Das Römerlager Aliso

Wie kommst du zu der Einschätzung der Prozentzahlen?

Ansonsten warte ich wie Carolus auf die eindeutige Lokalisierung und damit auf die angekündigte Lösung eines Problems, an dem offenkundig eine Vielzahl von Fachleuten bislang gescheitert sind.
 
Für die Namensverlagerung möchte ich schon noch ein paar Belege sehen. Du bist bisher nicht fündig geworden? Anscheinend war das bei den Römern doch nicht so gang und gäbe.


Auch das wäre eine Möglichkeit.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die naheliegende Vermutung "Elison/Aliso" eben doch nicht stimmt. Es kann sich um zwei verschiedene Namen handeln, die in keinem Zusammenhang stehen. Es wurde auch schon angesprochen, dass die Namenformen nicht identisch sind. Das griechische -n können wir vernachlässigen, der unterschiedliche Anlaut bleibt aber erklärungsbedürftig.

Die Gleichsetzung von Elison und Aliso ist vollkommen irrelevant, für das von mir im zitierten Post Angesprochene. Ich habe von der Frage der Gleichsetzung eines Lagers mit dem Aliso der Quellen gesprochen. Von Elison steht da nichts.

Ob der Elison mit Aliso zu tun hat verändert in keinster Weise die genannten Bedingungen. Es hat nichts damit zu tun, dass es einer Namensverlagerung oder der Annahme, dass das Lager an der Lippe nicht Aliso ist, bedarf, um eines der aufgefundenen Lager mit Aliso zu identifizieren.

Vielleicht verstehst Du es, wenn Du Dir klar machst, dass es hier um verschiedene Dinge geht. Ob das Elisonlager mit Aliso zu tun hat, ist eine vollkommen andere Frage, als die nach den Bedingungen der Identifikation eines Lagers mit den Alisostellen. Nochmal, als Vereinfachung:

- Aliso 0: Kastell beim Elison.
- Aliso I: Lager beim Elison.
- Aliso II: Aliso 9. n. Chr.
- Aliso III: Aliso Germanici.

Davon ist das reale Aliso oder sind die realen Alisos zu unterscheiden. Der nummerierte Name stellt die vereinfachte Ansprache der sich aus den Quellen ergebenden Aktualisierungen der Lager an, die in Zusammenhang mit dem Namen zu berücksichtigen sind. Ich dachte, das wäre offensichtlich. Schließlich sind wir nicht mehr in der Zeit des Historismus.

Ob Aliso 0 und Aliso I zu unterscheiden sind, oder es nur Aliso 0 oder nur Aliso I gab, ist eine alte Frage. Lateinlehrer nutzen sie, damit Schüler nie wieder den Unterschied von castellum und castrum und castra vergessen. Da hängt viel an der Bedeutungsgeschichte von castellum und der Identifikation von Aliso I mit Oberaden.

Die Frage, ob Aliso 0, bzw. Aliso I mit Aliso II und/oder mit Aliso III identisch ist, ist dann eine andere Frage. Das ist die von Dir aufgeworfene Frage nach der Identitât von Aliso mit dem Lager/Kastell am Elison.

Die Annahme, dass Aliso II und Aliso III identisch ist, ist hingegen unmöglich, da Aliso II aufgegeben wurde. Da aber Aliso III belegt ist, ist zu fragen, ob es an dem Ort von Aliso II errichtet wurde, oder woanders. Wenn nun eines der gefundenen Lager mit Aliso gleichgesetzt wurde, geht dies nur in zwei Fällen, da keines dieser Lager zur Zeit von Aliso III bestand. Vorausgesetzt natürlich, die Datierung ist korrekt. Entweder befand sich Aliso III an einem anderen Ort als Aliso II oder die Erwähnung bei Tacitus meint das aufgegebene und nicht neu errichtete Aliso II, dass dann nicht mit dem 'Lager an der Lippe' identisch ist.

(Ich habe nochmal nachgeschaut, die Nummerierung der Möglichkeiten nutzte zunächst Carolus, um die Phasen zu unterscheiden. Ich habe dann auf Aliso 0 hingewiesen und es auf die Aktualisierungen bezogen. Weiter von Aliso 0 zu reden rechtfertigt sich, da nicht beurteilt werden kann, ob es als Lager oder Kastell aktualisiert wurde. Die Möglichkeit einer bloßen Befestigung, also eines Wallabschnitts entfällt bezüglich der Situation des Drusus.)

