Das Römerlager Aliso

Salve,
inwiefern Rückzug?

Das großangelegte Lager in Oberaden wurde offensichtlich von den Römern planmäßig geräumt:

Die Münzfunde und Hinweise in antiken Quellen (Einstellen der Feldzüge im rechtsrheinischen Gebiet) lassen vermuten, dass das Lager in Oberaden nicht über das Jahr 8 v. Chr. hinaus bestanden hat. Es wurde von den römischen Truppen selbst aufgegeben, worauf nicht nur die in Brand gesetzten Gebäude und die allgemeine Fundarmut (planmäßiges Räumen) hindeuten. Die Grabungen ergaben außerdem, dass etliche Lagerbrunnen mit Fäkalien, Tierkadavern und Abfällen vergiftet wurden, und zwar von den Römern selbst, wie die in den Fäkalien gefundenen mediterranen Pflanzenreste belegen.
https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6merlager_Oberaden#Schlussfolgerungen

Dasselbe gilt für das Versorgungslager in Rödgen:

Aufgrund der Münz- und Keramikfunde gehört das Lager in den Oberadenhorizont (besser Oberaden-Rödgen-Horizont) mit einem Gründungsdatum um 10 v. Chr. Damit muss Rödgen im Zusammenhang der Drusus-Feldzüge (12 bis 8 v. Chr.) gesehen werden. Die Wetterau war ein idealer Verfügungsraum für die Drususoffensive gegen Germanien. Hier konnten Truppen gesammelt und die Versorgung der nach Norden (Hedemünden) orientierten Legionen organisiert werden.
...
Nach Beendigung des Feldzuges wurde das Lager durch die Römer selbst planmäßig durch Brand niedergelegt. Germanicus errichtete bei seinem Feldzug zwei Jahrzehnte später ein Militärlager auf dem Burgberg von Friedberg, etwa 3 km südlich von Rödgen, welches dann bis 260 n. Chr der römische Stützpunkt in dieser Region war.
https://de.wikipedia.org/wiki/Römerlager_Rödgen#Geschichte
 
Na ja, Oberaden wurde ja durch Haltern ersetzt.

Der entscheidende Denkfehler, Hermundure, ist, dass Du denkst, aus den Quellen auswählen zu können, was Dir gerade passt. Das eine Lager lag am Rhein. Das andere, um es nochmals zu betonen: nicht notwendig mit Aliso identische, am Zusammenfluss von Lippe und Elison. Wenn Du sagst, dass Dio falsch dazu berichtete, kannst Du auch seinen anderen Angaben zu den Drususfeldzügen nicht trauen. Du musst ihn dann beiseite lassen oder in jedem Fall, wo Du ihn benutzt, begründen, warum er da die Wahrheit sagt.

Und Du wählst auch aus, was von der Archäologie bestätigt werden darf. Wir haben Drusus-Lager an der Lippe und in Rheinnähe. Das eine ist mit dem Ortsnamen Else verbunden. Kannst Du Dir eine bessere Bestätigung für diese Angaben Dios vorstellen? Ich nicht. Es sei denn, wir finden ein Graffito: "Ich war hier, Drusus."

Wir haben auch schon öfter darauf hingewiesen, dass nicht überall Münzen gefunden werden. Hinzu kommt die Angabe Dios, dass Drusus erst dann die Lippe-Linie nutzte, als er die Notwendigkeit erkannte. Auch der Hellweg vermied die Feuchtgebiete an der Lippe und der Zug über den Haarstrang oder durch das Sauerland war wesentlich bequemer.

Und Drusus zog nicht nur einmal ins Innere des Germanicums. Kann Hedemünden das Lager sein, in dem er starb? Tacitus erweckt den Eindruck, dass der Drusus-Altar an der Lippe lag. Aber das macht er im selben Atemzug auch mit dem Varusschlachtfeld.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das großangelegte Lager in Oberaden wurde offensichtlich von den Römern planmäßig geräumt:

https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6merlager_Oberaden#Schlussfolgerungen

Dasselbe gilt für das Versorgungslager in Rödgen:


https://de.wikipedia.org/wiki/Römerlager_Rödgen#Geschichte

Salve,
danke, das hört sich ja heftig an. Ich versuchte mir vorzustellen, hinter dem Hintergrund welcher Situation man sein eigenes Lager so unbrauchbar machen sollte. Mir fiel zunächst nur direkter Krieg ein, verbunden mit verbrannter Erde, jedoch kam dann ja bereits der Hinweis, das Oberraden durch Haltern ersetzt wurde. Das wäre dann durchaus plausibel, dass man im z.B. 100 Km Umkreis seines neuen eher "zivilen oder Verwaltungslagers" einem potenziellen Feind keine Gelegenheit geben möchte, einen eigenen kriegerischen Stützpunkt zu gründen. Für eine Verlegung nach Haltern kann ich mir aber eher logistische Gründe vorstelle, bzw. Gründe der Topografie. Oder aber, wenn es eher "Verwaltungscharakter" hatte, ggf. eine bessere Erreichbarkeit zum Entsatz durch Truppen vom Rhein.
Was könnte für einen militärischen Rückzug sprechen?
 
