Die Assyrer: Ströme des Bluts ?

"Wie kann es also geschehen, dass Assyrien nach über 1000 Jahren plötzlich sang- und klanglos von der Bildfläche verschwindet? Üblicherweise existieren nach dem Zusammenbruch eines Reichs noch Reststaaten bzw. Nachfolgestaaten oder es besteht ein kleines, unbedeutendes Kerngebiet fort."

Thronkämpfe und feindliche Angriffe führten nicht nur zum Auseinanderbrechen des Großreiches, sondern auch zur Eroberung Assyriens durch fremde Mächte: Die Babylonier und die Meder eroberten 615-610 das assyrische Kernland (Einnahme von Assur 614, von Ninive 612). Ein letzter assyrischer König, Assurubalit II., konnte sich 612-610 mit ägyptischer Hilfe im obermesopotamischen Harran halten, wurde aber Ende 610 von den Babyloniern und Medern nach Syrien vertrieben. 609 überquerte Assurubalit mit einem ägyptischen Heer den Euphrat und versuchte, Harran zurückzuerobern, was jedoch nicht gelang. Ein assyrischer Nachfolgestaat oder ein unabhängiges Kernland blieb also nicht bestehen, weil Assyrien von da an unter Fremdherrschaft stand. Für die Babylonier und die Meder gab es keinen Grund, ein assyrisches Reich bestehen zu lassen, selbst wenn dieses deutlich schwächer gewesen wäre als früher. (Ganz anders dagegen die Ägypter, die den assyrischen Abwehrkampf gegen Babylonier und Meder unterstützten, da ihnen das Weiterbestehen eines schwachen Assur günstiger erschien als die Konfrontation mit einem aufstrebenden Babylon.)

"Es muss doch ein assyrisches Volk als Träger des Staates gegeben haben. Wo ist das plötzlich geblieben? Vom Erdboden verschluckt?"

Die Assyrer selbst sind damit aber nicht ausgelöscht worden. Sie werden unter babylonischer und medischer, später persischer und makedonischer Herrschaft weiter ihr altes Siedlungsgebiet bewohnt haben. In parthischer Zeit bestand dann das Königreich von Adiabene - einer der vielen parthischen Vasallenstaaten -, in dem man ein spätes assyrisches Nachfolgereich sehen kann. In diese Zeit fällt auch die Christianisierung der Assyrer, die bis heute als christliche Minderheit im Irak weiterbestehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Besten Dank für die ausführliche und plausible Beantwortung meiner Frage.

Betrachten sich denn die christlichen Assyrer, von denen du sprichst, als Nachfahren des antiken Volks, ähnlich wie sich die Kopten als Nachfahren der "echten" Ägypter betrachten? Ich erinnere mich, dass kürzlich ein User in einem Beitrag mit Stolz behauptete, ein Assyrer zu sein.
 
Die Assyrer, die sich in assyrisch-orthodoxe und assyrisch-katholische ("chaldäische"), d.h. unierte Christen unterteilen, sehen sich tatsächlich als direkte Nachkommen der antiken Assyrer und sind stolz auf ihre große Vergangenheit, auch wenn heute viele von ihnen nicht mehr in der alten Heimat, sondern in Amerika, Europa oder anderen Gegenden der Welt wohnen. (Die US-amerikanischen Assyrer sind inzwischen so zahlreich, dass eine der beiden assyrisch-orthodoxen Kirchen ihren Patriarchensitz in Chicago hat.) Die größten assyrischen Gemeinschaften dürften sich aber nach wie vor im Irak und in Syrien finden.
 
Hallo Dieter,
die Assyrer sind doch nur ein Name für eine nordsemitische(Nordarabische) Dialektgruppe bzw. 1 Dialekt derselben. Werden diese Menschen dann in Chaldäer o. Aramäer umbenannt z.B. weil sich das regionale Machtzentrum in eine andere Stadt verlagert, verschwindet der Name aber nicht das Volk.
In dieser Region werden "Völker" zu wenig nach objektiven Maßstäben(Sprache)definiert. Das erkennt man ja auch an der Definition eines "jüdischen Volkes", welches sich objektiv-sprachlich nicht z.B. von den Assyrern...unterschied.
 
Paul schrieb:
Hallo Dieter,
die Assyrer sind doch nur ein Name für eine nordsemitische(Nordarabische) Dialektgruppe bzw. 1 Dialekt derselben. Werden diese Menschen dann in Chaldäer o. Aramäer umbenannt z.B. weil sich das regionale Machtzentrum in eine andere Stadt verlagert, verschwindet der Name aber nicht das Volk.
In dieser Region werden "Völker" zu wenig nach objektiven Maßstäben(Sprache)definiert. Das erkennt man ja auch an der Definition eines "jüdischen Volkes", welches sich objektiv-sprachlich nicht z.B. von den Assyrern...unterschied.

"Volk" ist ein politischer Begriff, kein linguistischer. Darum ist die Sprache kein primäres Kriterium zur Definition eines Volks.
 