@ Belege: Ob es solche gibt, wiederlegt weder jene Möglichkeit, noch beweist es sie. Daher werde ich nicht aktiv danach suchen, sondern nur darauf achten, wenn ich die entsprechenden Bände wieder in die Finger bekomme. Es bezieht sich auf spätere Zeit. Keltische Oppida sind nicht gemeint, eher könnten schon die kilometerweit verlagerten 2 oder 3 Etruskischen Städte als Beispiel dienen, wenn es dafür nicht andere Gründe gegeben hätte und es sich um Lager gehandelt hätte. Daher wäre Aliso das früheste Beispiel, weshalb es selbst zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit nichts beiträgt. Zudem kann ich mich auf den Strukturalismus berufen. Zu anderen Zeiten wurden Lager und Handelsposten samt Namen verlegt. Wer die Argumentation nicht versteht, nehme sich, wohl am leichtesten eine Einführung in die Ethnologie. In der Regel ist es dort sehr vereinfacht, aber es wird ja weitere Literatur genannt. Darüber hinaus liegt der Gedanke so nah, dass die Möglichkeit, dass jemand darauf kommt zu jeder Zeit äußerst wahrscheinlich ist, in der Infrastruktur nach Funktion betrachtet wird. (Vielleicht kann dieser Gedanke auch zur Trivialisierung dienen.)

Da ich, wie gesagt, bei Aliso nur auf die Möglichkeiten aus bin, habe ich hier auch erstmal nichts zu beweisen. Wenn Du die Möglichkeit bestreitest, Beweise es. In meinen Augen fehlt noch einiges, bevor da sinnvoll argumentiert werden kann. Z.B. ging das 19. Jh. wie bei seinen Kolonien davon aus, dass Germanien über Stichstraßen erschlossen wurde. Heute kennen wir Querverbindungen, was z.B. für die Bedeutung von Haltern eine Rolle spielt. Für das 19. Jahrhundert war Aliso selbstverstândlich am Oberlauf der Lippe, weil sie es selbst dort angelegt hätten. Wir üben und darin, nachzuvollziehen, was die Römer getan haben. Daher betrachte ich nicht, ob ich ein Lager mit dem Namen verlegt hätte, sondern ob dies eine menschliche Verhaltensweise ist. Ob dies dann auch auf die Römer zutritt ist eine Frage, die zu stellen erst effektiv ist, wenn die Voraussetzungen klarer sind. Denn das wäre, auch wenn ich die beiden Beispiele parat hätte, eine eigene Untersuchung, die aber ganz schnell obsolet werden kann, weil weitere Bedingungen ins Auge fallen.

@Bäche: Einen Platz, wo im Umkreis von 3-4 km kein Bach ist, muss man an der Lippe erst mal finden.

@ El Quijote: Germanicus sicherte den Weg zum Lager an der Lippe. Wenn also Aliso III der alte Burgstall (Aliso II) war oder an noch anderem Ort lag, muss es recht nah zum Lager an der Lippe gelegen haben, also relativ zu ihm sehr weit östlich. Jedenfalls, wenn der Weg von Aliso zum Lager an der Lippe nicht schon von Natur aus gut war, oder sich aus früherer Zeit erhalten hatte. Wer das nicht erfasst hat, dem fehlt der eigentliche Grund, warum dieser Fall recht unwahrscheinlich ist, da solche Brüche bei Tacitus eben vorkommen.

Ich nehme anderen ungern das Denken ab, sonst muss man immer mehr erklären und am Smartphone dauert das Tippen lange. ;)
 
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Wie kommst du zu der Einschätzung der Prozentzahlen?
Die ist zugegebenermaßen willkürlich gewählt. Es ging ja auch nur darum zu illustrieren, wie sich die Wahrscheinlichkeiten, dass Tacitus von einem oder zwei verschiedenen Lagern spricht verteilen. Man kann kaum in Abrede stellen, dass die Möglichkeit besteht, dass Tacitus von zwei Lagern spricht und Aliso nicht das Lager an der Lippe ist. Man hat auf der anderen Seite aber den Gesamtkontext der Erzählung: Germanicus zieht zum Entsatz des belagerten Lagers an der Lippe dorthin und lässt den Altar seines Vaters wiederherstellen sowie infrastrukturelle Maßnahmen zwischen Aliso und dem Rhein vornehmen. Vom Kontext her müsste Aliso daher mit dem Lager an der Lippe gleichzusetzen sein. Aber wir kennen ja Tacitus.
 