Na ja, Oberaden wurde ja durch Haltern ersetzt.
Es sieht allerdings so aus, als ob Haltern (zumindest das Hauptlager) erst Jahre nach der Aufgabe von Oberaden angelegt wurde. Also wohl in der Phase Vinicius/Varus.
Wenn Du Anhaltspunkte dafür hast, dass Haltern schon vorher besetzt war, würde mich das sehr interessieren.
 
Velleius bezeugt, dass man Germanien nicht aufgab. Es ist unwahrscheinlich, dass es kein Verwaltungszentrum gab. Da ist die Annahme einer Errichtung im Zuge der 'endgültigen' Organisation durch Tiberius wahrscheinlich. Abgesehen davon ist dort auch noch die Anlage auf dem Siegel, die auf die Zeit nach der Aufgabe Oberaden zu datieren ist. Ich stelle es mir so vor, dass, wie in den meiśten Provinzen, Zufälligkeiten eine große Rolle spielten. Die günstige Lage wird den Ausbau Halterns im Hauptlager bedingt haben. Ob schon 7 oder 6 oder nach ein paar Jahren, da lege ich mich nicht fest. Dazu, wann das geschah, gibt es keine Daten.

Der Standort ist jedenfalls mit der "Anlage am Wiegel" nach der Aufgabe Oberadens gesichert.
 
Velleius bezeugt, dass man Germanien nicht aufgab.
Wo schreibt er das denn? Er erwähnt noch Tiberius' Erfolge gegen die Germanen unmittelbar nach Drusus' Tod, wie üblich kräftig übertreibend. Wenig später heißt es lapidar: Germania rebellavit. Die nächste römische Aktion findet dann erst unter Vinicius statt - 9 Jahre nach Drusus' Tod.

Der Standort ist jedenfalls mit der "Anlage am Wiegel" nach der Aufgabe Oberadens gesichert.

Was lässt sich denn zur Datierung der "Anlage am Wiegel" sagen?
Asskamp bringt die Anlage mit der Lagervorstadt in Verbindung, zur Datierung dieser Anlage lese ich nichts:

Am ehesten wird man die Befunde und Funde mit der bis heute nicht eindeutig lokalisierten Lagervorstadt, den sogenannten cannabae legionis in Verbindung bringen dürfen.
Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / Zeitabschnitte > Römische Zeit
 
Eine Scherbe kann anhand von Angabe des Konsuls auf 7 v.Chr. datiert werden. Für das Ende von Oberaden findet man immer wieder 8 v.Christus.

Und gerade die mögliche Verbindung zur Lagervorstadt ist ein Hinweis auf Kontinuität.

"fast tributpflichtige Provinz"

Wie Du es drehst und wendest, wir haben beide nur Hinweise, keine Beweise. Bei der Interpretation bevorzuge ich eine gewisse Kontinuität. Du kannst es gerne anders sehen, wer Recht hat zeigt uns gleich das Licht. Äh - irgendwann vielleicht ein sonst unscheinbarer Fund.

Daher sehe ich die Diskussion als müßig an. Im Grunde ist mein Einwand ja auch nur ein 'Stop! Das ist nicht so einfach."
 
Hinterher ist man immer schlauer.

Dem stimme ich zu. Schlussendlich wird die Lokation von Aliso auch einiges über den Status der wirtschaftlichen Entwicklung der rechtsrheinischen Provinz aussagen.
Wenn man Aliso denn mal endlich findet. Aber die Historiker und Archäologen sind ja nun schon seit über 100 Jahren bemüht Aliso an der Lippe zu finden, wir sollten also schon bald mit Ergebnissen rechnen können. Ansonsten wird's irgendwie seltsam.
 
Vielleicht präsentierst du einfach den Ort, an dem Aliso gelegen hat und die Argumente, die deiner Meinung dafür sprechen.

