Die kontinuierliche Völkerwanderung

Wie käme ich dazu, mich hinsichtlich der Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerunsgruppen auf die Balkanhalbinsel zeitlich festzulegen?
Genau das frage ich mich ja schon die ganze Zeit:
Dieter schrieb:
Es gilt als sicher, dass sich die um 2200 v. Chr. einwandernden Proto-Griechen



Vielfach wird vermutet, dass es mehrere Wellen einer solchen Migration gab
So wirds wohl sein. Vermuten kann man so viele Migrationswellen, wie man will. Sicher ist nur, dass nix sicher is.


Dein Ha(y)armann scheint ja ein sehr spezielles Verhältnis zu überholten Migrationstheorien zu haben. =)
 
Haarmann hat auch ein sehr spezielles Verhältnis zum Unterschied zwischen Hypothesen und gesicherten Erkenntnissen.

Es besteht ein Unterschied, ob man darüber spricht, wie jemand die Argumentation eines Autoren versteht, oder wie ein Autor seine Argumentation selbst vorlegt.

Bei Haarmann habe ich persönlich eigentlich nicht den Eindruck, daß er zwischen Hypothesen und gesicherten Erkenntnissen nicht zu unterscheiden vermag, wenn er durchaus auch einen klaren Standpunkt zur Indogermanenfrage vertritt. In seinen populärwissenschaftlichen Übersichtsarbeiten, die man durchaus als eine Art Lehrbuchwissen - da Forschungsstände zusammenfassend - bezeichnen kann, stellt er durchaus alternative Theorien vor und nennt auch Vertreter namentlich. Insofern ist er auch sehr transparent in seiner Argumentation.

Wenn ein Leser das mißversteht, ist das eine andere Sache. Nicht einmal beim Lesen seines Sintflutbuches hat sich mir der Gedanken aufgedrängt, daß es sich um mehr handeln würde als um einen großangelegten, hypothetischen Entwurf.

Also für die tendenziöse Unterstellung, Harald Haarmann hätte "ein sehr spezielles Verhältnis zum Unterschied zwischen Hypothesen und gesicherten Erkenntnissen", trifft jedenfalls nicht Haarmann; und ich denke auch nicht, daß man ihm vorwerfe kann, ein bestimmtes Szenario für den prähistorischen Ablauf zu favorisieren und die Möglichkeit hat, diese der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Aber auf keinen Fall kann man Haarmann vorwerfen, er würde Hypothesen als "gesicherte Erkenntnis" verkaufen.
 
Aber auf keinen Fall kann man Haarmann vorwerfen, er würde Hypothesen als "gesicherte Erkenntnis" verkaufen.

Das sehe ich jedenfalls anders. Hier und jetzt habe ich keine Zitate zur Hand, aber er verwendet sehr häufig Attribute wie "mit Sicherheit".
Auch sein neues Buch über die Vinca-Kultur postuliert einen Wissenschaftsstand, den man zumindest als umstritten bezeichnen muss.
 
Das sehe ich jedenfalls anders. Hier und jetzt habe ich keine Zitate zur Hand, aber er verwendet sehr häufig Attribute wie "mit Sicherheit".
Auch sein neues Buch über die Vinca-Kultur postuliert einen Wissenschaftsstand, den man zumindest als umstritten bezeichnen muss.

Also ich bin geduldig, laß dir Zeit eines zu finden, falls du überhaupt daran ein Interesse haben solltest.

Neben bei bemerkt, sehe ich kein neuestes Werk, daß er speziell die Vinca-Kultur in einem Buch bespricht; woran du denkst dürfte eher das von mir gemeinte Sintflut-Buch sein. Und das wäre dann schon fast zehen Jahre alt.

Aber schwamm darüber, ich wollte ja vor allem wissen, was hinter deiner tendenziösen Bemerkung steckt... :pfeif:
 
Ich weiß nicht, welchen Unfug du mir hier unterstellen willst.
Und leider kann ich nichts dafür, wenn du sein 2011 erschienenes Buch "Das Rätsel der Donauzivilisation" (Beck'sche Reihe) nicht kennst. Gibts in der Buchhandlung deines Vertrauens. Das von dir erwähnte Sintflut-Buch würde ich auch nicht gerade als besonders gelungenen Wurf bezeichnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß nicht, welchen Unfug du mir hier unterstellen willst.

Was immer du auch meinst...

