenn die Abwanderung von zu Hause deswegen erfolgte, weil wegen des Bevölkerungswachstums die Erträge nicht mehr hinreichten und dementsptrechend nicht erwartet werden konnte, dass die Familie Jahrelang über den Beginn der Anlage der Rodung hinaus kontinuierlich für die Verpflegung sorgen konnte.

Ihre Ausführungen zur Abnutzung von Werkzeugen kann ich auch nicht nachvollziehen. Es geht um die Rodung und teilweise Weiterverarbeitung von jahrhunderten alten Urwaldbäumen. Teilweise natürlich auch Hartholz. Angesichts der Qualität des Eisens um das Jahr 800 gehe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Äxte, Sägen etc. eine sehr begrenzte Lebensdauer hatten.

Was genau wird hier unter "sehr begrenzter Lebensdauer" verstanden?
Ich gehe ja nicht davon aus, dass das über Jahre gehalten hätte.

Ich sage einfach nur, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass der Reperaturbedarf, der da anfiel, so groß war, dass es Sinn gemacht hätte sich dafür einen "hauptberuflichen" Schmied zu leisten.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir es mit relativ kleinen annderswo wegen Verknappung des Ackerlandes abgewanderten Gruppen zu tun haben, dann reden wir hier von vielleicht 10 oder 20 Personen, die sich mit kontinuierlich mit Waldarbeitenn beschäftigen konnten, insofern man mit einer Gesamtgruppe sicherlich < 50 Personen rechnen darf und auch noch irgendwie Nahrungsmittel etc. herangeschafft werden mussten.

Was wird ein hauptberuflicher Schmied für ein Arbeitspensum haben?

Bei bloßen Reperatur von Arbeitsgerät wäre es ja nicht nötig gewesen aus Erzen erstmal Eisen zu gewinnen, sondern das wäre im Großen und Gannzen auf eine Kreislaufwirtschaft mit vorhandenem Material hinausgelaufen und an Arbeitstätigkeiten vor allem darauf hinausgelaufen, verbogene Gerätschaften wieder richten, oder wenn es ganz schlimm kommt, auch mal zerbrochene Metallstücke wieder zusammen zu schmieden.

Ich denke nicht, dass wenn die Esse ohnehin angefeuert und auf Temperatur ist, ein geübter Schmied für solche Arbeiten länger als einige Stunden benötigt und es dementsprechend einem wirklich geübten Schmied ohne weiteres möglich gewesen wäre mehrere Werkzeuge am Tag zu reparieren.

Sagen wir einfach mal über den Daumen (die Milchmädchenrechnung ist jetzt erfunden und dient nur der Veranschaulichung) der Schmied bekommt, am Tag vielleicht 4 beschädigte Werkzeuge reparieriert, was einem durchschittlichen Aufwand von 3 Stunden entspricht, wobei er für das Richten von verbogenem Werkzeug wahrscheinlich weniger lange braucht und für das Reparieren tatsächlich gebrochner Teile länger.

Wenn aber tatsächlich nur 10 oder 20 Leute mit Arbeiten beschäftigt sind, von denen nicht zwagsläufig auch jeder ständig mit Metallwerkzeug umgeht, wie hoch müssste der Verschleiß sein, um den Schmied auszulasten?

Um ihm täglich 4 beschädigte Werkzeuge zur Reparatur vorlegen zu können, müsste bei 10 Nutzern 20-Nutzern von Wergzeugen jedem davon im Durchschnitt alle 2,5 - 5 Tage etwas so kaputt gehen, dass man mit einfacher Selbsthilfe nicht mehr hinkommt und den Schmied benötigt.
Das Werkzeug ist allerdings nicht kontinuierlich im Einsatz, denn derjenige, der sich mit Holzfellarbeiten beschäftigt, hat ja nichts davon, den gannzen Tag lang auf Holz einzuhacken und es dann liegen zu lassen, da geht dann gleich noch ein Gutteil des Tages für den Abtransport drauf.

Ich bezweifle nicht dass die Lebensdauer der Werkzeuge begrenzt war, ich bezweifle allerings dass sie regelmäßig deutlich weniger als eine Woche oder vielleeicht 2-3 Arbeitstage netto-Anwendezeit betrug.

Wenn man mal davon ausgeht, dass so ein Werkzeug durchaus 1-2 Monate lang durchhielt (was noch immer eine recht geringe Lebensdauer wäre), würde sich ein hauptberuflicher Schmied für eine Gruppe in dieser Größenordnung einfach nicht rechnen, der wäre chronisch unterbeschäftigt und das widerrum wäre Verschwndung wertvoller Arbeitskraft und Ressourcen (würde man da noch entsprechend große Wirtschaftsgebäude für herrichten).
 