Ich hatte vor 5 Jahren mal versucht meine Ideen für den Standort von Aliso zu diskutieren:

http://www.geschichtsforum.de/f28/aliso-unna-40990/

Richtig ist allerdings dass es bisher noch keine römischen Zufallsfunde aus Unna gibt (es hat aber auch noch niemand gezielt nach einem römischen Kastell dort gesucht). Ich nerve allerdings das Tiefbauamt Unna in regelmäßigen Abständen mit meine Ideen um zwecks Sensibilisierung für römische Funde, falls oder besser gesagt wenn sich was ergibt sage ich Bescheid.

Insgesamt wollte ich an dieser Stelle angesichts einer 30 %igen Chance dass Aliso nicht an der Lippe lag noch einmal Diskussionen über einen alternativen also Nicht-Lippe Standort anregen, gegen ein Dogma (doch lieber Carolus das ist es) anzudiskutieren ist aber aussichtslos.
 
Eine Scherbe kann anhand von Angabe des Konsuls auf 7 v.Chr. datiert werden.

Sind das neue Erkenntnisse? Bei Aßkamp (s. o.) und Kühlborn ("Germaniam pacavi", Münster 1995) finde ich nichts davon.

Und gerade die mögliche Verbindung zur Lagervorstadt ist ein Hinweis auf Kontinuität.
Wenn sie sich datieren lässt. Wenn die Lagervorstadt 7 v. Chr. angelegt wurde, hat das eine andere Aussage, als wenn sie 7 n. Chr. angelegt wurde.

Daher sehe ich die Diskussion als müßig an.
Wenn sich Haltern tatsächlich direkt an Oberaden heranrücken ließe, wäre das im Bezug auf die Aliso-Diskussion vielleicht doch nicht ganz uninteressant.

"fast tributpflichtige Provinz"
Das ist genau die Stelle, die ich meine. Damit übertreibt Velleius Tiberius' Erfolge. Als der "Bezwinger Germaniens" seine Augen abwandte, da rebellierte Germanien auch schon wieder:
Germania aversis domitoris sui oculis rebellavit.
 
Ich hatte vor 5 Jahren mal versucht meine Ideen für den Standort von Aliso zu diskutieren:

http://www.geschichtsforum.de/f28/aliso-unna-40990/
http://www.geschichtsforum.de/f28/aliso-unna-40990/

Na, geht doch. War doch nicht so schwer einen Ort zu benennen.
Richtig ist allerdings dass es bisher noch keine römischen Zufallsfunde aus Unna gibt (es hat aber auch noch niemand gezielt nach einem römischen Kastell dort gesucht).

Keine Funde? Das spricht natürlich ganz massiv für den Standort Unna! Das Positive: Man braucht sich nicht mit dem Problem der Datierung rumärgern, denn es gibt auch keine Funde, die gegen die gewünschte Datierung sprechen! :yes:
Ich nerve allerdings das Tiefbauamt Unna in regelmäßigen Abständen mit meine Ideen um zwecks Sensibilisierung für römische Funde, falls oder besser gesagt wenn sich was ergibt sage ich Bescheid.

Unna ist schon eine ganze Zeitlang besiedelt, da wird also auch schon eine Zeitlang gebaut. Und dennoch gibt es keine römischen Funde?
Insgesamt wollte ich an dieser Stelle angesichts einer 30 %igen Chance dass Aliso nicht an der Lippe lag noch einmal Diskussionen über einen alternativen also Nicht-Lippe Standort anregen, gegen ein Dogma (doch lieber Carolus das ist es) anzudiskutieren ist aber aussichtslos.

Es ist kein Dogma, sondern das, was sich aus den Quellen offenbar ergibt. Es steht dir frei die Quellen neu zu interpretieren und daraus andere Theorien zu entwickeln. Gegen ein Dogma (wenn es denn eines wäre) kann man schoan diskutieren. Aber dazu bräuchte man Argumente! Gute Argumente wäre noch besser!

Ab solange dein Hauptargument pro Unna aus nicht mehr als auch in einen Stadtplan eingezeichneten Linien besteht und du gegen die gängige Meinung anhand der Quellen nicht mehr zu bieten hast als die daraus entwickelte Meinung als Dogma zu diffamieren, solange braucht man deine "Argumente" eher nicht ernst zu nehmen!
 
Zur Scherbe: Rudolf Aßkamp, Haltern, Stadt Haltern am See, Kreis Recklinghausen (=Römerlager in Westfalen Band 5), Münster 2011, S. 9.