Salve,
noch mal zum Namen Aliso bzw. Elison:
Ich habe im Wikipedia gelesen, das im Germanischen die Anfangssilben Al oder El typisch sind am Anfang eines Gewässernamens. Sie bedeuten so viel wie "fließen". Als Ergänzung wurde dann gern ein -istr drangehängt, das ist die Bezeichnung für Gewässer, so dass sich insgesamt dann so was wie Alistr oder Elistr ergibt, heute z.B. in den Flussnamen Alster oder Elster abzulesen. Bedeutung wäre dann nur "fließendes Gewässer". Soll häufiger vorgekommen sein, auch in Teilen, wie z.B. Elbe......
Zumindest für mich wäre denkbar, dass sich ein Römer oder Grieche daraus, was er aus einem germanischen Mund hört, so etwas wie Aliso oder Elison ableitet.
Die Bezeichnung steht aber wohl dann nicht in Bezug zur Größe des Gewässers, wenn Alster damit bezeichnet wird, das ist kaum mehr als ein größerer Bach.....

Grundsätzlich habe ich Schwierigkeiten damit, dass ein kleiner Bach gemeint sein könnte, da der geneigte römische oder griechische Leser sich unter dieser Ortsbeschreibung nichts richtiges vorstellen kann. Es sei natürlich denn, dass diese Bezeichnung des Flusses Bestandteil des Lagernamens wäre, was hier zumindest zutreffen könnte.....
 
Der römische Leser könnte sich auch unter den Flüssen, die in die Lippe mündeten nichts vorstellen. Die Lage werden die Geschichtsschreiber aus einem Bericht entnommen haben.
 
Ich habe im Wikipedia gelesen, das im Germanischen die Anfangssilben Al oder El typisch sind am Anfang eines Gewässernamens. Sie bedeuten so viel wie "fließen".
Das geht auf Hans Krahe zurück, an dem man forschungsgeschichtlich was Gewässernamen angeht, kaum vorbeikommt. Allerdings sind seine Forschungen schon zu seinen Lebzeiten - er starb 1965 - nicht in allen Punkten unumstritten gewesen. Was al-/el-/il- angeht, so war er sicher auf richtigen Spur. Ein Fehlschluss ist es nun aber, von einem Automatismus auszugehen. Die Frage ist eben, ob das al-/el-/il- ein eigenständiges Morphem ist (ein Morphem in der Sprachwissenschaft ist der kleinste bedeutungstragende Teil eines Wortes) oder Teil eines anderen Morphems. Um das zu verdeutlichen:
Ei - ein - eigen - Eile
Ein Ei ist ein Ei, es steht für sich. Aber ein Ei hat nichts mit dem unbestimmten Artikel ein noch mit der Zahl noch mit der Eigenheit oder der Eile zu tun. Es bildet zwar bei eigen oder Eile eine Silbe aber eben kein Morphem.
Um also nun festzustellen, ob ein auf al-/el-/il- anlautender Gewässername tatsächlich etwas mit dem nämlichen indoeuropäischen Erbwort für 'fließen' zu tun hat, muss man sich das ganze Wort ansehen. Wo ist die Morphemgrenze?
Für die Deutung zumindest des bei Cassius Dio genannten Elisona lohnt es sich aber durchaus, sich mal antithetisch die Möglichkeit der Herleitung des Flußnamens nach der alteuropäischen Gewässertheorie anzusehen.
 
Der römische Leser könnte sich auch unter den Flüssen, die in die Lippe mündeten nichts vorstellen. Die Lage werden die Geschichtsschreiber aus einem Bericht entnommen haben.

Cassius Dio, der den Fluß Elison in seinem griechischsprachigen Werk erwähnt, lebte erst 200 Jahre nach der Varusschlacht. Er muß es also aus einem älteren Werk (oder hatte womöglich noch Einblicke in erhaltene Feldzugsberichte) übernommen haben. Damit ist er maximal so gut wie die Quellen, aus denen er sich bediente.
 
Aviso statt Aliso?

Wäre es nicht denkbar, daß es statt "Aliso" ursprünglich "Aviso" hieß in
Anlehnung an "Idistaviso"?
Ein großes L und ein großes V könnten bei undeutlicher Schreibweise schon verwechselt werden.

