Turgot
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scorpio schrieb:Kiderlen- Wächter hatte das Placet von Wilhelm II. und Bethmann-Hollweg nur mit großer Mühe eingeholt, beide wollten von Marokko eigentlich nichtrs wissen und erst recht nicht deswegen das Risiko internationaler Verwicklungen eingehen
Bethmann Hollweg hatte Wilhelm II. bereits am 05.Mai 1911 eine Denkschrift Kiderlens vorgetragen, aus der das Ziel der geplanten Aktion ganz klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden war.
Kiderlen notierte dazu, „Der Kaiser hat mein Programm (auch mit Schiffen für Agadir) vollauf gebilligt.“ Wilhelm hat in der Folgezeit seine Genehmigung für diese Aktion mehrfach wiederholt. (1)
Was in den Darstellungen zu dieser Krise häufig nur in den Fußnoten oder gar nicht erwähnt wird, ist die Tatsache, das es erneut Frankreich gewesen war, welches die Krise durch Vertragsbruch, genau wir schon 1905, eben durch die Inmarschsetzung von Truppen nach Fez, ausgelöst hatte. Auffällig ist auch, das die Rettung der Europäer in Fez schnell von der Tagesordnung verschwand.
Strategisch ging es den Franzosen auch darum, das die Entente ihre Lebensfähigkeit unter Beweis stellen sollte; immerhin war Marokko ja schon 1904 Frankreich in den Abmachungen zur Entente Cordiale zugesichert worden.
Des Weiteren sollte eine deutsche Annäherung an Petersburg und London hintertrieben werden. Es war nicht zuletzt Bethmanns Reichstagsrede, in der davon sprach, das Russland und das Deutsche Reich nicht an gegeneinander gerichtete Kombinationen teilnahmen sollten. Tschirschky berichtete, das diese Rede in Paris wie ein Bombe einschlug. (2) Auch der russische Botschafter Iswolski berichtete von der großen Bestürzung , die diese Rede in Paris ausgelöst hat. (3)
Die französische Öffentlichkeit forderte eine starke Regierung und die Festigung der Entente. Die Triple Entente müsse sich wieder stärker zusammenschließen und die Vorherrschaft Deutschlands in Europa zu bekämpfen wie der deutsche Botschafter Schön aus Paris berichtete.(4)
Unterdessen häuften sich die Klagen der Deutschen in Marokko wie der deutsch Konsul Maenss an Seckendorff am 16.02.1911 berichtet. Nicht nur dort kamen deutsch-französische Wirtschaftsprojekte nicht mehr zustande. Der Plan eine gemeinsame Eisenbahnstrecke von Deutsch-Kamerun nach Französisch-Kongo, die später über Belgisch-Kongo bis nach Deutsch-Ostafrika weitergeführt werden sollte, kam wegen französischer Einwände nicht mehr vom Fleck. (5)
Und der dem Deutschen Reich nicht gerade freundschaftlich verbundene Delcassè wurde wieder Kabinettsmitglied; diesmal als Marineminister.
(1) Jäkh, Kiderlen-Wächter, Bd.II, S.122
(2) Tschirschky an Bethmann 12.01.1911, PA Berlin
(3) Stieve, Der diplomatische Schriftwechsel Iswolskis,
(4) Schön an Bethmann am 16.01.1911
(5) Canis, Der Weg in dem Abgrund
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