Und leider kann ich nichts dafür, wenn du sein 2011 erschienenes Buch "Das Rätsel der Donauzivilisation" (Beck'sche Reihe) nicht kennst. Gibts in der Buchhandlung deines Vertrauens. Das von dir erwähnte Sintflut-Buch würde ich auch nicht gerade als besonders gelungenen Wurf bezeichnen.

Ist mir neu und bestelle ich glatt - lese den Haarmann nämlich sehr gerne. Danke! Und damit wäre vorläufig erst einmal alles geklärt.
 
Kannst du mir eine stimme nennen, die die Pelasger als eingewandert ansieht?

Sprachwissenschaftler wie G. Georgiew und A.J. Windekens haben die Hypothese vertreten, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine archaische Variante des Indoeuropäischen.

Man muss dem nicht zustimmen, aber der Vollständikeit halber erwähnen, wenn es um die Einwanderung indoeuropäischer Sprachträger auf die Balkanhalbinsel geht.

Ich glaube zumindest nicht, daß man Renfrew, mit dem diese These auch verbunden ist, an eine Einwanderung denkt. Wenn ich falsch liege, wirst du mich gegebenfalls aufklären können; oder darf ich nicht davon ausgehen, daß du eine solche Forschermeinung bestimmen kannst, wenn du es schon behauptest? An wessen Forschermeinung wäre dabei also zu denken, die von den Pelasgern als eingewandertes indoeuropäisches Element denken?

Renfrew geht von einem ganz anderen Ansatz aus. Er hält die aus Kleinasien nach Europa einwandernden ersten Ackerbauern für Indoeuropäer. Das würde allerdings bedeuten, dass Griechenland bereits im 7. Jahrtausend indoeuropäisiert gewesen wäre, was wegen chronologischer und anderer Probleme (vgl. mein Posting # 102 dazu oben) meist bestritten wird.
 
Sprachwissenschaftler wie G. Georgiew und A.J. Windekens haben die Hypothese vertreten, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine archaische Variante des Indoeuropäischen.

Man muss dem nicht zustimmen, aber der Vollständikeit halber erwähnen, wenn es um die Einwanderung indoeuropäischer Sprachträger auf die Balkanhalbinsel geht.

Vorläufig erst einmal herzlichen Dank für die Namen; mal schauen, ob ich dazu was finden kann... aber es wurmt mich ja doch: argumentiert einer der beiden Forscher auch für eine Einwanderung der ihrer Meinung wohl indoeuropäischen Pelasger? (Ich lese diese Zusatz-Hypothese aus deiner hiesigen Bemerkung nämlich nicht mehr unbedingt heraus!)
 
Vorläufig erst einmal herzlichen Dank für die Namen; mal schauen, ob ich dazu was finden kann... aber es wurmt mich ja doch: argumentiert einer der beiden Forscher auch für eine Einwanderung der ihrer Meinung wohl indoeuropäischen Pelasger? (Ich lese diese Zusatz-Hypothese aus deiner hiesigen Bemerkung nämlich nicht mehr unbedingt heraus!)

Die Sprachwissenschaftler W. Georgiew, van Windekens und andere vertreten die These, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine alte Variante des Indoeuropäischen. Als Beweis für diese Hypothese zog man vorgriechische Substratelemente des Griechischen heran. Ferner nannte man für diese spekulative Identifizierung der Pelasger als eines den Griechen entfernt verwandten Volks die Seevölker. In Quellen werden die ägäischen "Pelasts" als eines der Seevölker genannt und mit den "Philistern" gleichgesetzt, deren Name man von griech. "pelagos" = Meer herleitet. Allgemeine Anerkennung hat diese Hpothese nicht gefunden.
 
Die Sprachwissenschaftler W. Georgiew, van Windekens und andere vertreten die These, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine alte Variante des Indoeuropäischen. Als Beweis für diese Hypothese zog man vorgriechische Substratelemente des Griechischen heran. Ferner nannte man für diese spekulative Identifizierung der Pelasger als eines den Griechen entfernt verwandten Volks die Seevölker. In Quellen werden die ägäischen "Pelasts" als eines der Seevölker genannt und mit den "Philistern" gleichgesetzt, deren Name man von griech. "pelagos" = Meer herleitet. Allgemeine Anerkennung hat diese Hpothese nicht gefunden.

Der erwähnte Sprachwissenschaftler ist übrigens in der Schreibweise „V. Georgiev“ ungleich bekannter:

Vladimir I. Georgiev ? Wikipedia

„G. Georgiew“ ( http://www.geschichtsforum.de/623403-post112.html ) heißt er dagegen nicht.