Dann würde die Übersetzung vielleicht einfach "eine Wiese" oder "an einer Wiese" lauten.

Nun spricht auf den ersten Blick dagegen, daß es zwei ausdrückliche Erwähnungen von Aliso gibt, eine bei Tacitus und eine bei Paterculus (Die dritte oft herangezogene Erwähnung bei Cassius Dio zähle ich nicht, da hier nicht "Aliso", sondern "Elison" Erwähnung findet.)

Aber:

Die Stelle mit Aliso befindet sich in den Annales II. Diese wurden im 9. Jhdt. in Fulda kopiert. (Bem. meinerseits: Es könnte schon die 2. oder 3. Kopie gewesen sein.) Sie gelangten so innerhalb des Codex Mediceus I nach Corvey, wurden dort 1508
wiederentdeckt. Sie wurden alsbald entwendet und gelangten auf unklaren Wegen nach Italien. Dieser Diebstahl sollte sich jedoch noch als Glücksfall erweisen. Um 1515 wurden Exemplare gedruckt, eines davon wurde 1517 dem Kloster Corvey geschenkt zusammen mit einem immerwährenden Ablaß. Die Italiener hatten ob des undurchsichtigen Erwerbs der Corveyer Handschrift.ein schlechtes Gewissen bekommen. Das gedruckte Exemplar wurde dann in Corvey während des 30jährigen Krieges zerstört (daher der Glücksfall, denn ohne den Diebstahl wäre möglicherweise die einzige Abschrift für immer verloren gewesen). Aber hier ist nur wichtig, daß ab 1515 eine Anzahl gedruckter Annalen vorhanden war.

Die zweite Stelle, wo Aliso ausdrücklich erwähnt wird, findet sich bei Velleius Paterculus. Ich zitiere aus Wikipedia:

"Der Text, der nur in einem verstümmelten Manuskript erhalten blieb, war sehr schlecht lesbar; das Dokument wurde von Beatus Rhenanus 1515 in der Abtei von Murbach im Elsass entdeckt und gilt heute als verloren."

Beatus Rhenanus publiziert dann 1520 in Basel die von ihm so genannte "Historia Romana" von Paterculus (Der Originaltitel ist unbekannt).

Das heißt aber, daß dem Beatus Rhenanus zum Zeitpunkt seiner Paterculus-Publikation die gedruckten Tacitus Annalen sehr wohl bekannt sein konnten und wahrscheinlich auch waren, hatte er doch schon 1519 die "Germania" des Tacitus auch publiziert.

Damit könnte er ein möglicherweise auch bei Paterculus sehr schlecht lesbares "Aviso" in Anlehnung an die ihm vorliegenden gedruckten Annalen ebenfalls als "Aliso" gedeutet haben.

Hier liegt jedoch ein weiteres Problem vor. Und zwar gibt es zwei bekannte Abschriften der Historia Romana, die aber beide von Schülern des Beatus Rhenanus erstellt wurden. Der Fehler müßte also zweimal gemacht worden sein, was aber vorstellbar ist, wenn beide Abschriften unter der direkten Regie von Beatus erfolgt wären, er also bei beiden Einfluß genommen hätte.
 
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Vor allem nötigt nichts zu der Annahme, da Namen, die auf Aliso zurückgeführt werden können nicht selten sind. Insbesondere Ptolemäus kennt ein Alisus und ein Alisum in der Germania.

Im Gegensatz zu Aviso ist 'Alis-' somit ein dreimal bezeugter und mehrfach möglicher 'typischer' Ortsname des Germanicums.
 
Wäre es nichr denkbar, daß es statt "Aliso" ursprünglich "Aviso" hieß in Anlehnung an "Idistaviso"?
Ein großes L und ein großes V könnten bei undeutlicher Schreibweise schon verwechselt werden.
Im Gegensatz zu Aliso ist "Idistaviso" nur einmal belegt, es könnte also erst recht verschrieben sein.

Dann würde die Übersetzung vielleicht einfach "eine Wiese" oder "an einer Wiese" lauten.
Die kolportierte Bedeutung von Idistaviso als -wiese ist aber auch nur Spekulation.
 