Beetlebum schrieb:
Die Assyrer, die sich in assyrisch-orthodoxe und assyrisch-katholische ("chaldäische"), d.h. unierte Christen unterteilen, sehen sich tatsächlich als direkte Nachkommen der antiken Assyrer und sind stolz auf ihre große Vergangenheit, auch wenn heute viele von ihnen nicht mehr in der alten Heimat, sondern in Amerika, Europa oder anderen Gegenden der Welt wohnen. (Die US-amerikanischen Assyrer sind inzwischen so zahlreich, dass eine der beiden assyrisch-orthodoxen Kirchen ihren Patriarchensitz in Chicago hat.) Die größten assyrischen Gemeinschaften dürften sich aber nach wie vor im Irak und in Syrien finden.
Da stellt sich nur die Frage: sind es wirklich Assyrer? - Ich denke in geschichtlicher Hinsicht eher nein...
Viele Deutsche sehen sich als Nachfolger der Germanen, was aber auch nicht stimmt. Erst letzte Woche habe ich wieder gehört, dass ich wegen schwarzer Haare und Augen kein deutscher sein könnte, weil bereits die Römer geschrieben haben, dass die Germanier alle blond und blauäugig seien und zuletzt Hitler in seiner "fundierten Rassenlehre" dies bewiesen habe...

Mal Drittes Reich aussen vor:
Kann sich heute noch ein Volksteil darauf berufen direkte Nachfahren eines Urvolkes zu sein? - Ich sage nein!
 
Lungos schrieb:
Mal Drittes Reich aussen vor:
Kann sich heute noch ein Volksteil darauf berufen direkte Nachfahren eines Urvolkes zu sein? - Ich sage nein!

1. Das ist jetzt ein wenig offtopic ...
2. Wie der Vorredner schon sagte, "Volk" ist ein schwieriger Begriff - zumal "Urvolk".

Ich habe ehrlich gesagt keine Probleme damit, dass Juden sich als spirituelle Nachfahren einer semitischen Bevölkerungsgruppe sehen, die irgendwann aus Ägypten nach Palästina zog. Auch nicht, wenn sich Iren oder Isländer auf ihre keltischen bzw. germanischen Wurzeln beziehen.

Für manche steht die genetische Abstammung im Mittelpunkt, aber genauso kann die Akkulturation (z.B. durch Kindesadoption) oder die Weiterführung einer religiösen oder kulturellen Tradition eine Zugehörigkeit legitimieren.

Dass Abstammung natürlich auch rechtliche Ansprüche mit sich zieht macht die Sache nicht einfacher. Daher ist es m.E. im Privaten jedem überlassen, sich irgendeiner "Gruppe" zugehörig zu fühlen (wieviele moderne Templerorden gibt es?!), solange sich daran keine rechtlichen Forderungen anknüpfen.
 
In verschiedenen Beiträgen klingt an, dass viele Autoren die Grausamkeit der Assyrer übertreiben und sie durchaus vergleichbar mit jedem anderen Volk Vorder- und Mittelasiens seien.

Ich habe im Gegensatz dazu gelesen, dass die Expansion der Assyrer eben doch eine andere Qualität hatte. In diesem Zusammenhang wird besonders darauf hingewiesen, dass die Assyrer erstmals die Deportation ganzer Völker veranlassten, um sowohl Widerstand als auch Identität endgültig zu brechen. Wenn das zutrifft, muss man die Assyrer doch in eine etwas andere Kategorie als z.B. die Sumerer, Elamiter oder Babylobier einreihen.
 
Selbst Assyrer

Hi Leutz, Ich heiß Sanharib bin auch wirklich Assyrer und in Syrien geboren und finde es auch gut das den Assyreren. Mein Großvater ist jetzt "noch" 90 Jahre alt unnd hat mit seinen eigenen Augen gesehen wie die Engländer in unser Land eingefallen sind (Er kommt aus dem Irak) und wie sie 250 Menschen von dem Dorf Besnai erschossen haben (Einfach so):mad: . Das finde ich brutal und wenn das nicht aufhört wird das Blut in den Flüssen Mesopotamiens weiterfließen.
Cya!!
Sanharib the King of Assyria
 
Richtig

Lungos du hast vollkommen recht (mit den Augen Augenbrauen) ich habe gehört das Deutsche die schwarze Augen und Augenbrauen von den Römern "bekommen" haben.
Hab ich bei Welt der Wunder gesehen.
Und zu dir Mercy, das Thema heißt doch Die Assyrer: Ströme des Bluts und das hat schon was mit dem Zerfall Assyriens zu tun.
Und Dieter, ich bin der stolze Assyrer hast du was dagegen!? Nur weil du nicht stolz auf dein Volk bist oder warum biste so verbittert und nochwas wer den Namen Dieter trägt sollte mal ganz den Mund halten. Kapiche!!:motz:
 
Hi

Was noch interessant ist das die Araber keine eigentlichen Araber sind sondern eigentlich auch Assyrer sind.
Mehr als 80% der syrischen Bevölkerung verstehen sich als muslimische Araber. Die übrigen verteilen sich auf 10-12% Christen, die sich teilweise noch als Assyrer verstehen, jedoch ganz überwiegend nur arabisch sprechen, 3-6.5% Kurden, 1-2% Armenierhttp://de.wikipedia.org/wiki/Armenier und kleinere Minderheiten wie Tscherkessen (ca. 80.000) und Türken/Turkomanen (ca. 30.000). Ein sehr beachtlicher Teil der heutigen syrischen Araber geht auf eine christlich-aramäische Bevölkerung zurück, die im Mittelalter islamisiert und arabisiert wurde.