Ja, zu Aliso ist die Frage interessant. Müßig meinte ich bezüglich der Entscheidbarkeit der Datierung.

Velleius konnte aber auch nicht allzusehr übertreiben.

Wenig Zeit, daher so kurz.
 
Dem stimme ich zu. Schlussendlich wird die Lokation von Aliso auch einiges über den Status der wirtschaftlichen Entwicklung der rechtsrheinischen Provinz aussagen.
Wenn man Aliso denn mal endlich findet. Aber die Historiker und Archäologen sind ja nun schon seit über 100 Jahren bemüht Aliso an der Lippe zu finden, wir sollten also schon bald mit Ergebnissen rechnen können. Ansonsten wird's irgendwie seltsam.

Irgendwie seltsam sind vor allem die Vorstellungen, die Du Dir von der Arbeit der Historiker und Archäologen machst. Die Archäologen sind ja nicht bemüht, "Aliso zu finden", sondern sie untersuchen die Orte, wo tatsächlich etwas gefunden wurde.
In den antiken Quellen sind haufenweise Ortsnamen überliefert, die sich bis heute nicht eindeutig einem archäologischen Befund zuordnen lassen. Wo genau lag Streontion? Wo genau lag Amisia?


Insgesamt wollte ich an dieser Stelle angesichts einer 30 %igen Chance dass Aliso nicht an der Lippe lag noch einmal Diskussionen über einen alternativen also Nicht-Lippe Standort anregen, gegen ein Dogma (doch lieber Carolus das ist es) anzudiskutieren ist aber aussichtslos.
Das einzige, was hier den Namen "Dogma" mit Recht verdient, ist Deine Unna-These. Die wird nämlich durch keine Fakten untermauert. Und wenn Aliso nicht an der Lippe lag, wo lag es dann? Bocholt, Bochum oder Bottrop sind genauso gute Kandidaten, denn dafür spricht genauso viel wie für Unna, nämlich: nichts.

Ich schlage hiermit Borken vor, denn dort gibt es immerhin:
1. einen Elsbach
2. römische Funde
 
Was könnte für einen militärischen Rückzug sprechen?

Die Quellen geben leider fast nichts her.
Interessant könnte Sueton sein. Der hält als Ergebnis der Feldzüge fest, dass 40.000 Germanen (namentlich Sugambrer) auf das linke Rheinufer umgesiedelt hat. Das könnte darauf hindeuten, dass man in erster Linie diesen Unruheherd auszuschalten wollte. Hielt man eine starke militärische Präsenz östlich des Rheins nicht mehr für erforderlich, als dieses Ziel (vermeintlich) erreicht war?

Aus der Umsiedelungsaktion lässt sich schließen, dass es links des Rheins noch eine Menge Land zu kultivieren gab, und dass die Römer sich auch darum kümmerten, dieses Potential weiter auszubauen.
Auf der anderen Seite waren die Römer offensichtlich nicht daran interessiert, das landwirtschaftliche Potential der Hellwegbörde zu nutzen. Durch die Umsiedlung von 40.000 Menschen wurde dieses Potential eher geschwächt als gestärkt.
Pläne, die Germanen rechts des Niederrheins zu direkten Untertanen (und Steuerzahlern) zu machen, dürfte es zu diesem Zeitpunkt wohl kaum gegeben haben.
 
@ Marcus Antonius: Ich schließe einen Rückzug nicht ganz aus, ich sage nur, dass die Frage nicht so einfach ist.

Im Bereich der östlichen Hellwegbörde waren die fruchtbarsten Gegenden zuletzt besiedelt. Vieh war besser in der Lippeniederung zu halten und durch Delbrücker Rücken, Ausläufer der Paderborner Hochfläche und Folgen der Eiszeit gab es auch Ackerland, dass zudem einfacher zu bearbeiten war. Weiter westlich und in der Warburger Börde war das anders, aber auch dort stand damals die Viehwirtschaft im Vordergrund. Die Ackerflächen eines Hofes waren demgegenüber sehr klein. Dies änderte sich erst im Hochmittelalter.

Und zwar haben wir den Bleiabbau belegt, aber was ist mit anderen Bodenschätzen? Dem westfälischen Salz zum Beispiel. Salz gab es auch woanders, aber nur selten in der westfälischen Qualität. Dass sich der Sand an verschiedenen Stellen hervorragend zur Glasherstelkung eignete, muss ja nicht gleich bemerkt worden sein. Aber wo sind die Hinweise auf die wirtschaftliche Erfassung des Raums? Abgesehen vom Bleiabbau, Haltern und Waldgirmes gibt es da recht wenig für eine 20jährige Besatzungsgeschichte. Wo sind die üblichen Veteranenansiedlungen?