Steine wurden für alle möglichen Dinge gebraucht, daher wurden sie von Steinhauern zugehauen. Das braucht man nicht nur für Kathedralen. Teilweise wurden damit Brunnen innen ausgekleidet. Da gibt es welche aus normalen Steinen, so wie sie in der Natur rumliegen, es gibt aber auch welche aus behauenen Steinen. Das ist jetzt nur ein Beispiel, Steine werden für alles mögliche gebraucht, daher gehe ich davon aus, dass es auch irgendeine Form der Verarbeitung gegeben haben muss, die wiederum Werkzeuge voraussetzt.
Zum Thma Steine ist ja bereits etwas gesagt worden, im frühmittelalter wurden vor allem Holz-Erde-Konstruktionen errichtet, Stinkonstruktionen waren die Ausnahme und wenn, dann häufig auch aus rudimentär oder überhaupt nicht bearbeiteten Steinen errichtet.

Große Rodungsprojekte brauchen wahrscheinlich auch Transporttiere, Pferde, Ochsen etc. Ich vermute, dass um das Jahr 800 herum bereits Hufeisen eingesetzt wurden. Das waren Gebrauchsgegenstände, die nach Abnutzung ersetzt werden mussten.

Du stellst dir nach wie vor viel zu organisiert vor.
Das war (jedenfalls in aller Regel) keine großangelegte projektierte Planwirtschaft, für die massennweise Nutztiere, ständige Zulieferungen an Nahrungsmitteln oder größere Gruppen an Arbeeitskräften zur Verfügung gestanden hätten.

Das waren in aller Regel 1-2 Dutzend junger Leute (wenn überhaupt), die die Ansieldlung auf der sie aufgwachsen waren verließen, weil dort durch Bevölkerungszunahme Ackerland und damit Nahrungsressourcen knapp waren.

Die werden einen gewissen Fundus an Werkzeug gehabt haben, aber bei weitem nicht jeder eine vollständige Handwerker-Ausrüstung für mindestens 5 verschiedene Tätigkeitsfelder.
Die werden als Starthilfe etwas Verpflegung und etwas Saatgetreide mit auf den Weg bekommen haben, aber die konnten nicht darauf rechnen über Jahre, bis sie mit dem Roden mal fertig sind, wenn sie langsamere Methoden verwenden rundumversorgt zu werden, weil die Familien selbst nicht übermäßig viel hatten (das war ja überhaupt der Grund für ihre Abwannderung).
Es werden sicherlich auch einige Nutztiere mit von der Partie gewesen sein, aber nicht kohortenweise.

Wie es mit Hufeisen in der Zeit aussieht, weiß ich auch nicht, aber selbst wenn, Hufeisen werden nicht alle 2 Wochen erneuert und um einmal im Jahr oder vielleicht alle zwei Jahre mal eine Hand voll Tiere neu zu behufen muss man keinen eigenen Hufschmied beschäftigen, da reicht es wirklich wenn irgendwo in der Umgebung von 20 oder 30 Km einer ansässig ist, den man bei Bedarf aufsuchen kann.

Allerdings: Nutztiere wollen versorgt werden, was bedeutet, dass ein Anlass mehr vorhanden gewesen wäre auf Techniken zurück zu greifen, die es ermöglichten Acker- und Weideflächen möglichst schnell frei zu bekommen um die Versorgung der Tiere über Futtergetreide, dass sich einlagern lässt möglichst auch im Winter zu sichern.
 
Wie es mit Hufeisen in der Zeit aussieht, weiß ich auch nicht

Hufeisen kamen um 800 gerade erst auf, auch das starre Kummet, durch das die Zugkraft der Pferde erst voll ausgenutzt werden konnte. Die bevorzugten Zugtiere in der Landwirtschaft werden wohl eher Ochsen gewesen sein. Ich halte es für fraglich, ob in einer Rodungssiedlung um 800 überhaupt mit einer Handvoll Pferde gerechnet werden kann.
 
Was hätten die Karolinger damit bezwecken wollen? Namentlich in der Gegend südöstlich von München?

Das weiss ich ja nicht. Entweder es geht um die Landgewinnung an sich, d. h. Siedlungsraum für eine eventuell angestiegene Bevölkerung oder es geht darum mehr an Gütern zu schaffen, also Einkommen für die regierenden Höfe zu generieren. Vielleicht gab es auch eine erhöhte Nachfrage nach Holz, z. B. um Burgen gegen eventuell einfallende Awaren oder wen auch immer anzulegen. Wie ich vorher schon geschrieben habe, scheint mir der organisierte Rodungssiedlungsgründungszeitpunkt um das Jahr 800 herum mittlerweile in der Form fraglich. Falls aber doch was dran wäre, so hätte mich halt interessiert, was darüber bekannt ist.
 
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