Den großen Krieg planen

Für Grey, Nicolson, Crowe, Hardinge und Co. gab es keine schlimmere Vorstellung als von Frankreich und Russland getrennt zu werden/sein.
Jedes außenpolitische Schrittchen wurde mit Paris und Petersburg erörtert.
 
Das beides im August 1914 zu Stande kam, hat sehr viel mit der vorrausgegangenen russischen Mobilmachung zu tun.

Nicht nur.

Es war auch die fälschlicherweise weit verbreitete Auffassung, das es sich "lediglich" um einen kurzen Krieg von wenigen Monaten ging. Des Weiteren spielte der Gedanke der Spaltung der Partei eine nicht unerhebliche Rolle, die so einige Gegner der Zustimmung im Sinne der Erhaltung der Partei am 04.August 1914 zustimmen ließ. Und zuletzt darf auch nicht die Partei- und Fraktionsdiziplin außer Acht gelassen werden.
 
Geschrieben hat den keiner.

Der "Blanco-Scheck" war weder eine Kriegserklärung, noch ein Rechtsakt, im Sinne eines Gesetzes, er war letztendlich nichts anderes, als ein Statement des Kaisers und der Regierung Bethmann-Hollweg, wie man den Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn in der konkreten gegebenen Situation seitens der Berliner Regierung auszulegen gedachte, falls das angedachte Vorgehen Österreich-Ungarns zu militärischen Verwicklungen mit Russland führen würde.

Selbiges wurde Wien dann nochmal über die deutsche Botschaft mitgeteilt.

Der Kaiser konnte nicht einfach nach Lust und Laune den Krieg erklären:
Sehr schoen und auch richtig dargelegt.
In der Praxis waren jedoch Wort & Wuensche des Kaisers ausschlaggebend. Als Staatsoberhaupt war er ultimativ fuer neue Gesetzgebung und Relationen mit anderen Staaten verantwortlich.
 
In der Praxis waren jedoch Wort & Wuensche des Kaisers ausschlaggebend.
Wie kann ich das mit den Wünschen des Kaisers verstehen? Machte er die öffentlich? Womöglich in der Presse anderer Länder? Und die richteten dann ihre Diplomatie und Außenpolitik irgendwie auf diese Wünsche bezogen aus?
(Kleine Bestätigung, aber innenpolitisch sozusagen: der Kaiser bestand auf zwei dreieckige Panzerforts nach Brialmontschen Plänen in Mutzig/Molsheim (Feste KWII), obwohl solche veraltet waren und die Militärs die Befestigungsgruppe anders konzipierten - trotzdem würden die beiden dreieckigen integriert)
 
In der Praxis waren jedoch Wort & Wuensche des Kaisers ausschlaggebend. Als Staatsoberhaupt war er ultimativ fuer neue Gesetzgebung und Relationen mit anderen Staaten verantwortlich.
Nein.

Der Kaiser konnte vorbehaltlich der Gegenzeichnung des Reichskanzlers, völkerrechtswirksame Verträge und Bündnisse ausverhandeln und abschließen. Er konnte aber weder ohne Zustimmung des Bundesrates den Krieg erklären, noch irgendwelche Gesetze erlassen, die in irgendeiner Weise die Budget-Hoheit des Reichtages tangierten.

Der Kaiser konnte auf den Prozess der Gesetzgebung insofern ein gewisses Maß an Einfluss ausüben, als dass es sein Recht war, den Reichskanzler, den preußischen Ministerpräsidenten und die kaiserlich deutsche und preußische Regierung zu ernennen und abzuberufen.
Damit verfügte der Kaiser selbst qua der preußischen Sperrminorität innerhalb des Bundesrates in Praxi über ein Veto-Recht im Falle von Gesetzesvorlagen von Verfassungsrang.

Allerdings galt diese Sperrminorität nur bei Gesetzesvorlagen, die zu Verfassungsänderungen geführt hätten, nicht für zustimmungsbedürftige Gesetze unterhalb dieser Ebene.
Dadurch, dass das Initiativrecht des Parlaments, entsprechend der Bismarck-Verfassung nicht beim Reichtag, sondern beim Bundesrat lag, konnte der Kaiser über den preußischen Ministerpräsidenten und die preußische Regierung selbst Einfluss auf in Bundesrat und Reichstag eingebrachte Gesetzesentwürfe nehmen. Das war allerdings keine Garantie dafür, dass die auch angenommen würden.

Man kann die Verhältnisse in Deutschland vor dem 1. Weltkrieg dergestalt zusammenfassen, dass politisch ohne die Zustimmung des Kaisers vieles nicht ging (Verfassungsänderung, Völkerrechtliche Verträge, Bündnisverträge, Kriegserklärung, Friedensschluss), gleichzeitig kam aber auch der Kaiser bei der Gesetzgebung nicht an Bundesrat und Reichtsag vorbei.
Das heißt, der Kaiser und die kaiserliche Regierung hatten sich stets mit dem Föderalismus und den politischen Parteien, seit der Jahrhundertwende auch verstärkt mit der monarchie- und militärkritischen SPD und dem katholischen Zentrum auseinander zu setzen, die es nicht unbedingt immer einfach machten parlamentarische Mehrheiten nach kaiserlichem Gusto zusammen zu bringen und die entgegen diversen kaiserlichen Wünschen auch zunehmend Rollen als Veto-Player einnahmen.
 
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