Und erkennen wir hier vielleicht schon den Gegensatz Germanicus - Tiberius bei Augustus und Tiberius? Hat vielleicht Tiberius bei Haltern - mit 2 Märschen vom Rhein erreichbar, wenn es darauf ankam - pro Forma die Befestigung "auf dem Wiegel" bestehen lassen und sonst nur Verträge geschlossen, weil er selbst von dem Unternehmen nichts hielt? Auch andere Lösungen, die zwischen den Extremen liegen werden denkbar sein.

Auch hier bin ich wie oft dafür, erst einmal das Feld abzustecken, weshalb ich gegenüber Sepiola die andere Position vertrat. Die Unsitte sich schnell auf eine Seite zu stellen ist endemisch in der Geschichtswissenschaft. Gerade in einem Forum haben wir doch die Möglichkeit erst einmal Sichtweisen zusammen zu tragen, ohne uns etwas zu vergeben.

Auch in Anreppen ging man übrigens bei der Aufgabe des Lagers gründlich vor. Und zu jenem Zeitpunkt schien Germanien sicher in römischer Hand zu sein.
 
Zur Scherbe: Rudolf Aßkamp, Haltern, Stadt Haltern am See, Kreis Recklinghausen (=Römerlager in Westfalen Band 5), Münster 2011, S. 9.
Vielen Dank.
Velleius konnte aber auch nicht allzusehr übertreiben.
Bei seinen Tiberius-Lobhudeleien pflegte er sehr dick aufzutragen. Tiberius' Ankunft an der Elbe feiert er mit der "recht unverfrorenen Behauptung" (Johne) "quod numquam spe conceptum, nedum opere temptatum erat" (was niemals erhofft, geschweige denn umzusetzen versucht worden war) - als hätte es den Drususzug zur Elbe nie gegeben.


Hat vielleicht Tiberius bei Haltern - mit 2 Märschen vom Rhein erreichbar, wenn es darauf ankam - pro Forma die Befestigung "auf dem Wiegel" bestehen lassen ...

D. h. in diesem angenommenen Fall würden wir die Befestigung bei Haltern zum Zeitpunkt, als Tiberius den Oberbefehl übernahm (8 v. Chr.) als bereits bestehend voraussetzen?
Dann wäre Haltern noch von Drusus gegründet worden.
 
@ Marcus Antonius: Ich schließe einen Rückzug nicht ganz aus, ich sage nur, dass die Frage nicht so einfach ist.

Salve,
nein, ist völlig in Ordnung. Ich stehe auch weder auf der einen noch auf der anderen Seite. ich möchte nur mit euch nachdenken, wie es gewesen sein könnte.
Die Idee mit a) den Sugambrern oder aber auch mit einem b)Friedensschluss mit germanischen Stämmen halte ich auch für plausibel. Nach einem solchen Vertrag könnte eine militärische Anwesenheit als Provokation aufgefasst werden. Hierzu kam es wohl erst später, nach dem Immensum Bellum.
Zur Landwirtschaft stelle ich mir die Frage, ob nicht eine bessere Versorgung nicht östlich der Weser möglich war. Heutzutage ist dort die Hildesheimer und die Magdeburger Börde mit jeder Menge Feldern. Auch südlich des Harzes erinnere ich mich in der Nähe der A 38 an enorme Felder. Ich weiß aber nicht, ob das schon immer so war oder ob dass bewaldet war.

Zur Frage, warum die Lager so unbrauchbar gemacht wurden, hat ja möglicherweise mit den röm. Bürgerkriegen und den Kämpfen des Octavian mit mir zu tun. Germanen traut man kaum zu, ein Lager zu verteidigen oder zu nutzen, aber einer röm. Teilarmee schon....:autsch:
 
Zur Frage, warum die Lager so unbrauchbar gemacht wurden, hat ja möglicherweise mit den röm. Bürgerkriegen und den Kämpfen des Octavian mit mir zu tun.

:confused:

Dir ist schon klar, dass die Germanenkriege ab der clades Lolliana erst knapp 15 Jahre nach dem Tod des Marc Anton einsetzten?


Germanen traut man kaum zu, ein Lager zu verteidigen oder zu nutzen,
Warum eigentlich nicht?
Was glaubst du denn, wie der Germanen sich verteidigten oder woher die eisenzeitlichen Burgen stammen?
 