Die Gleichsetzung von Elison und Aliso ist vollkommen irrelevant, für das von mir im zitierten Post Angesprochene. Ich habe von der Frage der Gleichsetzung eines Lagers mit dem Aliso der Quellen gesprochen. Von Elison steht da nichts.

Du hast recht. Also bleibt der Elison erstmal außen vor.


- Aliso 0: Kastell beim Elison.
- Aliso I: Lager beim Elison.

...

Ob Aliso 0 und Aliso I zu unterscheiden sind, oder es nur Aliso 0 oder nur Aliso I gab, ist eine alte Frage. Lateinlehrer nutzen sie, damit Schüler nie wieder den Unterschied von castellum und castrum und castra vergessen.
Das verstehe ich nicht.
Welcher lateinische Autor schreibt von einem castrum/castellum beim Elison?



Wenn nun eines der gefundenen Lager mit Aliso gleichgesetzt wurde, geht dies nur in zwei Fällen, da keines dieser Lager zur Zeit von Aliso III bestand. Vorausgesetzt natürlich, die Datierung ist korrekt.
Der ofterwähnte Halterner Museumsdirektor Aßkamp ist überzeugt, dass Haltern nach dem Jahr 9 besetzt war. Überzeugend belegen lässt sich das nicht - lässt es sich überzeugend widerlegen?


@ Belege: Ob es solche gibt, wiederlegt weder jene Möglichkeit, noch beweist es sie.
Nach einem Beweis oder einer Widerlegung der Möglichkeit hat niemand gefragt.

Wenn Du die Möglichkeit bestreitest...
Siehe dazu die Beiträge http://www.geschichtsforum.de/779561-post368.html und http://www.geschichtsforum.de/779570-post371.html. Noch deutlicher kann ich es nicht schreiben.

Wir üben und darin, nachzuvollziehen, was die Römer getan haben.
Dazu wäre es durchaus nützlich, zu belegen, was die Römer denn tatsächlich getan haben.
 
Bezüglich der Namensübernahme Haltern - Oberaden kommen wir erstmal nicht weiter.

Wenn Haltern länger belegt war, kann es nicht Aliso sein. Bei Aliso müsste eine Lücke der Belegung vorhanden sein. Aber ja, genau wegen der von Dir genannten Vermutung machte ich die Einschränkung mit der zutreffenden Datierung.
 
Nicht ich habe behauptet, dass Aliso länger belegt war. Es ist auch keine apodiktische Behauptung. Die Aufgabe des Lagers ist überliefert. Dass in dem Zusammenhang (auch bei Anreppen) nicht sauber formuliert wird, habe nicht ich zu verantworten. Wenn ich sauber formulieren soll, dann bitte auch andere.
 
Die Aufgabe Alisos ist in den Quellen keineswegs ganz eindeutig überliefert.
Frontinus: Keine Angabe einer Aufgabe.
Q-Kritik: Frontinus berichtet nur episodenhaft von Taktiken, keine ganzheitlichen Geschichten. Dass bei ihm von der Aufgabe Alisos keine Rede ist, hat daher nichts zu sagen. Da Frontinus den Namen Alisos nicht erwähnt, ist die Zuordnung der Exempla zu Aliso nur über den Primipilar zu machen, der bei ihm Caedicius, bei Vellius Caedius heißt und natürlich über die Parallelität mit anderen Berichten von Velleius und Cassius.
Cassius Dio: Eine verwirrende Geschichte. Im Kastell (namentlich nicht genannt aber mit Velleius Paterculus' Aliso-Geschichte weitgehend übereinstimmend) harren Belagerte aus. Die Ankunft Tiberius' am Rhein(?) führt zu einer Spaltung der Belagerten in einen Teil, der abzieht und einen zweiten, der die Belagerung lockert aber nicht aufgibt. Die Soldaten ziehen, ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten der Zivilbevölkerung ab, es wird eng für die Flüchtenden, als die Belagerer die Flucht bemerken, eng, aber Asprenas - der offenbar durch Kuriere benachrichtigt wurde - kommt zu Hilfe. Unklar bleibt, ob mit Asprenas das Lager wieder besetzt wurde, oder was die Germanen genau plünderten, denn ihre Lust zu plündern wird als Mitgrund dafür angegeben, warum die Flucht glückte.
Q-Kritik: Die Geschichte ist der Art ihrer Präsentation nach verwirrend. Tiberius kommt und kommt nicht, Asprenas kommt dann doch, aber wie wurde er benachrichtigt?
Velleius Paterculus: Nach diesem wurde das Lager aufgegeben, die Soldaten schlugen sich mit dem Schwert durch. Tiberius fiel dann in Germanen ein und kehrte angeblich ohne Verluste wieder in die Winterlager zurück. Wurde dabei das eben erst aufgelassene Aliso wieder besetzt?
Q-Kritik: Velleius ist als Zeitgenosse derjenige, der am nächsten am Geschehen dran ist.
Tacitus: Tacitus berichtet für das Jahr 16 vom Entsatz des belagerten Aliso und der Wiederherstellung der Infrastruktur. Für die Jahre zwischen 9 und 16 erfahren wir von ihm über Aliso nichts.
Q-Kritik: Es ist möglich, aber eher unwahrscheinlich, dass Tacitus hier von zwei verschiedenen Lagern spricht.
 