Und das hasse ich islamisiert worden aber nicht freiwillig das finde ich krank.:motz:
Manchmal weis ich nicht was ich bin ein Assyrer oder einer der aus Syrien kommt wenn ihr wüsstet wie das ist, das is wirklich schlimm nichtmals ein Deutschen Pass hab ich.


Wenn sich jetzt nix mit den Sektoren im Irak (1. Sektor Schiiten....) verändert werde ich wohl nie einem "richtigen" Staat angehören. :(


(Bin Christ)


mfg
Sanharib
 
Zählen denn die Drusen zu einer, von Dir Sanherib, aufgezählten Bevölkerungsgruppe?


PS: Apropos Pass, so bist Du halt Syrer und nicht Deutscher. Und was isr daran jetzt schlimm?
 
Sanharib schrieb:
Nur weil du nicht stolz auf dein Volk bist oder warum biste so verbittert und nochwas wer den Namen Dieter trägt sollte mal ganz den Mund halten. Kapiche!!:motz:

Lieber Sanharib,

offensichtlich hast Du den Wink von Kollege Mercy nicht verstanden, darum sage ich es noch einmal deutlich:

Wenn Du es nicht schaffst, beim Thema zu bleiben und gegenüber anderen Mitgliedern einen vernünftigen Ton zu finden, bist Du hier im falschen Forum.

Siehe auch: Auflistung der Verwarnungen & Ermahnungen: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=78563&postcount=13
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hi

Was meinste mit Drusen??
Und zu Dieter schuldigung aber trotzdem solltest du mal aufpassen was du sagst (positiv gemeint)
 
Ne

Speaker schrieb:
PS: Apropos Pass, so bist Du halt Syrer und nicht Deutscher. Und was isr daran jetzt schlimm?

Ne bin ja auch kein Syrer ich habe nämlich auch kein Syrischen Pass daher kann ich nicht mehr nach Syrien so ist das. Ihr müsst in so einer Situation sein wie ich dann wüsstet ihr wie das ist. Ihr habt wirklich Glück einem Staat anzugehören, auch wenn es sich dumm anhört, es ist aber wirklich so.
 
Auch ich als Assyrer möchte mich zu diesem Thema etwas äußern. Zum Fortbestand der Assyrer gibt es einen sehr interessanten Artikel von Prof. Simo Parpola, den er in einem Vortrag in Los Angeles vortrug: "Assyrians after Assyria". Übersetzt wurde es ins Deutsche und beginnt mit:

"Im Jahre 612 v. Chr. eroberten nach einem lang anhaltenden Bürgerkrieg die Babylonier und Meder, die ehemals Vasallen Assyriens waren, die Hauptstadt des neuassyrischen Reiches, Ninive. Die einzigartige Metropole ging in Flammen auf, um nie wieder zu ihrem einstigen Ruhm und Ansehen zu gelangen. Und auch nur drei Jahre später trug es sich zu, dass wiederum die gleichen Rebellen die westliche Hochburg Assyriens, Harran, dem Erdboden gleich machten, indem sie den Aufstand des letzten assyrischen Königs, Ashur-uballit II, niederwarfen. Dieses Ereignis sollte wohl das Schicksal des assyrischen Weltreiches besiegeln. Denn dies ist genau die Stelle an der seine Geschichte normalerweise endet und das Land und seine Bevölkerung aus den Geschichtsbüchern gänzlich verschwinden."

weiteres kann man hier nachlesen: http://www.bethnahrin.de/Niedergang.htm
(Assyrer in Deutschland)
 
Hey Schlemun wie ich gelesen habe bist du auch Assyrer ich bin auch einer :winke:
(Mein Vater heißt Schlemun)

mfg
Gilgamesh
 
assyrische armeen?

wie sahen die assyr. armeen aus , wie waren sie zusammen gesetzt ?
wie waren ihre kampfesweise ?
sie haben ja mit ihren armeen den ganzen nahen osten überrannt und für jahrhunderte beherrscht .
wieso waren sie den anderen völkern so überlegen ?
und gibt es bücher für anfänger in dem thema ?
 
Warum sie den anderen Armeen so überlegen waren? Da gab es viele Gründe.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Kriegskultur. Die Assyrer haben alles dem Krieg untergeordnet. Nicht umsonst ist in vielen Quellen von einem Kriegsvolk die Rede.

Bester Beleg ist dafür auch Assyriens Untergang. Sie haben so viel Menschenmaterial in Krieg und Expansion gesteckt, sodass kaum mehr Arbeiter für die Landwirtschaft übrig waren. Das System der Assyrer ist daher buchstäblich im wahrsten Sinne des Wortes "kollabiert". ;-)

Mit freundlichen Grüßen
Plinius
 
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