Hallo,

Der entscheidende Denkfehler, Hermundure, ist, dass Du denkst, aus den Quellen auswählen zu können, was Dir gerade passt.

Wie du bereits mitbekommen hast, bin ich ja nicht der einzige der das Castellum Chattorum des Drusus bei Hedemünden sucht (siehe meine Ausführungen davor). Ergo stimmt doch was mit den Übersetzungen aus der 2. Hälfte des 19. und des 20. Jh. nicht. Das sind keine Einzelfälle - siehe dazu auch Varus, wo sogar nachweislich später falsch korrigiert (!) wurde (vacuas). Ein anderes Beispiel gibt es im Altgriechischen bei Gallienus. Moderne Übersetzungen zitieren die Stelle des Zosimus I/30 so:

"...,dass er (Gallienus) einen Vertrag mit EINEM der Fürsten eines germanischen Volkes schloss."

Quelle W. Capelle 1937 " Das alte Germanien"

ältere teilweise so:

https://books.google.de/books?id=0X...e&q=Gallienus vertrag einigen Fürsten&f=false

Und hier kommt die Archäologie/Numismatik zur Überprüfung ins Spiel. Die Aurei- und Goldmedaillonfunde (Mehrfach-Aurei) des Gallienus in den Fürstengräbern und Siedlungen von Mitteldeutschland und Unterfranken bestätigen die alten Übersetzungen. Danach waren es mehrere Fürsten (!). Auch J. Bemmann (Kölner Jahrbuch 2014) ist jetzt aufgefallen, dass es eine starke Präsenz von Gallienischen Aurei in den Gräbern von Mitteldeutschland gibt.

Sorry, da muss ich nichts auswählen.

Grüße
 
bin ich ja nicht der einzige der das Castellum Chattorum des Drusus bei Hedemünden sucht (siehe meine Ausführungen davor). Ergo stimmt doch was mit den Übersetzungen aus der 2. Hälfte des 19. und des 20. Jh. nicht.
Falsche Schlussfolgerung. Der Text ist der Text, den kannst du nicht nachträglich verändern, nur weil er dir nicht in den Kram passt.

Das sind keine Einzelfälle - siehe dazu auch Varus, wo sogar nachweislich später falsch korrigiert (!) wurde (vacuas).
:confused:
Du drückst dich etwas kryptisch aus. Du beziehst sich wohl auf die Rede des Marbod vor der Schlacht gegen Arminius, bei der dieser die Leistungen des Arminius herabzuwürdigen versucht, indem er die drei Legionen als vacuas bzw. vagas bezeichnet?
Wenn ein Wort im Kontext keinen Sinn ergibt, dann wird das sinnentsprechend korrigiert. Das wird in der Editionsphilologie als Emendation oder Konjektur bezeichnet (Emendation nur bei einem offensichtlichen Fehler (Rechtschreibung, Grammatik), Konjektur bei einem grammatikalisch oder orthographisch unauffälligem Fehler, der sich nur aus dem Kontext ableiten lässt). Im kritischen Apparat wird dann das Originalwort gegeben. Ggf. kann es auch umgekehrt sein, dass der Text das überlieferte Wort angibt und die Verbesserung im kritischen Apparat angegeben wird.
Als man das vacuas aus dem Originaltext in vagas konjektierte, nahm man an, dass anstelle von 'leeren' Legionen wohl besser nicht konzentrierten, also voneinander getrennten Legionen passte, wie das auch dem Text von Cassius Dio zu entnehmen ist, der berichtet, dass diverse Detachments in germanischen Dörfern abgestellt waren, weil die Germanen diese zu ihrem Schutz bei Varus erbeten hätten und diese dann einzeln niedermachten.

Ich will mich da gar nicht aus dem Fenster lehnen, ob die Konjektur richtig oder falsch war. Was man aber definitiv nicht sagen kann, ist, sie sei "nachweislich falsch".

Da germanische Truppen von beiderseits des Nassen Limes überall im römischen Reich eingesetzt wurden - und je später die Zeit voranschritt, desto mehr - sind römische Militaria und Münzen in germanischen Siedlungs- und Gräberfeldkontexten erstmal nicht weiter verwunderlich. Anhand der Münzen kannst du nicht entscheiden ob falsch übersetzt wurde sondern nur anhand des Originaltextes. Und wenn es mehr als einen Textzeugen gibt, mit ausreichenden davon anhand einer Rekonstruktion der Originalschrift anhand des Stemmas.
 
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