Nicht ich habe behauptet, dass Aliso länger belegt war. Es ist auch keine apodiktische Behauptung.

Also gut, dann eben keine apodiktische Behauptung.

Meine Frage ist damit nicht beantwortet.

Wir wissen aus den Quellen, dass Aliso 9 n. Chr. zur Zeit der Varus-Niederlage belegt war und dass Germanicus 16 n. Chr. die Verkehrsverbindung zwischen Rhein und Aliso sichern ließ.
Daraus kann man schließen, dass zwischen 9 und 16 die Verkehrswege zwischen Rhein und Aliso zu wünschen übrigließen.

Was haben wir noch - außer naheliegenden Vermutungen?
Welcher archäologische Befund würde Aliso zwingend ausschließen?
 
Velleius (siehe den Post 436 von El Quijote) beschreibt, dass Aliso aufgegeben wurde. Und Germanicus muss seine Truppen vom Rhein mitnehmen. Es gibt keine Legionen, die für Aliso übrig sind: Die Standorte sind erwähnt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Velleius beschreibt, dass Aliso aufgegeben wurde.
Dann aber kommt Tiberius. Velleius erwähnt nur lapidar, dass Tiberius seine Truppen in die - nicht näher bestimmten - Winterlager zurückführt.

Und Germanicus muss seine Truppen vom Rhein mitnehmen. Es gibt keine Legionen, die für Aliso übrig sind: Die Standorte sind erwähnt.
Die Germanicus-Episode haben wir bei Velleius gar nicht. Nur bei Tacitus und in sehr homöopatischen Dosen bei Sueton, der allerdings nur kurz die Bestattungsaktion berichtet, wahrscheinlich bei Tacitus abgeschrieben.
Wenn Germanicus mit sechs Legionen ein belagertes Lager entsetzen muss, dann müssen sich hierin logischerweise auch Belagerte befunden haben. Und offenbar haben diese auch den Winter bereits in Aliso/im Kastell an der Lippe verbracht.
 
In dem Zusammenhang habe ich nichts von Velleius geschrieben. Nur, dass mit der Aufgabe des Lagers habe ich ihm zugeschrieben.

Tiberius hatte die Leitlinie, die Germanen sich selbst zu überlassen. Das hatten wir schon öfter.

Das Lager wird Germanicus im Vorjahr angelegt haben. Sein Vorgehen entsprach ja nicht der Politik des Tiberius. Dies sagt Tacitus doch Recht deutlich. Ich sehe nicht, wie da eine andereArgumentation als die klassische möglich sein soll, ohne die Quellen zu verwerfen. Dann hätten wir aber keine Schriftquellen mehr zu den Germanenkriegen. Es sei denn, es wird vermutet, dass die Darstellung des Konflikts Germanicus-Tiberius auf einer Verschwörung beruht. Das hatten wir auch schon öfter. Aber eher in der Hinsicht, dass Tacitus den Germanicus besser dastehen lassen möchte.

Gehen wir davon aus, dass Germanicus in einem befriedeten Gebiet ein Gemetzel beginnt, und er nicht sofort von Tiberius unschädlich gemacht wurde, müssten wir davon ausgehen, dass Tiberius keine Macht mehr hatte, um es übertrieben zu sagen. Er hätte sich wesentlich weiter zurückgezogen, als vermutet.

Das ist die Kurzform und daher überspitzt formuliert. Ich bin sicher, ihr seht, in welche Richtung ich da argumentiere.

Danke für das korrigieren.
 
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