Eine ungewöhnliche Schreibweise ermöglicht andererseits erstaunliche Funde:

Ureinwohner Griechenlands - G/Geschichte Online Community

Ich empfehle im Thread insbesondere Beitrag Nr 4, geschrieben am 12.01.2009, 21:16 Uhr – also vor immerhin drei Jahren:

Abgesehen davon gibt es natürlich eine Fülle von Hypothesen und Spekulationen, die sich mit diesem Thema befassen. So haben z.B. Sprachwissenschaftler wie W. Georgiew, van Windekens und andere die These vertreten, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache sei eine archaische Variante des Indoeuropäischen. Als Beweis für diese Hypothese zog man angeblich vorgriechische Substratelemente des Griechischen heran. Ferner nannte man für diese spekulative Identifizierung der Pelasger als eines den Griechen entfernt verwandten Volks die Seevolker. In Quellen werden die ägäischen "Pelasts" als eines der Seevölker genannt und mit den "Philistern" gleichgesetzt, deren Name man von griech. "pelagos" = Meer herleitet. Allgemeine Anerkennung hat diese Hpothese [sic] nicht gefunden.
Hervorhebung sowie Unterstreichung der abweichenden Formulierungen von mir


Recht wortgleich sowie mit denselben Fehlern übrigens bereits am 13.11.2006 hier:
http://www.geschichtsforum.de/211558-post6.html

sowie am 2.2.2009:
http://www.geschichtsforum.de/395388-post161.html

und ebenso am 6.7.2009:
http://www.geschichtsforum.de/430445-post185.html


Im vorletzten Satz muß es übrigens korrekt heißen: „... deren Namen man von griech. „pelagos“ = Meer herleitet.“ Diese Formulierung ist in allen Beiträgen gleich. Ebenso wie der Tippfehler „Hpothese“ in allen aufgeführten Beiträgen enthalten ist - und noch einer, der aber schon schwieriger zu entdecken ist.
 
Kannst du mir eine stimme nennen, die die Pelasger als eingewandert ansieht?

Sprachwissenschaftler wie G. Georgiew und A.J. Windekens haben die Hypothese vertreten, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine archaische Variante des Indoeuropäischen.

Vorläufig erst einmal herzlichen Dank für die Namen; mal schauen, ob ich dazu was finden kann... aber es wurmt mich ja doch: argumentiert einer der beiden Forscher auch für eine Einwanderung der ihrer Meinung wohl indoeuropäischen Pelasger?

Die Sprachwissenschaftler W. Georgiew, van Windekens und andere vertreten die These, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine alte Variante des Indoeuropäischen.

Nachdem Dieter wohl seine Gründe hat, Muspillis Frage unbeantwortet zu lassen und mich das auch wurmt, habe ich mich in der Zwischenzeit mal kundig gemacht.

Van Windekens geht von einer pelasgischen Einwanderung aus.

Anders Georgiev (so schreibt er sich selber). Der rechnete die Balkanhalbinsel mit zur indoeuropäischen Urheimat. Also keine Einwanderung der Pelasger: Griechenland war schon zu Urzeiten indoeuropäisch.
 
Obzwar es mit einer Antwort versuchte, war meine Frage in der Tat nicht so beantwortet, wonach ich gefragt hatte; Ingeborg hatte zwischenzeitlich auf eine spitzfindige und amüsante Weise zu einem der von Dieter erwähnten Autoren noch eine wenn auch in anderer Hinsicht aufschlußreiche Erläuterung ergänzt. Aber worauf meine Frage, die ich mehrfach gestellt hatte, eigentlich abzielte, hast freilich erst du beantwortet. Und dafür danke ich dir ganz herzlich, Beaker!
 
Im Nachgang zu Beitrag Nr 115 folgende Fundstelle:


Sprachwissenschaftler wie W. Georgiew [sic!] und A. J. van Windekens haben die These vertreten, die Pelasger seien Indoeuropäer gewesen und ihre Sprache eine altertüml. Variante des Indoeurop. Dieses glaubte man aus den vorgriech. Substratelementen des Griech. ermitteln zu können. Als Ergänzung zu dieser spekulativen Identifizierung der Pelasger als eines mit den Griechen entfernt verwandten Volkes werden auch die ägäischen Pelasts als eines der "Seevölker" [...] mit den Philistern gleichgesetzt und ihr Name von griech. pelagos 'Meer' hergeleitet. Diese Annahmen haben allerdings keine allgemeine Anerkennung gefunden.


aus: Harald Haarmann, Lexikon der untergegangenen Völker, München 2005, S. 216
 
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